Die Wohnungseigentümergemeinschaft
(WEG) hatte bereits 2009 ein selbständiges Beweisverfahren gegen die beklagte
Bauträgerin (von der sukzessive Eigentumswohnungen seit 2005 in dem 1904
errichteten und sanierten Gebäude Objekt verkauft wurden) wegen Mängeln am
Gemeinschaftseigentum eingeleitet und forderte mit Schreiben ihrer Verwaltung vom
14.04.2011 die Beklagte zur Behebung der insoweit festgestellten Mängel auf. Mit
Schreiben vom 06.07.2011 mahnte sie eine zügigere Tätigkeit an. 2013 erhob die
WEG sodann Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der im
selbständigen Beweisverfahren durch den dort beauftragten Sachverständigen
Mängel. Das Landgericht gab der Klage unter Abweisung der Klage für einzelne
Mängel, statt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Dabei machte sie u.a geltend, dass die
Klägerin mangels Abnahme ihrer Leistungen nicht berechtigt sei, einen
Kostenvorschuss zu fordern. Ferner machte sie geltend, zu bestimmten Arbeiten
(so insbesondere zur Isolierung des Kellers im Altbestand) nicht verpflichtet
zu sein.
Die Berufung der Beklagten blieb
im wesentlichen erfolglos. Insbesondere bejahte das Kammergericht (KG) als
Berufungsgericht einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der
festgestellten Mängel gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.
Die Klägerin sei
aktivlegitimiert. Zwar würde der Anspruch rechtlich den einzelnen Erwerbern
zustehen, die die Verträge mit der Beklagten geschlossen hätten. Allerdings sei
die Klägerin von den Erwerbern zur Geltendmachung im eigenen Namen ermächtigt
worden (sogen. Ansichziehen derartiger Ansprüche betreffend dem Gemeinschaftseigentum
qua Beschluss der Eigentümergemeinschaft).
Es sei der Beklagten auch eine
ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden. Sollte die Werkleistung
nicht abgenommen worden sein, könne sich die Pflicht zur Setzung der
Nacherfüllungsfrist nicht aus § 637 Abs. 1 BGB herleiten lassen, da diese Rechte
dem Besteller nach §§ 734 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB erst nach Abnahme zustünden. Der Besteller könne zwar die in §
634 Nr. 2 bis 4 BGB aufgeführten Mängelrechte auch ohne vorherige Abnahme
geltend machen, was aber erfordere, dass der Erfüllungsanspruch erloschen sei
und sich der Vertrag in einem Abrechnungsverhältnis befände. Dazu käme es, wenn
der Besteller vom Vertrag zurücktritt, die Vergütung mindere, Schadensersatz
statt der Leistung geltend mache oder einen Vorschussanspruch begehre und
zugleich die Leistung des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehne (BGH,
Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 103/15
-). Damit aber setze die Berechtigung des Bestellers, das Vertragsverhältnis in
en Abwicklungsverhältnis umzuwandeln, im Regelfall eine vorherige Nachfristsetzung
voraus, die sich nicht aus den jeweiligen Vorschriften für die Rechtsfolgen
ableiten ließe. Allerdings sei der Besteller aus den allgemeinen Regeln des
Schuldrechts zu dieser vorbereitenden Nachfristsetzung befugt (BGH, Urteil vom
19.01.2017 - VII ZR 193/15 -), die alleine die Fälligkeit der Werkleistung
voraussetzen (§ 281 Abs. 1 BGB bzw. § 323 Abs. 1 BGB). Daraus würde folgen,
dass die entscheidende Hürde für die Geltendmachung von Sekundärrechten wegen Mängeln (mithin nicht: Mängelrechten) nicht die Abnahme, sondern die Fälligkeit der
Werkleistung sei. Die dafür erforderliche Nacherfüllungsfrist sei ausreichend
gesetzt worden.
Zunächst setzt sich das KG damit
auseinander, dass wohl schon nach dem eigenen Vertragswerk der Beklagten die
Abnahme als erfolgt anzusehen sei, auch wenn diese Regelung unwirksam sein
dürfte, da sich die Beklagte als Verwenderin dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) nicht auf deren Unwirksamkeit berufen könne (Anmerkung: Dies gilt nach
der herrschenden Meinung aber nur, wenn auch der Vertragspartner die Regelung
gegen sich gelten lässt). Aber auch für den Fall der Annahme einer
Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung und davon ausgehend, dass damit keine
Abnahme vorläge, würde der Anspruch auf Kostenvorschuss hier bestehen.
Könne der Besteller nicht mehr
die (Nach-) Erfüllung des Vertrages verlangen, würde dies den Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis
überleiten. Die Entstehung des Abrechnungsverhältnisses ohne Abnahme erfordere,
dass der Besteller dem Unternehmer wirksam eine Nacherfüllungsfrist zur
Beseitigung der Mängel gesetzt habe, was möglich sei, wenn nach den allgemeinen
Regeln des Schuldrechts die Werkleistung fällig geworden sei (§§ 281 Abs.1 BGB
bzw. § 325 Abs. 1 BGB). Danach müsse eine Erklärung abgegeben werden, die
rechtsgestaltend das Erfüllungsstadium des Vertrages beende. Wenn der Besteller
nach Fristablauf Rücktritt oder Minderung erkläre oder verlange er
Schadensersatz statt der Leistung, käme dieser Erklärung rechtsgestaltende Wirkung
zu mit der Folge, dass das Erfüllungsstadium des Vertrages ende.
Das Vorschussverlangen habe aber
keine rechtsgestaltende Wirkung; es käme auch nicht § 281 Abs. 1 BGB zur
Anwendung. Es sei also, um die Wirkung herbeizuführen, bei dem
Vorschussverlangen zu erklären, die Leistung des Unternehmers abzulehnen. Da
aber die Erklärung nicht Voraussetzung sei, überhaupt Sekundärrechte geltend zu
machen (die Hürde dafür sei die Fälligkeit), sondern es sich nur um eine
spezielle Voraussetzung für den Vorschussanspruch handele, könne die Erklärung
auch konkludent abgegeben werden.
Diese zumindest konkludente
Erklärung, keinesfalls mehr mit der Klägerin zusammenarbeiten zu wollen, läge
hier vor. Das Landgericht sei davon ausgegangen, dass die Erklärung in dem
erstinstanzlichen Vorbringen läge. Die Partei müsse ihr eigenes Vorbringen
nicht kritischer Hinterfragen als das (erstinstanzliche) Gericht. Selbst wenn
das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Klägerin habe die
Leistungen der Beklagten endgültig abgelehnt, hätte dies die Klägerin im
Berufungsrechtszug nachholen können, was jedenfalls erfolgt sei.
KG, Urteil vom 19.02.2019 - 21 U 40/18 -