Die (damaligen) Eheleute unterhielten bei der P-Bank ein gemeinsames Konto, auf welches die Klägerin (eine Bank) einen Betrag von € 3.490,00 in der Annahme überwies, damit die Auszahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens vorzunehmen. Der Beklagte hatte allerdings mit der Klägerin keinen Darlehensvertrag geschlossen. Vielmehr hatte diesen unter seinen Namen seine Ehefrau abgeschlossen, der im Wege des Postident-Videoverfahrens die Kreditunterlagen übersandt wurden und die Klägerin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des Personalausweises des Beklagten, der Bankkarte und von Kontounterlagen erhielt. Bei dem Post-Identverfahren trat des der Stiefvater der Ehefrau unter Vorlage des Personalausweises des Beklagten auftrat. Die Unterschrift auf dem Kreditvertrag wurde von der Ehefrau des Beklagten gefälscht. Nach Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs durch die Klägerin wurden Teilzahlungen in Höhe von € 1.055,20 geleistet. Mit der Klage begehrte die Klägerin Zahlung restlicher € 2.434,80 nebst Zinsen. Das Amtsgericht gab der Klage statt, Auf die Berufung des Beklagten wurde vom Landgericht die Klageabgewiesen. Im vom Landgericht zugelassenen Revisionsverfahren hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und wies die Berufung des Beklagten gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurück.
Soweit das Berufungsgericht gem. § 241a Abs. 1 BGB in der „Darlehensvaluta“ eine sonstige unbestellte Leistung sah oder es sich nach Klägerauffassung um die Erfüllung eines nicht unter § 241a Abs. 1 BGB Scheinvertrages handeln sollte, ließ dies der BGH auf sich beruhen, da auch dann, wenn § 241a Abs. 1 greifen würde, die gesetzlichen Ansprüche der Klägerin nicht § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht ausgeschlossen wären. Nach § 241a BGB wird bei der Lieferung unbestellter Leistungen ein Anspruch gegen den Empfänger nicht begründet. § 241a Abs. 2 2. Fall BGB bestimmt, dass die Ansprüche nicht gem. Abs. 1 ausgeschlossen seien, wenn der Empfänger die irrige Leistung erkannt habe oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Eine unionsrechtliche Auslegung der Norm käme aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/2658 S. 46) nicht in Betracht (was vom BGH sodann näher ausgeführt wurde). Eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung dürfe nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt einer Norm neu bestimmt würde; der Richter dürfe seien eigene Gerechtigkeitsvorstellung nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011 - 2 BvR 2216/06 -).
Die in § 241a Abs. 2 2. Fall BGB benannte Kenntnis des Beklagten sie hier anzunehmen, da ihm in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der irrigen Vorstellung einer „Bestellung auf Seiten der Klägerin“ zuzurechnen sei.
Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB (bei Folgen von Willenserklärungen und Willensmängeln, Kenntnis und Kennenmüssen ist nicht auf den Vertretenen, sondern seinen Vertreter abzustellen) der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass sich (unabhängig von einem Vertragsverhältnis) derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse (BGH, Urteil vom 25.02.1982 - VII ZR 60/81 -).
Vorliegend habe das Landgericht festgestellt, dass sich bis zur Trennung der Eheleute die Ehefrau um die finanziellen Angelegenheiten gekümmert hatte. Damit habe sie bei der Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter gehabt. Der Beklagte habe sich insoweit bewusst von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise repräsentieren lassen wie durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter. Nur da sich der Beklagte um das gemeinschaftliche Konto nicht gekümmert habe, habe die Ehefrau den Irrtum bei der Klägerin hervorrufen können, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag abgeschlossen zu haben, und die Klägerin ohne Wissen des Beklagten veranlassen können, auf das gemeinschaftliche Konto die vermeintliche Darlehensvaluta auszuzahlen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Ehefrau mit Aufnahme des Darlehens unter dem Namen des Beklagten gegen Befugnisse aus dem Innenverhältnis der Eheleute verstoßen habe.
Damit habe die Klägerin einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch, der hier nicht durch § 241a BGB ausgeschlossen sei. Der Beklagte könne dem auch nicht einen Schadensersatzanspruch wegen unsorgfältiger Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens entgegenhalten. Der Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB in Höhe von € 2.434,80, der Differenz zwischen dem auf das Konto überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten Teilzahlungen sei gegeben.
Die Beklagte sei durch die Überweisung auf das Konto, mit dem die Klägerin den vermeintlich mit dem Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte, durch Leistung der Klägerin ungerechtfertigt bereichert worden, da durch das Handeln der Ehefrau unter dem Namen des Beklagten zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande kam. Mangels Nachweises, dass die Ehefrau des Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages und Unterzeichnung der Auszahlungsanweisung unter dem Namen des Beklagten in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht gehandelt habe (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB analog), sei ihm deren Handeln nicht für den Vertragsabschluss zuzurechnen, und er habe diesen Vertragsabschluss auch nicht genehmigt (§ 167 BGB analog). Auch lägen nicht die Voraussetzungen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht vor; es sei nicht festgestellt und auch nicht von der Klägerin geltend gemacht worden, dass die Teilzahlungen von ihm erfolgten.
Eine Entreicherung nach § 819 Abs. 1 BGB könne der Beklagte auch nicht einwenden, auch wenn die Ehefrau den Betrag abgehoben habe, bevor der Beklagte von dem Zahlungseingang erfahren habe. Der Ehefrau sie bekannt gewesen, dass der Betrag von der Klägerin als Darlehen gewährt wurde und zurückzuzahlen sei. Diese für § 819 Abs. 3 BGB ausreichende Kenntnis seiner Ehefrau müsse sich der Beklagte wie im Rahmen von § 241a BGB in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
Dem Beklagten stünde ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin nicht zu, den er nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Indentifizierung entgegenhalten könnte. Soweit er einem Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt sei, ergäbe sich aus §§ 814, 815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur die positive Kenntnis des Bereicherungsgläubigers (der Klägerin) entgegengehalten werden könne. Fahrlässige oder auch grob fahrlässige Unkenntnis auf Seiten der Klägerin seien unerheblich. Dies könne nicht durch eine unsorgfältige Prüfung der Identität des Empfängers vor der Leistungserbringung durch einen Schadenersatzanspruch überspielt werden.
BGH, Urteil vom 26.09.2023
- XI ZR 98/22 -