Es kann leicht passieren. Der
sachbearbeitende Anwalt gibt seiner Mitarbeiterin an, gegen ein bestimmtes
Urteil für den Mandanten Berufung einzulegen. Die Mitarbeiterin fertigt die Berufungsschrift
und setzt unter die vorgesehene Unterschriftszeile des Namen des
sachbearbeitenden Anwalts. Ein anderer Anwalt unterschreibt (ohne Vertretungszusatz).
In einem entsprechenden Fall hat
OLG Stuttgart darauf hingewiesen, dass es die Verwerfung der Berufung als
unzulässig beabsichtige. Der Berufungsführer stellte mit der Begründung einen
Wiedereinsetzungsantrag, es sei seit jeher usus der Partnerschaftsgesellschaft
der Anwälte, dass ein anderes Mitglied der Kanzlei bestimmende Schriftsätze
unterschreibe, als derjenige, der maschinenschriftlich aufgenommen wurde, ohne
dass dies bisher jemals beanstandet worden wäre. Das half nichts. Das OLG verwarf
die Berufung als unzulässig. Zwar ergäbe sich die Unwirksamkeit der Berufung
nicht daraus, dass die Namensunterschrift nicht lesbar sei, da es sich doch
noch um eine hinreichend individualisierende Unterschriftsleistung handele, die
auch dem unterzeichnenden Anwalt zugeordnet werden könne. Allerdings sei der
maschinenschriftliche Zusatz des Namens eines anderen Anwalts aufgenommen
worden, ohne zu verdeutlichen, dass der unterzeichnende Anwalt für diesen in
Vertretung handele. Damit, so das OLG, sei der unbedingte Wille der
unterzeichnenden Anwalts, die Verantwortung für den Inhalt zu übernehmen, nicht
deutlich gemacht worden. Für das Gericht müssen gewährleistet sein, dass eine
nicht lesbare Unterschrift durch einen maschinenschriftlichen Zusatz
identifizierbar würde, was hier nicht der Fall sei. Da ein Verschulden vorläge,
käme auch eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.
Die gegen den
Verwerfungsbeschluss erhobene Rechtsbeschwerde zum BGH war erfolgreich.
Die eigenhändige Unterschrift des
zugelassenen Anwalts unter die Berufungsschrift sei Wirksamkeitsvoraussetzung
für die rechtzeitige Berufung, §§ 519 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO. Das
Berufungsgericht habe richtig angenommen, dass die Unterschrift auf Berufungs-
und Berufungsbegründung den Anforderungen an eine Unterschrift entsprochen
habe, da sie zwar unleserlich war, aber ersichtlich keine Paraphe oder
Abkürzung. Rechtsfehlerfrei habe das OLG die Unterschrift
auch einem bestimmten postulationsfähigen Anwalt zugeordnet; zwar wurde erst
später (nach dem Hinweis des OLG) erklärt, wer die Unterschrift geleistet habe,
doch sei eine Identitätsfeststellung noch ausreichend und rechtzeitig, wenn diese
zum Zeitpunkt über die Entscheidung über die Zulässigkeit feststünde.
Die Formwirksamkeit der Unterschrift
scheitere entgegen der Auffassung des OLG nicht daran, dass unterhalb der
Unterschrift maschinenschriftlich der Name eines anderen Anwalts aufgenommen
wurde. Der maschinenschriftliche Zusatz
verdeutliche, dass der Schriftsatz von diesem Anwalt und nicht vom Unterzeichner
stamme. Auch wenn bei der Unterschrift ein Zusatz fehle „für“ diesen zu
unterschrieben, ließe sich doch erkennen, dass der Unterzeichner an dessen
Stelle die Unterschrift leiste und damit als weiterer Hauptbevollmächtigter
oder zumindest Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats auftreten
wolle. Damit habe er auch die Verantwortung für den Inhalt übernommen, da sich
dies für einen Anwalt im Zweifel von selbst verstehe; er sei nicht als
Erklärungsbote tätig geworden. Über den Wiedereinsetzungsantrag habe danach
nicht mehr entschieden werden müssen, da die Berufung formgerecht eingelegt
wurde.
BGH, Beschluss vom 29.03.2017 - XII ZB 567/16 -