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Dienstag, 10. März 2020

Restschuldbefreiung im (Regel-) Insolvenzverfahren: Wer kann Versagung beantragen ?


Der Schuldner A. beantragte im Juni 2015 das im Juli 2015 eröffnete (Regel-) Insolvenzverfahren über sein Vermögen. Er beantragte die Restschuldbefreiung. In dem von ihm erstellten Gläubigerverzeichnis führte er die beteiligte S. nicht auf, die auch ihre Forderung nicht zur Insolvenztabelle anmeldete.  Nach dem Schlusstermin vom 08.06.2016 wurde das Insolvenzverfahren am 12.07.2016 aufgehoben. Die S. beantragte mit Schreiben vom 29.11.2017, dem Schuldner A. die Restschuldbefreiung zu versagen, §§ 297a, 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO, wobei sie zur Begründung ausführte, sie habe aus dem Jahr 2010 offene Steuerforderungen in Höhe von € 2.400,00 und auf ihren Antrag habe der Schuldner in 2015 die Vermögensauskunft nach § 802s ZPO abgegeben. Er habe die Benennung der S. als beteiligte des Insolvenzverfahren vorsätzlich, jedenfalls grob fahrlässig verschwiegen, wobei sie erst in 2017 von dem Insolvenzverfahren erfahren habe.

Der Antrag der Gläubigerin wurde vom Insolvenzgericht zurückgewiesen, ebenso wie die dagegen von ihr erhobene Beschwerde vom Beschwerdegericht. Auch auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin half dem der BGH nicht ab.

Der BGH folgte der Ansicht der Vorgerichte, dass den Antrag, die Restschuldbefreiung nach § 297a InsO zu versagen, wenn sich nach dem Schlusstermin herausstelle, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO vorliegt, nur Insolvenzgläubiger beantragen könnten, die durch rechtzeitige Anmeldung ihrer Forderung am Insolvenzverfahren beteiligt sind.

Das Gesetz stelle nah dem Wortlaut der seit 01.07.2014 geltenden Gesetzesänderung, mit der die Rechte der Gläubiger gestärkt werden sollten,  Fassung des § 297a InsO darauf ab, dass es sich um einen Insolvenzgläubiger handele, wobei der Begriff des Insolvenzgläubigers nicht die Anmeldung der Forderung zur Tabelle voraussetze, sondern lediglich, dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Vermögensanspruch gegen den Schuldner bestünde (§ 38 InsO). Die Gesetzessänderung habe bewirkt, dass der Versagungsantrag auch schon vor dem Schlusstermin gestellt werden könne, aber auch dann nach dem Schlusstermin, wenn sich erst nach diesem herausstelle, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO vorgelegen habe. Nach der Neuregelung des § 290 Abs. 1 InsO seien aber nur Gläubiger antragsberechtigt, die ihre Forderung zur Tabelle angemeldet hätten. Nach der Gesetzesbegründung soll die Grundnorm des § 290 Abs. 1 InsO auch für die weiteren Versagungs- und Widerrufsnormen der §§ 296, 297, 297a  und 303 InsO gelten. Diese Entstehungsgeschichte, die auf der bisherigen Rechtsprechung zur alten Gesetzesfassung basiere, müsste beachtet werden (entgegen AG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2017 - 68g IK 757/15 -).  

Insolvenzgläubiger, die wie die S. nicht in dem vom Schuldner errichteten und eingereichten Insolvenzverzeichnis aufgelistet seien, seien allerdings nicht schutzlos. Sie könnten durch öffentliche Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses Kenntnis erlangen. Erführen sie von dem Insolvenzverfahren erst zu einem Zeitpunkt,  zu dem eine Forderungsanmeldung nicht mehr möglich sei, könnten sie versuchen, einen anderen Gläubiger, dessen Forderung rechtzeitig angemeldet wurde, dazu zu bewegen, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen. Gelinge dies nicht, bliebe ihnen die Möglichkeit bei Vorliegend er Voraussetzungen den Schuldner auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen (vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom ß7.05.2015 - 4 W 9/15 -; BGH, Beschluss vom 09.10.2008 - IX ZB 16/08 -); die Leistungsklage kann nach Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens erhoben werden (OLG Saarbrücken aaO.).

BGH, Beschluss vom 13.02.2020 - IX ZB 55/18 -

Freitag, 6. April 2018

WEG: Zur Pflicht des Verwalters zur Anmeldung von (bevorrechtigten) Hausgeldansprüchen im Zwangsversteigerungsverfahren


Die Klägerin ist eine (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte deren ehemaliger Verwalter. Einer der Miteigentümer war die Bauträgerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und deren Einheiten im Rahmen eines von einem Dritten betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens beschlagnahmt wurden. In der Eigentümerversammlung vom 31.05.2008 gab die Beklagte Informationen über den Stand des Zwangsversteigerungsverfahrens und wies darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft ihre Forderungen anmelden müsse. Der Versteigerungstermin wurde bekanntgegeben. Am 13.08.2008 erfolgte der Zuschlag; eine Anmeldung der offenen Hausgeldforderungen war nicht erfolgt.

Die Beklagte wurde vom Amtsgericht auf Schadensersatz bezüglich der offenen Hausgelder der Bauträgerin für die Jahre 2006 und 2007 verurteilt. Im Hinblick auf den Ersatz der Hausgeldforderungen für 2005 in Höhe von € 994,08 hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der klagenden (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision derselben hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an dieses zurück.

Das Landgericht negierte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin, da es der Beklagten als Verwalterin nicht oblegen habe, die Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen- § 27 WEG sähe eine solche Pflicht nicht vor. Dem folgt der BGH nicht, der den Verwalter als verpflichtet ansieht, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 WEG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft  im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden, auch wenn § 27 Abs. 1 WEG insoweit keine ausdrückliche Regelung träfe. Dies folge daraus, dass der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG berechtigt und verpflichtet sei, Lasten- und Kostenbeiträge anzufordern. Die entsprechende Verwaltervollmacht ergäbe sich aus § 27 Ans. 3 S. 1 Nr. 4 WEG. Dafür spräche auch, dass die Durchsetzung mit geringen Aufwand verbunden ist, da die Anmeldung in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden sei und es eines Titels nicht bedürfe. Die Anmeldung sei auch nicht mit wirtschaftlichen Risiken verbunden; weder würden Gebühren anfallen noch Vorschüsse gefordert. Da die Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen (also insbesondere auch von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten) vorgehen würden, würde der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Die Zuordnung der Anmeldung zu den Pflichten des Verwalters  sei auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens geboten, da nur die rechtzeitige Anmeldung die Aufnahme der nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen, aber nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldforderungen in das geringste Gebot aufgenommen (§ 45 Abs. 1 ZVG) und bei der Erlösverteilung berücksichtigt werden könnten (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZVG). Damit müsste die Forderung spätestens im Versteigerungstermin vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet werden, da danach ein Rangverlust eintrete (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG). Eine vorherige Beschlussfassung durch eine eigens einzuberufende Eigentümerversammlung könnte die rechtzeitige Geltendmachung gefährden und wäre auch gegenüber dem geringen Aufwand der Anmeldung kostenmäßig außer Verhältnis stehen.

Käme im Einzelfall in Betracht, dass die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 ZVG für einen eigenen Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen, sei allerdings der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer darüber zu informieren und eine Abstimmung über das Vorgehen bzw. die Einholung eines Rechtsrates herbeizuführen.

Diesen Vorgaben habe die Beklagte hier nicht mit ihren Informationen auf der Eigentümerversammlung genügt. Sie hätten nicht die rechtzeitige Anmeldung ersetzen können.

Trotz dieser von der beklagten ehemaligen Verwaltung zu vertretenen Mängel  sei aber vorliegend nicht gesichert, dass tatsächlich der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ein Schaden entstanden sei. Voraussetzung wäre, dass der Bauträger auch Schuldner der Wohngelder war. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wäre der Bauträger nicht mehr Hausgeldschuldner gewesen, wenn ein Erwerber der Einheiten zwischenzeitlich die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt haben sollte. Ab diesem Zeitpunkt würde nur der Erwerber die Hausgelder schulden. Ein dingliches Vorrecht bestünde hier, so der BGH, nicht. Die Aufhebung und Zurückverweisung erfolgte, da das Landgericht offen gelassen hatte, ob der Erwerber in 2005 werdender Wohnungseigentümer war. Dies setze die vom Landgericht zu prüfende Feststellung voraus, dass mit dem Erwerber ein wirksamer, auf Übereignung gerichteter Erwerbsvertrag geschlossen wurde und der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert worden sei sowie der Besitz der Wohnung auf den Erwerber übergegangen sei. Wenn noch der Bauträger Hausgeldschuldner sei, wäre zu klären, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wenn dies (wie hier) vor der Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgt sei. Denn in diesem Fall sei unter Beschlagnahme iSv. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG die Insolvenzeröffnung zu verstehen. Der Zeitpunkt ist entscheidend zur Feststellung, ob die Forderung noch unter das Vorrecht falle (bevorrechtigt sind die rückständigen Beiträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und zwei Jahre zuvor).

BGH, Versäumnisurteil vom 08.12.2017 - V ZR 82/17 -