Das Bestreiten gehört zum
Prozessrecht: Wird der von der Gegenseite geschildert Lebenssachverhalt nicht
eingeräumt, muss er bestritten werden. Handelt es sich um Umstände, die sich
der eigenen Wahrnehmung entziehen, genügt grundsätzlich ein Bestreiten mit
Nichtwissen; ansonsten ist ein anderweitiger Lebenssachverhalt zu schildern. Häufig
wird von Gerichten geltend gemacht, es ermangele an einem (ausreichenden)
substantiierten Bestreiten mit der Folge, dass das Bestreiten als unzulässig
angesehen wird und der gegnerische Vortrag als zugestanden gilt. Und häufig hat
der BGH Veranlassung, die instanzgerichtliche Entscheidungen aufzuheben, wie
auch im vorliegenden Fall, in dem das OLG München die Auffassung vertrat, die Beklagte
sei einem klägerischen Vortrag (durch viele Reisen und Gespräche mit
Verantwortlichen der E.B.V. und deren Muttergesellschaft zwischen Februar und
August 2015 die Bereitschaft zur Investition geschaffen zu haben, auf Grund der
die Klägerin von der Beklagten Marklercourtage begehrt) nicht mit
substantiierten Vortrag entgegengetreten, weshalb es der Klage statt gab.
Der BGH hielt die Anforderung des
OLG München für ein zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4
ZPO für überzogen mit der Folge der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103
GG. Die von der Klägerin behaupteten
Tätigkeiten seien nicht Gegenstand eigener Wahrnehmungen der Beklagten gewesen.
In diesem Fall würde die Erklärung mit Nichtwissen in ihrer Wirkung dem
schlichten Bestreiten gleichstehen und würde die Zulässigkeit einer solchen
Erklärung die Verpflichtung zum substantiierten Bestreiten ausschließen. Der
eventuelle Versuch des Bestreitenden (wie hier der Beklagten, von einer aktiven
Mitwirkung der Klägerin sei nichts zu spüren gewesen) führt selbst dann nicht
zu einer Unbeachtlichkeit des zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen, wenn die
Behauptung ins Blaue hinein aufgestellt worden sei (bereits BGH, Urteil vom
07.07.1988 - III ZR 111/87 -). Das Verkennen dieser Grundlagen und die daraus
sich ergebende Folge des Überspannens an eine Substantiierungsanforderung des
Bestreitenden führt zur Verletzung Anspruchs auf rechtliches Gehör, da ein wirksames
Bestreiten unberücksichtigt bleibe. Da hier nicht auszuschließen sei, dass bei
Beachtung des Bestreitens die Entscheidung des OLG anders ausgefallen wäre, sei
das Urteil aufzuheben und die Sache an das OLG zurückzuverweisen.
Der BGH weist darauf hin, dass
nach §§ 296a Satz 2, 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Wiedereröffnung einer geschlossenen
mündlichen Verhandlung vom erkennenden Gericht anzuordnen sei, wen es einen entscheidungserheblichen
und rügbaren Verfahrensfehler, so insbesondere die Verletzung einer Hinweis-
und Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO oder eine Verletzung rechtlichen Gehörs
feststelle.
BGH, Beschluss vom 29.11.2018 - I ZR 5/18 -