Die Klägerin, eine GmbH, war Eigentümerin von 22 Wohnungen, die
Beklagten Eigentümer der restlichen 21 Wohnungen der
Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach § 9 der Teilungserklärung (TE) war bestimmt,
dass sich ein Wohnungseigentümer „nur durch seinen Ehegatten, einen anderen
Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter in der Versammlung
vertraten lassen“ könne. Die Klägerin selbst war die nahezu 100%-ige
Tochtergesellschaft einer Holdinggesellschaft, zu deren Konzern auch deren
Tochterunternehmen TA GmbH gehörte, welche die Funktion der konzernweiten
einheitlichen Verwaltungsgesellschaft des Konzern inne hatte. Alle
Gesellschaften des Konzerns, so auch die Klägerin, hatten der TA GmbH eine
Vollmacht für die Verwaltung ihrer Sondereigentumseinheiten erteilt, die auch
den gesamten Schriftverkehr der Klägerin mit der Verwalterin abwickelte. Für
die Eigentümerversammlung vom 12.12.2016, bei der u.a. die Wiederbestellung der
Verwalterin auf der Tagesordnung stand, hatte die die TA GmbH einer ihrer
Mitarbeiterinnen eine schriftliche Stimmrechtsvollmacht erteilt mit der
Berechtigung, Untervollmachten zu erteilen. Der Versammlungsleiter wies zu
Beginn der Versammlung die Vollmacht der
Mitarbeiterin zurück. Er wies auch (unter Hinweis auf einen
Interessenskonflikt) eine Untervollmacht auf sich zurück. Die Wiederbestellung
der Verwalterin wurde mit 14 Stimmen (ohne Berücksichtigung der Stimmen der
Klägerin) wiederbestellt. Die dagegen von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage
wies das Amtsgericht zurück. Auf die Berufung der Klägerin änderte das
Landgericht das Urteil ab und erklärte den Beschluss über die Wiederbestellung
der Verwalterin für unwirksam. Die vom Landgericht zugelassene Revision der
Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.
Entscheidend war, ob der
Ausschluss der Klägerin zur Stimmabgabe rechtmäßig war. Dabei hatte das
Amtsgericht noch auf die Regelung in der TE verwiesen, nach der nicht geregelt
war, dass eine GmbH nicht durch ihr Organ sondern auch durch einen Mitarbeiter,
gar einem Mitarbeiter eines konzernzugehörigen Unternehmens vertreten werden
könnte. Dies sah das Landgericht anders, dessen Rechtsansicht sich der BGH
anschloss.
Der BGH stellte auf den Grundsatz
ab, dass sich ein Wohnungseigentümer durch eine beliebig andere Person
vertreten lassen könne. Dieser Grundsatz habe in § 9 TE eine Einschränkung
gefunden. Gegen diese Einschränkung hatte der BGH keine Bedenken (vgl. auch
BGH, Beschluss vom 11.11.1986 - V ZB 1/86 -). Allerdings sei die
Vertretungsbeschränkung in § 9 TE ergänzend auszulegen. Sie sei nach dem
Wortlaut auf natürliche Personen zugeschnitten, nicht auf eine juristische
Person, bei der eine Vertretung durch einen Ehegatten bereits begrifflich nicht
in Betracht kommen könne. Damit weise die TE eine unbeabsichtigte
Regelungslücke auf, da offenbar nicht n den Fall einer Beteiligung einer juristischen
Person gedacht worden sei. Zweck der
Vertretungsklauseln der vorliegenden Art sei, die Gemeinschaft von gemeinschaftsfremden Einwirkungen
freizuhalten, weshalb sich die Wohnungseigentümer nur durch Personen vertreten
lassen sollen, die dem eigenen Kreis nahestehen würden (BGH, Beschluss vom
29.01.1993 - V ZB 24/92 -). Der Zweck
bestünde auch gegenüber Wohnungseigentümern in der Form juristischer Personen,
da kein Grund für eine Privilegierung dieser Wohnungseigentümer ersichtlich
sei. Es wäre daher eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen,
soweit eine Vertretung der juristischen Person (außer durch ihr Organ) völlig
ausgeschlossen werde, weshalb eine Vertretung durch Mitarbeiter der
juristischen Person zulässig sei.
Durch die Teilnahme eines
aufgrund seiner Zugehörigkeit des Vertreters zu dem Unternehmen der
juristischen Person mit den
Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft vertrauten
Mitarbeiters würde Zweck der Vertretungsklausel Rechnung getragen, Einflüsse
Dritter weitgehend auszuschließen. Es
sei vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass nur das Organ der
Gesellschaft teilnehmen dürfe, wenn diese ihre Interessensvertretung nicht in
die Hand eines anderen Wohnungseigentümers oder des Verwalters legen wolle (OLG
Frankfurt OLGZ 1979, 134, 136; LG München I ZMR 2015, 152). .
Auch soweit sich die Klägerin nicht
durch einen eigenen Mitarbeiter vertreten ließ konnte dies nach Ansicht des BGH
nicht zum Stimmrechtsausschluss führen. Auch hier sei die Vertretungsklausel
dahingehend ergänzend auszulegen, dass die Vertretung nicht notwendig durch
einen unternehmenseigenen Mitarbeiter erfolgen müsse. Bei der Ermittlung des
hypothetischen Willens des teilenden Eigentümers sei drauf abzustellen, welche
Regelung er bei einer angemessenen Abwägung der berührten Interessen nach Treu
und Glauben redlicherweise getroffen hätte, wenn er den von ihm nicht geregelten
Fall bedacht hätte. Da die Vertretungsregelung in der TE als eine Einschränkung
des Rechts darstelle, eine beliebige Person zu bevollmächtigen, dürfe bei der ergänzenden
Auslegung der Klausel kein zu enger Maßstab angesetzt werden. Zu
berücksichtigen seien das berechtigte Interesse zur Abwehr fremder Einflüsse
auf der einen Seite und die Bedeutung des Stimmrechts als Kernbereich elementarer
Mitgliedschaftsrechte auf der anderen Seite (BGH, Urteil vom 18.01.2019 – V ZR
72/18 -). Daher sei eine Vertretungsklausel regelmäßig, so auch hier,
dahingehend auszulegen, dass sich eine juristische Person in der
Eigentümerversammlung auch von einem Mitarbeiter eines konzernzugehörigen
Unternehmens vertreten lassen könne, wenn diese für die Verwaltung des
Sondereigentums zuständig sei (entgegen LG München I ZMR 2015, 152 für den Fall
der Beschränkung auf die Vertretung durch Verwandte in gerader Linie).
Die Vertretungsklausel beschränke
zwar den berechtigten Kreis von Vertretern auf den eigenen Kreis nahestehender
Personen, damit diese Meinungsverschiedenheiten möglichst unter sich austragen
können (BGH, Beschluss vom 29.01.1993 - V ZB 24/92 -). Damit könne insbesondere
auch nicht ein Sondereigentumsverwalter, der von einem Sondereigentümer mit der
Verwaltung seines gesamten Sondereigentums beauftragt sei, Bevollmächtigter
sein. Dies gelte auch für juristische Personen. Wenn es sich aber um einen
Mitarbeiter eines Unternehmens handele, das ebenso wie die Wohnungseigentümerin
selbst als Tochterunternehmen mit derselben Muttergesellschaft verbunden sei (§
290 Abs. 1 HGB), und dieses Tochterunternehmen nach der konzerninternen
Aufgabenteilung für die Verwaltung der Wohnungseinheiten zuständig sei, handele
es sich bei deren Mitarbeiter nicht um einen außenstehenden Dritten. Es käme
nach Sinn und Zweck der Vertretungsregelung nicht darauf an, ob die mit der
Verwaltung betraute Person bei der Wohnungseigentümerin selbst beschäftigt sei
oder bei einem konzernverbundenen Unternehmen, welches die Verwaltung
übernommen habe. In beiden Fällen würde die Wohnungseigentümergemeinschaft
nicht gemeinschaftsfremden Einflüssen ausgesetzt. Sei dies aber auszuschließen,
käme es auf das formale Kriterium des Bestehens eines unmittelbaren
Arbeitsverhältnisses nicht an, da in beiden Fällen eine Selbststeuerung der
Eigentümergemeinschaft gewährleistet sei.
BGH, Urteil vom
28.06.2019 - V ZR 250/18 -