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Samstag, 27. Juni 2020

WEG: Titulierung rückständigen Wohngeldes über die Jahresabrechnung ?


Mit der Klage machte die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen 2016 und 2017 geltend.  In diesen Jahresabrechnungen wurde den Ausgaben, soweit sie auf den beklagten Miteigentümer entfielen, nur die tatsächlich von ihm erbrachten Zahlungen entgegengestellt, nicht die (höheren) Zahlungen, die er nach den für die jeweiligen Jahre geltenden Wirtschaftsplänen hätte zahlen müssen.

Das Landgericht (LG) führte aus, dass die Klage unbegründet gewesen sei, da die WEG sich zur Geltendmachung der Forderung nicht auf die Jahresabrechnungen hätte stützen dürfen. Durch die Jahresabrechnung und sich daraus ergebender Abrechnungsspitzen (die vom Wohnungseigentümer zu zahlen seien) würde nur eine neue Schuld begründet (BGH, Urteil vom 01.12.2012 – V ZR 171/11 -).  Die Klägerin habe eingeräumt, dass die Klageforderung zum überwiegenden Teil aus rückständigen Forderungen aus den Wirtschaftsplänen stamme. Hier aber fehle es der WEG an einer Beschlusskompetenz, durch den Beschluss über die Jahresabrechnung letztlich eine neue Anspruchsgrundlage zu schaffen (BGH aaO.). Damit dürften die Beschlüsse über die Jahresabrechnung bereits nichtig sein; es kam also nicht darauf an, ob der Beklagte die Beschlüsse innerhalb der Anfechtungsfrist angefochten hatte (was wohl nicht geschah).

Der Beklagte hatte nach Zustellung der Klage gezahlt und die klagende WEG hatte die Hauptsache für erledigt erklärt. Danach verwies die Klägerin auf die Wirtschaftspläne und stützte die (in der Hauptsache erledigte) Klage auf diese. Das Landgericht wies die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts, mit der dieses der Klägerin die Kosten auferlegt hatte, zurück. Es verwies darauf, dass es sich bei der Geltendmachung der Forderungen aus den Jahresabrechnungen um eine Klageänderung handele. Es würde sich um unterschiedliche Ansprüche handeln, die ihre Grundlage in verschiedenen Beschlüssen der der WEG fänden und auch bei einem Eigentümerwechsel unterschiedliche Personen treffen könnten. Da die Zahlung vor der Klageänderung erfolgte, sei entspräche es billigen Ermessen, der WEG die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.02.2020 - 2-13 T 9/20 -

Samstag, 4. November 2017

Kein Schadensersatzanspruch eines Wohnungseigentümers gegen einen zahlungssäumigen anderen Wohnungseigentümer

Die Parteien waren Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Der Beklagte entrichtete nicht das von ihm geschuldete Wohngeld. Nach Behauptung des Klägers hatte daher die Gemeinschaft nicht genügend Geld um an die Versorgungsunternehmen für Allgemeinstrom und Wasser Zahlungen zu leisten, die die Lieferung wegen der Zahlungsrückstände schließlich einstellte. Mit der Behauptung, er habe seine Eigentumswohnung vermietet und wegen der Sperrung seien ihm Mieteinnahmen von € 1.300,00 entgangen, begehrte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage ab; auf die Berufung gab das Landgericht ihr statt. Der BGH hat auf die vom Landgericht zugelassene Berufung das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sei hier nach Auffassung des BGH ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 iVm. 286 BGB. Dies würde aber voraussetzen, dass der Beklagte durch die Nichtzahlung des Wohngeldes eine ihm gegenüber dem Kläger obliegende Pflicht verletzt haben müsste. Dies sei, entgegen der Annahme des Landgerichts, nicht der Fall.

Der Kläger selbst habe keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Rückstände gehabt. Die Ansprüche auf Zahlung würden mit den Beschlussfassungen zu dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung begründet. Dieses stünde aber nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu, sondern dem teilrechtsfähigen Verband (§ 10 Abs. 7 S. 1 und 3 WEG). Auch könne der einzelne Wohnungseigentümer nicht nach den Grundsätzen der actio pro socio die Wohngeldansprüche im eigenen Namen geltend machen (BGHZ 111, 148m 152).

Die Nichtzahlung des Wohngeldes durch den Beklagten verletzte auch keine Pflicht des Beklagten aus dem zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis.  Zu den Treuepflichten, die zwischen allen Wohnungseigentümern bestünden, gehöre auch die Pflicht, dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verbindlichkeiten zu verschaffe. Dies beträfe insbesondere die Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan, seine eventuelle Ergänzung (Sonderumlage) und die Jahresabrechnung (BGHZ 163, 154, 175). Um eine Verletzung einer entsprechenden Mitwirkungspflicht im Rahmen der internen Willensbildung des Verbandes würde es hier aber nicht gehen.  Die Beschlüsse wurden gefasst. Der Verband, vertreten durch den Verwalter, habe für deren Einziehung zu sorgen. Demgemäß bestehe auch nur eine Zahlungspflicht gegenüber dem Verband.

Danach aber sei es mit der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Verband und Wohnungseigentümern unvereinbar, wenn die Pflicht zur Zahlung des Wohngeldes als Bestandteil der gegenseitigen Treuepflicht qualifiziert würde und mithin die Nichtzahlung nicht nur eventuelle Schadensersatzansprüche des Verbandes, sondern auch einzelner Wohnungseigentümer zur Folge haben könnte. Alleine das Interesse der anderen Wohnungseigentümer an der (rechtzeitigen) Erfüllung der Wohngeldforderungen würde (die gerade in größeren Wohnungseigentümergemeinschaften unkalkulierbare) Haftungserweiterung nicht  rechtfertigen.

Auch würden vorliegend nicht die Grundsätze der Drittschadensliquidation greifen. Die Drittschadensliquidation solle verhindern, dass der Schädiger einen Vorteil daraus ziehen könnte, dass ein Schaden, der an sich bei dem Vertragspartner eintreten würde, zufällig aufgrund eines mit einem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses bei dem Dritten eintritt.  Dieser Fall läge deshalb nicht vor, da hier bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung von vornherein nur Schadensersatzansprüche des Verbandes, nicht aber einzelner Wohnungseigentümer in Betracht kämen. Erleide ein Wohnungseigentümer wegen der Versorgungssperre einen Schaden und beruhe dieser auf einer unterlassenen oder verspäteten Einforderung des Wohngeldes durch den verband, käme ein Schadensersatzanspruch des geschädigten Wohnungseigentümers gegen den Verband in Betracht (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11 -; BGHZ 202, 375 Rn. 25).  Im übrigen wäre der Verwalter im Falle einer drohenden Deckungslücke gehalten, eine Sonderumlage beschließen zu lassen, § 28 Abs. 2 WEG. Sei kein Verwalter (wie hier) vorhanden, könne jeder Eigentümer gem.  § 21 Abs. 4 WEG eine entsprechende Beschlussfassung erzwingen.


BGH, Urteil vom 10.02.2017 - V ZR 166/16 -