Im Ausgangsverfahren stritten die
Parteien über die Wirksamkeit eines die Wohngeldabrechnung 2012 betreffenden Beschlusses.
Anknüpfungspunkte war, dass der der
Abrechnung zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel auf einem einige Jahre zuvor
gefassten Beschluss der Gemeinschaft aus 2008 basiere, der eine von § 16 Abs. 2
WEG abweichende Kostenverteilung vorsah. Nach Auffassung des Klägers sei der
Beschluss über den Verteilungsschlüssel nichtig, da der Abrechnungsschlüssel im
Beschlusstext nicht wiedergegeben wurde, sondern auf ein externes Schriftstück
verwiesen wurde, weshalb dieser Verteilungsschlüssel bei der Wohngeldabrechnung
nicht hätte angewandt werden dürfen.
Der BGH weist zunächst darauf
hin, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels nach Maßgabe des § 16 Abs. 3
WEG zulässig sei, wenn dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Dieser
Beschluss sei auch nicht deshalb nichtig, da der künftige Verteilungsschlüssel
nicht im Beschlusstext selbst aufgenommen wurde, sondern auf den in der
Jahresabrechnung 2007 angewandten Verteilungsschlüssel verweise. Beschlüsse
müssen, schon in Ansehung der Bindungswirkung für Rechtsnachfolger gem. § 10
Abs. 4 WEG, inhaltlich bestimmt du klar sein. Außerhalb des Beschlusses
liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, wenn diese nach den
Umständen für Jedermann klar erkennbar sind. Das bedeute auch, dass der
Beschluss auf andere Urkunden oder Schriftstücke verweisen darf, wie dies auch
häufig bei einem Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung
der Fall sei.
Wird in dem Beschluss auf ein
Dokument Bezug genommen, welches weder selbst Teil des Beschlusses oder des
Protokolls ist, muss dieses allerdings zweifelsfrei bestimmt
sein. Denn nur dann wäre sichergestellt, dass auch ein Rechtsnachfolger den
Inhalt feststellen kann. Hierzu ist das Schriftstück in die Beschlusssammlung
oder eine Anlage dazu aufzunehmen, auch wenn dies keine konstitutive Wirkung
für das Zustandekommen des Beschlusses hat. Vorliegend ergab sich aus dem
Protokoll der Eigentümerversammlung in 2008, dass unter TOP 3 die Gesamt- und
Einzelabrechnungen für 2007 beschlossen wurden, und dann unter TOP 4 unter Bezugnahme
darauf die Änderung des Verteilungsschlüssels. Damit war der Verweis wirksam.
BGH, Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 104/15 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 10. April 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
- Von Rechts wegen
Tatbestand
- Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 13. März 2008 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, „die für die einzelnen Kostenpositionen in der Abrechnung 2007 verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden“. In der Eigentümerversammlung vom 30. April 2013 beschlossen sie die Hausgeldabrechnung des Jahres 2012, wobei sie den in der Abrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel zugrunde legten. Die Kosten sind nach sechs verschiedenen Maßstäben verteilt.
- Das Amtsgericht hat den Beschluss über die Hausgeldabrechnung 2012 auf Antrag der Klägerin für unwirksam erklärt. Auf die Berufung der beklagten übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
- I.
- Nach Ansicht des Berufungsgerichts entspricht der Beschluss über die Wohngeldabrechnung 2012 ordnungsmäßiger Verwaltung. Der dort zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel basiere auf dem gemäß § 16 Abs. 3, § 21 Abs. 3 WEG gefassten Beschluss aus dem Jahr 2008 über eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung. Dieser Beschluss sei nicht nichtig. Dem stehe nicht entgegen, dass die Abrechnungsschlüssel in dem Beschlusstext selbst nicht wiedergegeben würden, sondern insoweit auf ein externes Schriftstück verwiesen werde. Die Zulässigkeit der Bezugnahme setze nur voraus, dass dem protokollierten Beschlusstext eindeutig zu entnehmen sei, auf welches Schriftstück Bezug genommen werde, und dass dieses einen hinreichend bestimmten Regelungsgehalt habe. Das gelte auch für Beschlüsse gemäß § 16 Abs. 3 WEG über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels. Dem Transparenzgebot trage das Gesetz dadurch Rechnung, dass Beschlüsse gemäß § 24 Abs. 7 WEG mit dem protokollierten Beschlusstext und den in Bezug genommenen externen Schriftstücken in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen seien.
- II.
- Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 1. Soweit das Berufungsgericht - ohne nähere Begründung - in dem Rubrum des angegriffenen Urteils auch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Beklagte bezeichnet, handelt es sich um eine versehentliche Falschbezeichnung. Wie dem amtsgerichtlichen Urteil, auf das das Berufungsgericht verweist, zu entnehmen ist, ist die Beschlussmängelklage - nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG in zutreffender Weise - gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet worden. Insoweit wird das Berufungsgericht eine Rubrumsberichtigung vorzunehmen haben.
- 2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung nimmt das Berufungsgericht an, dass der im Jahr 2008 gefasste Beschluss über die Veränderung des Verteilungsschlüssels wirksam ist und er daher zu Recht der Abrechnung 2012 zugrunde gelegt worden ist.
- a) Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer hinsichtlich der in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs- und Verwaltungskosten den bestehenden Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss ändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Hier haben die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 13. März 2008 den Beschluss gefasst, den - bisher geltenden gesetzlichen - Kostenverteilungsschlüssel zu ändern.
- b) Entgegen der Ansicht der Revision wird die Wirksamkeit des Beschlusses über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht deshalb in Frage gestellt, weil der künftige Maßstab nicht in dem Beschlusstext selbst wiedergegeben, sondern insoweit auf den in der Jahresabrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel Bezug genommen wird. Das Berufungsgericht führt rechtfehlerfrei aus, dass dies zulässig ist.
- aa) Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass Eigentümerbeschlüsse daher „aus sich heraus“ auszulegen sind und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 292, 295). Entgegen der Auffassung der Revision bedeutet dies aber - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - nicht, dass sich der Text eines Eigentümerbeschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb des Protokolls beziehen dürfte. Es ist allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen darf (Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 23 Rn. 62, § 24 Rn. 85; Timme/Steinmeyer, WEG, 2. Aufl., § 24 Rn. 263; Hügel/Elzer, WEG, § 23 Rn. 86, § 24 Rn. 103; Riecke/Schmidt/Riecke, WEG, 4. Aufl., § 24 Rn. 103; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 23 Rn. 166, § 24 Rn. 176; Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 23 Rn. 56a; BayOblG, WE 1995, 245, 246; LG München I, Urteil vom 9. Mai 2011, 1 S 22360/10, juris Rn. 32; LG Dortmund, ZWE 2015, 40, 41), wie dies beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung und häufig auch bei Sanierungsbeschlüssen nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschieht. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, gedeutet werden kann. Dies gilt auch für Beschlüsse über die Änderung des Verteilungsschlüssels gemäß § 16 Abs. 3 WEG, da für die Zulässigkeit von Bezugnahmen - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - nicht nach dem Beschlussgegenstand differenziert werden kann.
- bb) Nimmt ein Beschluss der Wohnungseigentümer auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls ist, erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist (vgl. BayOblG, ZMR 2005, 639, 640; LG München I, Urteil vom 9. Mai 2011, 1 S 22360/10, juris Rn. 32; KG, ZMR 2009, 790, 793; Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 23 Rn. 56a;Hügel/Elzer, WEG, § 23 Rn. 85). Nur dann ist sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat. Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse wird dadurch gewährleistet, dass - jedenfalls bei Beschlüssen, die (wie hier) die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändern - das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschluss-Sammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen ist, wenngleich dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses hat (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 24 Rn. 144, 165; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 24 Rn. 176, vgl. auch Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 24 Rn. 85; Jennißen/Schultzky, aaO § 23 Rn. 166).
- Das Berufungsgericht hat rechtfehlerfrei die zweifelsfreie Bestimmtheit der in Bezug genommenen „Abrechnung 2007“ bejaht. Aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 13. März 2008 ergibt sich, dass die Wohnungseigentümer unter TOP 3 die Gesamt- und Einzelabrechnung für das Jahr 2007 beschlossen und anschließend unter TOP 4 den weiteren Beschluss gefasst haben, den in der Abrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel auch den zukünftigen Abrechnungen zugrunde zu legen. Daraus lässt sich unschwer erkennen, dass sich die Beschlussfassung unter TOP 4 auf den Abrechnungsschlüssel der unter TOP 3 beschlossenen Jahresabrechnung 2007, die von den beklagten Wohnungseigentümern im Berufungsverfahren vorgelegt worden ist, bezieht.
- cc) Schließlich muss der in dem Beschluss getroffene Regelungstatbestand unter Einbeziehung des in Bezug genommenen Dokuments verständlich und klar sein.
- Dies ist hier zu bejahen. Aus dem Eigentümerbeschluss vom 13. März 2008, den der Senat selbst auslegen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 291), ergibt sich, dass der in der Jahresabrechnung 2007 verwendete Verteilungsschlüssel den künftigen Abrechnungen zugrunde gelegt werden soll. Der in Bezug genommene Verteilungsschlüssel der Abrechnung 2007 ist dort auch in verständlicher Weise erläutert.
- III.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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