Die Antragsgegnerin (Klägerin im
Ausgangsverfahren) hatte gegen die Antragstellerin (Beklagte im Ausgangsverfahren)
vor dem Verwaltungsgericht (VG) Klage erhoben, mit der sie sich gegen eine
Anordnung zur Rücknahme und Rückerstattung von Corona-Überbrückungshilfe IV wandte
und zugleich eine endgültige Gewährung einer Überbrückungshilfe IV von insgesamt
€ 248.183,85 für die Monate Januar bis März 2022 begehrte (gerichtliches Aktenzeichen:
W 8 K 22.1922). Nunmehr nahm die vormalige Klägerin die Klägerin die Klage
gegen die Anordnung zur Rücknahme und Rückerstattung in Höhe von € 45.980,51
und auf Gewährung in Höhe von € 170.072,43 zurück. Nach dieser teilweisen Rücknahme der Anträge
trennte das VG den Teil, der sich auf die zurückgenommenen Beträge bezog, ab
und führte es unter neuem Aktenzeichen W 8 K 23.1043 weiter, um mit dem
gleichen Beschluss dieses Verfahren einzustellen und stellte gleichzeitig
dieses Verfahren ein, wobei es der Antragsgegnerin (Klägerin) die Kosten
diesbezüglich auferlegte; der Streitwert für dieses abgetrennte Verfahren wurde
auf € 170.072,43 festgesetzt. Für das noch anhängige Verfahren setzte das VG
den Streitwert vor der Abtrennung auf € 248.183,85 und nach der Abtrennung auf
vorläufig auf € 78.711,42 fest. Die Klage zu W 8 K 22.1922 wurde abgewiesen und
die Kosten der Antragsgegnerin (Klägerin) auferlegt.
Die Antragstellerin als Beklagte beantragte
die Kostenfestsetzung, § 164 VwGO. Nach Zustellung des
Kostenfestsetzungsbeschlusses beantragte die Antragstellerin gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluss die gerichtliche Entscheidung, §§ 165, 151 VwGO. Die
Antragstellerin wandte sich mit ihrer Erinnerung gegen die Höhe der
Verfahrensgebühr eine Kürzung der Post- und Telekommunikationspauschale. Der Erinnerung wurde nicht abgeholfen und dem
VG zur Entscheidung vorgelegt. Das VG sah die Erinnerung nur teilweise als
begründet an.
a) Bei der Bemessung der Verfahrensgebühr
nach § 2 Abs. 2 RVG iVm. Nr. 3100 VV RVG hatte der Urkundsbeamte nicht den
Gesamtstreitwert von € 248.183,35 zugrunde gelegt, wie von der Antragstellerin
beantragt. Das VG verwies darauf, dass der festgesetzte Streitwert als der für
die Gerichtsgebühren maßgebende Wert nach § 32 Abs. 1 RVG auch als Grundlage
für die Berechnung der Rechtsanwaltsvergütung maßgebend sei. Zwar sei die
1,3-fache Verfahrensgebühr aus dem Gesamtstreitwert von € 248.183,35 mit dem
Betreiben des Geschäfts durch den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin
mit Einreichung der gegen den Bescheid gerichteten Anfechtungsklage entstanden.
Diese könne aber nur im Verhältnis des Anteils des nach Trennung des Verfahrens
entstandenen Einzelstreitwerts geltend gemacht werden (78.111,42 EUR x 100 :
248.183,35 = 31,5% von 3.227,90 EUR = 1.016,79 EUR). Die durch die Verfahrenstrennung
aus den jeweiligen geringeren Einzelstreitwerten angefallenen Gebühren aus den
jeweiligen geringeren Einzelstreitwerten würden nur dann erneut anfallen, wenn eine
Verfahrensgebühr vor der Verfahrenstrennung bereits anteilig aus dem
Gesamtstreitwert erwachsen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2009 - 9 KSt 10/09
-) und in dem Verfahren auch nach der Abtrennung die Voraussetzungen für das
Entstehen einer Gebühr gesondert erfüllt sei. Das sei hier der Fall, da dieses
Verfahren – anders als das abgetrennte und beendete Verfahren – nach der
Abtrennung weiterbetrieben worden sei und erst durch Urteil beendet worden sei.
§ 15 Abs. 2 S. 1 RVG würde dem
nicht entgegenstehen; gehindert sei lediglich eine kumulative Forderung von
anteiliger Gesamtgebühr und Einzelgebühr. Dies führe dazu, dass auf die nach
der Verfahrenstrennung entstandene 1,3-fache Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert
von € 78.111.42 (€ 1.907,10 zzgl. Mehrwertsteuer) der auf das Verfahren entfallende
Anteil am Gesamtstreitwert (€ 1.016,79) wiederum mindern anzusetzen sei. Die
ursprünglich entstandene Gebühr aus dem anteiligen Streitwert würde mithin
durch die Verfahrenstrennung wirkungslos (BayVGH, Beschluss vom 08.08.2017 – 14
C 17.559 -).
Es ergäbe sich hier ein Wahlrecht
des Prozessbevollmächtigten. Er könne die Festsetzung der Verfahrensgebühr aus
dem anteiligen Gesamtstreitwert fordern oder aber die Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert
nach der Verfahrenstrennung (BayVGH aaO.). Vorliegend habe der Urkundsbeamte im
Kostenfestsetzungsbeschluss die Verfahrensgebühr – in Ansehung des Hinweises
des Bevollmächtigten auf die Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH Rechnung
tragend – den im Vergleich zu dem anteiligen Gesamtstreitwert höheren
Einzelstreitwert der Berechnung der Gebühr zugrunde gelegt.
Es sei mithin bei der Berechnung
der Gebühren nicht der ursprüngliche Gesamtstreitwert vor der Abtrennung
zugrunde zu legen gewesen, sondern lediglich der anteilige Gesamtstreitwert,
der von der gerichtlichen Entscheidung in dieser Sache auch umfasst gewesen
sei. Andernfalls würde dies dazu führen, dass die Streitwerte der abgetrennten
Verfahren doppelt berücksichtigt würden (VG Bayreuth, Beschluss vom 24.03.2021 -
B 1 M 20.74 -).
b) Die Pauschale für Entgelte
für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG sei
allerdings entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten in voller Höhe von €
20,00 (20% der Gebühren, maximal € 20,00) ungekürzt anzusetzen.
Lägen mehrere Angelegenheiten
vor, so könne in jeder Angelegenheit die Pauschale gefordert werden. Durch die
Trennung seien zwei selbständige Verfahren entstanden (BayVGH aaO.). Es handele sich damit nicht iSv. Nr. 7002 Abs.
1 VV RVG nicht mehr um „dieselbe Angelegenheit“. Von daher könne in jedem der
zwei Verfahren die Pauschale geltend gemacht werden, vorliegend die ungekürzte
Pauschale.
Anmerkung: Das VG benennt einmal
als Gesamtstreitwert € 248.183,85, dann in den Gründen bei der Berechnung €
249.183,35.
VG Würzburg, Beschluss vom
20.06.2024 - W 8 M 24.374 -