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Donnerstag, 18. Juli 2019

Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums: Kein Kostenerstattungsanspruch bei eigenmächtiger Vornahme


In der Teilungserklärung (TE) der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) war geregelt, dass die Wohnungseigentümer für Instandhaltung und Instandsetzung ihrer Wohnung sowie der dem Sondereigentum zugeordneten Sondernutzungsbereiche einschl. der darin befindlichen Anlagen und Ausstattungen (auch wenn sie im gemeinschaftlichen Eigentum stehen) auf eigene Kosten verpflichtet sind. Umfasst sind danach auch „die Fenster einschließlich der rahmen, der Verglasung und der Beschläge, jedoch ausschließlich des Farbanstrichs der Außenseite der Fenster und Wohnungsabschlusstüren“. Nachdem bereits einige Wohnungseigentümer ihre Wohnungen mit modernen Kunstoffenster ausstatteten, ließ der Kläger 2005 die einfach verglasten Holzfenster aus 1972 durch Kunststofffenster mit Dreifachisolierverglasung ersetzen. Bis zur Entscheidung des BGH vom 02.03.2012 - V ZR 174/11 - gingen die die Wohnungseigentümer davon aus, dass nach der Regelung in der TE davon aus, dass eine notwendige Erneuerung der Fenster auch ihnen obliege.

Der Kläger, der für die Erneuerung € 5.524,78 aufwandte, verlangte von der WEG einen Wertersatz in Höhe von € 5.500,00. Klage und Berufung blieben erfolglos; die zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Richtig sei, dass (siehe Urteil vom 02.03.2012) die vollständige Erneuerung der Fenster im Bereich des Sondereigentums eine gemeinschaftliche Aufgabe der WEG sei, da sie zwingend im Gemeinschaftseigentum stünden (§ 5 Abs. 2 WEG) weshalb nach der zwingendne Kompetenzzuweisung die WEG für deren Austausch zuständig sei (§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG bzw. § 22 WEG) und die Kosten zu tragen habe (§ 16 WEG). Nur bei einer klaren und eindeutigen Regelung der Wohnungseigentümer in einer Vereinbarung (Teilungserklärung) könne davon abgewichen werden. Da vorliegend der Außenanstrich der Fenster im Bereich des Sondereigentums von der dem Wohnungseigentümer auferlegten Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht ausgeschlossen, sei damit auch die vollständige Erneuerung der Fenster nicht erfasst.

Ein Erstattungsanspruch des Klägers käme nur nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 687 Abs. 1 BGB) oder aus Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) in Betracht. Diese Vorschriften würden aber hier nicht greifen (BGH, Urteil vom 25.09.2015 - V ZR 246/14 -). Die Eigentümer hätten einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG), wozu nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG insbes. die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gehöre. Diesbezüglich hätten die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer, weshalb sie Kosten und Nutzen abwägen könnten und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückstellen könnten (zuletzt BGH, Urteil vom 04.05.2018 - V ZR 203/17 -). Da dies bei der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Bereicherungsrecht keinen Niederschlag fände, würden diese Normen der spezielleren Norm nachgehen. Das würde auch dann gelten, wenn die WEG die vom Eigentümer durchgeführten Maßnahmen ohnehin hätte vornehmen müssen.

Zwar habe der Senat im Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14 – (BGHZ 207, 40) noch entschieden, dass ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch bei einer Ermessensreduzierung auf Null bestünde. Diese Ansicht würde nicht aufrechterhalten.

Gegen diese Ansicht würden bereits Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten sprechen. Es würde voraussetzen, dass nur eine ganz bestimmte Maßnahme und ein sofortiges Vorgehen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Diese Voraussetzungen würden nur selten vorliegen und im Nachhinein, nach der Reparatur, nur schwer oder mit großen Aufwand feststellbar sein.  Aber auch bei einer Ermessensreduzierung auf Null bliebe ein Gestaltungsspielraum, z.B. ob die Maßnahme isoliert oder zusammen mit anderen Arbeiten durchgeführt werden soll, weshalb die Gemeinschaft auch über zwingend erforderliche und keinen Aufschub duldende Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten einen Beschluss fassen müssten.

Vorliegend sei die besondere Situation zu beachten, dass die Eigentümer davon ausgingen, dass sie selbst die Maßnahme vornehmen und finanzieren müssten, da in diesem Fall (und der Kläger will die Maßnahme auch mit der Verwaltung abgesprochen haben) keine Veranlassung besteht, einen Beschluss der Gemeinschaft herbeizuführen.

Der teilweise in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht, dass in diesem Fall ein Ausgleichsanspruch bestünde, folgt der BGH allerdings nicht. Nicht nur sei es schwierig, irrtümliches Handeln von eigenmächtigem Vorgehen abzugrenzen. Ein Ausgleich in diesen Fällen würde auch den schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümern zuwider laufen. Zwar müssten sie damit rechnen, dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums zu unvorhergesehenen Ausgaben kommt; sie müssten aber ihre Finanzplanung nicht darauf einrichten, dass sie im Nachhinein für abgeschlossene Maßnahmen, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten, herangezogen würden, wobei auch Schwierigkeiten bei einem zwischenzeitlichen Verkauf einer Wohnung auftreten könnten (da derartige Kosten für Käufer und Verkäufer nicht kalkulierbar wären).  

BGH, Urteil vom 14.06.2019 - V ZR 254/17 -

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Zu den Rechten der WEG zur Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum gegen Fremdnutzer

Hintergrund des Rechtstreits war der Beschluss einer Eigentümerversammlung, Balkone zu sanieren; gleichzeitig wurde die Verwaltung ermächtigt, gerichtlich gegen Eigentümer vorzugehen, die die Sanierung verweigern oder sonstwie behindern. Die Beklagten, die Nießbraucher einer Eigentumswohnung sind, verweigerten die Vornahme von Maßnahmen auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon. Daraufhin hat der Verwalter für die WEG Klage auf Duldung der näher bezeichneten Sanierungsarbeiten und Zutritt zur Wohnung zum Zwecke der Durchführung der Arbeiten in entsprechender Anwendung des § 14 Nr. 4 WEG erhoben.

§ 14 Nr. 4 WEG verpflichtet den Wohnungseigentümer auf Duldung des Zutritts zu seinem Sonder- oder Teileigentum, wenn dies zu Zwecken der Instandhaltung oder Instandsetzung erfolgt. Damit wäre der Klage stattzugeben gewesen wenn sich ein Eigentümer dem Verlangen widersetzt hätte. Das Verhalten der Beklagten als Fremdnutzer (wenn auch Nießbraucher) konnte aber nicht durch § 14 WEG tangiert werden, da es sich gerade bei dem Fremdnutzer nicht um einen Eigentümer handelt und die Regelung sich ausschließlich an Eigentümer wendet und nicht auf Fremdnutzer entsprechend übertragen werden kann. Auch wenn gerade der Nießbraucher teilweise in dingliche Rechtspositionen des Eigentümers einrückt, wird  er doch nicht Teil des WEG-Verbandes, auf den sich einzig § 14 WEG bezieht. Eine planwidrige Regelungslücke wird vom BGH hier auch nicht gesehen, die eventuell eine Analogie zulassen könnte. Gegebenenfalls wäre hier Grundlage § 1004 BGB 8wozu der Senat neigt, es hier aber offen lässt); vorliegend greife dies deshalb nicht, da nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer nur nach § 14 WEG gegen Eigentümer vorgegangen werden sollte, nicht aber  nah § 1004 BGB. Eine Umdeutung war auch nicht möglich, da es sich bei dem Anspruch nach § 1004 BGB um einen Individualanspruch handelt, den die Gemeinschaft zunächst durch Ansichziehen vergemeinschaften müsste, ehe er ausgeübt werden könnte.

Das bedeutet mithin, dass bei Beschlüssen zu Instandhaltungen pp. stets auch darauf zu achten ist, dass der Verwalter die Durchführung auch gegenüber Fremdbesitzern durchsetzen kann, was bedeutet, dass jedenfalls die Rechte nach § 1004 BGB hier von der Gemeinschaft an sich gezogen werden müssten mit dem Auftrag an den Verwalter, diese Rechte gegen sich widersetzende Fremdnutzer durchzusetzen.


BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 194/14 -