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Mittwoch, 29. November 2023

Beweislast für befristetes Mietverhältnis (hier: Gewerberaum)

Der Kläger kündigte das Mietverhältnis des Beklagten über Gewerberäume mit der gesetzlichen Kündigungsfrist. Im Räumungsverfahren wurden diverse Mietverträge vorgelegt, unter anderem zwei Mieterträge datierend auf den 25.03.2014, bei dem der eine ein unbefristetes Mietverhältnis (ein Original, von dem der Beklagte behauptete, es sei eine Fälschung), der andere ein bis zum 31.12.2044 befristetes Mietverhältnis (eine vom Beklagten vorgelegte Kopie eines Mietvertrages) betraf. Das Landgericht gab der Räumungsklage statt. Die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Für die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Kündigung (mit gesetzlicher Kündigungsfrist) zur Beendigung des Mietverhältnisses führte und damit den Räumungsanspruch des Klägers begründete, kam es darauf an, wer für welche Tatsachenbehauptung darlegungs- und beweisbelastet war. Entscheidend war, ob die (vom Beklagten behaupteten) Befristungen des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2044 bestand oder aber (so der Kläger) das Mietverhältnis unbefristet begründet wurde und von daher jederzeit mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden konnte.  

Der vom Kläger vorgelegte Mietvertrag vom 25.03.2014 enthalte unter § 3.3 keine längere Kündigungsfrist (also keine Befristung, wie vom Beklagten für das Mietverhältnis behauptet). Dies vorausschickend wies das OLG darauf hin, dass dem Beklagten die Beweislast für seine Behauptung der Befristung bis zum 25.03.2014 treffe und er ihn nicht geführt habe. Der von ihm eine Befristung enthaltene Vertrag sei von dem Beklagten nur als Kopie, nicht als Original vorgelegt worden. Zwar habe der Beklagte erklärt, er werde zum Beweis dafür, dass der klägerseits unter dem Datum des 25.03.2014 eingereichte Mietvertrag erst Jahre später ausgefertigt worden sei und es sich um eine Fälschung handle, Antrag auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens stellen. Diesem Antrag müsse aber nicht nachgegangen werden. Denn auch wenn mit dem Beklagten unterstellt würde, dass der klägerseits vorgelegte Mietvertrag eine Fälschung sei, verbliebe es bei dem unstreitigen Vortrag der Parteien zu einen Vertragsabschluss am 25.03.2014 (mit einem ab dem 01.04.2014 laufenden Mietverhältnis). Selbst bei Annahme einer Fälschung des keine Befristung enthaltenen Mietvertrages würde sich daraus nicht der Rückschluss ergeben, dass das Mietverhältnis befristet gewesen sei. Von daher sah das OLG keine Veranlassung, den Beweis zu erheben.

Ferner behauptete der Beklagte, er habe das Original des die Befristung enthaltenen Mietvertrages dem Kläger ausgehändigt und benannte dazu Zeugen. Wäre der Vortrag zutreffend, so das OLG, wäre verständlich, weshalb der Beklagte diesen nicht (mehr) vorlegen könne. Doch hätten die benannten Zeugen nicht vernommen werden müssen, da der Beklagte erklärt habe, diese könnten zwar die Übergabe eines Dokuments durch ihn an den Kläger bestätigen, würden aber keine Kenntnis von dem Inhalt des Dokuments haben. Dann aber könnte sie auch nicht bestätigen, dass es sich bei dem Dokument um das Original des beklagtenseits benannten Mietvertrages gehandelt habe.

Anmerkung: Das OLG geht hier (zutreffend) von der prozessualen Grundregel aus, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen habe, soweit sie für die Entscheidung erheblich seien und (wie hier) keine gesetzliche Beweislastregelung existiert. Die Anwendung der Beweislastregeln zur Streitentscheidung stellt eine ultima ratio dar, die zum Tragen kommt, wenn vom Gericht alle zulässigen Beweismöglichkeiten ohne Erfolg ausgeschöpft sind und weitere Feststellungen nicht möglich erscheinen (BGH, Urteil vom 07.02.2017 – VII ZR 274/17 -), weshalb hier der Entscheidung des OLG zuzustimmen ist, nachdem auch die Anhörung der Parteien (§ 141 ZPO) vorliegend nicht die Feststellung iSv. § 286 ZP ermöglichte, ob der Mietvertrag unbefristet (so der Kläger) oder unbefristet (so der Beklagte) abgeschlossen wurde. Da eine Befristung eines Mietverhältnisses von länger als einem Jahr notwendig der Schriftform bedarf (§ 550 BGB), musste hier der sich gegen die Zulässigkeit der Kündigung wendende beklagte Mieter den Nachweis erbringen, dass eine Befristung in einem (schriftlichen) Mietvertrag vereinbart wurde, da ohne diese Schriftform der befristete Mietvertrag unabhängig von der vereinbarten Dauer der Befristung jedenfalls nach Ablauf eines Jahres ordentlich kündbar ist (BGH, Urteil vom 29.10.1986 - VII ZR 53/85 -). Da es sich hier bei der Befristung des Mietverhältnisses um einen Umstand zugunsten des sich gegen die Räumungsklage wendenden Beklagten handelte, war dieser beweisbelastet und musste unterliegen, da er den Beweis nicht führen konnte.

OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2023 - 5 U 255/23 -

Samstag, 25. Februar 2023

Kostenfestsetzung gegen eigenen Mandanten (§ 11 RVG) und die (qualifizierte) Signatur

Der Rechtsanwalt begehrte gegen die von ihm im gerichtlichen Verfahren vertretene Partei die Festsetzung seiner Gebühren gem. § 11 RVG die Festsetzung seiner Gebühren. Dies wurde von der Rechtspflegerin abgelehnt.  Zu Recht, wie das OLG auf die dagegen von dem Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde entschied.

 Voraussetzung der Festsetzung sei nach § 11 Abs. 2 S. 2 RVG die Fälligkeit der Gebühren. Dies setze nach § 8 Abs. 1 RVG die Erledigung der Angelegenheit voraus (was hier der Fall war), weiterhin gem. § 10 Abs. 1 S. 1 RVG eine vom Rechtsanwalt zu unterzeichnende und seinem Auftraggeber (Mandanten) überlassene Berechnung. Vorliegend monierte die Rechtspflegerin, dass es an der unterzeichneten Berechnung.

Normzweck des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG sei, dass der Rechtsanwalt durch die Unterzeichnung die Verantwortung für die Richtigkeit in strafrechtlicher (§ 352 StGB), zivilrechtlicher und berufsrechtlicher Hinsicht  übernehme. Erforderlich sei damit die eigenhändige Unterschrift. Vorliegend aber befände sich die Berechnung lediglich in dem aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des Rechtsanwalts mit einfacher Signatur versehenen Schriftsatz im Festsetzungsverfahren.

Das entspräche zwar den prozessualen Anforderungen an die elektronische Einreichung von Schriftsätzen gem. § 130a ZPO. Nach § 130a Abs. 3 2. Alt. iVm. Abs. 4 Nr. 2 könne anstatt der Übermittlung des Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (die die persönliche Unterschrift ersetzt) auch dessen einfache Signatur durch die verantwortende Person auf einem sicheren Übermittlungsweg (wie dem beA) erfolgen. Allerdings beschränke sich dies auf die Abgabe prozessualer Erklärungen und berühre formliche Voraussetzungen für die Abgabe materiellrechtlicher Erklärungen nicht. § 126a Abs. 1 BGB bestimme, dass eine (hier) gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form nur ersetzt werden könne, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten Signatur versehen würde.

Vorliegend läge nur eine einfache Signatur vor. Bei der einfachen Signatur handelt es sich um die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens unter dem Schriftsatz oder um eine eingescannte Unterschrift, was der Anforderung an das Unterschriftserfordernis des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG weder nach § 125 Abs. 1 BGB noch nach § 126 Abs. 3m 126a Abs. 1 BGB genüge.

Auch aus der Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit in Papierform eingereichten Schriftsätzen erging (heute müssen Schriftsätze dem Gericht elektronisch übersandt werden), ließe sich abweichendes nicht erkennen. Danach konnte die Berechnung auch erst mit einem Schriftsatz an das Gericht vorgenommen werden, der dann zugestellt wurde. Mit der Zustellung sei dann die Berechnung gegenüber dem Auftraggeber (Mandanten) erfolgt. Allerdings sei der Schriftsatz vom Rechtsanwalt unterschrieben und die zustellende Abschrift als beglaubigte Abschrift ebenfalls unterschrieben gewesen, weshalb dem Mandaten eine unterschriebene Berechnung zugegangen.  

Beides sei übertragen auf den elektronischen Verkehr vorliegend nicht der Fall gewesen. Die einfache Signatur habe den der materiellrechtlichen Form des § 126a BGB entsprochen. Kommt es hier zum Ausdruck in Papierform zur Weitersendung an den Auftraggeber, wird diesem ein sogen. Transfervermerk beigefügt, aus dem sich ergäbe, aus dem sich die Nichteinhaltung der Form des § 126a Abs. 1 BGB ergäbe. Damit würde bei Einreichung eines mit gültiger einfacher Signatur versehenen Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten.   

Vorliegend habe der Rechtsanwalt nicht von der Rechtspflegerin dargelegten Möglichkeit Gebrauch gemacht, jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Berechnung in schriftlicher Form nachzureichen.

Anmerkung: Zahlt der Mandant nach einem Prozess die Gebühren seines Rechtsanwalts nicht, kann er die Festsetzung der Gebühren nach § 11 RVG beantragen. Häufig kommt es dann zu dem Einwand, es sei ihm nie eine ordnungsgemäße Rechnung zugegangen. Hatte der Rechtsanwalt die Berechnung in dem Schriftsatz, mit dem er die Festsetzung beantragte, aufgenommen, wurde dem Mandanten die vom Rechtsanwalt durch eigene Unterschrift beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes zugestellt, weshalb er Einwand ins Leere lief.  Heute aber muss der Rechtsanwalt den Antrag elektronisch stellen. Der erste Fehler lag hier darin, dass er den Schriftsatz nicht qualifiziert signierte. Allerdings würde dies hier auch nicht  ausreichen, da der Schriftsatz ausgedruckt und damit ohne die persönliche Unterschrift (oder qualifizierter Signatur) dem Mandanten überlassen wird (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 25.02.2022 - 48 C 304/21 -). Von daher sollte sichergestellt werden, dass der Nachweis der Überlassung der unterschriebenen Rechnung an den Mandanten und deren Zugang erbracht werden kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2022 - 3 W 111/22 -

Montag, 6. Dezember 2021

Schriftformerfordernis (§ 550 BGB) bei wesentlicher Änderung des Mietvertrages ?

Der Rechtsstreit der Mietvertragsparteien erledigte sich im Rahmen des Revisionsverfahrens in der Hauptsache und der BGH hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat auch im Revisionsverfahren, worauf der BGH hinwies, gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen. Danach seien die Kosten des Verfahrens hier der Klägerin aufzuerlegen, da sie mit ihrem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Mietsache, der auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gestützt wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchgedrungen wäre.

Grundlage des Rechtstreits war § 550 BGB, demzufolge ein für einen längeren Zeitraum als einem Jahr abgeschlossener Mietvertrag der Schriftform bedarf. Der Zweck der Norm bestehe darin, einen Erwerber des Grundstücks vor der Gefahr zu schützen, an einen Mietvertrag, dessen Inhalt er nicht zuverlässig kennt, länger als ein Jahr gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 12.03.2003 - XII ZR 18/00 -). Ferner würde die Norm auch dazu dienen, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese auch vor einer unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -). Der Gesetzgeber habe mit der Vorgabe, dass die Schriftform für Verträge über eine Laufzeit von mehr als einem Jahr geltend würde, gleichzeitig postuliert, bis zu welchem Zeitpunkt nicht von einer langfristigen  Bindung auszugehen sei.

Nach dem benannten Zweck der Norm würde das Schriftformerfordernis auch für vertragswesentliche Vereinbarungen (wie z.B. Miethöhe) gelten, wenn diese länger als ein Jahr gelten sollen. Daraus ergäbe sich, dass die Jahresfrist er mit Abschluss einer nicht formgerechten Änderungsvereinbarung zu laufen beginne, die die Schriftform des ursprünglich formwirksamen Vertrages entfallen ließe (BGH, Urteil vom 25.01.2017 - XII 69/16 -), weshalb sich die Vertragsparteien (einschließlich eines evtl. eintretenden Erwerbers) selbst bei einem Schriftformverstoß bei der Änderungsvereinbarung erst nach Ablauf eines Jahres aus der vertraglichen Bindung lösen könnten.

Vorliegend ging es um zwei Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Minderung der Miete infolge eines Minderungsgrundes und der Dauer der möglichen Minderungen. Vorliegend käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung zur Minderung der Schriftform unterliege, wenn die Dauer an das Bestehen des Minderungsgrundes geknüpft sei. Die Minderungen hätten jeweils eine Dauer von unter einem Jahr gehabt. Auch wenn beide Minderungen mit 15 Monaten die Jahresfrist überschritten hätten, käme es darauf nicht an, da die Laufzeit jeweils in Bezug auf die einzelne Abrede betrachtet werden müsse. Der von der Klägerin aus den beiden Vereinbarungen abgeleitete Schriftformverstoß des bis zum 31.08.2020 befristeten und mit zwei je fünfjährigen Verlängerungsoptionen für den Mieter versehene Mietvertrag habe mithin nicht an einem Schriftformverstoß gem. § 550 BGB gelitten, weshalb die darauf beruhende Kündigung und damit das gerichtliche Räumungs- und Herausgabeverlangen unberechtigt seien.

BGH, Beschluss vom 15.09.2021 - XII ZR 60/20 -

Dienstag, 14. September 2021

Kündigung des Wohnraums durch einen Vertreter und Folge der Angabe „i.A.“

Die Entscheidung des LG Wuppertal erging im Rahmen eines Antrages der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (§§ 114ff ZPO). Nachdem diese nach einer ihr gegenüber ausgesprochenen Kündigung von Wohnraum vor dem zuständigen Amtsgericht auf Räumung verklagt wurde, beantragte sie zur Rechtsverteidigung die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die ihr vom Amtsgericht versagt wurde. Der dagegen von der Beklagten eingelegten Beschwerde half das Landgericht (LG) ab.

Insgesamt wurden der Beklagten gegenüber zwei Kündigungen ausgesprochen, die jeweils von einer (mit dem Vermieter namensgleichen) Person mit der Angabe „i.A.“ unterschrieben wurden.

Die Kündigungserklärung bedarf nach § 568 Abs. 1 BGB der Schriftform, wobei sich der Vermieter bei der Abgabe der Kündigungserklärung auch vertreten lassen kann. Das Landgericht wies darauf hin, dass bei der Kündigung durch einen vom Vermieter bestellten Vertreter nicht nur dessen eigenhändige Unterschrift auf der Kündigungserklärung erforderlich sei, sondern auch die Offenlegung der Stellvertretung zur Formwirksamkeit der Kündigungserklärung gehöre. Es müsse sich mithin aus der Kündigungserklärung ergeben, dass der diese Erklärung Unterzeichnende als Vertreter des Vermieters handelt, nicht etwa nur als Bote. Dies würde selbst dann gelten, wenn zwischen dem kündigenden Vermieter und dem Unterzeichner der Kündigungserklärung Namensgleichheit bestünde.

Auch wenn der Kündigungsempfänger wüsste, dass der Unterzeichner der Kündigungserklärung den Vermieter in allen Mietangelegenheiten vertrete, sei die Offenlegung der Stellvertretung nicht entbehrlich. An dieser Offenlegung würde es bei der Angabe „i.A.“ fehlen, da dieser Zusatz grundsätzlich nicht zu einer für die Kündigungserklärung durch einen Vertreter erforderliche Übernahme der Verantwortung des Unterzeichners für den Inhalt des Schriftstückes zu erkennen gäbe, vielmehr den Unterzeichner lediglich als Erklärungsboten erscheinen lasse (BGH, Beschluss vom 25.09.2012 - VIII ZB 22/12 -).

Das LG ließ dahinstehen, ob es einer Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 24.09.2014 - 65 S 64/14 -) folgen würde, dass die Angabe „i.A. unschädlich sei, wenn ausdrücklich auch der Zusatz im Kündigungsschreiben „namens und in Vollmacht des Vermieters“ aufgenommen würde, da dieser Fall hier nicht vorlag und besondere Umstände nicht ersichtlich seien, aus denen sich ergäbe, dass der Unterzeichner bei der Kündigungserklärung als Vertreter handele. Zwar sei ein Briefbogen des Vermieters verwandt worden, aber nirgends im Text auf eine Bevollmächtigung des Unterzeichners hingewiesen worden. Es sei sogar in der wir-Form formuliert worden, was gegen eine Bevollmächtigung spräche.

Weiterhin ging das LG darauf ein, ob in der Räumungsklage eine neue Kündigungserklärung zu sehen sei. Das Wort „Kündigung“ müsse nicht unbedingt genannt werden, wenn nach den Gesamtumständen von einer entsprechenden Erklärung in der Klage oder einem nachfolgenden Schriftsatz ausgegangen werden könne (BGH, Urteil vom 09.07.2003 - VIII ZR 26/03 -). So sei zwar auf weitere Mietrückstände hingewiesen worden, doch sei gleichwohl nicht von einer Kündigung mittels der Klageschrift oder eines nachfolgenden Schriftsatzes auszugehen: Anders als in den vorgerichtlichen Kündigungsschreiben sei der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht widersprochen worden (§ 545 BGB), zudem sei der Wille zur einseitigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht hinreichend klar zum Ausdruck gebracht worden. Eine eindeutige Erklärung sei auch deshalb zu fordern, damit der Mieter wisse, ob er eine  einseitige Kündigungserklärung unverzüglich gem. § 174 BGB (Zurückweisung wegen mangelnder Vollmachtsvorlage) zurückweisen kann und das zuständige Gericht wissen muss, ob es aufgrund der schriftsätzlichen Kündigung zur Vermeidung einer möglichen Obdachlosigkeit die Sozialbehörde einschalten muss (§ 36 Abs. 2 SGB XII). Stattdessen würde es am Ende der Klageschrift heißen, dass die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gem. § 534 BGB mit den beiden Kündigungsschreiben erfüllt seien.

Anmerkung: Der Entscheidung ist zuzustimmen. Allerdings kann der Argumentation des Landgerichts zur Auslegung einer Klageschrift/eines Schriftsatzes als eigenständige Kündigung nicht gefolgt werden, soweit es darauf verweist, im Schriftsatz sei nicht gem. § 545 BGB einer Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen worden. Unabhängig davon, dass es einer solchen Erklärung nicht bedarf, wenn entsprechendes bereits im Mietvertrag aufgenommen ist (was hier nicht bekannt ist), verlangt zwar § 545 BGB einer Erklärung binnen zwei Wochen nach Vertragsende, dass einer Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen wird, andernfalls es sich auf unbestimmte Zeit verlängert. Allerdings ist anerkannt, dass ein Räumungsverlangen eine ausreichende schlüssige Erklärung iSv. § 545 BGB darstellt (BGH, Urteil vom 24.01.2018 - XII ZR 120/16 -), was jedenfalls in einer hier vorliegenden Räumungsklage zu sehen wäre.

LG Wuppertal, Beschluss vom 04.08.2021 - 9 T 128/21 -

Sonntag, 2. Mai 2021

Wahrung der Schriftform durch eine Nachtragsurkunde oder (nachträgliche) Anlage zum Mietvertrag

Die Klägerin (die aus abgetretenen Recht klagte) nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe einer zur Aufstellung einer zum Betrieb eines Geldautomaten vermieten Gewerbefläche in Anspruch. Der Mietvertrag wurde am 31.07.2015 auf die Dauer von fünf Jahren (mit Verlängerungsklausel) geschlossen. Auf der Vorderseite des Vertragsformulars der Beklagten waren u.a. Angaben zu den Vertragsparteien, dem Standort der Gewerbefläche und zur Höhe der Miete; die Unterschrift erfolgte durch die Mietparteien auf der Vorderseite im Anschluss an die o.g. Angaben. Auf der Rückseite befanden sich allgemeine Vertragsbedingungen, in denen unter § 1 Abs. 1 auf eine Anlage verwiesen wurde, einem Lageplan, in dem die konkrete Mietfläche in einem „Lageplan/Fotomontage“ für den Geldautomaten markiert sein sollten. Die Vertragsdauer nebst der Verlängerungsklausel wurden dort unter § 2 benannt.  Später unterzeichneten die Vertragsparteien eine mit „Anlage 1“ bezeichnete Urkunde, in der in der Überschrift diese als Anlage 1 „zum Mietvertrag zwischen … und …“ und ausgeführt wurden „Das eingezeichnete Objekt kennzeichnet die Mietfläche nach § 1.1 des Vertrags“. Eine Fotomontage zeigte den von außen bedienbaren Geldautomaten in einer Ansicht der Hausfassade. Der Gelautomat wurde am 29.11.2016 in Betrieb genommen.

Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.08.2017 ordentlich zu, 31.03.2018.

Das Landgericht wies die Räumungsklage ab. Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das OLG die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe. Die Revision der Beklagten führte zur Wiederherstellung der landgerichtliche Entscheidung.

Ein Mietvertrag von einer Mietdauer von über einem Jahr bedarf der Schriftform, § 550 BGB. Dies gilt auch für Räume, die keine Wohnräume sind, § 578 Abs. 2 BGB. Der BGH führte aus, dass ein Vertrag, bei dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter gegen ein monatliches Entgelt eine Teilfläche zur Aufstellung eines Geldautomaten zur Verfügung zu stellen, rechtlich als Mietvertrag zu qualifizieren sei, da dieser Vertrag durch die typischen mietvertraglichen Hauptleistungspflichten der Überlassung des Mietobjekts zur vertragsgemäßen Nutzung gegen Zahlung eines Entgelts (§ 535 Abs. 1 und 2 BGB) geprägt sei. Damit sei auf ihn auch § 550 BGB anwendbar, wenn der Vertrag auf die Dauer von mehr al einem Jahr geschlossen wird.

Anders als das OLG sah der BGH das Schriftformerfordernis als erfüllt an.

Die Schriftform des § 550 BGB sei nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen aus der von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergäbe. Zu diesen notwendigen Angaben gehören Benennung der Vertragsparteien, der konkrete Mietgegenstand, der Mietzins und die Vertragsdauer. Da auch formbedürftige Vertragsklauseln der Auslegung unterfallen würden, reiche es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmbar sei. Würden wesentliche vertragliche Vereinbarungen in Anlagen zum Vertrag ausgelagert, müssten die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Diese Kenntlichmachung müsse nicht durch körperliche Verbindung erfolgen; ausreichend sei eine bloß gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck gebracht werden müsse (BGH, Urteil vom 26.02.2020 - XII ZR 51/19 -).  Weiterhin würde zur Schriftform die Unterschrift der Vertragsparteien gehören, die den gesamten Vertragsinhalt decken müsse und den Vertragstext räumlich abschließen, also unterhalb des Textes stehen und damit die urkundliche Erklärung abschließen müsse (BGH, Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).

Diese Voraussetzungen erfüllte der Mietvertrag vom 31.07.2015 nicht. Der BGH verwies darauf, dass dieser nur auf der Vorderseite unterschrieben worden sei und damit nicht den vollständigen Vertragsinhalt, der auch aus den rückseitig abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen bestünde, abdecken würde. Auf der Vorderseite sei auch kein verweis auf die rückseitigen Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen worden, aus dem sich entnehmen ließe, dass diese von den Unterschriften mitumfasst wären.

Allerdings sei es für die Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich, dass schon die erste Vertragsurkunde (hier der Mietvertrag vom 31.07.2015) selbst alle Schriftformerfordernisse erfülle. Es genüge vielmehr, wenn diese Voraussetzungen durch eine nachfolgende Änderungsvereinbarung gemeinsam mit der in Bezug genommenen ersten Vertragsurkunde erfüllt würde. Dabei könne es nach den Umständen des Einzelfalls auch genügen, wenn lediglich eine dem Vertrag beigefügte Anlage von den Parteien unterschrieben würde, wenn in dieser Anlage hinreichend deutlich würde, auf welchen vertrag sie sich beziehe. Auch hier sei eine körperliche Verbindung zwischen dem Mietvertrag und der Anlage nicht erforderlich, vielmehr genüge es wie bei einer Nachtragsvereinbarung zur Einhaltung der Schriftform, dass zwischen der Anlage und dem Mietvertrag eine gedankliche Verbindung bestünde, die erkennen ließe, dass beide Schriftstücke in ihrer Gesamtheit den Vertrag bilden. Es sei daher ausreichend, wenn die Anlage die Mietvertragsparteien bezeichne, hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nähme und ersichtlich sei, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleibe (BGH, Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).

Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die nach Abschluss des Mietvertrages gefertigte Anlage nenne die Vertragsparteien und würde den streitgegenständlichen Vertrag sowie den Mietgegenstand benennen. Weiterhin würde Bezug genommen auf § 1 der auf der Rückseite des Mietvertrags vom 31.07.2015 abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen. Aus dieser Bezugnahme würde die gesamte Vertragsurkunde des Mietvertrages vom 31.07.2015 und die nachträgliche Anlage zu einer gedanklichen Einheit verbunden, aus der sich der Inhalt des Vertrages ergäbe. Es sei deshalb nicht erforderlich, dass in der nachträglichen Anlage die weiteren Vertragsbedingungen nicht mehr ausdrücklich aufgeführt worden seien und auch kein klarstellender Hinweis auf die Fortgeltung der in der Vertragsurkunde abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen worden sei. Mithin sei die Schriftform nach § 126 Abs. 1 und 2 S. 1 BGB gewahrt.

BGH, Urteil vom 10.02.2021  - XII ZR 26/20 -

Montag, 9. März 2020

Der vom Wohnraummietvertrag isolierte Stellplatzmietvertrag und die Krux mit der Schriftform


Im Kern streiten die Parteien um die Frage, ob die Kündigung eines Stellplatzmietvertrages bei nicht schriftlicher vereinbarter Vertragsdauer mit ordentlicher Kündigungsfrist möglich ist. Hintergrund (verkürzt wiedergegeben) war der Mietvertrag aus 1990 des (inzwischen verstorbenen) Ehemanns der Beklagten mit seinem damaligen Vermieter der Wohnung über einen Einstellplatz. Die Beklagte heiratete den Mieter 1993 und zog mit in die Wohnung ein. In 2005 verstarb der Ehemann der Beklagten.  Die Beklagte blieb in der Wohnung wohnen und nutzte den Stellplatz weiter, zahlte auch dafür das zuvor mit ihrem Ehemann bereits vereinbarte Entgelt. Die Klägerin erwarb in  2016 eine Eigentumswohnung, die mit dem Sondernutzungsrecht zu der hier fraglichen Stellplatz verbunden war. Sie kündigte den Stellplatzmietvertrag und begehrte das Unterlassen der Nutzung durch die Beklagte. Ihre Klage war im Berufungsrechtszug erfolgreich; die (zugelassene) Berufung der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Grundsätzlich würde gelten: Für den Fall, dass der Vermieter eines in einem einheitlichen Vertrag vermieteten Stellplatzes und einer Wohnung ist, einen Teil des Mietobjekts abtrennt und veräußert, tritt der Erwerber des Stellplatzes ebenfalls in den Mietvertrag ein. Gleiches gilt, wenn der Mieter von vornherein mittels zweier voneinander getrennter Verträge mit dem gleichen Vermieter von die Wohnung und den Stellplatz anmietet und sodann der Vermieter Wohnung und Stellplatz getrennt veräußert.  

Der BGH ging davon aus, dass es sich bei dem Stellplatz um jenen im schriftlichen Mietvertrag mit dem Ehemann der Beklagten handeln würde. Allerdings würden hier Wohnraummietvertrag und Stellplatzmietvertrag keine rechtliche Einheit bilden, weshalb der Übergang des Wohnraummietvertrages auf die Beklagte gem. § 563 BGB (Eintrittsrecht bei Tod des Mieters) nicht auch zu einem Übergang des Stellplatzvertrages geführt habe. Zwar sei nach dem Tod des Ehemanns der Beklagten von einem konkludenten Abschluss eines Stellplatzvertrages zwischen dem Vermieter und der beklagten auch zu den Bedingungen des Stellplatzvertrages auszugehen, da weiterhin eine Nutzung erfolgte und die Miete gezahlt worden sei und die Beklagte auch als Mieterin angeschrieben worden sei. Allerdings sei der Stellplatzmietvertrag gem. §§ 578, 576 BGB gesondert von der anderweitig zugeordneten Wohnung auf die Klägerin übergegangen (nicht die Wohnung). Es habe sich um einen vom Wohnraummietvertrag isolierten Stellplatzvertrag zwischen dem verstorbenen Ehemann der Beklagten und dem damaligen Vermieter gehandelt; eine Verbindung beider Verträge sei nicht vereinbart gewesen.

Zwar sei der ursprüngliche schriftliche Mietvertrag über den Stellplatz über eine längere Zeitdauer als ein Jahr abgeschlossen gewesen, wie die Staffelung des Mietzinses in dem Vertrag zeige. Der mit der Beklagten konkludent neu abgeschlossene Mietvertrag wahre aber nicht die Verträge mit einer Vertragslaufzeit von mehr als einem Jahr vorgesehene Schriftform, §§ 578, 550 BGB, mit der Folge, dass er ordentlich nach § 580a BGB kündbar sei. Der Umstand, dass davon auszugehen sei, dass der neue Vertrag der Beklagten mit dem Vermieter nach dem Ableben ihres Ehemanns die gleichen Bedingungen enthalte, wie der Vertrag mit ihrem Ehemann, ändere daran nichts. Es ermangelt an einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde. Die Beklagte habe erst (und damit verspätet und unbeachtlich) im Revisionsverfahrens geltend gemacht, sie sei Erbin ihres verstorbenen Ehemanns geworden und als solche Rechtsnachfolgerin von ihm im (schriftlichen) Mietvertrag über den Stellplatz.

BGH, Urteil vom 15.01.2020 - XII ZR 46/19 -

Mittwoch, 4. Juli 2018

Schriftform bei einer wesentlichen Mietvertragsänderung (hier: Zustimmung zur Erhöhung der Miete)


Einer der Sreitpunkte in dem Verfahren war gewesen, ob das Mietverhältnis üner Büroräume, welches mit Vertrag vom 04.09.2006 abgeschlossen wurde und dort fest bis zum 31.12.2017 vereinbart wurde, durch die beklagten Mieter, zwei Rechtsanwälten, mit Schreiben vom 12.02.2014 (einer fristlosen Kündigung) jedenfalls ordentlich vor dem 31.12.2017 gekündigt werden konnte. Vor dieser Kündigung der Beklagten hatte die klagende Vermieterin mit Schreiben vom 27.12.2012 unter Berufung auf eine vertraglich vereinbarte Indexklausel  die Beklagten darum gebeten, die monatliche Grundmiete ab dem 01.04.2013 auf € 2.273,60 anzupassen. Dem kamen die Beklagten (durch Zahlung) nach.

Das Oberlandesgericht hatte die von den Beklagten als fristlose Kündigung ausgesprochene Kündigung gem. § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet. Das, so der BGH, sei nicht zu beanstanden. Zwar könne auf Grund der unterschiedlichen Rechtsfolgen eine solche Umdeutung nicht stets vorgenommen werden, fehlt es wie hier an einen Kündigungsgrund für eine fristlose Kündigung. Sei allerdings für den Erklärungsempfänger unmissverständlich klar, dass der Erklärende auf jeden Fall zum nächstmöglichen Termin das Vertragsverhältnis beenden wolle, sei die Umdeutung möglich. Vorliegend hätte den beklagten die Räume bereits aufgegeben und seien umgezogen gewesen, eine Untervermietung für den Rest der Vertragslaufzeit nicht absehbar gewesen und zudem hätte die Beklagten ihren Beendigungswillen bei den Vertragsverhandlungen auch klar zum Ausdruck gebracht.

Der ordentlichen Kündigung hätte damit nur noch die Vertragslaufzeitvereinbarung im Vertrag vom ß4.09.2006 entgegengestanden. Allerdings kam hier den beklagten zugute, dass es bei Mietverträgen zwingend der Schriftform bedarf, wenn dieser über eine Laufzeit von mehr als einem Jahr geschlossen wird. An dieser Schriftform ermangelte es hier.

Die Mieterhöhung vom 27.12.2017 habe, so der BGH, nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB genügt (anwendbar auf gewerberäume gem. § 578 BGB). Die dort geforderte Schriftform sei nur gewahrt, wenn sich die Einigung der Parteien zu den wesentlichen Bedingungen, mithin zu Mietgegenstand, Miete sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses aus einer von den Parteien unterschriebenen Urkunde oder aus gleichlautenden, jeweils von einer Partei unterzeichneten Urkunde ergäbe. Nicht der Schriftform bedürften lediglich untergeordnete Punkte der Einigung. Diese Regelung zum Ursprungsvertrag gelte auch für Vertragsänderungen, wenn sie – wie die Miete, wenn die Änderung für mehr als ein Jahr erfolge und nicht vom Vermieter jederzeit widerrufen werden könne  – von wesentlicher Bedeutung seien. Die Wesentlichkeit der Miete ergäbe sich daraus, dass sie sich auf einen Zahlungsverzug auswirke und damit auf die Kündigunsgmöglichkeit durch den Vermieter (BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -).  Diese Schriftform sei bei der Änderung der Miete nicht eingehalten. Es käme nicht darauf an, dass der Vermieter von einem vertraglich vorgesehenen Recht zum einseitigen Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch gemacht habe, sondern darauf, dass durch die Zahlung der Beklagten konkludent eine vertragliche Vereinbarung der Parteien zustande gekommen sei. Vorliegend war im Mietvertrag bestimmt, dass jede Vertragspartei eine Abänderung der Miete bei einer bestimmten Änderung des Index verlangen könne und, wenn sich die Parteien nicht auf eine Miete einigen würden, dass die IHK einen Sachverständigen bestimmen solle, der die Miete bindend feststellen solle.

In diesem Zusammenhang weist der BGH darauf hin, dass bei Regelungen im Mietvertrag, die direkt eine Änderung bewirken würden, im Hinblick auf diese Änderung nicht ein gesondertes Schriftformerfordernis gelten würde. Die dadurch bedingte Änderung sei nicht laufzeitschädlich. Dies sei z.B. der Fall bei Ausübung eines Optionsrechts zur Vertragsverlängerung, einseitige Anpassung von Nebenkostenvorauszahlungen und auch in den Fällen, in denen eine Mietanpassung bei Änderung des Index führe, wenn die Klausel selbst dem Schriftformerfordernis genüge.

Hier aber habe keine Automatik der Anpassung bestanden. Danach habe jede Vertragspartei nur eine Änderung der Miete bei einer bestimmten Indexänderung verlangen können, über deren Höhe es einer zusätzlichen Einigung bedurfte. Diese Einigung aber unterfalle dem Schriftformerfordernis, welches mit der konkludenten Zustimmung qua Zahlung nicht erfüllt sei.

Da damit dem Schriftformerfordernis nicht (mehr) genügt war, führte die als ordentliche Kündigung zu wertende fristlose Kündigung der Beklagten zur Vertragsbeendigung innerhalb der für die ordentliche Kündigung vorgesehenen Frist.

Die im Vertrag enthaltene Scriftformheilungsklausel sei unwirksam und die Klägerin könne sich deshalb nicht auf diese berufen (dazu auch BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -).

BGH, Urteil vom 11.04.2018 - XII ZR 43/17 -

Montag, 30. April 2018

Stillschweigende Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen qua Überweisung


Mit Schreiben vom 23.11.2015 forderte die Klägerin die Beklage zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung um € 47,00 auf € 432,00 einschl. Betriebskostenvorauszahlungen  ab dem 01.02.2016 auf; dem Schreiben fügte sie ein Formular bei, welches die Beklagte zum Einverständnis unterschreiben und zurückschicken sollte. Mit Schreiben vom 19.01. und 01.02.2016 (letzteres unter Fristsetzung zum 16.01.2016) erinnerte die Klägerin an die Erteilung der Zustimmung. Ohne schriftlich zu reagieren, zahlte die Beklagte am 15.02., 04.03. und 06.04.2016 die Miete qua Einzelüberweisung in Höhe von je € 432,00.

Am 22.04.2016 erhob die Klägerin Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung gegen die Beklagte, die der Beklagten am 30.04.2016 zugestellt wurde. Die Beklagte unterzeichnete nunmehr die ursprünglich dem Mieterhöhungsverlangen beigefügte Zustimmungserklärung unter dem Datum des 23.04.2016 und die Klägerin erklärte schriftsätzlich unter dem 03.05.2016 die Hauptsache für erledigt, nachdem ihr ihren Angaben zufolge die Zustimmungserklärung am 02.05.2016 zugegangen sei.

Das Amtsgericht hatte der Klägerin die Kosten auferlegt; die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Auch die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH blieb erfolglos.

Der BGH folgte hier der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, wonach die Klage auch ohne Hauptsacheerledigungserklärung abzuweisen gewesen wäre, da die Klage bereits infolge konkludenter Zustimmung zur Mietererhöhung bei Einreichung abzuweisen gewesen sei.  Das Einverständnis zur Mieterhöhung bedürfe zur Wirksamkeit keiner Schriftform. Es würden die allgemeinen Regeln zu Willenserklärungen gelten, weshalb auch eine konkludente Erklärung möglich sei.

Das Mieterhöhungsverlangen vom 23.11.2015 habe einen Antrag iSv. § 145 BGB auf Abschluss eines Änderungsvertrages dargestellt. Mit der als Annahme zu wertenden Zustimmung des Mieters käme eine den bisherigen Mietvertrag abändernde Mietpreisvereinbarung zustande kommen. Die stillschweigende (konkludente) Annahme sie hier durch die Beklagte durch die dreimalige vorbehaltslose Zahlung erfolgt. § 558b BGB fordere keine besondere Form der Zustimmung, anders als es in § 558a BGB für das Erhöhungsbegehren vorgesehen sei, welches von der Textform abhängig gemacht worden sei. Ebenso wenig ließe sich aus der im Mietvertrag vereinbarten Schriftformklausel etwas anderes herleiten. Zwar würde mit der zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung ein Änderungsvertrag zustande kommen. Es könne allerdings auf sich beruhen, ob eine nach den gestezlichen Vorschriften der §§ 558ff BGB erfolgte Mieterhöhungsverinbarung von einer vertraglichen Schriftformklausel erfasst würde, da selbst bejahendenfalls die Klägerin keinen Anspruch auf Zusendung der Zustimmungserklärung gehabt habe. Die Klägerin habe keine konstitutive Wirkung des Erhöhungsbegehrens geltend gemacht. Käme aber dem Schriftformerfordernis nur deklaratorische Wirkung zu, könne auch auf sich beruhen, ob ein Schriftformerfordernis im übrigen nach §§ 305b, 307 Abs. 1 BGB einer AGB-Inhaltskontrolle standgehalten hätte.

Ob ein bestimmtes Verhalten als schlüssige Abgabe einer Willenserklärung zu werten sei, bestimme sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben. Maßgebend sei hier, ob ein objektiver Empfänger aus dem Verhalten des Mieters einen Rechtsbindungswillen desselben und damit eine Zustimmung zur Mieterhöhung erkennen würde. Dabei würde es nicht entscheidend darauf ankommen, ob nun ein Dauerauftrag geändert wurde, da auch die Erteilung von Einzelaufträgen eine Handlung des Mieters verlangte; ui berücksichtigen sei, dass die erste Zahlung nach der unter Frist zum 16.01.2016 vom 01.02.2016 am 15.02.2015 erfolgt sei, sei weitere Zahlungen (bis zur Klageerhebung) danach und in keinem Fall eine Vorbehalt ausgesprochen worden sei. Es könne hier dahinstehen, ob bereits für die Annahme einer schlüssigen Erklärung die einmalige vorbehaltlose Zahlung ausreiche, da jedenfalls ein dreimaliges Zahlen dem entsprechen würde.

BGH, Urteil vom 30.01.2018 - VIII ZB 74/16 -

Freitag, 27. April 2018

Die Einhaltung der Schriftform im Mietvertragsrecht: § 550 BGB vs. § 126 BGB


Der Kläger schloss am 05.03.2012 mit dem damaligen Eigentümer der Liegenschaft einen „Nutzungsvertrag“ (für eine Photovoltaikanlage)  über eine Laufzeit von 30 Jahren. Der schriftliche Vertragsentwurf des Klägers wurde vom damaligen Eigentümer unterschrieben und sodann per Telefax dem Kläger übermittelt, der nun das Fax unterschrieb und dieses sodann an den ehemaligen Eigentümer zurück faxte. Die im Original unterschriebenen Exemplare verblieben damit bei dem jeweiligen Unterzeichner.


Am 04.10.2012 kündigte der ehemalige Eigentümer den Vertrag. In der Folge verkaufte er das Grundstück an A., der am 11.03.2013 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Die Beklagte kaufte von A. am 27.02.2013 das Grundstück und wurde am 10.06.2013 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die beklagte verweigerte dem Kläger ab 15.03.2013 den Zugang zum Grundstück. Der Kläger beantragte die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis durch die Kündigung vom 04.10.2012 nicht beendet wurde sondern weiter fortbesteht und die Beklagte ihm gegenüber wegen Verweigerung des Zutritts schadensersatzpflichtig sei, da die beklagte das Grundstück einen Dritten überließ und von daher eine Besitzeinräumung an den Kläger nicht mehr möglich sei.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der BGH hob die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Die Vorinstanzen haben die Einhaltung der notwendigen Schriftform gem. §§ 550, 126 BGB. Erforderlich sei, dass die Vertragsparteien dieselbe Urkunde eigenhändig unterschreiben würden, was hier nicht der Fall gewesen sei.

Der BGH folgt hier der Annahme der Vorinstanzen, dass es sich nicht um einen Pachtvertrag sondern um einen Mietvertrag handeln würde, wies aber auch darauf hin, dass dies in Ansehung der Antragsstellung ohne Belang sei, da im Hinblick auf die gesetzliche Kündigungsfristen bei Miet- und Pachtverträgen dies nur den Zeitpunkt der Beendigung zum nächsten Kündigungszeitpunkt  bei fehlender Wahrung der Schriftform des über einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossenen Vertrages betreffen würde.

Richtig habe das OLG darauf hingewiesen, dass keine Urkunde existiere, auf der beide Vertragsparteien im Original unterschreiben hätten. Damit lägen die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nicht vor. Allerdings würde die Nichteinhaltung der materiell-rechtlichen Anforderung des § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nicht der Wahrung der Schriftform für Miet-/Pachtverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr entgegenstehen. Das Schriftformerfordernis könne gem. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB auch dadurch erfüllt werden, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen würden und jede Partei die für die andere Partei vorgesehene Urkunde unterzeichne.  Aber auch diese Voraussetzung läge nicht vor, da jede Partei nur das Original der von ihr selbst unterschriebenen Urkunde habe.

Die Schriftform des § 550 S. 1 BGB würde nur erfordern, dass die Erklärungen schriftlich niedergelegt sind (äußere Form), wobei der Abschluss des Vertrages auch mündlich oder konkludent erfolgen könne. § 550 BGB würde in erster Linie dem Informationsbedürfnis eines Erwerbers dienen, sich in genügender Form über den Inhalt eines Vertrages zu informieren. Damit aber sei es ausreichend, wenn, wie hier, die Vertragsparteien gleichlautende Urkunden unterzeichnen, wobei es auf den Zugang der Urkunden bei dem jeweils anderen Vertragspartner nicht ankäme.

§ 126 Abs. 2 S. 2 BGB verlange allerdings, dass das jeweils unterzeichnete (gleichlautende) Vertragsexemplar für die andere Partei bestimmt sein müsse. Nicht zwingend sei allerdings, daraus abzuleiten, dass im Rahmen des § 550 S. 1 BGB die gleichlautenden Urkunden in den Besitz des jeweiligen Vertragspartners gelangt seien. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB würde den der Schriftform genügenden Vertragsschluss und damit die Form der empfangsbedürftigen Willenserklärung regeln, demgegenüber es für die Einhaltung der Schriftform des § 550 S. 1 BGB nicht darauf ankomme, ob die beurkundete Erklärung den Vertragsparteien zugegangen sei, da der Vertragsschluss sowohl durch sie als auch auf andere Weise möglich sei. Es käme hier lediglich auf die äußere Form an, weshalb alleine die Existenz der die vertraglichen Regelungen dokumentierenden und unterschriebenen Urkunde entscheidend sei. Der Zugang sei daher ebenso ohne Belang wie die Frage, wo sich die Urkunden befinden oder ob sie zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Prüfung der Formgemäßheit des Mietvertrages noch existieren würden.

BGH, Urteil vom 07.03.2018 - XII ZR 129/16 -

Sonntag, 25. Juni 2017

Schriftform nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B und Bestimmtheit der Mängelbeseitigungsaufforderung

Nach § 13 Nr. 5 Abs.. 1 Satz 2 VOB/B regelt die Verjährung des Anspruchs des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber auf Beseitigung von Mängeln. Die Frist beträgt zwei Jahre, beginnend mit dem Zugang des schriftlichen Verlangens der Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer (nicht jedoch vor Verjährung der Regelfristen aus Abs. 4 oder vereinbarten Fristen).

Die Parteien hatten darüber gestritten, ob Mängel vorliegen und, bejahendenfalls, ob der Zahlungsanspruch der Klägerin (Auftraggeberin) nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nach Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte (Auftragnehmerin) noch durchsetzbar ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben sowohl die Mängel als bestätigt angesehen und der Klägerin den geltend gemachten Kostenersatzanspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zuerkannt.

Nach den Feststellungen des OLG betrug die Verjährungsfrist nach Nr. 8 der Besonderen Vertragsbedingungen fünf Jahre. Da im Übrigen keine besonderen Absprachen getroffen wurden, die VOB/B vereinbart waren, würde danach die Verjährung gem. § 13 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B mit Ablauf des 03.10.2010 eintreten. Allerdings habe die Klägerin mit ihrer Mail vom 09.06.2010, welche erstmals ein Mängelbeseitigungsverlangen enthielt (vorherige Korrespondenz hätten sich auf den Versuch einer einvernehmlichen Regelung bezogen), entgegen der Annahme der Beklagten gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B den Eintritt der Verjährung wegen dieser Mängel wirksam zum 03.10.2010 gehemmt und mit der Mail eine neue Verjährungsfrist diesbezüglich in Gang gesetzt.

Die Mail würde auch dem Bestimmtheitserfordernis entsprechen. Sie sei inhaltlich derart bestimmt gewesen, dass die Beklagte hätte erkennen können, welche Mängel gerügt und nachgebessert werden sollten. In ihr sei Bezug genommen worden auf einen Ortstermin, der der Inaugenscheinnahme der gerügten Fenstermängel diente. Ferner waren ihr die Prüf- und Wartungsprotokolle einer Fa. M. beigefügt gewesen, in denen die streitgegenständlichen Fenster genau angegeben worden seien. Es wurde in der Mail darauf hingewiesen, dass man im Ortstermin so verbleiben sei, eine einvernehmliche Lösung anzustreben, was nicht für einen neuen Auftrag sondern für ein gewünschtes Tätigwerden der Beklagten im Rahmen ihrer Gewährleistungspflicht spräche. Es sei auch nicht angefragt worden, „ob“ die Beklagte die Mängel behebt, sondern „wann“ sie dies tut. So sei auch zutreffend die Mail der Beklagten gem. §§ 133, 157 BGB  als Aufforderung zur Gewährleistungsarbeit verstanden worden, da sie in ihrer Antwortmail mehrfach das Wort „Gewährleistung“ gebraucht habe.

Die Beklagte vertrat ferner die Auffassung, die Mail würde nicht dem Schriftformerfordernis der VOB/B entsprechen. Nach § 127 Abs. 2 S. 1 BGB sei die gewillkürte Schriftform auch durch telekommunikative Übermittlung gewahrt. Durch die Einbeziehung der VOB/B handele es sich um eine gewillkürte Schriftform, weshalb § 127 Abs. 2 S. 1 BGB anzuwenden sei.

Da durch die Mail die neu in Gang gesetzte Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 09.06.2012 endete, führte die am 09.06.2012 eingereichte und am 20.06.2012 zugestellte Klage zur Hemmung der Verjährung, §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.


OLG Köln, Urteil vom 22.06.2016 - 16 U 145/12 -

Donnerstag, 27. April 2017

Zulässige Berufung des Erwerbers auf fehlende Schriftform eines langfristigen Mietvertrages

Die Beklagte hatte mit dem Rechtsvorgänger des Klägers einen Mietvertrag über nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume abgeschlossen, §§ 550, 578 Abs. 1 BGB. In § 4 des Mietvertrages war eine Vertragslaufzeit bis zum  30.04.2021 vereinbart gewesen. Anlässlich des Vertragsabschlusses wurde mündlich die Vereinbarung getroffen, dass nach Ablauf eines Vertragsjahres die Miete nicht mehr, wie im schriftlichen Vertrag vorgesehen, € 2.900,00/Monat, sondern nur noch € 1.900,00/Monat betragen sollte.

Der Kläger kündigte den Mietvertrag innerhalb der gesetzlichen Frist. Seiner Räumungsklage gab das Landgericht statt; die Berufung der Beklagten zum OLG war nicht erfolgreich. Trotz der Laufzeitvereinbarung in § 4 des Mietvertrages war nach Auffassung beider Instanzen des auf den gesetzlichen Reglungen zu einem unbefristeten Mietverhältnis beruhende Kündigung rechtens gewesen. Der Mietvertrag entbehrte nämlich der notwendigen Schriftform. Zwar wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen; da allerdings der Mietzins ohne Aufnahme in den Vertrag nur mündlich anderweitig als in dem schriftlichen Vertrag beschrieben geregelt worden war, ist der Schriftformanforderung nicht genügt. Die Schriftform, so das OLG, sei nur gewahrt, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen wie Mietparteien, Mietgegenstand, Mietdauer und Mietzins, aus einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde ergeben (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Die mündliche Vereinbarung zum Mietzins sei auch nicht nach § 125 BGB nichtig. Nichtigkeit könnte nur angenommen werden, wenn die Vereinbarung gegen eine qualifizierte Schriftformklausel verstoßen würde. Zwar wurde in § 18 des Mietvertrages eine Schriftformklausel aufgenommen, Es könne auf sich beruhen, ob solche Klauseln zulässig sind, ob sie zur Nichtigkeit von gleichwohl getroffenen Vereinbarungen führen oder ob die Individualvereinbarung der Schriftform vorgehe, da vorliegend die im Formularmietvertrag enthaltene Klausel bereits deshalb nicht greift, da dies eine nachträgliche Ergänzung oder Veränderung des Vertrages fordert. Nur für nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sollte nach der Formularklausel die Schriftformregelung gelten. Hier aber wurde die mündliche Abrede nicht nach Vertragsschluss, sondern bei Vertragsschluss getroffen, weshalb die schriftlich niedergelegte Miethöhe von Anbeginn an nicht der vertraglichen Vereinbarung entsprach.

Auch kann nach Ansicht des OLG die Beklagte mit ihren Treuwidrigkeitseinwand nicht durchdringen. Selbst wenn der Generalbevollmächtigte der Beklagten den Kläger auf die abweichende Reglung zum Mietzins hingewiesen haben sollte, läge in der Kündigung unter Berufung auf die fehlende Schriftform nach § 550 BGB kein treuwidriges Verhalten, denn der Kläger musste die einseitige Erklärung von der Beklagtenseite aus Rechtsgründen nicht beachten. Vielmehr hätte sich der Kläger gleichwohl auf die schriftlich niedergelegte Mietzinshöhe verlassen dürfen. Etwas anderes, so das OLG, könnte allenfalls (was offen blieb) gelten, wenn beide Mietvertragsparteien den Kläger (wohl vor Abschluss des Kaufvertrages) auf die abweichende mündliche Vereinbarung hingewiesen haben sollten (was nicht behauptet wurde). Der Kläger sei (nach der behaupteten einseitigen Erklärung des Generalbevollmächtigten der Beklagten) auch nicht zu Nachforschungen verpflichtet gewesen; dies könnte sich nur dann ergeben, wenn der Erwerber (Kläger) durch den Inhalt der Vertragsurkunde selbst hinreichend gewarnt war, wofür hier aber § 18 des Formularvertrages keinen Anlass bot. Die Erkundigungspflicht gelte, wenn in der Urkunde auslegungsbedürftige Begriffe verwandt worden wären (BGH vom 24.07.2013 – XII ZR 104/12 -) oder auch zur Frage einer Verlängerungsoption (BGH vom 22.01.2014 – XII ZR 68/10 -).

Anmerkung: Die Entscheidung ist zutreffend und berücksichtigt auch die einschlägige Rechtsprechung des BGH. Das Gebot zur Schriftform bei längerfristigen Verträgen (Vertragsdauer länger als ein Jahr, § 550 BGB) dient auch der Sicherheit für den Fall des Vertragsübergangs qua Verkauf des Grundstücks oder Rechtsnachfolge qua Erbschaft. Wollte man hier die alleine auf die mündlich vereinbarten Regelungen abstellen, würde dies zur ständigen Ungewissheit des Rechtsnachfolgers über den tatsächlichen Vertragsinhalt führen. Von daher reicht auch ein einseitiger Hinweis des Mieters gegenüber dem (potentiellen) Erwerber nicht aus, sondern müssten jedenfalls sowohl der Mieter als auch Vermieter/Verkäufer dies (vor Abschluss des Kaufvertrages) darlegen; zwar läge dann auch noch ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB vor, doch könnte in einem solchen Fall die Berufung darauf tatsächlich treuwidrig sein, da das Schriftformerfordernis den Zweck der umfassenden Information des Erwerbers dient und durch die Information als geheilt angesehen wird. Vor diesem Hintergrund liegt es im Interesse von Vermieter und Mieter, bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von über einem Jahr darauf zu achten, dass die Vereinbarungen dem Erfordernis des § 550 entsprechen.

Donnerstag, 15. September 2016

AGB: Schriftformerfordernis zur Kündigung bei Online-Vertrag unwirksam

Die Beklagte ist ein Telemediendienst, die unter anderem eine Partnerschaftsvermittlung über eine Internetseite betreibt. In ihren Geschäftsbedingungen findet sich u.a. zur Kündigung eines  Vertrages die Klausel:
"Die Kündigung der VIP- und/oder Premium-Mitgliedschaft bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (eigenhändige Unterschrift) und ist z.B. per Fax oder per Post an E.          GmbH (Adresse siehe Impressum) zu richten; die elektronische Form ist ausgeschlossen."

Die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, erhob Klage auf Unterlassung der Nutzung der Klausel, da sie in der Klausel einen Verstoß gegen § 309 Nr. 13 BGB. . Das Landgericht gab der Klage statt, das OLG Hamburg hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Auf die Revision wurde die landgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt.

Nach Auffassung des BGH steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch gem. § 1 UKlaG zu, da die Klausel unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB sei. Unangemessenheit liege vor, wenn der Verwender bei der Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versuche, ohne ausreichend auf dessen Interessen Rücksicht zu nehmen. Dies sei hier der Fall, da die Klausel gerade im Hinblick auf die besondere des Zustandekommens des Vertrages (via Internet) und der Abwicklung desselben (via Internet) die Vertragspartner unangemessen benachteilige. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, weshalb bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Kunden weitergehende Vorkehrungen erforderlich wären als bei dessen Begründung, bei der elektronisch nur wenige persönliche Datenübermittelt würden. Zwar müsse die Kündigung eindeutig zuzuordnen sein; hier würde die Möglichkeit der Bestätigung gegeben sein. Bei Zweifeln an der Authentizität der Kündigungserklärung bliebe im übrigen die Möglichkeit, gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 BGB nachträglich eine den Erfordernissen des § 126 BGB entsprechende Beurkundung zu verlangen (also dann doch ein Schriftstück mit persönlicher Unterschrift).


BGH, Urteil vom 14.07.2016  - III ZR 387/15 -

Donnerstag, 18. Juni 2015

Mietrecht: Schriftform und unvollständiges Rubrum

In beiden letztlich vom BGH entschiedenen Fällen stritten die Parteien um die Wirksamkeit eines längerfristig abgeschlossenen Mietvertrages. § 550 BGB fordert für Mietverträge, die eine längere Laufzeit als ein Jahr haben sollen, ausdrücklich die Schriftform. In den zwei vom BGH entschiedenen Fällen war an dem Mietvertrag eine Aktiengesellschaft (AG) beteiligt gewesen. In dem einen Fall war der Vorstand der AG im Rubrum des Vertrages benannt, allerdings hat nur ein Vorstandsmitglied den Vertrag unterzeichnet (BGH vom 04.11.2009 – XII ZR 86/07 -). Im anderen Fall wurden die Vertreter der AG im Rubrum gar nicht benannt und hat auch lediglich ein Vorstandsmitglied (ohne seine Stellung bei Unterschriftsleistung darzustellen) zusammen mit einem durch Zufügung von ppa. dies verdeutlichenden Prokuristen  unterschrieben (BGH vom 22.04.2015 – XII ZR 55/14 -).


In seiner Entscheidung im Jahr 2009 hat der BGH das Vorliegen der Schriftform negiert. Demgegenüber hat diese in seiner Entscheidung in 2015 bejaht. In Abgrenzung der Entscheidungen führt der BGH in seinem Urteil vom 22.04.2015 aus, dass in dem in 2009 zur Entscheidung anstehenden Fallvariante alle Vorstandsmitglieder im Rubrum benannt wurden und nunmehr nicht ersichtlich gewesen wäre, ob der alleinige Unterzeichner der AG für alle Vorstandsmitglieder handeln würde. Zweifel an der Vertretungsmacht würden sich daher aus der Urkunde im Hinblick auf die Aufnahme der Vertretungsregelung im Rubrum ergeben. Anders sei dies allerdings dann, wenn wie in dem jetzt 2015 z entscheidenden Fall keine Angaben zum Vertretungsverhältnis der AG im Vertrag aufgenommen würden, da sich dann bei der Unterschrift nicht Zweifel an der (alleinigen) Berechtigung ergeben könnten.


Auch sei unschädlich, dass es bei dem Vorstandsmitglied an einem Vertretungszusatz fehle. Zwar wäre dies erforderlich, wenn alle Vorstandsmitglieder im Rubrum des Vertrages aufgenommen würden, da sich hier Zweifel an der Vollständigkeit aus der Urkunde ergeben. Wenn aber der Vorstand im Rubrum nicht aufgelistet ist, könnten auch keine Zweifel darüber entstehen, ob das unterzeichnende Vorstandsmitglied nur für sich oder für alle Vorstandsmitglieder handelt. 

BGH, Urteil vom 22.04.2015 - XII ZR 55/14 -

Samstag, 27. September 2014

Internet-Shop: Anklicken der Widerrufsbelehrung nicht ausreichend

Dass bei einem Verkauf mittels eine Online-Shops eine Widerrufsbelehrung zu erfolgen hat ist allgemein bekannt. Dass aber der bloße „Zwang“ des Anklickens mit Häkchen eines als Bestätigung Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen“ selbst mit dem Zusatz „ausgedruckt oder abgespeichert“ nicht ausreichend ist, hat nunmehr der BGH in seinem Urteil vom 15.05.2014 Dass auch bei einem Verkauf über einen Internet-Shop die Widerrufsbelehrung erforderlich ist, ist festgehalten.  

Der Betreiber eines Internet-Shops (Fernabsatzvertrag nach § 312b BGB a.F., § 312c BGB n.F.) muss nicht nur eine korrekte Widerrufsbelehrung erteilen, wobei dringend anzuraten ist, das offizielle Muster einer solchen schon zur Vermeidung einer sonst möglichen Unwirksamkeit zu verwenden. Die Widerrufsfrist läuft erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher (§ 13 BGB) eine den Anforderungen des § 360 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform erhalten hat; dies galt bisher gem. § 360 Abs. 3 BGB und ist nach der Verbraucherrichtlinien 2014 (VRRL, abgedruckt in BGBl I 2013, 3642) nun in § 126b BGB normiert.

Während die Widerrufsfrist bei unterlassener oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung nach der alten, bis zum Inkrafttreten der VRRL zum 13.06.2014 unbeschränkt galt, kann der Verbraucher jetzt nur noch binnen einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen (§ 356a Abs. 3 BGB).

Um die gesetzliche Frist für den Widerruf von 14 Tagen (§ 355 Abs. 2 BGB) in Lauf zu setzen, ist neben der korrekten, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Widerrufsbelehrung erforderlich, dass diese schriftlich erfolgt (§ 126b BGB). Die Bestätigung mittels des benannten Häkchens  im Kontrollkasten wertet der BGH im Hinblick auf ihre Rechtswirkung als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), was zusätzlich dadurch dokumentiert würde, dass der Verbraucher ohne das setzen den Bestellvorgang nicht abschließen kann. Dabei wird aber gerade diese Methode verwandt, um den vermeintlichen Nachweis einer Kenntnisnahme der Belehrung durch den Verbraucher zu erreichen. In diesem Zwang sieht der BGH eine Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Verbrauchers, die unzulässig sei. Dies unbeschadet dessen, dass ohne nachweislicher Belehrung die Widerrufsfrist nicht bzw. nach der neuen Rechtslage auf 1 Jahr und 14 Tage läuft.

Die Bestätigung durch Setzen des Häkchens habe, so der BGH, eine unzulässige Beweislastumkehr zu Folge und wäre deshalb unwirksam (§ 309 Nr. 12b BGB). Der Unternehmer trage die Beweislast für die Tatsachen, aus denen er die Nichteinhaltung der Frist herleiten will (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F., § 312k Abs. 2 BGB n.F.).  Dies ergibt sich letztlich allerdings auch bereits aus § 309 Nr. 12b BGB.

Zugegangen wäre die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher, wenn er diese ausdruckt oder bei sich abspeichert. Diese dem Verbraucher gegebene Möglichkeit ändert allerdings nichts an der Verpflichtung des Betreibers des Online-Shop (Unternehmer, § 14 BGB) dafür Sorge zu tragen, dass ihm die Widerrufsbelehrung auch ohne sein eigenes Zutun zugeht. Eine Bestätigung über „ausgedruckt“ oder „abgespeichert“ führe aber zu u.U. wahrheitswidrigen Angaben, was vom gesetzlichen Leitbild abweicht.


Ausreichend ist im sogen. E-Commerce die Überlassung der Widerrufsbelehrung auch per E-Mail (§ 312c Abs. 2 BGB).  Da der Betreiber des Online-Shop ohnehin verpflichtet ist, einen eingegangenen Auftrag zu bestätigen, anempfiehlt es sich, die Mail (nicht lediglich als Anhang) um die korrekte und vollständige Widerrufsbelehrung zu ergänzen. 

BGH, Urteil vom 15.05.2014 - III ZR 368/13 -

Dienstag, 1. Oktober 2013

Wohnraummiete: Verzicht auf Eigenbedarfskündigung und Schriftform

Ein Verzicht auf eine Eigenbedarfskündigung sollte schriftlich erfolgen. So hat das LG Hamburg in einem Urteil vom 14.02.2013 – 307 S 456/11 – entschieden, dass der entsprechende mündliche Kündigungsverzicht des Ex-Vermieters, der die Immobilie veräußert hatte, jedenfalls dann der Schriftform bedarf, wenn der Verzicht länger als ein Jahr wirken soll. Dies wird mit Hinweis auf § 550 Satz 1 BGB unter Berufung auf die grundlegende Entscheidung des BGH vom 04.04.2007 – VIII ZR 223/06 – begründet.

Unabhängig also davon, dass die Schriftform ohnehin im Hinblick auf die Beweislichkeit des Verzichts dringend anzuraten ist, ist sie als Formerfordernis auch bei einer längeren Zeitspanne als ein Jahr zwingend. Bei Verzicht auf die Schriftform kann sich der Mieter auf den Ausschluss, liegt der Verzicht länger als ein Jahr zurück, nicht wirksam berufen. Die Schriftform ist allerdings nur gewahrt, wenn die Regelung selbst im Mietvertrag enthalten ist.
LG Hamburg, Urteil vom 14.02.2013 - 307 S 456/11 -
BGH, Urteil vom 04.04.2007 - VIII ZR 223/06 -