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Freitag, 6. April 2018

WEG: Zur Pflicht des Verwalters zur Anmeldung von (bevorrechtigten) Hausgeldansprüchen im Zwangsversteigerungsverfahren


Die Klägerin ist eine (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte deren ehemaliger Verwalter. Einer der Miteigentümer war die Bauträgerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und deren Einheiten im Rahmen eines von einem Dritten betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens beschlagnahmt wurden. In der Eigentümerversammlung vom 31.05.2008 gab die Beklagte Informationen über den Stand des Zwangsversteigerungsverfahrens und wies darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft ihre Forderungen anmelden müsse. Der Versteigerungstermin wurde bekanntgegeben. Am 13.08.2008 erfolgte der Zuschlag; eine Anmeldung der offenen Hausgeldforderungen war nicht erfolgt.

Die Beklagte wurde vom Amtsgericht auf Schadensersatz bezüglich der offenen Hausgelder der Bauträgerin für die Jahre 2006 und 2007 verurteilt. Im Hinblick auf den Ersatz der Hausgeldforderungen für 2005 in Höhe von € 994,08 hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der klagenden (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision derselben hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an dieses zurück.

Das Landgericht negierte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin, da es der Beklagten als Verwalterin nicht oblegen habe, die Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen- § 27 WEG sähe eine solche Pflicht nicht vor. Dem folgt der BGH nicht, der den Verwalter als verpflichtet ansieht, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 WEG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft  im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden, auch wenn § 27 Abs. 1 WEG insoweit keine ausdrückliche Regelung träfe. Dies folge daraus, dass der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG berechtigt und verpflichtet sei, Lasten- und Kostenbeiträge anzufordern. Die entsprechende Verwaltervollmacht ergäbe sich aus § 27 Ans. 3 S. 1 Nr. 4 WEG. Dafür spräche auch, dass die Durchsetzung mit geringen Aufwand verbunden ist, da die Anmeldung in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden sei und es eines Titels nicht bedürfe. Die Anmeldung sei auch nicht mit wirtschaftlichen Risiken verbunden; weder würden Gebühren anfallen noch Vorschüsse gefordert. Da die Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen (also insbesondere auch von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten) vorgehen würden, würde der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Die Zuordnung der Anmeldung zu den Pflichten des Verwalters  sei auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens geboten, da nur die rechtzeitige Anmeldung die Aufnahme der nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen, aber nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldforderungen in das geringste Gebot aufgenommen (§ 45 Abs. 1 ZVG) und bei der Erlösverteilung berücksichtigt werden könnten (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZVG). Damit müsste die Forderung spätestens im Versteigerungstermin vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet werden, da danach ein Rangverlust eintrete (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG). Eine vorherige Beschlussfassung durch eine eigens einzuberufende Eigentümerversammlung könnte die rechtzeitige Geltendmachung gefährden und wäre auch gegenüber dem geringen Aufwand der Anmeldung kostenmäßig außer Verhältnis stehen.

Käme im Einzelfall in Betracht, dass die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 ZVG für einen eigenen Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen, sei allerdings der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer darüber zu informieren und eine Abstimmung über das Vorgehen bzw. die Einholung eines Rechtsrates herbeizuführen.

Diesen Vorgaben habe die Beklagte hier nicht mit ihren Informationen auf der Eigentümerversammlung genügt. Sie hätten nicht die rechtzeitige Anmeldung ersetzen können.

Trotz dieser von der beklagten ehemaligen Verwaltung zu vertretenen Mängel  sei aber vorliegend nicht gesichert, dass tatsächlich der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ein Schaden entstanden sei. Voraussetzung wäre, dass der Bauträger auch Schuldner der Wohngelder war. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wäre der Bauträger nicht mehr Hausgeldschuldner gewesen, wenn ein Erwerber der Einheiten zwischenzeitlich die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt haben sollte. Ab diesem Zeitpunkt würde nur der Erwerber die Hausgelder schulden. Ein dingliches Vorrecht bestünde hier, so der BGH, nicht. Die Aufhebung und Zurückverweisung erfolgte, da das Landgericht offen gelassen hatte, ob der Erwerber in 2005 werdender Wohnungseigentümer war. Dies setze die vom Landgericht zu prüfende Feststellung voraus, dass mit dem Erwerber ein wirksamer, auf Übereignung gerichteter Erwerbsvertrag geschlossen wurde und der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert worden sei sowie der Besitz der Wohnung auf den Erwerber übergegangen sei. Wenn noch der Bauträger Hausgeldschuldner sei, wäre zu klären, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wenn dies (wie hier) vor der Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgt sei. Denn in diesem Fall sei unter Beschlagnahme iSv. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG die Insolvenzeröffnung zu verstehen. Der Zeitpunkt ist entscheidend zur Feststellung, ob die Forderung noch unter das Vorrecht falle (bevorrechtigt sind die rückständigen Beiträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und zwei Jahre zuvor).

BGH, Versäumnisurteil vom 08.12.2017 - V ZR 82/17 -

Donnerstag, 8. März 2018

WEG: Fehlende Beschlusskompetenz des Verbandes zum Verlangen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung


In einem Vorprozess wurde die Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter Unzuständigkeit nichtig sei.

Vorliegend sei die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung  einzuholen und auch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes nicht begründet werden könne.

Der BGH weist darauf hin, dass § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei. Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.

Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung wünschenden  Wohnungseigentümer könnten hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt (gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -

Mittwoch, 7. Februar 2018

Beseitigungs-/Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB gegen Dritte: Geltendmachung durch einzelne Wohnungseigentümer statt der Gemeinschaft

Das Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist mit einem Wegerecht (im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit) zugunsten des Nachbergrundstücks des Beklagten belastet. Dieser errichtet auf der Zuwegung  zu seinem Haus, teilweise auch auf dem über das Grundstück der WEG führenden Weg, eine Holzwand, eine Gartenbank, Pflanzkübel, Figuren und ein Gestellt.  Die Kläger, die Mitglieder der mehrköpfigen WEG sind, haben gegen den Beklagten Klage auf Entfernung und künftige Unterlassung, soweit sich die Gegenstände auf dem Grundstück der WEG befinden, erhoben. Amts- und Landgericht haben die Klage mit der Begründung der fehlenden Aktivlegitimation abgewiesen; die vom Landgericht zugelassene Revision war erfolgreich.

Die fehlende Aktivlegitimation hatte das Landgericht aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG hergeleitet, demzufolge die „geborene Ausübungsbefugnis“ für das Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren der WEG zustünde. Es handele sich um gemeinschaftsbezogene Ansprüche. Zudem würde es sich um einen Anspruch gegen einen Dritten, der nicht Mitglied der Gemeinschaft sei, handeln.

Der BGH verwies darauf, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus dem Miteigentum am Grundstück gem. § 1004 BGB , anders als bei Schadensersatzansprüchen, keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbandes gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 1. Halbsatz WEG bestünde, sondern lediglich eine solche nach § 10 Abs. 6 Satz 3 2. Halbsatz WEG. Das würde sowohl bei einem Anspruch gegen einen Miteigentümer als auch einem Dritten gelten. Die dagegen erhobenen Erwägungen seien nicht durchgreifend:

Zum Einen würde (so vom Landgericht) auf mögliche Uneinigkeiten der Miteigentümer verwiesen. Dem könne dadurch begegnet werden, dass die Gemeinschaft qua Beschluss an sich zieht; Miteigentümer, die dies anders sähen, könnten gegen diesen Beschluss Anfechtungsklage erheben.  Zum Anderen würde geltend gemacht, dass durch ein Urteil nicht eine Befriedung eintreten würde, da es an einer Rechtskrafterstreckung für die anderen Wohnungseigentümer fehle. Dem könnte (unabhängig von dem vom BGH am 28.06.2985 - V ZR 43/94 - entschiedenen Fall) durch eine Streitverkündung gegen die übrigen Miteigentümer vorgebeugt werden.

Vorliegend ergäbe sich auch keine andere Betrachtungsweise aus dem Umstand, dass das Bestehen des Anspruchs vom Umfang der eingetragenen Dienstbarkeit abhänge. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch berühre den rechtlichen Bestand derselben nicht, weshalb eine gebündelte Rechtsdurchsetzung durch die Gemeinschaft nicht erforderlich sei.

Im Weiteren führt der BGH aus, weshalb der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auch in der Sache erfolgreich sein muss.


BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 45/17 -

Samstag, 4. November 2017

Kein Schadensersatzanspruch eines Wohnungseigentümers gegen einen zahlungssäumigen anderen Wohnungseigentümer

Die Parteien waren Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Der Beklagte entrichtete nicht das von ihm geschuldete Wohngeld. Nach Behauptung des Klägers hatte daher die Gemeinschaft nicht genügend Geld um an die Versorgungsunternehmen für Allgemeinstrom und Wasser Zahlungen zu leisten, die die Lieferung wegen der Zahlungsrückstände schließlich einstellte. Mit der Behauptung, er habe seine Eigentumswohnung vermietet und wegen der Sperrung seien ihm Mieteinnahmen von € 1.300,00 entgangen, begehrte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage ab; auf die Berufung gab das Landgericht ihr statt. Der BGH hat auf die vom Landgericht zugelassene Berufung das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sei hier nach Auffassung des BGH ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 iVm. 286 BGB. Dies würde aber voraussetzen, dass der Beklagte durch die Nichtzahlung des Wohngeldes eine ihm gegenüber dem Kläger obliegende Pflicht verletzt haben müsste. Dies sei, entgegen der Annahme des Landgerichts, nicht der Fall.

Der Kläger selbst habe keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Rückstände gehabt. Die Ansprüche auf Zahlung würden mit den Beschlussfassungen zu dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung begründet. Dieses stünde aber nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu, sondern dem teilrechtsfähigen Verband (§ 10 Abs. 7 S. 1 und 3 WEG). Auch könne der einzelne Wohnungseigentümer nicht nach den Grundsätzen der actio pro socio die Wohngeldansprüche im eigenen Namen geltend machen (BGHZ 111, 148m 152).

Die Nichtzahlung des Wohngeldes durch den Beklagten verletzte auch keine Pflicht des Beklagten aus dem zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis.  Zu den Treuepflichten, die zwischen allen Wohnungseigentümern bestünden, gehöre auch die Pflicht, dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verbindlichkeiten zu verschaffe. Dies beträfe insbesondere die Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan, seine eventuelle Ergänzung (Sonderumlage) und die Jahresabrechnung (BGHZ 163, 154, 175). Um eine Verletzung einer entsprechenden Mitwirkungspflicht im Rahmen der internen Willensbildung des Verbandes würde es hier aber nicht gehen.  Die Beschlüsse wurden gefasst. Der Verband, vertreten durch den Verwalter, habe für deren Einziehung zu sorgen. Demgemäß bestehe auch nur eine Zahlungspflicht gegenüber dem Verband.

Danach aber sei es mit der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Verband und Wohnungseigentümern unvereinbar, wenn die Pflicht zur Zahlung des Wohngeldes als Bestandteil der gegenseitigen Treuepflicht qualifiziert würde und mithin die Nichtzahlung nicht nur eventuelle Schadensersatzansprüche des Verbandes, sondern auch einzelner Wohnungseigentümer zur Folge haben könnte. Alleine das Interesse der anderen Wohnungseigentümer an der (rechtzeitigen) Erfüllung der Wohngeldforderungen würde (die gerade in größeren Wohnungseigentümergemeinschaften unkalkulierbare) Haftungserweiterung nicht  rechtfertigen.

Auch würden vorliegend nicht die Grundsätze der Drittschadensliquidation greifen. Die Drittschadensliquidation solle verhindern, dass der Schädiger einen Vorteil daraus ziehen könnte, dass ein Schaden, der an sich bei dem Vertragspartner eintreten würde, zufällig aufgrund eines mit einem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses bei dem Dritten eintritt.  Dieser Fall läge deshalb nicht vor, da hier bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung von vornherein nur Schadensersatzansprüche des Verbandes, nicht aber einzelner Wohnungseigentümer in Betracht kämen. Erleide ein Wohnungseigentümer wegen der Versorgungssperre einen Schaden und beruhe dieser auf einer unterlassenen oder verspäteten Einforderung des Wohngeldes durch den verband, käme ein Schadensersatzanspruch des geschädigten Wohnungseigentümers gegen den Verband in Betracht (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11 -; BGHZ 202, 375 Rn. 25).  Im übrigen wäre der Verwalter im Falle einer drohenden Deckungslücke gehalten, eine Sonderumlage beschließen zu lassen, § 28 Abs. 2 WEG. Sei kein Verwalter (wie hier) vorhanden, könne jeder Eigentümer gem.  § 21 Abs. 4 WEG eine entsprechende Beschlussfassung erzwingen.


BGH, Urteil vom 10.02.2017 - V ZR 166/16 -

Freitag, 3. November 2017

WEG: Kein Stimmrechtsverbot wegen Majorisierung nach Veräußerung einer Einheit an beherrschtes Unternehmen

Die Gemeinschaftsordnung der mit vier Wohneinheiten versehenen WEG enthielt keine Regelungen zum Stimmrecht. Ein Eigentümer hatte zwei Wohnungen und übertrag das Eigentum an einer der Wohnungen auf eine vom ihm beherrschte UG & Co. KG. In einer Eigentümerversammlung beschlossen die zwei weiteren Eigentümer, dass die Gesellschaft vom Stimmrecht ausgeschlossen sei. Danach beschlossen sie u.a. die Jahresabrechnung und die Verwalterbestellung. Die Beschlussanfechtungsklage des Klägers wurde vom Amtsgericht abgewiesen, seine Berufung vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision erfolgte eine Abänderung und die Beschlüsse wurden für ungültig erklärt.

Kernpunkt der Auseinandersetzung war, ob die unterlassene Wertung der Stimme der Gesellschaft einen formellen Mangel der Beschlussfassung darstellt. Das Unterlassen kann von dem Kläger, der gegen die Beschlüsse gestimmt hatte und deren Unwirksamkeit geltend machte, gerügt werden. Amts- und Landgericht waren allerdings der Ansicht, der Gesellschaft stünde (qua vorangegangener Beschlussfassung gegen die Stimmen des Klägers und der Gesellschaft) kein Stimmrecht zu. Dies beurteilte der BGH anders.

In Ermangelung anderweitiger Regelungen in der Gemeinschaftsordnung stand jedem Miteigentümer eine Stimme zu (Kopfstimmrecht). Damit kann, worauf der BGH Hinweis, eine nachträgliche Vermehrung des Stimmrechts eintreten, wenn ein Eigentümer, der mehrere Einheiten hält, einzelne veräußert. Auch wenn einzelne Einheiten an nahe Angehörige veräußert würden, hätte der neue Eigentümer ein (neu hinzukommendes) Stimmrecht.

Danach würde ein neues Stimmrecht auch dann entstehen, wenn ein Eigentümer eine von mehreren Einheiten auf eine von ihm beherrschte juristische Person übertrage; nicht zu klären sei hier die in der Rechtsprechung noch offene Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der übertragende Eigentümer (anders als hier) noch anteilig Miteigentümer an der übertragenen Einheit verbleibe. Selbst wenn der Kläger hier die Übertragung vorgenommen haben sollte, um so ein weiteres Stimmrecht für sich zu generieren, läge kein Scheingeschäft iSv. § 117 Abs. 1 BGB vor. Die Entstehung des Stimmrechts setze nur eine wirksame Veräußerung voraus. Die Vermehrung des Stimmrechts nach Kopfanteilen sei nur Folge und hinzunehmen, auch dann, wenn der Veräußernde beherrschenden Einfluss auf den Erwerber ausübe.

Die Gesellschaft sei auch nicht allgemein vom Stimmrecht (unabhängig vom Beschlussgegenstand) ausgeschlossen. Das Stimmrecht gehöre zum Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts in der WEG. Es dürfe nur ausnahmsweise in eng begrenzten Fällen begrenzt werden. § 25 Abs. 5 WEG als Sondervorschrift des § 181 BGB sähe daher keinen allgemeinen Stimmrechtsausschluss vor, sondern beschränke diesen auf Fälle der schwerwiegenden Interessenskollision. Auch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten könne allenfalls dazu führen, dass die Stimmabgabe unbeachtlich sei (BGHZ 152, 46, 61ff).  Damit käme ein allgemeiner Stimmrechtsausschluss selbst bei einer konkreten Gefahr der Majorisierung nicht in Betracht.

Der Einwand der Beklagten, durch das zusätzliche Stimmrecht erlange der Kläger, der seit Jahren keine Hausgeldzahlungen leiste und die Gesellschaft würde auch keine leisten, eine Blockadeposition, würde den Stimmrechtsausschluss auch nicht rechtfertigen; soweit dies nicht in § 25 Abs. 5 WEG geregelt sei, müssten die übrigen Wohnungseigentümer die ihnen eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten ergreifen.  Ein Wohnungseigentümer, der seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkäme, wäre nach § 25 Abs. 5 2. Alt. WEG von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen, soweit es um die Einleitung darauf gerichteter gerichtlicher Maßnahmen ginge.

Der Minderheitenschutz sei durch das Prinzip der ordnungsgemäßen Verwaltung gewährleistet (§ 21 Abs. 5 WEG), welches im Wege der Beschlussmängelklage geltend gemacht werden könne. Majorisierende Beschlüsse könnten im Hinblick auf Willkür und Rechtsmissbrauch u.ä, einer ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen.  Auch könne eine Beschlussersetzungsklage erhoben werden, die dann möglich sei, wenn ein zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlicher Beschluss verhindert würde.

Die Stimmabgabe der Gesellschaft sei hier im Hinblick auf die Beschlüsse zur Jahresabrechnung und Verwalterbestellung auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Dies sei nur anzunehmen, wenn sich die darin zum Ausdruck kommende Majorisierung als Verstoß gegen die Rücksichtsnahme auf Interessen der Gemeinschaft und damit gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung darstelle. Dies erfordere, dass die Stimmrechtsausübung die übrigen Eigentümer treuwidrig so benachteilige, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden könne, was in der Regel nur bei positiven Stimmabgaben vorläge (z.B. stimmen für einen wegen Vermögensdelikts vorbestraften Verwalter).


BGH, Urteil vom 14.07.2017 - V ZR 290/16 - 

Mittwoch, 13. September 2017

WEG: Teileigentum und Anspruch auf erstmalige Herstellung durch Erfüllung bauordnungsrechtlicher Vorschriften für einen Aufenthaltsraum

Der hier vom BGH entschiedene Rechtsstreit betrifft zwar eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, was allerdings vorliegend keine Auswirkung hat. Grundlage ist, dass die drei Kläger jeweils Einheiten im Souterrain der von einem Bauträger errichteten und in Wohnungseigentum aufgeteilten Anlage erwarben, wobei in der Teilungserklärung (TE) zu der vom Kläger zu 2. erworbenen Einheit K2 von dem „Sondereigentum an sämtlichen Räumen der im Aufteilungsplan mit Nr. K2 bezeichneten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume“ gesprochen wurde, diese Räume im Aufteilungsplan mit „Kellerraum“ gekennzeichnet waren; entsprechendes galt für die von den weiteren Klägern erworbenen Einheiten K1 und K3. Die übrigen Einheiten dienten nach der TE zu Wohnzwecken. Weitergehend hieß es in § 4 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung (GO):

„Die Gewerbeflächen dürfen zu baurechtlich zulässigen gewerblichen Zwecken genutzt werden - die im Aufteilungsplan angegebene Nutzung ist nicht die allein maßgebliche. (...) Der Wohnungs- bzw. Teileigentümer ist verpflichtet, auf seine Kosten alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen einzuholen und hat alle mit der Nutzungsänderung in Zusammenhang stehenden Kosten und Lasten zu tragen.“

Eine baurechtliche Genehmigung zur Nutzung der Souterraineinheiten zu Aufenthaltszwecken lag nicht vor.  Der Kläger zu 1. beantragte bauordnungsrechtlich eine Nutzungsänderung, damit seine Souterrainräume zu Aufenthaltszwecken genutzt werden könnten. Zur Genehmigung forderte die Baubehörde einen zweiten Rettungsweg durch eine Fluchttreppe im Freien.  

Vom Kläger wurde der in der Eigentümerversammlung abgewiesene Antrag gestellt, die Herstellung eines zweiten Rettungsweges auf der Grundlage des Brandschutznachweises sowie eine zwecks Finanzierung eine Sonderumlage von € 7.500,00 zu beschließen. Gegen den ablehnenden Beschluss erhoben die Kläger Beschlussanfechtungsklage und darüber hinaus Beschlussersetzungsklage, mit der sie erreichen wollten, dass ihrem Antrag entsprochen wird. Amtsgericht und im Berufungsverfahren das Landgericht haben die Anträge zurückgewiesen; die vom Landgericht zugelassene Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Das Landgericht stellte darauf ab, dass sich aus der TE und dem Aufteilungsplan kein Anspruch der Kläger ergäbe, da die Räume in der TE nicht als Wohnräume, im Aufteilungsplan als Kellerräume bezeichnet worden seien. Damit würde es hier bei dem Antrag um eine bauliche Veränderung iSv. § 22 Abs. 1 WEG gehen.

Dem folgte der BGH nicht. Beide Anträge (Beschlussanfechtung und Beschlussersetzung) könnten nur Erfolg haben, wenn den Klägern ein Anspruch auf Herstellung des zweiten Rettungsweges zustehen würde und dies nur dann bejaht werden könne, wenn es sich dabei um einen Beschluss nach § 21 Abs. 4 WEG handele, der eine erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums diene und damit zu einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG gehöre.

Das Landgericht habe verkannt, dass Teileigentum dazu geeignet sein müsse, als Aufenthaltsraum zu dienen, da die Bezeichnung als Teileigentum ohne weitere Hinweise jegliche Art gewerblicher Tätigkeit zulasse.  Dazu gehöre auch die Büronutzung, die bauordnungsrechtlich nur in Aufenthaltsräumen zulässig sei, mithin in Räumen, die nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dienen oder dazu geeignet sind. Die bauordnungsrechtlich erforderlichen Maßnahmen, wie die Herstellung des zweiten Rettungsweges, könnten von den einzelnen Wohnungseigentümern daher gem. § 21 Abs. 4 WEG im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung verlangt werden.

Dem würde auch nicht die Formulierung „Kellerraum“ im Aufteilungsplan entgegenstehen, da der dortigen Angabe allenfalls nachrangige Bedeutung zukäme. Maßgeblich sind Wortlaut und Sinn der TE, deren Auslegung hier ergibt, dass die Teileigentumseinheiten als Aufenthaltsräume geeignet sein müssen. Die Formulierung „nicht zu Wohnzwecken dienen“ würde dem nicht entgegen stehen, da damit die gesetzliche Definition des Teileigentums aus § 1 Abs. 3 WEG aufgegriffen werde. Auch § 4 Abs. 2 GO stünde der hier vorgenommenen Auslegung nicht entgegen: Soweit dort von „Gewerbeflächen“ gesprochen würde, die zu „baurechtlich zulässigen gewerblichen Zwecken genutzt werden“ dürften, würde sich damit nicht klar und eindeutig der Ausschluss einer zulässigen Nutzung als Aufenthaltsräume ergeben, sondern lediglich, dass unterschiedliche gewerbliche Nutzungen zulässig wären, soweit dem nicht das Bauplanungsrecht, die Baunutzungsverordnung oder die auf spezifische gewerbliche Nutzungen bezogenen Vorschriften des Bauordnungsrechts entgegen stünden.


BGH, Urteil vom 23.06.2017 - V ZR 102/16 -

Samstag, 5. August 2017

WEG: Die Kostentragung des (gerichtlich bestellten) Ersatzzustellungsvertreters (§ 45 WEG)

Der Kläger erhob gegen die weiteren Wohnungseigentümer (Bejkagte zu 1.) einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG),, und deren Verwalter (Beklagter zu 2.) Klage, mit der er Beschlüsse der WEG anfocht und mit einem weiteren Klageantrag vom Verwalter Auskünfte begehrte. Da die Wohnungseigentümer keinen Ersatzzustellungsvertreter (an den nach § 45 Abs. 2 WEG dann Zustellungen erfolgen, wenn der Verwalter, wie hier, von einer Zustellung für die WEG wegen eigener Betroffenheit ausgeschlossen  ist) bestellt hatten, bestellte das zuständige Amtsgericht eine Rechtsanwältin als Ersatzzustellungsvertreterin (§ 45 Abs. 3 WEG). Das Verfahren endete durch beidseitige Erledigungserklärung; die Kosten wurden dem Kläger zu 80%, den Beklagten zu je 10% auferlegt. Im Rahmen der Kostenfestsetzung berücksichtigte das Amtsgericht die mit € 1.387,40 geltend gemachten Kosten der Ersatzzustellungsvertreterin mit € 1.109,92 zu Lasten des Klägers. Die Kosten entstanden im Wesentlichen durch die Kopien der Klageschrift und Portokosten durch Versand an die übrigen Wohnungseigentümer.

Das Landgericht hatte die Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten an die übrigen Wohnungseigentümern und nicht der Ersatzzustellungsbevollmächtigten zu zahlen wären. Es handele sich um zusätzliche Kosten der weiteren Wohnungseigentümer.

Die vom Kläger eingelegte Rechtsbeschwerde zum BGH hatte Erfolg.

Dass der Ersatzzustellungsbevollmächtigte zumindest seine Auslagen erstattet verlangen kann, sieht der BGH als einhellige Ansicht an, der er zustimmt. Uneinigkeit herrsche lediglich darüber, ob es sich bei  den Kosten des Ersatzzustellungsvertreter um nach § 91 ZPO erstattungsfähige Kosten handele.

Nach Auffassung des BGH würde es sich nicht um Kosten des Rechtsstreits iSv. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO handeln. Dies unabhängig davon, ob es sich um einen von den Wohnungseigentümer gemäß Beschluss nach § 35 Abs. 2 S. 1 WEG bestellten Vertreter handele, oder um einen (wie hier) gen. § 45 Abs. 3 WEG vom Gericht bestellten Vertreter handelt.  Der BGH verweist darauf, dass die Kosten der Unterrichtung der beklagten Wohnungseigentümer durch den Verwalter im Rahmen von Beschlussmängelverfahren gemeinhin als Kosten der internen Verwaltung gelten und nicht erstattungsfähig wären (so bereits BGZ 78, 166, 173; zuletzt BGH mit Beschluss vom 07.05.2014 - V ZB 102/13 -).  

Eine Ausnahme hatte der BGH (Beschluss vom 14.05.2009 – V ZB 172/09 -) für den Fall zugelassen, dass wegen des Streitgegenstandes (dort: Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag auf Abberufung des Verwalters zurückgewiesen wurde) die Gefahr bestünde, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. In diesem Fall des § 45 Abs. 1 Halbs. 2 WEG würde es sich nicht mehr um Kosten der internen Verwaltung handeln. Daraus würde in der  Literatur der Rückschluss gezogen, dass immer dann, wenn nicht an den Verwalter zugestellt werden könne, die Kosten der Zustellung über einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten für eine Erstunterrichtung erstattungsfähig sein müssten.

Der BGH führt aus, dass er ausdrücklich nicht mehr an seiner in dem Beschluss vom 14.05.2009 vertretenen Rechtsauffassung festhalten würde. Die Kosten wären stets Kosten der internen Verwaltung und nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig, unabhängig davon, ob der Verwalter oder ein (per Beschluss berufener oder vom Gericht bestellter) Ersatzzustellungsvertreter die Aufgabe des Zustellungsvertreters wahrnehme.  

Ob nach § 45 Abs. 1 2. Halbs. WEG die Gefahr nicht sachgerechter Unterrichtung durch den Verwalter bestünde, müsse das Gericht aus einer Prognose ex ante beurteilen. Wird ungeachtet der Gefahr doch an den Verwalter zugestellt, sei diese unwirksam; kommt der Verwalter allerdings entgegen der Prognose seiner Pflicht nach, könne der Zustellungsmangel ggf. nach § 189 ZPO geheilt sein.

Nichts anderes gelte für den Ersatzzustellungsvertreter. Dieser trete gem. § 45 Abs. 2 S. 2 WEG in die dem Verwalter als Zustellungsvertreter obliegenden Aufgaben und Befugnisse ein. Schon daraus ergäbe sich, dass die entstehenden Kosten nicht anders behandelt werden könnten. Insbesondere sei der Ersatzzustellungsvertreter entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht nicht einem Prozesspfleger vergleichbar, da sich dessen Tätigkeit nicht auf die Zustellungsvertretung beschränke. Ebenso würde das Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich das Gericht statt zur Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters zur direkten Zustellung an die einzelnen Wohnungseigentümer entschließen könnte; der Gesetzgeber hat nicht vorgeschrieben, dass an den Verwalter zwingend zuzustellen ist. Der BGH verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es, von kleineren Gemeinschaften abgesehen, regelmäßig sachgerecht sein dürfte, an den Zustellungsvertreter zuzustellen, da dadurch die Kosten gering gehalten würden und der Zustellungsvertreter die Wohnungseigentümer in kostensparender Form (z.B. qua E-Mail) unterrichten könne (BGH, Beschluss vom 14.05.2009 - V ZB 172/08 -).

Schließlich seien die Kosten des Ersatzzustellungsvertreters nicht Kosten der beklagten Wohnungseigentümer sondern solche der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nimmt der Ersatzzustellungsvertreter die Bestellung durch das Gericht an, käme es  - wie bei einem Beschluss der WEG – zu einem Vertrag zwischen ihm und der Gemeinschaft. Ob und in welcher Höhe Vergütung geschuldet wird, muss das Gericht bei der Bestellung oder nachträglich festlegen, wobei es sich an die übliche Vergütung nach §§ 675, 612 Abs. 2 BGB orientieren kann; auch hat es die Berechnung des Auslagenersatzes vorzugeben. In der Jahresabrechnung sind die Kosten des Ersatzzustellungsvertreters als Kosten der Verwaltung nach dem in § 16 Abs. 2 WEG vorgegebenen Maßstab  zu verteilen, also ohne Berücksichtigung der Kostenentscheidung des Gerichts. Es läge an den Wohnungseigentümern, die Kosten durch Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreter gering zu halten, indem sie diesem die E-Mail-Adresslisten der Eigentümer überlässt; unterließen sie dies, hätten sie die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.


BGH, Beschluss vom 11.05.2017 - V ZB 52/15 -

Montag, 19. Juni 2017

WEG: Unzulässige unbestimmte Beschlussanfechtung versus Vorratsanfechtung

Die Entscheidung kreist um die Problematik der Verhaltensweise eines Eigentümers innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft, der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anfechtungsfrist (1 Monat nach Beschlussfassung) noch nicht weiß, ob er gegen alle oder nur einzelne Beschlüsse vorgehen will. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hatte Klage „gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung“ einer bestimmten Eigentümerversammlung erhoben, verbunden mit der Ankündigung, mit der Klagebegründung noch mitzuteilen, gegen welche Beschlüsse sich die Klage konkret richten soll. In der nach Ablauf der Anfechtungsfrist eingereichten Klagebegründung (die Frist für die Klagebegründung beträgt in WEG-Sachen zwei Monate nach der Beschlussfassung; die Frist für die Anfechtung beträgt einen Monat nach der Wohnungseigentümerversammlung) beschränkte der Kläger die Klage auf einige der Beschlüsse.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung wegen Versäumung der Anfechtungsfrist zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers beim BGH gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landgericht wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies in den Gründen seines Zurückweisungsbeschlusses darauf hin, dass alleine der Umstand, dass ohne nähere Präzisierung sich die Anfechtung „gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft“ richten  würde, noch nicht die Unzulässigkeit wegen fehlender Bestimmtheit gefolgert werden könne. Die Auslegung dürfe bei der Beschlussanfechtung nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern es müsse der wirkliche Willen der klagenden Partei erforscht werden. Es ist die wohlverstandene Interessenslage des Klägers festzustellen. Dies würde in der Regel einer Auslegung entgegenstehen, die zu einer Unzulässigkeit der Prozesshandlung (hier: Klage) führt (Senat im Beschluss vom 10.10.2013 - V ZB 132/13 -). 

Eine Klage, die wie hier als Anfechtungsklage nach der Formulierung gegen alle Beschlüsse der Versammlung erhoben wird, könnte nach Auffassung des BGH von vornherein nur als sogen. Vorratsanfechtung zulässig sein. Im Rahmen der Auslegung wäre aber zu berücksichtigen, dass diese Klage von vornherein höhere Kosten verursacht als nur die Anfechtung einzelner Beschlüsse. Bei der Vorratsanfechtung ist der Wert nach allen Beschlüssen zu berechnen; selbst wenn der Kläger später die Klage auf einige Beschlüsse beschränkt und im Übrigen zurücknimmt, hat er die Kosten jedenfalls bezüglich des zurückgenommenen Teils zu tragen, was erheblich sein kann. Von daher besteht auch bei der grundsätzlich zulässigen Vorratsanfechtung die Möglichkeit, dass dies nicht dem Willen des Klägers entspricht, wobei er nach Auffassung des BGH für diesen Fall billigend in Kauf nähme, die Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG nicht zu wahren, zumal ihm (möglicherweise) noch die Möglichkeit bliebe, späterhin die Nichtigkeit der Beschlüsse geltend zu machen. Gegen den Willen des Klägers, tatsächlich alle Beschlüsse anzufechten, würde bereits sprechen, dass er bereits in der Klageschrift eine Einschränkung der Beschlussanfechtung ankündigte.

Vorliegend könne vom Kläger auch nicht geltend gemacht werden, dass er nur insoweit eine Teilrücknahme der Klage erklärt habe, als es sich um kostenmäßig nicht ins Gewicht fallende Beschlüsse gehandelt habe. Abzustellen sei nicht auf ein späteres Verhalten des Klägers, so der BGH; entscheidend sei, welche Beschlüsse als zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anfechtungsfrist als angefochten anzusehen sind. Dies müsse erkennbar sein. Zu diesem Zeitpunkt sei aber nicht erkennbar, ob eine Auslegung der Klageschrift, die zu einer hohen Kostenschuld geführt hätte, seinem Willen entsprach.

Anmerkung: Entscheidend für die Unzulässigkeit war vorliegend nicht der Umstand, dass „alle Beschlüsse“ angefochten wurden, da dies noch nicht zur Unbestimmtheit führte. Auch ist die Vorratsanfechtung vom Grundsatz her nicht unzulässig. Da aber die Klage nicht expressis verbis alle Beschlüsse benannte, die angefochten werden sollte, sich auf die Angabe „alle Beschlüsse“ beschränkte, kam der Angabe in der Klageschrift, es würde in der Klagebegründung mitgeteilt, auf welche Beschlüsse sich die Klage beschränken soll, entscheidende Bedeutung zu. Denn mit dieser Mitteilung machte der Kläger deutlich, dass er nicht beabsichtige, die Anfechtungsklage tatsächlich gegen alle Beschlüsse zu erheben. 


BGH, Beschluss vom 16.02.2017 - V ZR 204/16 -

Montag, 5. Juni 2017

Zur Klagebefugnis einzelner Eigentümer gegen den Verwalter auf Durchführung von Beschlüssen

Es kommt nicht häufig, aber immer wieder vor, dass der Verwalter einen Beschluss nicht durchführt, der von der Wohnungseigentümergemeinschaft gefasst wurde. Vorliegend hatte der klagende Wohnungseigentümer begehrt, die Ursache von Wassereinbrüchen in den Kellerräumen seiner Eiigentumseinheit festzustellen. Dieser Antrag sei, so das Landgericht, bereits deshalb zurückzuweisen, als der Beschluss dahin gegangen wäre, allgemein die Ursache eines Wassereinbruchs im Keller festzustellen.  Allerdings begnügte sich das Landgericht (LG) nicht damit, eventuell auch vor dem Hintergrund, dass nach einem notwendigen Hinweis der Kläger seinen Klageantrag entsprechend geändert hätte.

Im Kern weist das LG in seinem Beschluss nach § 91a ZPO fest (im Laufe des Verfahrens erledigte sich die Hauptsache durch Vornahme des Verwalters) darauf hin, der Kläger sei nicht klagebefugt gewesen. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 sei der Verwalter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet und hafte auch dieser gegenüber. Von daher sei es Aufgabe des Verbandes, Ansprüche auf Durchführung von Beschlüssen durchzusetzen. Auch wenn der Vertrag Schutzwirkungen zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer enthalte, ergäbe sich daraus nichts anderes. Zwar könne der einzelne Miteigentümer eigene Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verwalter durchsetzen (BGH im Urteil vom 02.10.1991 - V ZB 9/91 -), doch ließe sich daraus keine Befugnis herleiten, den dem Verband zustehenden Erfüllungsanspruch geltend zu machen. Daher müsse der einzelne Eigentümer darauf hinwirken, dass der Verband tätig wird, wozu gegebenenfalls ein Rechtsanspruch aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis bestünde.

Als praktische Erwägung fügt das LG noch an, dass es auch häufig streitig sein könne, ob der Beschluss umfassend umgesetzt wäre. Darüber aber müsste der Verband entscheiden und könne dies nicht der einzelne Eigentümer.

Anmerkung: Die Entscheidung bezieht sich auf eine ähnliche Entscheidung des LG Hamburg vom 02.03.2016 – 318 S 22/15 -, in dem es um die Einholung von zwei Angeboten und die Auftragserteilung in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat ging. Allerdings überzeugt weder die Entscheidung des LG Hamburg noch die hier besprochene Entscheidung des LG Frankfurt am Main. Insoweit verkürzt das LG die Regelung in § 27 Abs. 1 WEG. Ausdrücklich heißt es in § 27 Abs. 1 vor der enumerativen Aufzählung der Pflichten des Verwalters, dass dieser „gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet sei“ u.a. (Nr. 1) Beschlüsse durchzuführen. Der Wortlaut begründet mithin einen eigenen Rechtsanspruch des Verwalters. Warum das LG hier den Wortlaut quasi amputiert, wird in der Entscheidung nicht ausgeführt. Auch die „praktische Erwägung“ des LG ist da nicht weiterführend: Ob der Beschluss vollständig durchgeführt wurde, müsste (sollte sich bei einer vom LG angedachten Abstimmung keine Einstimmigkeit finden) möglicherweise im Hinblick auf einen gegen diesen Beschluss erhobene Klage ohnehin vom Gericht geklärt werden. 

LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.02.2017 - 2-13 S 128/16 -

Freitag, 3. März 2017

WEG: Wichtige Gründe für Abberufung eines Verwalters

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte den klagenden Verwalter „aus wichtigem Grund“   abberufen. Das Amtsgericht hatte noch der vom Verwalter dagegen erhobenen Klage stattgegeben; die Berufung der Wohnungseigentümergemeinschaft führte zur Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zur Klageabweisung. Das Landgericht bejahte im Berufungsverfahren aus mehreren Gründen das Vorliegen eines wichtigen Grundes, wobei es darauf Hinweis, dass ein wichtiger Grund vorliegt, wenn der Gemeinschaft die Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann und das Vertrauensverhältnis zerstört sei, wobei die einzelnen Gründe dafür nicht einmal auf einem Verschulden beruhen müssen. Abzuwägen wären die weitere Vertragsdauer, die beiderseitigen Verursachungsbeiträge und insbesondere das Fehlverhalten des Verwalters.


a) Führen der Beschlusssammlung

Dem Verwalter wurde zum Vorwurf gemacht, die Beschlusssammlung entgegen § 26 Abs. 1 S. 4 WEG nicht korrekt zu führen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich (wie hier) nicht mehr um eine Bagatelle handelt, da die Eigentümer darauf vertrauen dürfen, dass diese Sammlung aktuell, richtig und vollständig ist. Entgegen § 24 Abs. 7 Nr. 1 WEG wäre für eine Versammlung vom 20.12.2012 nicht der Ort der Versammlung benannt worden. Auch wenn damals die Klägerin noch nicht Verwalterin war, oblag ihr doch eine Korrekturpflicht. Im übrigen sei sie der Verpflichtung zur Benennung des Versammlungsortes für die Versammlung vom 22.01.2013 selbst nicht nachgekommen. Schwerwiegend sei, dass hinsichtlich eines Beschlusses in einer Versammlung vom 13.05.2013 der Beschluss nicht im Wortlaut in der Beschlussfassung wiederzufinden ist (es fehlen ganze Textpassagen).

Der Verwalter hätte auch nicht vor der Abberufung abgemahnt werden müssen. Dies sei nach § 24 Abs. 7 WEG nicht vorgesehen (BT-Drucksache 16/887, S. 35). Auf § 626 Abs. 2 WEG (2-Wochen-Frist für Kündigung nach Kenntnis des Kündigungsgrundes) käme es hier nicht an, da es sich um einen Organisationakt handele, der nicht von § 626 Abs. 2 BGB erfasst würde.

b) Entnahme von Geldern

Der Verwalter habe Gelder von dem Konto der WEG entnommen, die ihm nicht zugestanden hätten. Zwar begründete der Verwalter die Entnahmen mit einem jeweiligen Rechtsanspruch, der allerdings hier vom Landgericht nicht gesehen wurde. Dies ging zu Lasten des Verwalters.


LG Berlin, Urteil vom 02.10.2015 – 55 S 206/14 WEG -

Dienstag, 24. Januar 2017

WEG: Kostentragungspflicht des am Verfahren nicht beteiligten Verwalters bei grob schuldhaften Fehlverhalten

Die Klägerin hielt mehr als 50% der Miteigentumsanteile an der WEG. Zum Zeitpunkt der Versammlung befand sie sich mit mehr als einem Monat mit Hausgeldzahlungen in Verzug.  Die Erschienenen wurden vom Verwalter darauf hingewiesen und er las ferner die Regelung in der Teilungserklärung vor, demzufolge einem Eigentümer das Stimmrecht bei einem Verzug mit Hausgeldzahlungen von mehr als einem Monat entzogen werden könne (eine Regelung, die der BGH späterhin mit Urteil vom 10.12.2010 – V ZR 60/10 – für nichtig erklärte). Bei den folgenden Abstimmungen erklärte die Klägerin, sie nehme im Hinblick auf ihre fehlende Stimmberechtigung nicht teil.


Die Klägerin hat diverse Beschlüsse der Versammlung angefochten. Das Amtsgericht hat den Anträgen der Klägerin teilweise entsprochen und die Kosten unter den Parteien (Eigentümern) aufgeteilt. Im Berufungsverfahren wurde der Rechtsstreit insgesamt als in der Hauptsache erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat nunmehr die Kosten der 1. Instanz überwiegend. Im übrigen anteilig den Parteien (Eigentümern), die Kosten des Berufungsverfahrens zu 1/s dem Verwalter und im übrigen den Berufungsführern zu je ¼ auferlegt.  Die zugelassene Rechtsbeschwerde des Verwalters wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH stellt darauf ab, dass ersichtlich die Nichtteilnahme der Klägerin auf den Hinweis des Verwalters erfolgt sei. Auch wenn die Versammlung keinen Beschluss gefasst habe, wie in der Teilungserklärung vorgesehen, sei sie von einem Stimmrechtsausschluss ausgegangen, wie ihr entsprechender Hinweis verdeutlichte. Nach Auffassung des BGH hätte der Verwalter die Pflicht gehabt, die Klägerin auf ihre Fehlvorstellung hinzuweisen. Die folge daraus, da er nach § 24 Abs. 5 WEG die Versammlung ordnungsgemäß durchzuführen habe. Die Klägerin habe nicht von sich aus ihr Stimmrecht nicht ausgeübt, sondern durch eine vom Verwalter hervorgerufene Fehlvorstellung. Damit sei das Mitwirkungsrecht der Klägerin in gravierender Weise ausgehebelt worden; in einem solchen Fall käme auch nicht darauf an, ob sich der Verstoß auf die Beschlussfassung ausgewirkt hätte.

Da die Anfechtungsklage Erfolg gehabt hätte, wären hier die Kosten nach Hauptsacheerledigung gemäß § 91a den unterlegenen beklagten Eigentümern aufzuerlegen gewesen. § 49 Abs. 2 WEG sei aber auch in diesem Fall zu berücksichtigen, wenn die erforderlichen Voraussetzungen für eine Kostentragung des Verwalters feststünden. Dies sei hier der Fall.

§ 49 Abs. 2 WEG findet nur bei grober schuldhafter Pflichtverletzung des Verwalters Anwendung. Bei einem erfolglosen Rechtsmittel (wie es hier von den beklagten Eigentümern eingelegt wurde) käme allerdings der Rechtsgedanke des § 254 BGB (Mitverschulden) zum Tragen. Damit wäre nur zu prüfen, ob die Kostenquotelung zu Lasten des Verwalters zu hoch bemessen sei. Dies verneinte der BGH hier.

Letztlich sei auch das Verhalten des Verwalters als grob schuldhaft einzustufen. Darunter wären Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu verstehen. Grob fahrlässig handelt der Verwalter, wenn er die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in groben Maß verletzt und dasjenige nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten und sich aufdrängen müssen. Und es müsse  sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung handeln, wobei bei einem Berufsverwalter (wie hier) höhere Anforderungen zu stellen sind als bei einem nicht professionell tätigen Verwalter (z.B. aus den Reihen der Wohnungseigentümer). Auch dies bejahte der BGH im Hinblick auf die tatbestandlichen Feststellungen in den Vorinstanzen. 


BGH, Urteil vom 07.07.2016 – V ZB 15/14 -

Dienstag, 1. November 2016

WEG: Vollstreckung gegen ehemaligen Verwalter wegen Erstellung Jahresabschluss und Wirtschaftsplan

Die Wohnungseigentümer (Gläubiger) erwirkten gegen ihren ehemaligen Verwalter (Schuldner), dessen Tätigkeit erst Ende 20914 endete,  ein vollstreckbares Anerkenntnisurteil vom November 2014, demzufolge der Verwalter verpflichtet wurde die Jahresabrechnungen für 2011, 2012 und 2013 sowie den Wirtschaftsplan für 2014 zu erstellen.  Nachdem der Verwalter seiner Verpflichtung aus dem Urteil nicht nachkam, beantragten die Gläubiger im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Ermächtigung, die Verpflichtung aus dem Urteil durch eine von ihnen zu beauftragende Hausverwaltung vornehmen zu lassen, § 887 Abs. 1 ZPO. Dem gab das Amtsgericht statt. Auf die Beschwerde des Schuldners hob das Beschwerdegericht die Entscheidung auf und wies den Antrag zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgten die Gläubiger ihren Antrag weiter. Die Rechtsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass die Verurteilung zur Erstellung der Jahresabrechnungen als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gem. § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen sei mit der Folge, dass die Vollstreckung durch Androhung von Zwangsmitteln und deren Vollzug zu bewirken sei. Ein Titel habe eine nicht vertretbare Handlung zum Inhalt, wenn der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichte, die nicht von einem Dritten vorgenommen werden kann, sondern vom ausschließlich Willen des Schuldners abhänge, nicht aber in der Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO). Selbst wenn Teile der Handlung von Dritten vorgenommen werden könnten wäre von einer nicht vertretbaren Handlung auszugehen.

Zwar würde die Frage, ob die Erstellung der Jahresabrechnungen eine vertretbare oder nicht vertretbare Handlung darstelle, in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Der Ansicht, die sie als nicht vertretbare Handlung ansieht, sei zuzustimmen. Anders als der Wirtschaftsplan beinhalten die Jahresabrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters die Verpflichtung des Verwalters, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Er hat gem. § 259 Abs. 1 BGB Rechnung zu legen durch eine geordnete Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben; erfolgt dies nicht ordnungsgemäß, kann der Gläubiger verlangen, dass er eidesstattlich versichert, dass er die Aufstellung nach besten Wissen so vollständig abgegeben hat, als er dazu imstande war, § 259 Abs. 2 BGB. Da damit die Jahresabrechnung ebenso wie die Rechnungslegung die ggfls. durch Eid zu bekräftigende (konkludente) Erklärung enthält, die Angaben nach besten Wissen und Gewissen getätigt zu haben, kann dies nur vom Schuldner (Verwalter) selbst vorgenommen werden und stellt sich dies als nicht vertretbare Handlung dar.

Die Vollstreckung bezüglich der Erstellung des Wirtschaftsplanes scheitert dann, wenn zum Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahme das Kalenderjahr, für welches die Erstellung erfolgen soll, bereits abgelaufen ist, wie es hier der Fall ist.


BGH, Urteil vom 23.06.2016 – I ZB 5/16 -

Subsidiäre Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Klägerin ist Sondereigentümerin einer Wohnung  in einer Wohnungseigentumsanlage. An der Fassade der Anlage wurden Arbeiten im Auftrag der WEG durchgeführt, bei denen es zu Schäden in der Wohnung der Klägerin kam. Zur Beseitigung dieser Schäden begehrt die Klägerin von den beklagten Wohnungseigentümern Erstattung ihrer Aufwendungen. Diese negieren einen Anspruch und verwiesen die Klägerin an den Werkunternehmer, dem im Rechtsstreit der Streit verkündet wurde. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass es dem einzelnen Wohnungseigentümer in Ansehung der schuldrechtlichen Sonderverbindung zwischen den Wohnungseigentümern verwehrt sein kann, diese in Anspruch zu nehmen, wenn ein Dritter (hier der Streitverkündete) in Anspruch genommen werden könne. Insoweit verweist das Landgericht auf eine entsprechende Entscheidung des BGH zur Frage, ob bei einer bestehenden Gebäudehaftpflichtversicherung der geschädigte Wohnungseigentümer bei einem versicherten Schaden nicht verpflichtet wäre, anstelle der Gemeinschaft den Versicherer direkt in Anspruch zu nehmen (was bejaht wurde; BGH. Urteil vom 10.06.2006 – V ZR 62/06 -). Bei Inanspruchnahme der Gemeinschaft würde das Verhältnis der Mitglieder belastet; es bestünde auch für den Kläger kein besonderes Interesse, statt des Streitverkündeten die Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen, zumal er im Falle einer entsprechenden Verurteilung den auf ihn entfallenden Betrag gemessen am Miteigentumsanteil selbst zu tragen hätte. Gegen den Streitverkündeten hätte die Klägerin auch nicht nur deliktische sondern auch vertragliche Ansprüche, da sich der Vertrag der Eigentümergemeinschaft mit dem Werkunternehmer als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (den Wohnungseigentümern) darstelle.

Anmerkung: Der Entscheidung ist vom Grundsatz her zuzustimmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme der Gemeinschaft lediglich dazu führen kann, dass dann diese gegen den Werkunternehmer selbst vorgeht um den Anspruch zu generieren. Allerdings wird man Ausnahmen einräumen müssen, so insbesondere dann, wenn z.B. bei Tätigkeit verschiedener Gewerke sich nicht mehr feststellen lässt, welcher Handwerker den Schaden verursachte oder mitverursachte aber feststeht, dass der Schaden bei Arbeiten für die Gemeinschaft entstand, ferner dann, wenn davon auszugehen ist, dass der Werkunternehmer nicht in der Lage sein wird, Schadensersatz zu leisten. In diesen Fällen wäre es nämlich umgekehrt treuwidrig von dem geschädigten Miteigentümer zu verlangen, dass er zunächst Werkunternehmer verklagt, wenn am Schluss ohnehin die Kosten von der Gemeinschaft zu tragen sind.


LG Stuttgart, Urteil vom 01.06.2016 – 10 S 2/16 WEG -

Mittwoch, 7. September 2016

Abnahme durch Bauträger als Erstverwalter und Folge der Unwirksamkeit der Abnahme

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Erwerbsvertrages war vorgesehen, dass der Erstverwalter (der Beklagte) das Gemeinschaftseigentum für die Gemeinschaft abnimmt; zum Erstverwalter hatte sich der Bauträger selbst bestellt. Die Gewährleistungsfrist wurde mit fünf Jahren festgehalten. Im Herbst 2004 meldete der Beklagte die Bezugsfertigkeit der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums; im Januar 2005 erfolgte die Übergabe einer Wohnung an den Kläger. Dieser erhob im November 2009 Klage wegen Mangelbeseitigung und Nacherfüllung. Der Beklagte erhob u.a. die Einrede der Verjährung. Das OLG hat den beklagten zur Beseitigung zahlreicher Mängel in der Wohnung des Klägers und am Gemeinschaftseigentum verurteilt. Die zugelassene Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen.

Ausgangspunkt der Entscheidung des BGH ist, dass die Abnahme durch den Beklagten als Verwalter als unwirksam angesehen wurde. Die entsprechende Klausel des vom Beklagten gestellten Erwerbsvertrag sei unwirksam. Die Klausel, wonach die Abnahme durch einen vom Bauträger bestimmten Verwalter erfolge, verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(so bereits Beschluss des Senats vom 12.09.2013 – VII ZR 308/12 -). Gleichwohl aber könne sich der Kläger auf  §§ 634 Nr. 1, 635 BGB stützen, da es dem Beklagten als Verwender der unwirksamen Klausel verwehrt ist, sich auf deren Unwirksamkeit zu berufen. Damit müsse er den Nachteil tragen, der sich daraus ergibt, dass er trotz fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Mängelansprüchen konfrontiert wird, § 242 BGB.

Gleichzeitig greift aber nicht die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung. Denn die Verjährung des Mängelbeseitigungsanspruchs beginnt erst mit der Abnahme zu laufen, § 634a Abs.2 BGB. Damit hatte Lauf der Verjährung des Anspruchs bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch nicht begonnen. In Hinblick auf das Sondereigentum aber würde auch die Einrede der Verjährung nicht greifen. Die Parteien hatten in dem Formularvertrag die VOB/B vereinbart, abweichend davon die Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre, beginnend mit der Abnahme, beträgt. Die Klausel müsse schon nach der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen sein, dass die Mängel bereits zu diesem Zeitpunkt vorlagen.

Da weder für das Sonder- noch das Gemeinschaftseigentum eine wirksame Abnahme nicht vorlag, traf den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für eine Mängelfreiheit.


BGH, Urteil vom 30.06.2016 – VII ZR 188/13 -

Samstag, 3. September 2016

WEG: Zur Bestimmtheit eines Beschlusses bei Bezugnahme auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines die Wohngeldabrechnung 2012 betreffenden Beschlusses. Anknüpfungspunkte war, dass  der der Abrechnung zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel auf einem einige Jahre zuvor gefassten Beschluss der Gemeinschaft aus 2008 basiere, der eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung vorsah. Nach Auffassung des Klägers sei der Beschluss über den Verteilungsschlüssel nichtig, da der Abrechnungsschlüssel im Beschlusstext nicht wiedergegeben wurde, sondern auf ein externes Schriftstück verwiesen wurde, weshalb dieser Verteilungsschlüssel bei der Wohngeldabrechnung nicht hätte angewandt werden dürfen.

Der BGH weist zunächst darauf hin, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 WEG zulässig sei, wenn dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Dieser Beschluss sei auch nicht deshalb nichtig, da der künftige Verteilungsschlüssel nicht im Beschlusstext selbst aufgenommen wurde, sondern auf den in der Jahresabrechnung 2007 angewandten Verteilungsschlüssel verweise. Beschlüsse müssen, schon in Ansehung der Bindungswirkung für Rechtsnachfolger gem. § 10 Abs. 4 WEG, inhaltlich bestimmt du klar sein. Außerhalb des Beschlusses liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, wenn diese nach den Umständen für Jedermann klar erkennbar sind. Das bedeute auch, dass der Beschluss auf andere Urkunden oder Schriftstücke verweisen darf, wie dies auch häufig bei einem Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung der Fall sei.

Wird in dem Beschluss auf ein Dokument Bezug genommen, welches weder selbst Teil des Beschlusses oder des Protokolls ist,   muss dieses allerdings zweifelsfrei bestimmt sein. Denn nur dann wäre sichergestellt, dass auch ein Rechtsnachfolger den Inhalt feststellen kann. Hierzu ist das Schriftstück in die Beschlusssammlung oder eine Anlage dazu aufzunehmen, auch wenn dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses hat. Vorliegend ergab sich aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung in 2008, dass unter TOP 3 die Gesamt- und Einzelabrechnungen für 2007 beschlossen wurden, und dann unter TOP 4 unter Bezugnahme darauf die Änderung des Verteilungsschlüssels.  Damit war der Verweis wirksam.


BGH, Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 104/15 -

Donnerstag, 28. April 2016

WEG: Sondereigentum an nicht überdachtem Innenhof ?

Das OLG Hamm musste sich in einem Beschwerdeverfahren damit auseinandersetzen, ob auch ein nicht überdachter Innenhof sondereigentumsfähig ist. Es bejahte dies.

Im Rahmen der Teilung nach § 8 WEG haben die Beteiligten auf einen Aufteilungsplan Bezug genommen, der einen offenen Innenhof, der vollständig von Räumen des Sondereigentums Nr. 1 umschlossen ist und  als Bestandteil dieses im Erdgeschoss belegenen Sondereigentums bezeichnet wird. Das Grundbuchamt hat die fehlende Abgeschlossenheit des Innenhofes beanstandet, die auch in der amtlichen Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht als solche bescheinigt wurde.

Gegen die Zwischenverfügung haben die beteiligten Beschwerde eingelegt.

Sondereigentum kann grundsätzlich lediglich an Wohnungen oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes gem. § 3 Abs. 1 WEG eingeräumt werden, nicht dagegen an Grundstücksflächen. § 3 Abs. 2 WEG sieht vor, dass die Wohnungen oder sonstigen Räume „in sich abgeschlossen“ sein sollen; dass es sich hier um eine Sollvorschrift handelt bezweckt lediglich, dass ein Verstoß nicht zur Nichtigkeit der Regelungen führt.

Eine Abgeschlossenheit, so der Senat, ist anzunehmen, wenn ein zutritt nicht ohne weiteres möglich ist. Das Erfordernis des Raumabschlusses nach § 3 Abs. 2 WEG fände seinen Grund darin, dass zum Sondereigentum die alleinige Sachteil- und Raumherrschaft gehören würde. Damit bedürfe es hier nicht einer näheren Betrachtung der Abgeschlossenheit, sondern der Raumherrschaft.

Der Innenhof kann hier nur durch das Gebäude betreten werden; irgendwelche sonstigen Zugänge gibt es nicht. Zwar sei der Innenhof nach oben offen. Doch gäbe es zum 1. OG (in dem das Sondereigentum Nr. 2 liegt,. Kleinen bestimmungsgemäßen Zugang (wie Treppe oder Lift). Damit wäre der Bereich abgeschlossen und bilde eine Raumeinheit.


OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.2016 – 15 W 398/15 -

Dienstag, 26. April 2016

WEG: Der werdende Wohnungseigentümer und Beginn der Zahlungspflichten gegenüber der Gemeinschaft

Im Ausgangsfall teilte der Beklagte einen Altbau in fünf Eigentumswohnungen auf, von denen er 3 Wohnungen verkaufte und übergab, zwei Wohnungen nicht; deren Erwerber haben Klage auf Auflassung erhoben. In einer Eigentümerversammlung wurde eine Sonderumlage und Wohngeld beschlossen; für die zwei nicht übergebenen Wohnungen (in denen die Erwerber bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Einrichtungsgegenstände untergebracht hatten) klage die Wohnungseigentümergemeinschaft die nach Miteigentumsanteilen auf diese entfallenden Forderungen aus den Beschlüssen gegen den beklagten ein. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen; die Berufung war erfolgreich und die gegen das klagestattgebende Urteil erhobene Revision des Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.


Zunächst bestätigt der BGH die Aktivlegitimation der Klägerin als werdende Wohnungseigentümergemeinschaft. Voraussetzung einer solchen wäre, dass der Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition  durch einen auf Übereignung gerichteten Erwerbsvertrag, Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch und Besitz an dem Sonder-/Teileigentum hat. Mit Erlangen dieses rechtlichen und tatsächlichen Umstandes kann der werdende Wohnungseigentümer die Mitgliedschaftsrechte ausüben und ist aber auch alleine (unter Ausschluss einer gesamtschuldnerischen Haft des teilenden Eigentümers) nach § 16 Abs. 2 WEG zur Tragung der Kosten und Lasten verpflichtet.

Während danach für drei Wohnungen werdende Wohnungseigentümer im dargestellten Sinne vorhanden waren, waren zwei Wohnungen noch nicht übergeben worden. Damit verblieben bezüglich dieser Wohnungen die Rechte und Pflichten bei dem Beklagten als teilenden Eigentümer. Alleine der Umstand, dass die Erwerber dieser Wohnungen bereits Gegenstände in die Wohnung geräumt hätten, würde daran nichts ändern können. Um die Verpflichtung der Übergabe durch den Verkäufer zu erfüllen, muss dieser dem Erwerber den unmittelbaren Besitz verschaffen; der Verkäufer (Bauträger) kann seine mitgliedschaftsrechtliche Stellung  nicht ohne oder gegen seinen Willen verlieren und auf diese Weise aus der Gemeinschaft gedrängt werden. Die Lagerung von Gegenständen in der Wohnung durch die Erwerber stellt sich nach Auffassung des BGH als verbotene Eigenmacht dar, gegen die der Verkäufer Besitzstörungsansprüche insoweit geltend machen könnte.


Alleine der Umstand, dass hier diese Einlagerung erfolgte, entbindet damit den Verkäufer nicht von seinen Zahlungsverpflichtungen. Er müsste, was hier nicht geschehen ist, darlegen und beweisen,. Dass ein Besitzübergang auf die Erwerber und eigenem Verlust der mitgliedschaftsrechtlichen Stellung erfolgte.

BGH, Urteil vom 11.12.2015 - V ZR 80/15 -

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Zu den Rechten der WEG zur Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum gegen Fremdnutzer

Hintergrund des Rechtstreits war der Beschluss einer Eigentümerversammlung, Balkone zu sanieren; gleichzeitig wurde die Verwaltung ermächtigt, gerichtlich gegen Eigentümer vorzugehen, die die Sanierung verweigern oder sonstwie behindern. Die Beklagten, die Nießbraucher einer Eigentumswohnung sind, verweigerten die Vornahme von Maßnahmen auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon. Daraufhin hat der Verwalter für die WEG Klage auf Duldung der näher bezeichneten Sanierungsarbeiten und Zutritt zur Wohnung zum Zwecke der Durchführung der Arbeiten in entsprechender Anwendung des § 14 Nr. 4 WEG erhoben.

§ 14 Nr. 4 WEG verpflichtet den Wohnungseigentümer auf Duldung des Zutritts zu seinem Sonder- oder Teileigentum, wenn dies zu Zwecken der Instandhaltung oder Instandsetzung erfolgt. Damit wäre der Klage stattzugeben gewesen wenn sich ein Eigentümer dem Verlangen widersetzt hätte. Das Verhalten der Beklagten als Fremdnutzer (wenn auch Nießbraucher) konnte aber nicht durch § 14 WEG tangiert werden, da es sich gerade bei dem Fremdnutzer nicht um einen Eigentümer handelt und die Regelung sich ausschließlich an Eigentümer wendet und nicht auf Fremdnutzer entsprechend übertragen werden kann. Auch wenn gerade der Nießbraucher teilweise in dingliche Rechtspositionen des Eigentümers einrückt, wird  er doch nicht Teil des WEG-Verbandes, auf den sich einzig § 14 WEG bezieht. Eine planwidrige Regelungslücke wird vom BGH hier auch nicht gesehen, die eventuell eine Analogie zulassen könnte. Gegebenenfalls wäre hier Grundlage § 1004 BGB 8wozu der Senat neigt, es hier aber offen lässt); vorliegend greife dies deshalb nicht, da nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer nur nach § 14 WEG gegen Eigentümer vorgegangen werden sollte, nicht aber  nah § 1004 BGB. Eine Umdeutung war auch nicht möglich, da es sich bei dem Anspruch nach § 1004 BGB um einen Individualanspruch handelt, den die Gemeinschaft zunächst durch Ansichziehen vergemeinschaften müsste, ehe er ausgeübt werden könnte.

Das bedeutet mithin, dass bei Beschlüssen zu Instandhaltungen pp. stets auch darauf zu achten ist, dass der Verwalter die Durchführung auch gegenüber Fremdbesitzern durchsetzen kann, was bedeutet, dass jedenfalls die Rechte nach § 1004 BGB hier von der Gemeinschaft an sich gezogen werden müssten mit dem Auftrag an den Verwalter, diese Rechte gegen sich widersetzende Fremdnutzer durchzusetzen.


BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 194/14 -

Freitag, 25. September 2015

WEG: Konsequenz aus der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ bei Veräußerung

Wenn ein Bauträger ein Haus als Wohnungseigentumsanlage errichtet, bildet sich die Wohnungseigentümergemeinschaft erst sukzessive. Nicht schon der Abschluss eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung oder die Wahrung des Erwerbers mit einer Eigentumsverschaffungsvormerkung im Grundbuch begründet die (rechtlich selbständige) Rechtspersönlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern erst die Wahrung des ersten Erwerbers mit der Auflassung (also Eigentumsübertragung) im Grundbuch.

Aber was ist bis zu diesem Zeitpunkt ? Mit der Wahrung der Eigentumsverschaffungsvormerkung des ersten Erwerbers und der Überlassung des erworbenen Wohnungseigentums bildet sich die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, so die einhellige Rechtsprechung, im Innenverhältnis zwischen dem teilenden (und veräußernden) Eigentümer und den Ersterwerbern eine faktisch vorverlagerte Anwendung des WEG geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und auch infolge der vertraglich vereinbarten Übertragung von Nutzungen aber auch Lasten ein berechtigtes Interesse daran haben, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung vorzeitig auszuüben.  Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag besteht, die Eigentumsverschaffungsvormerkung für den Erwerber eingetragen und ihm der Besitz an der Wohnung (dem Gewerberaum) überlassen wurde, auf welches sich der Übertragungsvertrag sachlich bezieht.

Damit kann dann der Erwerber die Mitwirkungsrechte tragen und hat sich entsprechend § 16 Abs. 2 WEG an den Kosten zu beteiligen (BGHZ 177, 53). Er und der teilende Wohnungseigentümer haften auch nicht gesamtschuldnerisch (BGHZ 193, 219).

Wird bei einer rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft ein Verkauf vorgenommen, kommt es hier allerdings nicht zu einer Vorverlagerung der Anwendung des WEG. Der Unterschied besteht darin, dass im ersten Fall noch nie eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestand, diese erst durch die sukzessive Auflassung im Grundbuch an die einzelnen Erwerber  entsteht, mithin hier nur im Hinblick auf die gemeinschaftlichen Interessen der Erwerber etwas vorgezogen wird, besteht dafür nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft und einem Verkauf einer Wohnung durch einen der Wohnungs- und Teileigentümer keinerlei praktisches Bedürfnis mehr. Ging es vorher um Fragen der Gewährleistung gegen den Bauträger auch in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum pp., kommen bei der späteren Veräußerung nur die Verhältnisse zwischen den Kaufvertragsparteien zum Tragen.

Damit stellt sich die Frage, wie der Verkauf durch einen „werdenden Wohnungseigentümer“ einzustufen ist. Es handelt sich hier um den Fall, dass ein Erwerber, der vom Bauträger erwirbt, seine Rechte aus dem Vertrag einschl. auch der Eigentumsverschaffungsvormerkung auf einen Dritten qua Kaufvertrag überträgt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft mangels Auflassung an einem Erwerber bestand. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (in BGHZ 44, 43, 45) vertritt der BGH nunmehr die Auffassung, dass der Dritterwerber nicht in die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft eintritt, vielmehr hier der Veräußerer verbleibt.  

Der BGH begründet sein (jetziges) Ergebnis damit, dass die Gründe der besonderen Behandlung des Erwerbs vom Bauträger nicht auf den Nachfolgeerwerb vom Erwerber zutreffen. So könnte auch Erwerber und Zweiterwerber qua Vertrag das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung (der werdenden Eigentümergemeinschaft) übertragen bzw. regeln, wie auch die Kosten und Lasten. Des weiteren würde, so der BGH, der Übergang des Mitgliedschaftsrechts praktische Probleme in Bezug auf die Rechtsicherheit darstellen, da sich der Übergang nicht ohne weiteres feststellen lassen könnte.

Die Änderung der Rechtsprechung durch den BGH hat erhebliche Konsequenzen: Verkauft der Ersterwerber vor Wahrung der Auflassung und Begründung des Wohnungseigentümergemeinschaft sein Recht auf den Zweiterwerber, bleibt er doch gegenüber der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft als auch im Außenverhältnis weiterhin berechtigt als auch verpflichtet.

BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 275/14 -


Mittwoch, 29. Juli 2015

WEG: Beschluss zur getrennten Instandhaltungsrücklage in Mehrhausanlage

Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen häufig aus mehreren Häusern. Hier kommt es immer wieder zu Problemen mit Abrechnungen usw. Der BGH musste sich mit einem Beschluss der Eigentümergemeinschaft einer Mehrhausanlage auseinandersetzen, nach dem eine Trennung der Instandhaltungsrücklagen für verschiedene, zur Wohnungseigentümergemeinschaft gehörende Gebäude vorgesehen wurde. Dabei war zu berücksichtigen, dass bereits in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) vorgesehen war, dass Wohngebäude und Parkhaus als selbständige Einheiten, soweit rechtlich möglich und wirtschaftlich ausscheidbar, eingestuft wurden (§ 16). Bei Mehrhausanlagen, so der BGH, wäre es zulässig, in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden für einzelne Gebäude oder Gebäudekomplexe. Auch wenn in der Gemeinschaftsordnung die Wohngebäude als Einheit angesehen wurden (die Teilung nur zum Parkhaus vorgenommen wurde) wäre der Beschluss zur Aufteilung der Instandhaltungsrücklage wirksam. Dies deshalb, da vom Grundsatz die Gemeinschaftsordnung Untergemeinschaften vorsah (§ 16); nach Auffassung des BGH wurde davon bis zum Beschluss für die Wohngebäude kein Gebrauch gemacht.


BGH, Urteil vom 17.04.2015 - V ZR 12/14 -