Die Gemeinschaftsordnung der mit
vier Wohneinheiten versehenen WEG enthielt keine Regelungen zum Stimmrecht. Ein
Eigentümer hatte zwei Wohnungen und übertrag das Eigentum an einer der
Wohnungen auf eine vom ihm beherrschte UG & Co. KG. In einer Eigentümerversammlung
beschlossen die zwei weiteren Eigentümer, dass die Gesellschaft vom Stimmrecht
ausgeschlossen sei. Danach beschlossen sie u.a. die Jahresabrechnung und die
Verwalterbestellung. Die Beschlussanfechtungsklage des Klägers wurde vom
Amtsgericht abgewiesen, seine Berufung vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die
vom Landgericht zugelassene Revision erfolgte eine Abänderung und die
Beschlüsse wurden für ungültig erklärt.
Kernpunkt der Auseinandersetzung
war, ob die unterlassene Wertung der Stimme der Gesellschaft einen formellen Mangel
der Beschlussfassung darstellt. Das Unterlassen kann von dem Kläger, der gegen
die Beschlüsse gestimmt hatte und deren Unwirksamkeit geltend machte, gerügt
werden. Amts- und Landgericht waren allerdings der Ansicht, der Gesellschaft
stünde (qua vorangegangener Beschlussfassung gegen die Stimmen des Klägers und
der Gesellschaft) kein Stimmrecht zu. Dies beurteilte der BGH anders.
In Ermangelung anderweitiger Regelungen
in der Gemeinschaftsordnung stand jedem Miteigentümer eine Stimme zu
(Kopfstimmrecht). Damit kann, worauf der BGH Hinweis, eine nachträgliche
Vermehrung des Stimmrechts eintreten, wenn ein Eigentümer, der mehrere
Einheiten hält, einzelne veräußert. Auch wenn einzelne Einheiten an nahe
Angehörige veräußert würden, hätte der neue Eigentümer ein (neu hinzukommendes)
Stimmrecht.
Danach würde ein neues Stimmrecht
auch dann entstehen, wenn ein Eigentümer eine von mehreren Einheiten auf eine
von ihm beherrschte juristische Person übertrage; nicht zu klären sei hier die
in der Rechtsprechung noch offene Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der
übertragende Eigentümer (anders als hier) noch anteilig Miteigentümer an der
übertragenen Einheit verbleibe. Selbst wenn der Kläger hier die Übertragung
vorgenommen haben sollte, um so ein weiteres Stimmrecht für sich zu generieren,
läge kein Scheingeschäft iSv. § 117 Abs. 1 BGB vor. Die Entstehung des
Stimmrechts setze nur eine wirksame Veräußerung voraus. Die Vermehrung des
Stimmrechts nach Kopfanteilen sei nur Folge und hinzunehmen, auch dann, wenn
der Veräußernde beherrschenden Einfluss auf den Erwerber ausübe.
Die Gesellschaft sei auch nicht
allgemein vom Stimmrecht (unabhängig vom Beschlussgegenstand) ausgeschlossen.
Das Stimmrecht gehöre zum Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts in der WEG. Es
dürfe nur ausnahmsweise in eng begrenzten Fällen begrenzt werden. § 25 Abs. 5
WEG als Sondervorschrift des § 181 BGB sähe daher keinen allgemeinen
Stimmrechtsausschluss vor, sondern beschränke diesen auf Fälle der schwerwiegenden
Interessenskollision. Auch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten könne
allenfalls dazu führen, dass die Stimmabgabe unbeachtlich sei (BGHZ 152, 46,
61ff). Damit käme ein allgemeiner
Stimmrechtsausschluss selbst bei einer konkreten Gefahr der Majorisierung nicht
in Betracht.
Der Einwand der Beklagten, durch
das zusätzliche Stimmrecht erlange der Kläger, der seit Jahren keine
Hausgeldzahlungen leiste und die Gesellschaft würde auch keine leisten, eine
Blockadeposition, würde den Stimmrechtsausschluss auch nicht rechtfertigen;
soweit dies nicht in § 25 Abs. 5 WEG geregelt sei, müssten die übrigen
Wohnungseigentümer die ihnen eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten ergreifen. Ein Wohnungseigentümer, der seinen Zahlungsverpflichtungen
nicht nachkäme, wäre nach § 25 Abs. 5 2. Alt. WEG von der Ausübung des Stimmrechts
ausgeschlossen, soweit es um die Einleitung darauf gerichteter gerichtlicher
Maßnahmen ginge.
Der Minderheitenschutz sei durch das
Prinzip der ordnungsgemäßen Verwaltung gewährleistet (§ 21 Abs. 5 WEG), welches
im Wege der Beschlussmängelklage geltend gemacht werden könne. Majorisierende
Beschlüsse könnten im Hinblick auf Willkür und Rechtsmissbrauch u.ä, einer
ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechen. Auch könne eine Beschlussersetzungsklage
erhoben werden, die dann möglich sei, wenn ein zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlicher
Beschluss verhindert würde.
Die Stimmabgabe der Gesellschaft
sei hier im Hinblick auf die Beschlüsse zur Jahresabrechnung und Verwalterbestellung
auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Dies sei nur anzunehmen, wenn sich die
darin zum Ausdruck kommende Majorisierung als Verstoß gegen die Rücksichtsnahme
auf Interessen der Gemeinschaft und damit gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer
Verwaltung darstelle. Dies erfordere, dass die Stimmrechtsausübung die übrigen
Eigentümer treuwidrig so benachteilige, dass der Ausgang eines gerichtlichen
Verfahrens nicht abgewartet werden könne, was in der Regel nur bei positiven
Stimmabgaben vorläge (z.B. stimmen für einen wegen Vermögensdelikts vorbestraften
Verwalter).
BGH, Urteil vom 14.07.2017 - V ZR 290/16
-