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Mittwoch, 24. Juli 2024

Ordnungsgeld: Beschwer des Antragstellers bei stattgebenden Ordnungsgeldbeschluss

Der Schuldnerin war durch rechtskräftiges Urteil untersagt worden, mit einer bestimmten Aussage zu werben oder werben zu lassen. Nachdem bereits wegen zwei Verstößen Ordnungsgelder auf Antrag der Gläubiger gegen die Schuldnerin (über je € 5.000,00) festgesetzt waren, beantragten die Gläubiger wegen eines weiteren Verstoßes neuer die Festsetzung eines „empfindlichen Ordnungsgeldes“, welches aber weder im Antrag noch in der Begründung als Mindestgröße oder in einer Größenordnung beziffert wurde. Im Rahmen einer Stellungnehme vom 12.01.2023 zu einem Schriftsatz der Schuldnerin führten die Gläubiger aus, dass tatsächlich schon zwei Ordnungsmittelbeschlüsse gegen die Schuldnerin existieren à € 5.000,00, zusammen € 10.000,00  existieren würden, gleichwohl die Schuldnerin in „dreister Weise“ die zu unterlassene Handlung widerholt habe und deshalb ein deutliches empfindlicheres Ordnungsgeld festgesetzt werden müsse. Das Landgericht setzte ein Ordnungsgeld von € 1.000,00 fest. Die dagegen von der Gläubigerin eingelegte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Das OLG hatte eine fehlende Beschwer der Gläubigerin angenommen. An der Beschwer würde es ermangeln, wenn weder im Ordnungsgeldantrag noch in dessen Gründen ein konkreter Betrag noch eine ungefähre Größenordnung benannt würde und das Gericht das Ordnungsgeld nach seinem Ermessen festgesetzt habe. Die Beschwer (die nach bis zur Entscheidung über ein Rechtsmittel vorliegen müsse) verlange, dass mit der angefochtenen Entscheidung von einem Antrag der antragstellenden Partei zu ihrem Nachteil abgewichen sei. Bei Ordnungsgeld würde die überwiegende Rechtsprechung  und Literatur (der BGH hat die Frage ausdrücklich bisher offen gelassen) davon ausgehen, dass auch bei Nichtbenennung eines bestimmten Betrages oder einer Größenordnung eine Beschwer vorliegen könne, wenn das Gericht das Ordnungsmittel unter Berücksichtigung der vom Gläubiger benannten Umstände ersichtlich zu niedrig bemessen habe. Die Gegenansicht verlange die Darlegung des Betrages bzw. der Größenordnung durch den Antragsteller. Dieser vom OLG vertretenen Gegenansicht folgts auch der BGH.

Dabei verwies der BGH auf den doppelten Zweck des Ordnungsmittels gem. § 890 Abs. 1 ZPO: Zum einen als zivilrechtliche Beugemaßnahme präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen, zum Anderen repressiv als eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung eines gerichtlichen Verbots. Damit sei das Ordnungsmittel mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten festzusetzen. Die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft sowie die Höhe des Ordnungsmittels stünden im Ermessen des Gerichts. Zwar diene das Ordnungsgeld auch der effektiven Durchsetzung der Rechte des Gläubigers, würde aber nicht zu seinen Gunsten festgesetzt, sondern gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 JBeitrO zu Gunsten der Staatskasse beigetrieben. Von daher bedürfe die Beschwer hier einer besonderen Begründung. Beziffere der Gläubiger seinen Ordnungsgeldantrag nicht bzw. benenne er keine Größenordnung, lege er die Sanktionierung vollständig in die Hand des Gerichts und würde mit dessen Entscheidung auf Verhängung eines Ordnungsgeldes sein Rechtsschutzziel erreicht. Damit fehle es für eine Beschwerde an der Beschwer.

Der BGH verwies allerdings auf die Ausführungen des Gläubigers in seiner Stellungnahme zur Antragserwiderung, die vom OLG nicht berücksichtigt worden sei. Wenn der Gläubiger erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt habe und dieses unterschritten würde, läge die erforderliche Beschwer vor.  Das sei vorliegend der Fall. Zwar reiche der Antrag auf ein „empfindliches Ordnungsgeld“ nicht aus, doch habe der Gläubiger im Schriftsatz vom 12.01.2023 unter Verweis auf die zuvor mit je € 5.000,00 festgesetzten Ordnungsgelder und der Angabe, es sei nun „natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen“ hinreichend verdeutlicht, dass er ein Ordnungsgeld von mehr als € 5.000,00 für notwendig erachte.

Damit war wegen Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs der Beschluss des OLG aufzuheben und das Verfahren an dieses zurückzuverweisen.

BGH, Beschluss vom 23.11.2023 - I ZB 29/23 -

Samstag, 13. Mai 2023

Durchsetzung der Kindesanhörung im Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts

Die Parteien waren die Eltern des Kindes L., geb. 2018, welches bei der Antragsgegnerin (AG) lebte. Vom Antragsteller wurde die Regelung des Umgangs und der Informationspflicht beim Familiengericht beantragt. Das Familiengericht bestimmte einen Termin zur Kindesanhörung; in der Verfügung wurde das persönliche Erscheinen der Antragsgegnerin angeordnet und diese aufgefordert, „für das Erscheinend es Kindes Sorge zu tragen“. Zudem wurde ein Hinweis auf Zwangsmittel nach § 35 Abs. 3 FamFG erteilt. Die Antragsgegnerin sowie ihr Kind erschienen nicht; mit Anwaltsschriftsatz wurde behauptet, sie habe mit dem Kind vor dem Gerichtsgebäude gestanden, das Kind habe sich aber geweigert, in das Gebäude zu gehen und mit dem Richter alleine zu reden. Das Familiengericht setzte unter Verweis auf § 89 FamFG gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von € 500,00 fest. Gegen diesen Beschluss legte die Antragsgegnerin erfolgreich (nach Nichtabhilfe durch das Familiengericht) Beschwerde ein.

Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes käme hier nicht in Betracht. Für das persönliche Erscheinen der Antragsgegnerin fehle es an einer eindeutigen Anordnung. Zwar sie sie zunächst angeordnet worden, durch den Zusatz aber deutlich gemacht, dass dies lediglich das Erscheinen des Kindes sichern soll. Es könne daher offen bleiben, ob das Erscheinen des betreuenden Elternteils im Rahmen einer Kindesanhörung überhaupt angeordnet werden dürfe (OLG Celle, Beschluss vom 29.07.2019 - 21 WF 123/19 -) und im Vollstreckungsverfahren nach § 33 FamFG geprüft werden dürfe. Ein Ordnungsgeld nach § 33 Abs. 3 S. 1 FamFG gegen die Mutter wegen des Nichterscheinens des Kindes käme nicht in Betracht, da dies nur für die Beteiligten selbst vorgesehen sei.

Auch die Voraussetzungen für ein Zwangsgeld nach § 35 FamFG lägen nicht vor. Es handele sich dabei, anders als die Ordnungsmittel nach § 33 FamFG, um ein in die Zukunft gerichtetes Beugemittel, durch welches eine Handlung oder Unterlassung erzwungen werden soll, ohne Sanktionscharakter zu haben (BGH, Beschluss vom 06.09.2017 - XII ZB 42/17 -). Dies würde aber eine gerichtliche Anordnung voraussetzen, die in der Zukunft noch durchgesetzt werden soll. Da der (einzige) Termin zur Vornahme der Handlung aber bereits abgelaufen war, läge die Voraussetzung nicht vor (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.08.1997 - 2 WF 71/97 -).

Wie aber soll Verfahren werden, wenn eine verfahrensrechtliche Durchsetzung der Verpflichtung des betreuenden Elternteils, das Kind zur gerichtlichen Anhörung zu bringen, nicht möglich ist ?  Die Norm des § 35 FamFG sei ungeeignet (OLG Celle aaO.; Kammergericht, Beschluss vom 17.05.2019 - 18 UF 32/19 -), da sie sich nur auf einen konkreten Termin beziehe, die Festsetzung und Vollstreckung von Zwangsmitteln aber voraussetze, dass eine Zuwiderhandlung bereits erfolgt sei. Es würde eine Gesetzeslücke bestehen. Auch eine zwangsweise Vorführung des Kindes nach § 33 Abs. 3 S. 3 FamFG käme nicht in Betracht, da ein vierjähriges Kind nicht unentschuldigt fernbleiben würde.

Als Lösungsansatz sieht das OLG bei einer als zwingend vorzunehmenden persönlichen Anhörung des Kindes, welche an der notwendigen Mitwirkung des betreuenden Elternteils scheitere, die verfahrensrechtliche Prüfung, ob nicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen ein schwerwiegender Grund für das Absehen von der Kindesanhörung nach § 159 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG vorliege. Sollte dieser Grund nicht angenommen werden können, wäre materiell-rechtlich eine vorläufige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1666 BGB zu überlegen, was häufig die Einleitung eines gesonderten Verfahrens erforderlich mache. Zudem könne - gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren - eine einstweilige Anordnung ohne vorherige Anhörung des Kindes ergehen.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.01.2023 - 5 WF 138/22 -

Dienstag, 20. Dezember 2022

Umgangsrecht: Verspätete Übergabe des Kindes infolge Flugstornierung

Das Familiengericht hatte mit seinem Beschluss den Umgang zwischen Vater und dem nicht ganz vierjährigen Sohn für die Herbstferien 2021 so geregelt, dass der Vater die erste Woche mit ihm verbringt, die Übergabe an die Mutter am 17.10.2021 um 17.00 Uhr erfolgen sollte und die Mutter sodann die zweite Woche mit ihm verbringen sollte. Die Übergabe sollte, soweit sie nicht über die Kira erfolgt, von einer Umgangspflegerin begleitet werden.

 Der Vater flog mit dem Jungen nach Santiago de Compostela. Den Rückflug hatte er für den 17.10., 4:05 Uhr in Santiago de Compostela gebucht; der Flug sollte über Zürich nach Berlin-Brandenburg erfolgen sollen, mit Ankunft 8:45 Uhr. Beim Versuch des Eincheckens stellte er fest, dass dieser storniert wurde und informierte, die Umgangspflegerin, dass er am 18.10. den Ersatzpflug einer Tochtergesellschaft der Fluglinie nehme. Die Mutter ließ den Vater über die Umgangspflegerin ausrichten, sie sei damit nicht einverstanden, da sie auch eine Reise mit dem Sohn plane, und zwar nach Andalusien; die könne sie nur durchführen, wenn sie mit ihrem Sohn am 18.10. für den Flug einchecke. Es gäbe nach Internetrecherche z.B. auch genügend Flüge mit freien Plätzen, die der Kindsvater ersatzweise buchen könne. Dies tat der Vater nicht.

Das Familiengericht erließ auf Antrag der Mutter wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss gegen den Vater einen Ordnungsgeldbeschluss über ein Ordnungsgeld in Höhe von € 250,00, gegen den dieser sich wendet. Dabei wies er auf eine nach seiner Ansicht bestehende Unzumutbarkeit einer Umbuchung hin, die ihm - bei Verfall seines Flugtickets - rund € 600,00 gekostet haben würde. So habe er den Sohn der Mutter schließlich am 18.10. in Madrid übergeben, wobei ihm schon die Zugfahrt dorthin viel Geld gekostet habe.

Voraussetzung für die Verhängung des Ordnungsgeldes sei, dass der Vater die im familiengerichtlich angeordneten Umgangsbeschluss benannte Übergabe von ihm an die Mutter am 17.10. schuldhaft versäumt habe, § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG. Verschulden erfordere ein vorsätzliches oder fahrlässiges Herbeiführen des Erfolgs der Zuwiderhandlung, § 276 Abs. 1 BGB.  Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit erfordere die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB.

Nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG würde ein Verschulden vermutet. Danach wäre es Sache des Vaters sich in Hinblick auf die Versäumung des Übergabetermins zu entasten. Er müsse mithin darlegen und beweisen, dass der Übergabetermin versäumt wurde, obwohl er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Dies sei ihm nicht gelungen. Zwar könne ihm die Stornierung des zunächst gebuchten Fluges nicht vorgeworfen werden. Allerdings hätte er Vorkehrungen für mögliche Störungen beim Rückflug treffen müssen um zu verhindern, dass es zu der nicht ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins kommt, gerade da allgemein bekannt sei, dass es im Flugverkehr zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen käme. Es sei von daher auch anerkannt, dass selbst ein Streik bei einem verkehrsunternehmen den Umgangspflichtigen (der dadurch eine Rückreise und einen geregelten Umgangstermin versäume) nicht entlasten würde, sofern alternative Verbindungen noch bestünden (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.06.2015 - 11 WF 415/15 -). Diese Alternativen hätten hier, wie von der Mutter aufgezeigt, bestanden.

Nicht gehört werden könne der Vater damit, die Alternative (den gebuchten Flug verfallen lassen und einen kostenpflichtigen Ersatzflug zu nehmen) sei unzumutbar. Die „Gefahrenlage“, dass er den geregelten Übergabetermin nicht einhalten kann, habe er selbst geschaffen, da er nicht sichergestellt habe, jedenfalls rechtzeitig zu dem Termin zurück zu sein. Sicherungsvorkehrungen seien auch dann zu treffen, wenn diese mit Kosten, Unannehmlichkeiten oder Zeitverlust verbunden wären (BGH, Urteil vom 27.11.1952 - VI ZR 25/52 -).

Kammergericht, Beschluss vom 22.06.2022 - 16 WF 29/22 -

Dienstag, 6. Dezember 2022

Ordnungsgeld bei Nichtwahrnehmung des Umgangsrechts, § 1684 Abs. 1 BGB

Das Amtsgericht (Familiengericht) hatte das Umgangsrecht des Antragsgegners mit seinen zwei Kinder geregelt, wonach er an jedem ungeraden Kalenderwochenende seine zwei Kinder von Freitag 14 Uhr bis Montag 8 Uhr und in den geraden Wochen Dienstag von 14.30 bis 19 Uhr Umgang mit ihnen haben sollte. Auf Antrag der Antragstellerin verhängte das Amtsgericht, nach vorangegangener Androhung, gegen den Antragsgegner mit diesem am 28.06.2022 zugestellten Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von € 500,00, nach dieser das Umgangsrecht seit April den Umgang mit den Kindern nicht mehr wahrnahm. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsgegner sofortige Beschwerde ein, die vom OLG als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Beim Amtsgericht hatte der Antragsgegner argumentiert, er sei finanziell nicht in der Lage, für die Übernachtung seiner Kinder ein geeignetes Umfeld aufzubauen. Im Rahmen der Beschwerde begehrte der Antragsgegner auch neben der Aufhebung des Beschlusses auch die Abänderung der Umgangsregelung; es entspräche nicht dem Kindeswohl, den umgangsunwilligen Elternteil mittels Ordnungsgeld zum Umgang anzuhalten.

Das sah das OLG in Ansehung der tatsächlichen Umstände anders. Grundsätzlich müsse ein Elternteil einen Eingriff in dem Persönlichkeitsschutz im Hinblick auf die den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG den Eltern auferlegte Verantwortung für ihre Kinder (BVerfGE 121, 68, 95). In § 1684 Abs. 1 BGB sei der Elternverantwortung durch die dort normierte Umgangsverpflichtung als elterliche Pflicht verankert. Damit könne ein Elternteil auch unter Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts zum Umgang mit seinen Kindern verpflichtet werden, wenn dies dem Kindeswohl diene. Allerdings habe die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht zu unterblieben, gebe es im konkreten Einzelfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dienen könnte.

Hier nun sah das OLG allerdings keine Gefahr für das Kindeswohl. Es vertrat die Auffassung, dass die Berufung auf finanzielle Erwägungen emotionale Gründe habe, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass er bei einem persönliche Umgang mit den Kindern diesen gegenüber Abneigung zum Ausdruck bringen würde, und es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass er bei einem persönlichen Umgang seiner Verantwortung gegenüber den Kindern nicht nachkäme und den Streit mit seiner ehemaligen Frau um Geld nicht vom Verhältnis zu den Kindern trennen könne. Bei der Abwägung seien auch die Folgen einer Entfremdung der Kindern von dem Antragsgegner für ihre psychosoziale Entwicklung zu berücksichtigen. Die Anhörung der Kinder habe zudem ergeben, dass sie in der Vergangenheit problemlos auch bei dem Antragsgegner (der bei seinen Eltern mit seinem Bruder wohne) waren, dort auch früher bereits übernachteten, und  Bindungen zur Großmutter und zum Onkel zum Ausdruck gekommen seien.

Kommentar:

Damit legte das OLG dar, dass die Verweigerungshaltung, Umgang mit den eigenen Kindern Umgang zu pflegen, das Recht weder beeinträchtigt noch aus der dem Recht genüberstehenden Pflicht entbindet. Zwangsmittel, wie hier das Ordnungsgeld, sollen nur erfolgen, wenn diese Mittel dem Kindeswohl dienen. Denn das dem Umgangsrecht innenwohnende Gegenstück, die Umgangspflicht, soll nicht dazu führen, dass durch den erzwungenen Umgang das Kindeswohl gefährdet wird. Angezeigt ist damit ein Ordnungsmittel zur Erzwingung des Umgangs, wen sicher davon ausgegangen werden kann, dass dies nicht dem Kindeswohl entgegenstehen könnte. Ob dies allerdings alleine durch Anhörungen des Umgangsunwilligen und der Kinder geklärt werden kann (wie hier wohl geschehen), lässt sich kaum verallgemeinern, da dann der oder die zur Entscheidung berufenen Richter letztlich psychologische Befähigungen haben müssten, und selbst für Psychologen wäre bei gewissenhafter Expertise nicht eine kurze Anhörung nicht ausreichend. Zutreffend wird allerdings vom OLG darauf verwiesen, dass der fehlende Umgang mit (hier) dem Vater die psychosoziale Entwicklung der Kinder beeinträchtigen könnte. Es handelt sich hier also um einen Balanceakt, den das Familiengericht oder (beim OLG) der Familiensenat vollziehen muss.

Da sich hier offensichtlich der bisherige Umgang des Vaters mit den Kindern nicht al negativ erwies, er insbesondere wohl auch nicht seine Verantwortung den Kindern gegenüber vernachlässigte, dürfte die Entscheidung vor dem Hintergrund richtig sein, dass der Vater auf seine finanziellen Ressourcen zur Verweigerung der Umgangsverpflichtung verwies und wohl noch Auseinandersetzungen zwischen den (ehemaligen) Eheleuten zu finanziellen Fragen anhängig sind, die hier (wohl) vom Vater genutzt wurden. Es ist bedauerlich, wenn die Trennung der Eltern so letztlich über die Kinder ausgetragen werden, weshalb die Entscheidung des OLG zu begrüßen ist.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.08.2022 - 6 WF 112/22

Montag, 13. September 2021

Zur Bemessung von Ordnungsgeld nach § 890 ZPO bei Zuwiderhandlung gegen Verbotsverfügung (hier: Löschung Video zu Covid-19)

Die Verfügungsbeklagte betrieb eine Internetplattform, auf der der Verfügungskläger das Video „P…“ hochgeladen hatte. Nachdem die Verfügungsbeklagte dieses entfernte, erwirkte der Verfügungskläger im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ein Urteil, in dem der Verfügungsbeklagten bei einem Ordnungsgeld von bis zu € 25.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von sechs Monaten) untersagt wurde, das Video zu entfernen.  Nachdem die Verfügungsbeklagte gleichwohl das Video nicht nach Erlass des Urteils und seiner Zustellung (23.04.2021) wieder einstellte wieder einstellte, sondern erst am 14.05.2021, beantragte der Verfügungskläger wegen der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Verfügungsbeklagte von nicht unter € 25.000,00

Das LG Chemnitz setzte ein Ordnungsgeld in Höhe von € 1.000,00 fest. Der Verfügungskläger legte gegen den entsprechenden Beschluss sofortige Beschwerde ein, mit der er den ursprünglichen Antrag weiterverfolgte. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab und legte den Vorgang dem OLG vor. Die Beschwerde hatte dort Erfolg.

Das OLG hielt fest, dass – wie auch vom Landgericht angenommen – die Voraussetzungen für den Erlass eines Ordnungsmittelbeschlusses nach § 890 ZPO vorlägen, da die Verfügungsbeklagte, wie von ihr auch nicht in Abrede gestellt, gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Allerdings sei das Ordnungsgeld auf € 100.000,00 zu erhöhen.

Zur Höhe wies das OLG darauf hin, dass das Ordnungsmittel nach seinem Zweck zu bemessen sei. Dem Ordnungsmittel des § 890 ZPO käme eine doppelte Zweckrichtung zu, nämlich als zivilrechtliche Beugemaßnahme würde es präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen dienen und zudem repressiv eine strafähnliche Funktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellen. Daher sei es geboten, die Bemessung in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Nicht nur Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlug und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Zuwiderhandlungen für den Verletzten seien zu berücksichtigen, sondern es solle bewirkt werden, dass die Titelverletzung aus wirtschaftlicher Sicht des Schuldners nicht lohnend erscheine. Die Höhe des Streitwertes des Ausgangsverfahrens habe keine maßgebliche Aussagekraft.

Die Verfügungsbeklagte habe bereits mit Erlass des Urteils die Verbotsverfügung zu beachten gehabt. Entgegen der Darstellung der Verfügungsbeklagten sei die Verzögerung nicht auf technische Gründe zurückzuführen, sondern darauf, dass sie in dem Video einen Verstoß gegen ihre „Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über Covid-19“ gesehen habe und deshalb „die jeweiligen Konsequenzen der Entscheidung des OLG Dresden und ihre Möglichkeiten sorgfältig abwägen“ wollte. Eine derartige Abwägung sei aber in Ansehung des titulierten Anspruchs weder veranlasst noch geboten gewesen, was sich – zumal bei der vorliegenden anwaltlichen Beratung der Verfügungsbeklagten – von selbst erschließe. Es läge daher hier ein vorsätzlicher und in Ansehung der Zeitdauer schwerer Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung vor, der auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Verfügungsbeklagten ein deutlich höheres Ordnungsgeld, als vom Landgericht angenommen, rechtfertige. Nur da es sich um einen Erstverstoß handele, habe der Senat des OLG davon abgesehen, den Höchstbetrag für das Ordnungsgeld zu verhängen.

OLG Dresden, Beschluss vom 29.06.2021 - 4 W 396/21 -

Freitag, 23. Juni 2017

Ordnungsgeld nicht gegen gesetzlichen Vertreter der Partei bei Nichterscheinen zur Verhandlung in Zivilsachen trotz Ladung

Der Fall ist beinahe alltäglich: Das Gericht lädt zur mündlichen Verhandlung und ordnet das persönliche Erscheinen der Parteien an. Da es sich bei der einen Partei um eine juristische Person (hier: GmbH) handelt, wurde deren Geschäftsführer (der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens) geladen. Dieser erschien allerdings zum Termin nicht und der von dieser Partei beauftragte Anwalt hatte kein Mandat zum Vergleichsschluss. Vor diesem Hintergrund erließ das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von € 200,00, ersatzweise vier Tage Ordnungshaft, und die Pflicht zur Übernahme der durch sein Nichterscheinen entstandenen Mehrkosten. Das OLG änderte den Beschluss des Amtsgerichts auf die Beschwerde insoweit ab, als es den Beschluss in Bezug auf die ersatzweise Ordnungshaft und die Übernahme der durch das Nichterscheinen entstandenen Kosten aufhob; im Übrigen würde die Beschwerde zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hob der BGH den Ordnungsgeldbeschluss insgesamt auf.

Das OLG hatte die in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Auffassung vertreten, dass das Ordnungsgeld gem. § 141 Abs., 3 S. 1 ZPO im Hinblick auf den Zweck und die Strafähnlichkeit der Sanktion nicht gegen die juristische Person (die Partei des Verfahrens), sondern gegen den nicht erschienenen, aber geladenen gesetzlichen Vertreter ergeht.

Die herrschende Meinung, der sich der BGH in seiner Entscheidung anschloss, geht allerdings vom Wortlaut des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO aus. Zweck des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO sei nicht, wie etwa §§ 177, 178 GVG das Ergreifen sitzungspolizeilichere Maßnahmen wegen Missachtung des Gerichts, die sich natürlich auch gegen den erschienenen (gesetzlichen) Vertreter richten könnten, sondern die Förderung der Aufklärung des Sachverhalts.

Die Erwägung des OLG, der Sanktionszweck des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ließe sich nur durch Verhängung des Ordnungsgeldes gegen den nicht erschienenen gesetzlichen Vertreter der Partei erreichen, ist nach Auffassung des BGH auch falsch. Der BGH verweist darauf, dass die juristische Person bei einem pflichtwidrigen Verhalten dem gesetzlichen Vertreters diesen auch in Regress nehmen könne, so dass er doch ein Interesse daran habe, die die juristische Person treffenden Pflichten zu erfüllen.   

Kosten werden nicht erstattet; es handelt sich nicht um ein kontradiktorische Verfahren.

Anmerkungen

1. Die Entscheidung ist in der Sache richtig. Gegen den klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung spricht nichts. Gerade auch die vom BGH angesprochenen Regelungen zu sitzungspolizeilichen Maßnahmen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber sehr wohl einen Unterschied macht und kennt zwischen der anwesenden Person und der Partei als solcher.

2. Bitter wird es hier dem Beschwerdeführer aufstoßen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Denn er benötigte schon für das Verfahren vor dem BGH jedenfalls einen dort zugelassenen Anwalt. Und dessen Kosten sind bei weitem höher als die nun ersparten € 200,00 für das Ordnungsgeld. Damit erweist sich das Rechtssystem als löchrig und schief: Es kann nicht sein, dass hier der Geschäftsführer zu einer berechtigten Beschwerde veranlasst wird, da ein Gericht eine Mindermeinung propagiert, um für sein recht nachher mit erheblichen Kosten belegt zu werden, die in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zur Ursache stehen. Wenn auf diese Weise entsprechende Rechtsmittel (als Ausdruck rechtsstaatlicher Ordnung und Verständnisses) verhindert werden sollen, ist dies im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs und das Rechtsstaatsprinzip wohl durch das Bundesverfassungsgericht (übrigens: kein Anwaltszwang) oder den Gesetzgeber zu lösen.

3. Im Übrigen sollte jede geladene Partei prüfen, ob die Ladung in der Sache überhaupt ordnungsgemäß ist. Wird z.B. die juristische Person geladen, kann weder ihr gegenüber noch gegenüber dem Organ (gesetzlichen Vertreter) ein Ordnungsgeld bei Nichterscheinen ergehen. Wird nicht angegeben, weshalb geladen wird (zur Aufklärung des Sachverhalts und/oder zum Zwecke des Vergleichsschlusses), darf auch kein Ordnungsgeld verhangen werden. Erklärt die geladene Partei von vornherein, dass sie keinen Vergleich schließen wird, kann jedenfalls dann kein Ordnungsgeld ergehen, wenn nur zu diesem Zweck die Ladung erfolgte. Wird zur Aufklärung des Sachverhalts geladen, mag sich zwar der gesetzliche Vertreter bei seinen Mitarbeitern informieren müssen; ist aber der Partei der Vorgang nicht selbst bekannt, allenfalls aktenmäßig wie vorgetragen (z.B. bei dem Versicherer, der einen Verkehrsunfall bearbeitet), dürfte regelmäßig auch eine Sachverhaltsaufklärung nicht anzunehmen sein und kann dann mangels einer Verzögerung des Rechtsstreits auch kein Ordnungsgeld verhangen werden.


BGH, Beschluss vom 30.03.2017 - BLw 3/16 -

Samstag, 25. Juni 2016

Ordnungsgeld gegen Zeugen wegen unentschuldigten Fernbleibens auch dann, wenn es nicht (mehr) auf den Zeugen ankommt

Die Zeugenpflicht ist eine Staatsbürgerpflicht  -  und keiner möchte ihr gerne nachkommen. Zumal die Zeugenentschädigung (in Deutschland)  in der Regel nicht den tatsächlichen finanziellen Ausfall ausgleicht. Erscheint aber der Zeuge unentschuldigt nicht zum Termin, wird regelmäßig gegen ihn ein Ordnungsgeld verhangen, § 380 Abs. 1  ZPO.

Was aber, wenn der nicht erschienene Zeuge nicht mehr benötigt wird ? Der Zeuge war unentschuldigt nicht zum Termin erschienen. Es erging daher der Ordnungsgeldbeschluss. Im Termin selbst wurden vom Beweisführer Bedenken geäußert, ob sich der Zeuge tatsächlich zur Sache äußern könne (dies wurde von diesem vorher bereits schriftlich abgestritten).

Das OLG hat die Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss zurückgewiesen. Es verwies darauf, dass es nicht darauf ankommen könne, ob der Zeuge etwas zur Sache beitragen kann und auch nicht darauf, ob sich die Parteien – eventuell auch unter dem Eindruck des Nichterscheinens des Zeugens – vergleichsweise einigen. Das OLG verweist hier auf den divergierenden Meinungsstand in der Rechtsprechung und schließt sich der Auffassung des OLG Frankfurt und des BFH an. Danach verbleibt es bei dem verschuldet den Termin nicht wahrnehmenden zeugen bei dem verhängten Ordnungsgeld, auch wenn das Verfahren später endet, ohne dass eine Vernehmung des Zeugen erforderlich wurde. § 380 Abs. 1 ZPO sähe keine Ermessensausübung vor und es könne nicht von dem Zufall abhängig, sein, ob nun der Zeuge (noch) benötigt würde oder nicht.


OLG Celle, Beschluss vom 19.02.2016 – 8 W 15/16 -

Dienstag, 14. April 2015

Ordnungsgeld gegen Sachverständigen bei Überschreitung der Bearbeitungsfrist

Gerichte sind häufig auf Gutachten von Sachverständigen aus den verschiedensten Bereichen angewiesen. Ihre Bearbeitung selbst ist den Gerichten entzogen. Kommt es hier allerdings zu Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung, kann dies auch dem gerichtlichen beschleunigungsgebot zuwiderlaufen und bei einer Verzögerungsrüge einer Partei zu einer Haftung des Gerichts nach § 198 GVG führen. Die Gerichte tun von daher gut daran, wenn sie dem Sachverständigen eine Frist zur Erstellung des Gutachtens setzen. Hält der Sachverständige die Frist nicht ein, kann er sich zum einen neben dem das Beschleunigungsgebot verletzenden Gericht haftbar machen, besteht zum anderen nach einem Beschluss des OLG Koblenz  die Möglichkeit, gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld gem. § 411 Abs. 2 ZPO festzusetzen. Voraussetzung für die Festsetzung des Ordnungsgeldes ist jedoch neben der Fristsetzung und ihrer Überschreitung durch den Sachverständigen, dass dem Sachverständigen eine Nachfrist mit Androhung eines Ordnungsgeldes gesetzt wird. Gleichzeitig weist aber das OLG Koblenz auch darauf hin, dass sich dann die Verhängung eines Ordnungsgeldes vernietet, wenn der Sachverständige seine verspätete Vorlage des Gutachtens ausreichend entschuldigt, wobei nach Auffassung des OLG Koblenz eine Aufarbeitung von Rückständen durch den Sachverständigen ausreichend sein soll.

Einen Kommentar von RA Niehus finden Sie auf der Seite Rechtsprechungssammlung

OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.2014 - 3 W 695/13 -

Mittwoch, 1. April 2015

Ordnungsgeld gegen Vorstand bei Nichterscheinen zum Termin

Regelmäßig werden die Parteien bei einem Prozess zu einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung geladen, und zwar standardmäßig zum Zwecke einer gütlichen Einigung und zur Sachverhaltsaufklärung. Zwar können sie von vornherein mitteilen, dass sie sich nicht gütlich einigen werden; in diesem Fall kann das persönliche Erscheinen nur verlangt werden, wenn eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist und die geladene Partei dazu auch in der Lage ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es, wenn Gerichte ernsthaft Vorstände größerer Unternehmen, wie z.B. Versicherungsgesellschaften laden. Würden die Vorstände solcher Unternehmen versuchen, alle derartigen Termine wahrzunehmen, könnten sie ihrer eigentlichen Funktion der Unternehmensführung nicht mehr nachkommen. Dem wird regelmäßig mit dem Argument begegnet, der geladene Vorstand könne sich auch durch eine zum Vergleichsschluss ermächtigten und in der Sache informierte Person vertreten lassen, § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dazu ist aber die Partei (und damit der geladene gesetzliche Vertreter) nicht verpflichtet.

Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
Das OLG Köln hat die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen geladenen und zum Termin nicht erschienenen Vorstand einer Versicherungsgesellschaft bestätigt. Durch das Nichterscheinen wäre die Sachaufklärung erschwert worden. Hintergrund war, dass der Anwalt zu behaupteten Zahlungseingängen keine Auskunft erteilen konnte.

Die Entscheidung ist grob fehlerhaft. Es wäre verwunderlich, wenn der geladene Vorstandsvorsitzende zu Zahlungseingängen im Termin konkrete Auskünfte hätte geben können. Es handelte sich hier um Krankenversicherungsbeiträge. Regelmäßig wird sich ein Vorstand einer Versicherung nicht mit den Beitragseingängen beschäftigen und Kenntnisse zu diesen haben. Er wäre nach der Lebenserfahrung also nicht in der Lage, in einem Termin dazu Angaben zu machen. Wenn das Gericht es als erforderlich ansehen sollte, dass noch bestimmte Angaben zu Zahlungsvorgängen gemacht werden, so wäre es im Sinne einer ordnungsgemäßen Terminvorbereitung durch das Gericht erforderlich, dass die Parteien darauf hingewiesen werden. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht vor, dass das Gericht dahin wirken muss, dass sich die Parteien „rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären“; nach § 139 Abs. 4 ZPO sind die Hinweise so früh wie möglich zu erteilen. Sieht es das Gericht also für erforderlich an, dass die Versicherung sich zu Zahlungseingängen erklärt, müsste dies dem Gericht bereits bei der Terminvorbereitung auffallen und könnte es (muss es, § 139 Abs. 4 ZPO) darauf noch vor dem Termin hinweisen. Keinesfalls kann es bei einer größeren Gesellschaft (wie hier Versicherung) davon ausgehen, dass deren gesetzlicher Vertreter in der mündlichen Verhandlung dazu Angaben machen könnte. Ob sich der Vorstand vor einem Termin vorbereiten muss, sich also in einen ihn in der Regel völlig unbekannten Vorgang einarbeiten muss, kann auf sich beruhen, da er sicherlich nicht letztlich alle Aktenvorgänge (bzw. gespeicherten Daten wie Zahlungsvorgänge) nachlesen kann und muss, um für eventuelle Fragen gewappnet zu sein.  

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2014 - 7 W 63/14 -