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Dienstag, 1. November 2016

Subsidiäre Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Klägerin ist Sondereigentümerin einer Wohnung  in einer Wohnungseigentumsanlage. An der Fassade der Anlage wurden Arbeiten im Auftrag der WEG durchgeführt, bei denen es zu Schäden in der Wohnung der Klägerin kam. Zur Beseitigung dieser Schäden begehrt die Klägerin von den beklagten Wohnungseigentümern Erstattung ihrer Aufwendungen. Diese negieren einen Anspruch und verwiesen die Klägerin an den Werkunternehmer, dem im Rechtsstreit der Streit verkündet wurde. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass es dem einzelnen Wohnungseigentümer in Ansehung der schuldrechtlichen Sonderverbindung zwischen den Wohnungseigentümern verwehrt sein kann, diese in Anspruch zu nehmen, wenn ein Dritter (hier der Streitverkündete) in Anspruch genommen werden könne. Insoweit verweist das Landgericht auf eine entsprechende Entscheidung des BGH zur Frage, ob bei einer bestehenden Gebäudehaftpflichtversicherung der geschädigte Wohnungseigentümer bei einem versicherten Schaden nicht verpflichtet wäre, anstelle der Gemeinschaft den Versicherer direkt in Anspruch zu nehmen (was bejaht wurde; BGH. Urteil vom 10.06.2006 – V ZR 62/06 -). Bei Inanspruchnahme der Gemeinschaft würde das Verhältnis der Mitglieder belastet; es bestünde auch für den Kläger kein besonderes Interesse, statt des Streitverkündeten die Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen, zumal er im Falle einer entsprechenden Verurteilung den auf ihn entfallenden Betrag gemessen am Miteigentumsanteil selbst zu tragen hätte. Gegen den Streitverkündeten hätte die Klägerin auch nicht nur deliktische sondern auch vertragliche Ansprüche, da sich der Vertrag der Eigentümergemeinschaft mit dem Werkunternehmer als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (den Wohnungseigentümern) darstelle.

Anmerkung: Der Entscheidung ist vom Grundsatz her zuzustimmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme der Gemeinschaft lediglich dazu führen kann, dass dann diese gegen den Werkunternehmer selbst vorgeht um den Anspruch zu generieren. Allerdings wird man Ausnahmen einräumen müssen, so insbesondere dann, wenn z.B. bei Tätigkeit verschiedener Gewerke sich nicht mehr feststellen lässt, welcher Handwerker den Schaden verursachte oder mitverursachte aber feststeht, dass der Schaden bei Arbeiten für die Gemeinschaft entstand, ferner dann, wenn davon auszugehen ist, dass der Werkunternehmer nicht in der Lage sein wird, Schadensersatz zu leisten. In diesen Fällen wäre es nämlich umgekehrt treuwidrig von dem geschädigten Miteigentümer zu verlangen, dass er zunächst Werkunternehmer verklagt, wenn am Schluss ohnehin die Kosten von der Gemeinschaft zu tragen sind.


LG Stuttgart, Urteil vom 01.06.2016 – 10 S 2/16 WEG -