Die (damaligen) Eheleute unterhielten bei der P-Bank ein gemeinsames Konto, auf welches die Klägerin (eine Bank) einen Betrag von € 3.490,00 in der Annahme überwies, damit die Auszahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens vorzunehmen. Der Beklagte hatte allerdings mit der Klägerin keinen Darlehensvertrag geschlossen. Vielmehr hatte diesen unter seinen Namen seine Ehefrau abgeschlossen, der im Wege des Postident-Videoverfahrens die Kreditunterlagen übersandt wurden und die Klägerin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des Personalausweises des Beklagten, der Bankkarte und von Kontounterlagen erhielt. Bei dem Post-Identverfahren trat des der Stiefvater der Ehefrau unter Vorlage des Personalausweises des Beklagten auftrat. Die Unterschrift auf dem Kreditvertrag wurde von der Ehefrau des Beklagten gefälscht. Nach Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs durch die Klägerin wurden Teilzahlungen in Höhe von € 1.055,20 geleistet. Mit der Klage begehrte die Klägerin Zahlung restlicher € 2.434,80 nebst Zinsen. Das Amtsgericht gab der Klage statt, Auf die Berufung des Beklagten wurde vom Landgericht die Klageabgewiesen. Im vom Landgericht zugelassenen Revisionsverfahren hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und wies die Berufung des Beklagten gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurück.
Soweit das Berufungsgericht gem. § 241a Abs. 1 BGB in der „Darlehensvaluta“ eine sonstige unbestellte Leistung sah oder es sich nach Klägerauffassung um die Erfüllung eines nicht unter § 241a Abs. 1 BGB Scheinvertrages handeln sollte, ließ dies der BGH auf sich beruhen, da auch dann, wenn § 241a Abs. 1 greifen würde, die gesetzlichen Ansprüche der Klägerin nicht § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht ausgeschlossen wären. Nach § 241a BGB wird bei der Lieferung unbestellter Leistungen ein Anspruch gegen den Empfänger nicht begründet. § 241a Abs. 2 2. Fall BGB bestimmt, dass die Ansprüche nicht gem. Abs. 1 ausgeschlossen seien, wenn der Empfänger die irrige Leistung erkannt habe oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Eine unionsrechtliche Auslegung der Norm käme aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/2658 S. 46) nicht in Betracht (was vom BGH sodann näher ausgeführt wurde). Eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung dürfe nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt einer Norm neu bestimmt würde; der Richter dürfe seien eigene Gerechtigkeitsvorstellung nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011 - 2 BvR 2216/06 -).
Die in § 241a Abs. 2 2. Fall BGB benannte Kenntnis des Beklagten sie hier anzunehmen, da ihm in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der irrigen Vorstellung einer „Bestellung auf Seiten der Klägerin“ zuzurechnen sei.
Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB (bei Folgen von Willenserklärungen und Willensmängeln, Kenntnis und Kennenmüssen ist nicht auf den Vertretenen, sondern seinen Vertreter abzustellen) der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen sei, dass sich (unabhängig von einem Vertragsverhältnis) derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse (BGH, Urteil vom 25.02.1982 - VII ZR 60/81 -).
Vorliegend habe das Landgericht festgestellt, dass sich bis zur Trennung der Eheleute die Ehefrau um die finanziellen Angelegenheiten gekümmert hatte. Damit habe sie bei der Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter gehabt. Der Beklagte habe sich insoweit bewusst von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise repräsentieren lassen wie durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter. Nur da sich der Beklagte um das gemeinschaftliche Konto nicht gekümmert habe, habe die Ehefrau den Irrtum bei der Klägerin hervorrufen können, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag abgeschlossen zu haben, und die Klägerin ohne Wissen des Beklagten veranlassen können, auf das gemeinschaftliche Konto die vermeintliche Darlehensvaluta auszuzahlen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Ehefrau mit Aufnahme des Darlehens unter dem Namen des Beklagten gegen Befugnisse aus dem Innenverhältnis der Eheleute verstoßen habe.
Damit habe die Klägerin einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch, der hier nicht durch § 241a BGB ausgeschlossen sei. Der Beklagte könne dem auch nicht einen Schadensersatzanspruch wegen unsorgfältiger Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens entgegenhalten. Der Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB in Höhe von € 2.434,80, der Differenz zwischen dem auf das Konto überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten Teilzahlungen sei gegeben.
Die Beklagte sei durch die Überweisung auf das Konto, mit dem die Klägerin den vermeintlich mit dem Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte, durch Leistung der Klägerin ungerechtfertigt bereichert worden, da durch das Handeln der Ehefrau unter dem Namen des Beklagten zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande kam. Mangels Nachweises, dass die Ehefrau des Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages und Unterzeichnung der Auszahlungsanweisung unter dem Namen des Beklagten in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht gehandelt habe (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB analog), sei ihm deren Handeln nicht für den Vertragsabschluss zuzurechnen, und er habe diesen Vertragsabschluss auch nicht genehmigt (§ 167 BGB analog). Auch lägen nicht die Voraussetzungen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht vor; es sei nicht festgestellt und auch nicht von der Klägerin geltend gemacht worden, dass die Teilzahlungen von ihm erfolgten.
Eine Entreicherung nach § 819 Abs. 1 BGB könne der Beklagte auch nicht einwenden, auch wenn die Ehefrau den Betrag abgehoben habe, bevor der Beklagte von dem Zahlungseingang erfahren habe. Der Ehefrau sie bekannt gewesen, dass der Betrag von der Klägerin als Darlehen gewährt wurde und zurückzuzahlen sei. Diese für § 819 Abs. 3 BGB ausreichende Kenntnis seiner Ehefrau müsse sich der Beklagte wie im Rahmen von § 241a BGB in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
Dem Beklagten stünde ein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin nicht zu, den er nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Indentifizierung entgegenhalten könnte. Soweit er einem Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt sei, ergäbe sich aus §§ 814, 815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur die positive Kenntnis des Bereicherungsgläubigers (der Klägerin) entgegengehalten werden könne. Fahrlässige oder auch grob fahrlässige Unkenntnis auf Seiten der Klägerin seien unerheblich. Dies könne nicht durch eine unsorgfältige Prüfung der Identität des Empfängers vor der Leistungserbringung durch einen Schadenersatzanspruch überspielt werden.
BGH, Urteil vom 26.09.2023
- XI ZR 98/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 25. Februar 2022
aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das
Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn vom 7. April 2021 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der
Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts
wegen
Tatbestand
Die klagende
Bank nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines auf sein Konto überwiesenen
Geldbetrages in Anspruch.
Der Beklagte
und seine damalige Ehefrau führten bei der P.
(künftig:
P-Bank) ein gemeinsames Konto. Auf dieses Konto überwies die Klägerin am 26.
März 2019 einen Betrag in Höhe von 3.490 €. Aus ihrer Sicht erfolgte damit die
Auszahlung der Darlehensvaluta aus einem unter dem 19. März 2019 zwischen ihr
und dem Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag. Tatsächlich war der Beklagte
aber nicht an dem vermeintlichen Vertragsschluss beteiligt, vielmehr handelte
seine damalige Ehefrau unter seinem Namen. Nach den Feststellungen der
Vorinstanzen wurden die Kreditvertragsunterlagen im Wege des
Postident-Videoverfahrens an den Beklagten übersandt. Daraufhin erhielt die
Klägerin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des
Personalausweises des Beklagten, der Bankkarte und von Kontoauszügen. Bei dem
durchgeführten Video-Identverfahren trat der Stiefvater der damaligen Ehefrau
des Beklagten unter Vorlage des Personalausweises des Beklagten auf. Die
Unterschrift des Kreditnehmers auf dem Kreditvertrag wurde von der damaligen
Ehefrau des Beklagten gefälscht.
Nachdem die
Klägerin im weiteren Verlauf die Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrags
wegen Zahlungsrückstandes erklärt hatte, erfolgten Teilzahlungen in Höhe von
insgesamt 1.055,20 €.
Mit ihrer Klage
begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 2.434,80 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.
März 2020. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des
Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die
Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision
der Klägerin hat Erfolg.
I.
Das
Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
Die Klägerin
habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des auf das Konto
überwiesenen Betrages, insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1
Satz 1 Fall 1 BGB. Ob die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch
erfüllt seien, könne dahinstehen, da er jedenfalls nach § 241a BGB
ausgeschlossen sei. Es liege eine unbestellte Leistung im Sinne von § 241a
Abs. 1 BGB vor, da es an einer dem Beklagten zurechenbaren Aufforderung
fehle. Der Beklagte habe die Klägerin unstreitig nicht um ein Darlehen bzw. um
die Auszahlung auf das mit seiner Ehefrau gemeinsam geführte Konto gebeten. Die
Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Ausschluss gesetzlicher Ansprüche
nach § 241a Abs. 2 BGB lägen nicht vor. Die Leistung sei bereits nach
dem eigenen Vorbringen der Klägerin für den Beklagten bestimmt gewesen und es
sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte erkannt habe oder bei Anwendung der im
Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Leistung in der
irrigen Annahme einer Bestellung erbracht worden sei. Insofern sei unstreitig,
dass bis zur Trennung des Beklagten von seiner Ehefrau diese sich um die
finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere die Verwaltung des
gemeinsamen Kontos gekümmert habe. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte selbst
eine entsprechende Kenntnis nicht gehabt. Nach dem Wortlaut von § 241a
Abs. 2 BGB komme es für die Kenntnis bzw. die fahrlässige Unkenntnis auf
die Person des Empfängers an. Es könne dahinstehen, ob in diesem Rahmen eine
Zurechnung des Wissens der Ehefrau aufgrund einer entsprechenden Anwendung von
§ 166 Abs. 1 BGB möglich sei. Denn eine solche Zurechnung setze
voraus, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter
Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, sich das in diesem Rahmen
erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen müsse. Die Ehefrau des Beklagten
habe ihre Kenntnis aber nicht im Rahmen des ihr übertragenen Regelungsbereichs
"finanzielle Angelegenheiten" bzw. "Verwaltung des gemeinsamen
Kontos" erlangt, sondern sie beruhe auf ihren Täuschungen im Zusammenhang
mit dem vermeintlich zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag.
Sonstige Anhaltspunkte, die für eine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des
Beklagten sprächen, habe die insoweit darlegungsbelastete Klägerin trotz eines
gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen.
II.
Diese
Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Dabei
kann dahinstehen, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - es sich bei der
Überweisung der "Darlehensvaluta" um eine sonstige unbestellte
Leistung im Sinne von § 241a Abs. 1 BGB handelt, oder ob - wie der
Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gemeint hat - die Erfüllung eines
Scheinvertrages - wie hier - nicht unter § 241a Abs. 1 BGB fällt.
2. Denn
selbst wenn § 241a Abs. 1 BGB eingreifen würde, wären gesetzliche
Ansprüche der Klägerin nach § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht
ausgeschlossen.
a) Nach
dieser Vorschrift sind gesetzliche Ansprüche dann nicht ausgeschlossen, wenn
die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der
Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt hätte erkennen können. In einem solchen Fall soll es nach dem Willen
des Gesetzgebers bei den allgemeinen Regeln verbleiben, weil diese zu einer
angemessenen Rückabwicklung führen (BT-Drucks. 14/2658, S. 46).
b) Wegen
des eindeutigen Willens des Gesetzgebers käme eine unionsrechtskonforme
Auslegung nicht in Betracht, selbst wenn die Vorschrift gegen Unionsrecht
verstieße.
§ 241a BGB
dient der Umsetzung mehrerer Richtlinien und zwar von Art. 9 der
Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997
über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. 1997, L
144, S. 19, künftig: Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG aF) und
Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an
Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der
Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L 271, S. 16, künftig:
Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF), die jeweils durch Art. 15 der
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai
2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern
im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der
Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments
und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149,
S. 22, berichtigt in ABl. 2009, L 253, S. 18) mit Wirkung vom 12.
Juni 2005 geändert wurden (künftig: Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG nF und
Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF), sowie von Art. 27 der
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober
2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG
des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der
Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304,
S. 64, künftig: Richtlinie 2011/83/EU), durch den Art. 9 der
Richtlinie 97/7/EG nF mit Wirkung vom 13. Juni 2014 ersetzt wurde.
Der im
vorliegenden Fall einer Darlehensgewährung und damit einer Finanzdienstleistung
im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/65/EG und Art. 3
Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2011/83/EU einschlägige Art. 9 der
Richtlinie 2002/65/EG nF bestimmt, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen,
um die Verbraucher für den Fall, dass unbestellte Waren geliefert oder
unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, von jeder Verpflichtung zu
befreien, wobei das Ausbleiben einer Antwort nicht als Zustimmung gilt.
Es kann
dahinstehen, ob der nationale Gesetzgeber mit § 241a Abs. 2 Fall 2
BGB zu Lasten des Verbrauchers hinter den Anforderungen aus Art. 9 der
Richtlinie 2002/65/EG nF zurückgeblieben ist, auch wenn mit dieser Richtlinie
nach ihrem Erwägungsgrund 13 grundsätzlich eine Vollharmonisierung
unionsrechtlicher Vorschriften über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
bezweckt ist und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF keine ausdrückliche
Ausnahme von diesem Grundsatz enthält. Denn selbst wenn diese Vorschrift
dahingehend auszulegen sein sollte, dass der Verbraucher, dem eine unbestellte
Finanzdienstleistung erbracht worden ist, von sämtlichen vertraglichen und
gesetzlichen Ansprüchen zu befreien ist (vgl. dazu Staudinger/Olzen, BGB,
Neubearb. 2019, § 241a Rn. 37; Erman/Saenger, BGB, 17. Aufl., § 241a
Rn. 1; PWW/Kramme, BGB, 18. Aufl., § 241a Rn. 2, 14; Schinkels in
Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Kapitel 8 Rn. 60 f.;
Förderer, Der Anspruchsausschluss nach § 361 Abs. 1 BGB im Lichte des
unionsrechtlichen Verbots des Rechtsmissbrauchs, 2021, S. 38 f.), kommt
eine entsprechende unionrechtskonforme Auslegung von § 241a Abs. 2
Fall 2 BGB nicht in Betracht.
Die
Entscheidung darüber, ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine
richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, obliegt den
nationalen Gerichten (BVerfG, WM 2012, 1179, 1181; NVwZ-RR 2018, 169 Rn. 37).
Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass einer nach
Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der
normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche
Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle
Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen
(BVerfG, WM 2012, 1179, 1181). Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme
Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche
Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen
Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Grundsatz unionsrechtskonformer
Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht zu einer Auslegung des nationalen
Rechts contra legem führen (Senatsurteile vom 22. Mai 2012 - XI ZR 290/11, BGHZ
193, 238 Rn. 50, vom 3. Juli 2018 - XI ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 13 und vom
26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20, WM 2021, 2248 Rn. 20; BVerfG aaO). Dies
entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union (EuGH, Urteile vom 4. Juli 2006- C-212/04, Slg. 2006, I-6057 Rn. 110 -
Adeneler, vom 24. Januar 2012 - C-282/10, NJW 2012, 509 Rn. 25 - Dominguez, vom
11. September 2019- C-143/18, WM 2019, 1919 Rn. 38 - Romano und vom 18. Januar
2022- C-261/20, NJW 2022, 927 Rn. 28 - Thelen Technopark Berlin). Die Pflicht
zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen
an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (BGH,
Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 20 und vom 28. Juni
2017 - IV ZR 440/14, BGHZ 215, 126 Rn. 24; Senatsbeschluss vom 31. März 2020 -
XI ZR 198/19, WM 2020, 838 Rn. 13 mwN; BVerfG aaO).
Nach diesen
Maßgaben kommt eine einschränkende Auslegung von § 241a Abs. 2 Fall 2
BGB nicht in Betracht.
Der Gesetzgeber
hat § 241a BGB mit Wirkung vom 30. Juni 2000 eingefügt, um Art. 9
zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 97/7/EG aF umzusetzen (vgl. BT-Drucks.
14/2658, S. 22 ff., 46), der den Mitgliedstaaten aufgibt, die
erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um "den Verbraucher von jedweder
Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder
unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer
Reaktion nicht als Zustimmung gilt." Dabei ist er davon ausgegangen, dass
die verbraucherschützende Gesamtintention der Richtlinie 97/7/EG aF eher eine
weite Auslegung des Gegenleistungsbegriffs nahelege, und deshalb eine
klarstellende Regelung im allgemeinen Schuldrecht geschaffen werden soll, die
den Verbraucher im Falle bewusst unbestellt zugesendeter Waren oder der
Erbringung unbestellter Dienstleistungen von sämtlichen Verbindlichkeiten, auch
von solchen auf Nutzungsherausgabe, Schadensersatz und Rückgabe freistellt
(BT-Drucks. 14/2658, S. 23 f., 46). Dagegen sollten dem Unternehmer mit
§ 241a Abs. 2 BGB (im Gesetzentwurf noch § 241a Satz 2 BGB,
BT-Drucks. 14/2658, S. 6) ausnahmsweise seine gesetzlichen Ansprüche
belassen werden, wenn vom Empfänger nicht bestellte Waren oder sonstige
Leistungen irrtümlich bei diesem landen, dieser jedoch erkennen konnte, dass es
sich nicht um bewusst unbestellte Leistungen, sondern lediglich um eine
irrtümliche Leistung an ihn handelt. Voraussetzung dafür sollte sein, dass der
Leistungserbringer tatsächlich von einer Bestellung ausgegangen ist und der
Leistungsempfänger hätte erkennen können, dass die Leistung für einen anderen
bestimmt war oder der Leistungserbringer irrtümlich von einer Bestellung durch
den Empfänger ausgegangen ist. Denn in einem solchen Fall führten die
allgemeinen Regeln zu einer angemessenen Rückabwicklung (BT-Drucks. 14/2658,
S. 46).
Im Rahmen der
Umsetzung von Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF, der den Mitgliedstaaten
aufgab, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um "bei Erbringung
unaufgefordert erbrachter Leistungen die Verbraucher von jeder Verpflichtung zu
befreien", ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass § 241a BGB
bereits die erforderliche Regelung enthält (BT-Drucks. 15/2946, S. 16).
Auch im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG, durch deren
Art. 15 Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG aF und Art. 9 der
Richtlinie 2002/65/EG aF teilweise geändert worden waren, ist keine Änderung
von § 241a BGB erfolgt. Insoweit wurde ein Umsetzungsbedarf verneint, weil
§ 241a BGB bereits eine für Schuldverhältnisse allgemein geltende Regelung
enthalte, welche auch die in den geänderten Richtlinien geregelten Fälle
erfasse (BT-Drucks. 16/10145, S. 19). Schließlich ist § 241a
Abs. 2 BGB - anders als die Absätze 1 und 3 - auch im Rahmen der Umsetzung
der - bisher Finanzdienstleistungen nicht erfassenden - Richtlinie 2011/83/EU
durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung
des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013 (BGBl.
I, S. 3642) unverändert geblieben.
Damit hat der
nationale Gesetzgeber wiederholt deutlich gemacht, dass er an der
Ausnahmeregelung des § 241a Abs. 2 BGB festhält.
3.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dem Beklagten in entsprechender
Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der
irrigen Vorstellung einer Bestellung auf Seiten der Klägerin zuzurechnen.
a) Die
Rechtsprechung hat der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB den allgemeinen
Rechtsgedanken entnommen, dass sich - unabhängig von dem Vorliegen eines
Vertretungsverhältnisses - derjenige, der einen anderen mit der Erledigung
bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem
Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss (BGH, Urteile vom 25.
März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296, vom 13. Dezember 2012 - III ZR
298/11, WM 2013, 155 Rn. 19 mwN und vom 23. Januar 2014 - III ZR 436/12, WM
2014, 900 Rn. 11, 16 f.). So liegt der Fall hier.
b) Denn
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich bis zur Trennung des
Beklagten von seiner damaligen Ehefrau allein letztere um die finanziellen
Angelegenheiten der Familie und insbesondere um die Verwaltung des gemeinsamen
Kontos gekümmert. Sie hatte deshalb bei der Vornahme und Abwicklung von
Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter. Der
Beklagte ließ sich insoweit bewusst von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise
repräsentieren wie durch einen rechtsgeschäftlichen Stellvertreter. Allein weil
der Beklagte sich um das Konto nicht kümmerte, konnte die Ehefrau bei der
Klägerin den Irrtum hervorrufen, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag
geschlossen zu haben, und die Klägerin ohne dessen Wissen dazu veranlassen, die
vermeintliche Darlehensvaluta auf das gemeinsame Konto zu überweisen. Die im
vorliegenden Fall gegebene Interessenlage entspricht daher so sehr der
Interessenlage eines rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnisses, dass es
sachgerecht ist, das Wissen, das die Ehefrau in Ausübung des ihr übertragenen
Wirkungskreises erworben hat, in entsprechender Anwendung des § 166
Abs. 1 BGB dem Beklagten zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1982 -
VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296 f.; OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Köln, WM
1998, 1327, 1328 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512, 513). Unerheblich ist, ob
die damalige Ehefrau des Beklagten mit der Aufnahme des Darlehens unter seinem
Namen ihre Befugnisse im Innenverhältnis vorsätzlich überschritten hat. Das schließt
- entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - eine Wissenszurechnung im
Verhältnis zum Beklagten nicht aus, weil die Darlehensaufnahme unter dem Namen
des Beklagten noch in innerem Zusammenhang mit dem ihr überlassenen
Wirkungskreis stand.
III.
Das
Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich
auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Da
weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat
in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung
des Beklagten zurückweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Bereicherungsanspruch, der - wie unter II. ausgeführt - nicht durch § 241a
BGB ausgeschlossen ist, zu und der Beklagte kann diesem Anspruch keinen Schadensersatzanspruch
wegen unsorgfältiger Durchführung des Video-Identifizierungsverfahrens
entgegenhalten.
1. Die
Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1
Satz 1 Fall 1 BGB in Höhe von 2.434,80 €, der Differenz zwischen dem auf
das Konto überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten
Teilrückzahlungen, liegen vor.
Der Beklagte
ist durch die Überweisung auf das gemeinsame Konto, mit der die Klägerin den
vermeintlich mit dem Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte,
durch Leistung der Klägerin rechtsgrundlos bereichert worden (vgl. BGH, Urteil
vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 294; OLG Hamm, WM 1985, 1290;
OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512 f.), weil durch das Handeln der damaligen
Ehefrau des Beklagten unter dessen Namen zwischen den Parteien kein
Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Denn das Handeln seiner Ehefrau unter
seinem Namen ist ihm nicht zuzurechnen, weil nicht festgestellt ist und von der
Revision auch nicht geltend gemacht wird, dass die Ehefrau bei Abschluss des
Darlehensvertrags und Unterzeichnung der Auszahlungsanweisung unter dem Namen
des Beklagten in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht (§ 164
Abs. 1 Satz 1 BGB analog) gehandelt hätte, der Beklagte den
Vertragsschluss genehmigt hätte (§ 177 Abs. 1 BGB analog) oder die
Voraussetzungen für das Eingreifen der Grundsätze über die Anscheins- oder die
Duldungsvollmacht vorlägen (vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1966 - II ZR 18/64,
BGHZ 45, 193, 195 f., vom 8. Dezember 2005 - III ZR 99/05, NJW-RR 2006, 701 Rn.
11 und vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 11 f. mwN).
Insbesondere ist nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht
geltend gemacht, dass die nach der Kündigung durch die Klägerin erfolgten
Teilzahlungen von dem Beklagten veranlasst worden wären.
Der Beklagte
kann sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der
Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, auch wenn die damalige
Ehefrau des Beklagten den überwiesenen Betrag abgehoben hatte, bevor der
Beklagte von dem Zahlungseingang erfuhr. Der Ehefrau des Beklagten war bekannt,
dass der überwiesene Betrag von der Klägerin als Darlehen gewährt worden war
und deshalb nicht dauerhaft behalten werden durfte, sondern zurückgezahlt
werden musste. Diese Kenntnis, die für die Anwendung des § 819 Abs. 1
BGB ausreicht (BGH, Urteil vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295;
Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 34 und vom 12.
September 2006 - XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119 Rn. 16, jeweils mwN), muss sich
der Beklagte - ebenso wie im Rahmen von § 241a BGB - in entsprechender
Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, weil er seiner
Ehefrau die finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere die
Verwaltung des gemeinsamen Kontos vollständig überlassen und sich nicht um die
Kontobewegungen gekümmert hatte (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1982, aaO
S. 295 f.; OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512,
513). Außerdem hat der Beklagte auch nach Aufhebung von § 279 BGB aF ohne
Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit
einzustehen (BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134
Rn. 18; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl., § 818 Rn. 53 und
Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 275 Rn. 3, § 276 Rn. 28).
2. Der
Beklagte kann dem Bereicherungsanspruch der Klägerin keinen
Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2,
§ 311 Abs. 2 BGB wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Identifizierung
des (vermeintlichen) Darlehensnehmers im Rahmen der Durchführung des
Video-Identifizierungsverfahrens sowie des Vergleichs der Unterschriften auf
dem gezeigten Personalausweis und den Vertragsunterlagen entgegenhalten. Soweit
der Beklagte aufgrund der Auszahlung der Valuta auf das gemeinsame Konto einem
Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt ist, ergibt sich aus §§ 814,
815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur eine positive Kenntnis des
Bereicherungsgläubigers entgegengehalten werden kann, während fahrlässige und
auch grob fahrlässige Unkenntnis unerheblich sind. Diese Wertung kann nicht
durch einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 241
Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen unsorgfältiger Prüfung der
Identität des Empfängers vor der Leistungserbringung überspielt werden.
3. Der
Zinsanspruch folgt aus § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4,
§ 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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