Posts mit dem Label Unterschrift werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Unterschrift werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 25. Februar 2023

Kostenfestsetzung gegen eigenen Mandanten (§ 11 RVG) und die (qualifizierte) Signatur

Der Rechtsanwalt begehrte gegen die von ihm im gerichtlichen Verfahren vertretene Partei die Festsetzung seiner Gebühren gem. § 11 RVG die Festsetzung seiner Gebühren. Dies wurde von der Rechtspflegerin abgelehnt.  Zu Recht, wie das OLG auf die dagegen von dem Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde entschied.

 Voraussetzung der Festsetzung sei nach § 11 Abs. 2 S. 2 RVG die Fälligkeit der Gebühren. Dies setze nach § 8 Abs. 1 RVG die Erledigung der Angelegenheit voraus (was hier der Fall war), weiterhin gem. § 10 Abs. 1 S. 1 RVG eine vom Rechtsanwalt zu unterzeichnende und seinem Auftraggeber (Mandanten) überlassene Berechnung. Vorliegend monierte die Rechtspflegerin, dass es an der unterzeichneten Berechnung.

Normzweck des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG sei, dass der Rechtsanwalt durch die Unterzeichnung die Verantwortung für die Richtigkeit in strafrechtlicher (§ 352 StGB), zivilrechtlicher und berufsrechtlicher Hinsicht  übernehme. Erforderlich sei damit die eigenhändige Unterschrift. Vorliegend aber befände sich die Berechnung lediglich in dem aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des Rechtsanwalts mit einfacher Signatur versehenen Schriftsatz im Festsetzungsverfahren.

Das entspräche zwar den prozessualen Anforderungen an die elektronische Einreichung von Schriftsätzen gem. § 130a ZPO. Nach § 130a Abs. 3 2. Alt. iVm. Abs. 4 Nr. 2 könne anstatt der Übermittlung des Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (die die persönliche Unterschrift ersetzt) auch dessen einfache Signatur durch die verantwortende Person auf einem sicheren Übermittlungsweg (wie dem beA) erfolgen. Allerdings beschränke sich dies auf die Abgabe prozessualer Erklärungen und berühre formliche Voraussetzungen für die Abgabe materiellrechtlicher Erklärungen nicht. § 126a Abs. 1 BGB bestimme, dass eine (hier) gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form nur ersetzt werden könne, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten Signatur versehen würde.

Vorliegend läge nur eine einfache Signatur vor. Bei der einfachen Signatur handelt es sich um die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens unter dem Schriftsatz oder um eine eingescannte Unterschrift, was der Anforderung an das Unterschriftserfordernis des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG weder nach § 125 Abs. 1 BGB noch nach § 126 Abs. 3m 126a Abs. 1 BGB genüge.

Auch aus der Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit in Papierform eingereichten Schriftsätzen erging (heute müssen Schriftsätze dem Gericht elektronisch übersandt werden), ließe sich abweichendes nicht erkennen. Danach konnte die Berechnung auch erst mit einem Schriftsatz an das Gericht vorgenommen werden, der dann zugestellt wurde. Mit der Zustellung sei dann die Berechnung gegenüber dem Auftraggeber (Mandanten) erfolgt. Allerdings sei der Schriftsatz vom Rechtsanwalt unterschrieben und die zustellende Abschrift als beglaubigte Abschrift ebenfalls unterschrieben gewesen, weshalb dem Mandaten eine unterschriebene Berechnung zugegangen.  

Beides sei übertragen auf den elektronischen Verkehr vorliegend nicht der Fall gewesen. Die einfache Signatur habe den der materiellrechtlichen Form des § 126a BGB entsprochen. Kommt es hier zum Ausdruck in Papierform zur Weitersendung an den Auftraggeber, wird diesem ein sogen. Transfervermerk beigefügt, aus dem sich ergäbe, aus dem sich die Nichteinhaltung der Form des § 126a Abs. 1 BGB ergäbe. Damit würde bei Einreichung eines mit gültiger einfacher Signatur versehenen Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten.   

Vorliegend habe der Rechtsanwalt nicht von der Rechtspflegerin dargelegten Möglichkeit Gebrauch gemacht, jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Berechnung in schriftlicher Form nachzureichen.

Anmerkung: Zahlt der Mandant nach einem Prozess die Gebühren seines Rechtsanwalts nicht, kann er die Festsetzung der Gebühren nach § 11 RVG beantragen. Häufig kommt es dann zu dem Einwand, es sei ihm nie eine ordnungsgemäße Rechnung zugegangen. Hatte der Rechtsanwalt die Berechnung in dem Schriftsatz, mit dem er die Festsetzung beantragte, aufgenommen, wurde dem Mandanten die vom Rechtsanwalt durch eigene Unterschrift beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes zugestellt, weshalb er Einwand ins Leere lief.  Heute aber muss der Rechtsanwalt den Antrag elektronisch stellen. Der erste Fehler lag hier darin, dass er den Schriftsatz nicht qualifiziert signierte. Allerdings würde dies hier auch nicht  ausreichen, da der Schriftsatz ausgedruckt und damit ohne die persönliche Unterschrift (oder qualifizierter Signatur) dem Mandanten überlassen wird (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 25.02.2022 - 48 C 304/21 -). Von daher sollte sichergestellt werden, dass der Nachweis der Überlassung der unterschriebenen Rechnung an den Mandanten und deren Zugang erbracht werden kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2022 - 3 W 111/22 -

Donnerstag, 4. Mai 2017

Rechtsbehelfsfrist: Zur Wirksamkeit der Unterschrift bei Abweichung derselben von der maschinenschriftlichen Angabe

Es kann leicht passieren. Der sachbearbeitende Anwalt gibt seiner Mitarbeiterin an, gegen ein bestimmtes Urteil für den Mandanten Berufung einzulegen. Die Mitarbeiterin fertigt die Berufungsschrift und setzt unter die vorgesehene Unterschriftszeile des Namen des sachbearbeitenden Anwalts. Ein anderer Anwalt unterschreibt (ohne Vertretungszusatz). 

In einem entsprechenden Fall hat OLG Stuttgart darauf hingewiesen, dass es die Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtige. Der Berufungsführer stellte mit der Begründung einen Wiedereinsetzungsantrag, es sei seit jeher usus der Partnerschaftsgesellschaft der Anwälte, dass ein anderes Mitglied der Kanzlei bestimmende Schriftsätze unterschreibe, als derjenige, der maschinenschriftlich aufgenommen wurde, ohne dass dies bisher jemals beanstandet worden wäre. Das half nichts. Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig. Zwar ergäbe sich die Unwirksamkeit der Berufung nicht daraus, dass die Namensunterschrift nicht lesbar sei, da es sich doch noch um eine hinreichend individualisierende Unterschriftsleistung handele, die auch dem unterzeichnenden Anwalt zugeordnet werden könne. Allerdings sei der maschinenschriftliche Zusatz des Namens eines anderen Anwalts aufgenommen worden, ohne zu verdeutlichen, dass der unterzeichnende Anwalt für diesen in Vertretung handele. Damit, so das OLG, sei der unbedingte Wille der unterzeichnenden Anwalts, die Verantwortung für den Inhalt zu übernehmen, nicht deutlich gemacht worden. Für das Gericht müssen gewährleistet sein, dass eine nicht lesbare Unterschrift durch einen maschinenschriftlichen Zusatz identifizierbar würde, was hier nicht der Fall sei. Da ein Verschulden vorläge, käme auch eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.

Die gegen den Verwerfungsbeschluss erhobene Rechtsbeschwerde zum BGH war erfolgreich.

Die eigenhändige Unterschrift des zugelassenen Anwalts unter die Berufungsschrift sei Wirksamkeitsvoraussetzung für die rechtzeitige Berufung, §§ 519 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO. Das Berufungsgericht habe richtig angenommen, dass die Unterschrift auf Berufungs- und Berufungsbegründung den  Anforderungen an eine Unterschrift entsprochen habe, da sie zwar unleserlich war, aber ersichtlich keine Paraphe oder Abkürzung.   Rechtsfehlerfrei habe das OLG die Unterschrift auch einem bestimmten postulationsfähigen Anwalt zugeordnet; zwar wurde erst später (nach dem Hinweis des OLG) erklärt, wer die Unterschrift geleistet habe, doch sei eine Identitätsfeststellung noch ausreichend und rechtzeitig, wenn diese zum Zeitpunkt über die Entscheidung über die Zulässigkeit feststünde.

Die Formwirksamkeit der Unterschrift scheitere entgegen der Auffassung des OLG nicht daran, dass unterhalb der Unterschrift maschinenschriftlich der Name eines anderen Anwalts aufgenommen wurde.  Der maschinenschriftliche Zusatz verdeutliche, dass der Schriftsatz von diesem Anwalt und nicht vom Unterzeichner stamme. Auch wenn bei der Unterschrift ein Zusatz fehle „für“ diesen zu unterschrieben, ließe sich doch erkennen, dass der Unterzeichner an dessen Stelle die Unterschrift leiste und damit als weiterer Hauptbevollmächtigter oder zumindest Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats auftreten wolle. Damit habe er auch die Verantwortung für den Inhalt übernommen, da sich dies für einen Anwalt im Zweifel von selbst verstehe; er sei nicht als Erklärungsbote tätig geworden. Über den Wiedereinsetzungsantrag habe danach nicht mehr entschieden werden müssen, da die Berufung formgerecht eingelegt wurde.


BGH, Beschluss vom 29.03.2017  - XII ZB 567/16 -

Dienstag, 2. Mai 2017

Die (prozessual) zulässige Unterschrift

Immer wieder keimt der Streit auf, ob ein Schriftstück von dem Urheber tatsächlich unterschrieben wurde, also die auf diesem befindliche Unterschrift ihm zugeordnet werden kann. Problematisch ist dies bei bestimmenden Schriftsätzen an das Gericht, wenn mit ihnen eine Frist (z.B. die Berufungsfrist) zu wahren ist.

Das OLG hatte die Berufung des Klägers gegen ein (überwiegend) klageabweisendes Urteil des Landgerichts wurde nach Rüge des Beklagtenvertreters der Unterschrift auf der Berufungsschrift den darauf gestellten Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und Zurückverweisung.

Der BGH gab der Rechtsbeschwerde statt, ohne den Wiedereinsetzungsantrag zu berücksichtigen. Es vertrat die Auffassung, die Unterschrift des Klägervertreters wäre zur Identifizierung des Urhebers ausreichend und stelle sicher, dass die Berufungsschrift mit Wissen und Wollen dem Gericht zugeleitet wurde, es sich also nicht nur um einen Entwurf handele, § 130 Nr. 6 ZPO.

Zwar handele es sich bei der Unterschrift nicht um einen lesbaren Namenszug, wie ihn der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Klageschrift und anderen Schriftsätzen verwandt habe. Allerdings komme es nicht auf die Lesbarkeit an, auch nicht auf die Ähnlichkeit des handschriftlichen Gebildes mit den Namensbuchstaben. Entscheidend sei, ob der Name vollständig (nicht nur als Paraphe o.ä.) wiedergeben würde, nicht die Lesbarkeit. Vorliegend verwies der BGH auf die Länge des Schriftzuges, bestimmte Linien und Schnörkel, die erkennen lassen würden, so dass es sich nicht nur um eine Paraphe oder Abkürzung handele. Auch habe der Schriftzug Ähnlichkeiten mit anderen Schriftzügen, die der Klägerbevollmächtigte im Laufe des Verfahrens in Schriftsätzen (unbeanstandet) verwandt habe. Entscheidend sei, dass Zweifel an der Urheberschaft entgegen der Annahme des OLG nicht bestünden, da für die Urheberschaft die unter dem Namenszug befindliche maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens und die Berufsbezeichnung  stünden und die Umstellung des Namenszuges bereits erstinstanzlich in mehreren Schriftsätzen erfolgt sei. Für eine Unterzeichnung durch eine andere Person oder Fälschung bestünden keine Anhaltspunkte.

Anmerkung: Bleibt bei einem Gericht (Kammer/Senat) eine Unterschrift jahrelang unbeanstandet, wird dann aber die Unterschrift als unzulässige Paraphe o.ä, beanstandet, die den Voraussetzungen des § 139 Nr. 6 ZPO nicht genüge, kann ein Wiedereinsetzungsantrag (mit „korrekter Unterschrift“ gestellt werden, dem stattzugeben ist (Beschluss des BGH vom 05.06.1975 – II ZB 1/75 –).


BGH, Beschluss vom 29.11.2016 – VI ZB 16/16 -