Die kinderlosen Eheleute hatten
ein gemeinschaftliches Testament ohne Bestimmung eines Schlusserbens. Nach dem
Tot des Ehemanns der Erblasserin wurden zwei Entwürfe notarieller Testamente
der Erblasserin zugunsten der Beteiligten zu 1. Als Alleinerbin erstellt. Nach
dem Ableben der Erblasserin legte diese die Entwürfe sowie einen undatierten,
quadratischen und nur wenige Zentimeter messenden Notizzettel dem Nachlassgericht
vor und beantragte für sich einen Erbschein.
Auf dem Zettel, mit vollständiger Unterschrift
der Erblasserin, stand:
„Wenn sich für
mich … einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der
bekommt mein Haus und alles was ich habe.“
Das Nachlassgericht wies den
Erbscheinantrag zurück. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass dies deswegen
keine letztwillige Verfügung sei, da der erbe nicht namentlich benannt sei. Das
Amtsgericht, welcher der dagegen eingelegten Beschwerde nicht abhalf, legte den
Vorgang dem OLG vor, welches die Beschwerde als unbegründet zurückwies.
Das OLG ließ es, ebenso wie das Nachlassgericht,
dahinstehen, ob der Notizzettel überhaupt eigenhändig von der Erblasserin beschrieben
wurde, da dies hier dem Schriftstück auch nicht zur Wirksamkeit als Testament
verholfen hätte.
Grundsätzlich würde der hier
verwandte beschriebene Zettel die formellen Voraussetzungen des § 2247 BGB erfüllen
können (OLG Schleswig, Beschluss vom 16.07.2015 - 3 Wx 53/15 -).
Die fehlende Angabe des Ortes, an
dem das Schriftstück erstellt wurde wäre in Ansehung des Umstandes, dass dies
in § 2247 Abs. 2 BGB nur als Sollbestimmung vorgesehen ist, grundsätzlich unschädlich,
es sei denn, wenn sich gerade daraus Zweifel an der Gültigkeit ergäben, § 2247
Abs. 5 S. 2 BGB (so diskutiert bei Erstellung eines Testaments im Ausland, OLG Schleswig aaO.).
Auch wenn die Angabe von Tag, Monat
und Jahr der Errichtung des Testaments nur als Sollbestimmung in § 2247 Abs. 2
BGB aufgenommen ist, sei hier durch das Fehlen der Angabe bereits die
Ungültigkeit eines eventuell in dem Notizzettel liegenden Testaments zu sehen. Es
könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zeitlich vor dem
gemeinschaftlichen Testament der Eheleute vom 28.01.2001 geschrieben wurde. Ein
evtl. in dem Notizzettel zu sehendes Testament ließe sich nach § 2247 Abs. 5 S.
1 BGB deshalb nur dann als gültiges Testament ansehen, wenn sich der Zeitpunkt
über die Errichtung anderweitig feststellen ließe; der Errichtungszeitpunkt sei
erforderlich, wenn mehrere Testamente existieren und deren Gültigkeit von dem
jeweiligen Zeitpunkt der Errichtung (wie hier) abhängen. Zwar könne die
Formulierung „mein Haus“ ein Indiz für die Errichtung nach dem Ableben des
Ehemannes sein, wenn zuvor beide Eigentümer des Hauses gewesen sein sollten; allerdings
könne die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung noch Alleineigentümerin
gewesen sein oder mit der Formulierung gar nicht die Eigentumsstellung im
dinglichen Sinne wiederspiegeln sollte. Wenn damit möglich wäre, dass die
Erblasserin den Notizzettel schrieb, bevor das gemeinschaftliche Testament errichtet
wurde (nach dem der Ehemann der Erblasserin ihr Alleinerbe werden sollte) wäre
mit dem gemeinschaftlichen Testament konkludent das vorherige Testament
widerrufen worden.
Zudem würde vorliegend nicht
zweifelsfrei feststehen, dass die Erblasserin den Notizzettel mit Testierwillen
verfasst habe. Zwar könne der letzte Wille, eigenhändig geschrieben und unterschrieben,
in einem Brief oder auf einem Notizzettel verfasst werden, ohne dass nach der
äußeren Form dies eindeutig als Testament erkannt werden müsse. Auch wenn so
den Voraussetzungen des § 2247 BGB genüge getan ist, wäre doch die Feststellung
eines entsprechenden Testierwillens erforderlich, der als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal
aus § 2247 Abs. 3 S. 2 BGB abzuleiten sei. Es müsse mithin zweifelsfrei feststehen, dass
die Erblasserin die Urkunde als letztwillige Verfügung ansah oder zumindest das
Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament und nicht bloß als einen
Entwurf, eine Ankündigung oder ähnliches darstellen. Die entsprechende Feststellung
des Testierwillens habe im Wege der Auslegung nach § 133 BGB unter
Berücksichtigung aller Umstände, auch außerhalb der Urkunde, zu erfolgen. Entspricht
das Schriftstück nicht üblichen Gepflogenheiten für Testamente, seien strenge
Anforderungen zu stellen und wäre § 2084 BGB (wonach im Zweifel diejenige
Auslegung vorzuziehen ist, bei der die Verfügung Erfolg haben kann) nicht
anwendbar (hier bezieht sich das OLG auf eine ständige Rechtsprechung, so z.B.
OLG Schleswig aaO.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.07.2014 - 3 Wx 95/13 -). Damit
aber würden Zweifel daran verbleiben, ob hier mit Testierwillen gehandelt
wurde. So sei zu beachten, dass die Erblasserin aufgrund des gemeinschaftlichen
Testaments (wenn dieses vorher verfasst wurde) die übliche Gepflogenheit beim
Abfassen eines privatschriftlichen Testaments gekannt habe (Anmerkung: Diese Annahme
des OLG ist zweifelhaft, da alleine durch den einmaligen Gebrauch, bei dem
nicht ersichtlich ist, dass er auf die Erblasserin zurückgeht, wissen kann,
dass dies eine „übliche Gepflogenheit ist). Zudem würde die Formulierung auf
dem Notizzettel, dass derjenige „der auf mich aufpasst und nicht ins Heim schickt“
das Haus „bekommen“ solle, ließe die Interpretation zu, dass dies auch schon zu
Lebzeiten erfolgen soll, nicht erst nach dem Tod (das Wort „erben“) sei nicht enthalten.
Auch die notariellen Testamentsentwürfe würden Zweifel am Vorliegen des
Testierwillens begründen, da danach die Erblasserin wohl kurz vor ihrem Tod notarielle
testieren wollte, was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn sie zuvor den
Notizzettel mit Testierwillen verfasst habe. Auch die Angabe der Beteiligten zu
1. unterstellt, die Erblasserin habe ihr erklärt, sie als Erbin einzusetzen, trage
nicht, da eine mündliche Äußerung zur wirksamen Erbeinsetzung nicht ausreiche
und in dem Dokument keinen Widerhall fände.
Darüber hinaus wäre eine eventuelle
letztwillige Verfügung auf dem Notizzettel unbestimmt und daher nichtig. Der
Erblasser müsse sich über den Inhalt aller wesentlichen Teile seines letzten
Willens selbst schlüssig sein, § 2065 BGB. Dazu gehöre die Bestimmung der
Person, die bedacht werden soll. Dies müsse nicht namentlich erfolgen müsse und
ausreichend sei, dass die Person anhand des Inhalts und ggf. außerhalb der
Urkunde liegender Umstände erst zuverlässig festgestellt werden könne. Die Bestimmung
sei aber so im Testament aufzunehmen, dass jede Willkür eines Dritten
ausgeschlossen sei (Bay ObLG, Beschluss vom 23.05.2001 - IZ BR 10/01 -). Der
Erblasser könne nicht die Bestimmung, sondern nur die Bezeichnung der Person
einem Dritten überlassen (BGH, Urteil vom 18.11.1954 - IV ZR 142/54 -). Es sei
eine Auslegung nach § 2084 BGB vorzunehmen; bleibe der Wortlaut der
letztwilligen Verfügung aber so unklar, dass eine Auslegung ergebnislos
verlaufe, sei die Verfügung nichtig. Nach der hier verwandten Formulierung „aufpassen“
und nicht ins Heim „gesteckt“ werden, sei wohl die Ermöglichung eines Lebens
außerhalb eines Heimes gemeint. Damit ergäbe sich ein breites Spektrum: Der
Nachbar, der klingelt und nachfragt, wenn er die Erblasserin einige Zeit nicht wie
gewohnt sieht, Personen, die der Erblasserin bei Schriftverkehr und in
finanziellen Angelegenheiten oder bei der körperlichen Pflege helfen. Die Hilfe
könne gelegentlich, regelmäßig oder ständig erfolgen, auch durch mehrere
Personen mit unterschiedlich hohem Anteil. Damit sei der Begriff „aufpassen“
für eine Bestimmung der Person des Bedachten nicht auslegungsfähig. Anders wäre
es, wenn sich die Formulierung auf eine einzige Pflegekraft bezöge, die der
pflegebedürftige Erblasser selbst bestimmt, aber namentlich im Testament nicht
nennt.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.03.2019 - 1 W 42/17 -