Mittwoch, 24. Juli 2024

Ordnungsgeld: Beschwer des Antragstellers bei stattgebenden Ordnungsgeldbeschluss

Der Schuldnerin war durch rechtskräftiges Urteil untersagt worden, mit einer bestimmten Aussage zu werben oder werben zu lassen. Nachdem bereits wegen zwei Verstößen Ordnungsgelder auf Antrag der Gläubiger gegen die Schuldnerin (über je € 5.000,00) festgesetzt waren, beantragten die Gläubiger wegen eines weiteren Verstoßes neuer die Festsetzung eines „empfindlichen Ordnungsgeldes“, welches aber weder im Antrag noch in der Begründung als Mindestgröße oder in einer Größenordnung beziffert wurde. Im Rahmen einer Stellungnehme vom 12.01.2023 zu einem Schriftsatz der Schuldnerin führten die Gläubiger aus, dass tatsächlich schon zwei Ordnungsmittelbeschlüsse gegen die Schuldnerin existieren à € 5.000,00, zusammen € 10.000,00  existieren würden, gleichwohl die Schuldnerin in „dreister Weise“ die zu unterlassene Handlung widerholt habe und deshalb ein deutliches empfindlicheres Ordnungsgeld festgesetzt werden müsse. Das Landgericht setzte ein Ordnungsgeld von € 1.000,00 fest. Die dagegen von der Gläubigerin eingelegte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das OLG.

Das OLG hatte eine fehlende Beschwer der Gläubigerin angenommen. An der Beschwer würde es ermangeln, wenn weder im Ordnungsgeldantrag noch in dessen Gründen ein konkreter Betrag noch eine ungefähre Größenordnung benannt würde und das Gericht das Ordnungsgeld nach seinem Ermessen festgesetzt habe. Die Beschwer (die nach bis zur Entscheidung über ein Rechtsmittel vorliegen müsse) verlange, dass mit der angefochtenen Entscheidung von einem Antrag der antragstellenden Partei zu ihrem Nachteil abgewichen sei. Bei Ordnungsgeld würde die überwiegende Rechtsprechung  und Literatur (der BGH hat die Frage ausdrücklich bisher offen gelassen) davon ausgehen, dass auch bei Nichtbenennung eines bestimmten Betrages oder einer Größenordnung eine Beschwer vorliegen könne, wenn das Gericht das Ordnungsmittel unter Berücksichtigung der vom Gläubiger benannten Umstände ersichtlich zu niedrig bemessen habe. Die Gegenansicht verlange die Darlegung des Betrages bzw. der Größenordnung durch den Antragsteller. Dieser vom OLG vertretenen Gegenansicht folgts auch der BGH.

Dabei verwies der BGH auf den doppelten Zweck des Ordnungsmittels gem. § 890 Abs. 1 ZPO: Zum einen als zivilrechtliche Beugemaßnahme präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen, zum Anderen repressiv als eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung eines gerichtlichen Verbots. Damit sei das Ordnungsmittel mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten festzusetzen. Die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft sowie die Höhe des Ordnungsmittels stünden im Ermessen des Gerichts. Zwar diene das Ordnungsgeld auch der effektiven Durchsetzung der Rechte des Gläubigers, würde aber nicht zu seinen Gunsten festgesetzt, sondern gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 JBeitrO zu Gunsten der Staatskasse beigetrieben. Von daher bedürfe die Beschwer hier einer besonderen Begründung. Beziffere der Gläubiger seinen Ordnungsgeldantrag nicht bzw. benenne er keine Größenordnung, lege er die Sanktionierung vollständig in die Hand des Gerichts und würde mit dessen Entscheidung auf Verhängung eines Ordnungsgeldes sein Rechtsschutzziel erreicht. Damit fehle es für eine Beschwerde an der Beschwer.

Der BGH verwies allerdings auf die Ausführungen des Gläubigers in seiner Stellungnahme zur Antragserwiderung, die vom OLG nicht berücksichtigt worden sei. Wenn der Gläubiger erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt habe und dieses unterschritten würde, läge die erforderliche Beschwer vor.  Das sei vorliegend der Fall. Zwar reiche der Antrag auf ein „empfindliches Ordnungsgeld“ nicht aus, doch habe der Gläubiger im Schriftsatz vom 12.01.2023 unter Verweis auf die zuvor mit je € 5.000,00 festgesetzten Ordnungsgelder und der Angabe, es sei nun „natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen“ hinreichend verdeutlicht, dass er ein Ordnungsgeld von mehr als € 5.000,00 für notwendig erachte.

Damit war wegen Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs der Beschluss des OLG aufzuheben und das Verfahren an dieses zurückzuverweisen.

BGH, Beschluss vom 23.11.2023 - I ZB 29/23 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 15. Zivilsenat - vom 3. April 2023 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe

I. Der Schuldnerin ist mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts - Vorsitzender der Kammer für Handelssachen - vom 27. Juli 2021 unter anderem untersagt worden, im geschäftlichen Verkehr für die Vermittlung anwaltlicher Leistungen in Bußgeldverfahren, insbesondere für das Internetportal g.

.de mit einer "kostenlosen" und/oder "kostenfreien" Verfahrensbearbeitung zu werben und/oder werben zu lassen.

Nachdem wegen zweier Verstöße gegen diesen Unterlassungstitel bereits Ordnungsgelder festgesetzt worden waren, beantragte der Gläubiger wegen eines weiteren Verstoßes mit Schriftsatz vom 7. November 2022, gegen die Schuldnerin ein "empfindliches Ordnungsgeld", ersatzweise Ordnungshaft zu verhängen. Der Antrag wurde auch in der Begründung weder beziffert noch wurde ein Mindestbetrag oder eine Größenordnung des beantragten Ordnungsgelds genannt.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 erwiderte der Gläubiger auf die Stellungnahme der Schuldnerin und führte aus:

Letztlich ist der Beklagten [Schuldnerin] dahingehend zuzustimmen, dass zwei Ordnungsmittelbeschlüsse à 5.000 €, in Summe 10.000 €, die Beklagte nicht dazu anhalten konnten, das gerichtliche Unterlassungsgebot zu erfüllen.

In regelrecht dreister Weise hat die Beklagte diejenigen Handlungen, zu deren Unterlassen sie rechtskräftig verurteilt worden ist, an besonders hervorgehobener Stelle wiederholt, sodass diesmal natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen ist.

Das Landgericht - Vorsitzender der Kammer für Handelssachen - verhängte mit Beschluss vom 15. Februar 2023 ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000 € und führte zur Begründung aus, es liege zwar ein wiederholter Verstoß vor, dieser sei aber lediglich leicht fahrlässig begangen worden und auch objektiv als geringfügig zu bewerten.

Mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Gläubiger beantragt,

ein empfindliches Ordnungsgeld, das den Betrag von 10.000 € nicht unterschreitet, ersatzweise Ordnungshaft zu verhängen.

Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen (OLG Hamburg, WRP 2023, 751). Mit seiner Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, begehrt der Gläubiger die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht.

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Beschwerde sei unzulässig, weil der Gläubiger nicht beschwert sei. Es sei umstritten, ob der ein Ordnungsmittel beantragende Gläubiger, der keinen Mindestbetrag angegeben habe, beschwert sei, wenn das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach eigenem Ermessen festgesetzt habe. Die besseren Gründe sprächen dafür, dass für eine Beschwer eine Diskrepanz zwischen beantragter oder vorgeschlagener und gerichtlich festgesetzter Höhe des Ordnungsmittels bestehen müsse. Dem stehe nicht entgegen, dass der Gläubiger einen Antrag nach § 890 ZPO nicht beziffern müsse. Die Frage danach, ob der Gläubiger durch ein aus seiner Sicht zu niedriges Ordnungsmittel beschwert sei, sei nicht damit gekoppelt, ob er verpflichtet sei, den Antrag zu beziffern oder eine Größenordnung anzugeben. Das Ordnungsmittel gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO müsse zwar vom Gläubiger beantragt werden. Es werde jedoch nicht zu seinen Gunsten verhängt, sondern zu Gunsten der Staatskasse beigetrieben. Es gehe mithin nicht um eine an den Gläubiger zu erbringende Leistung, sondern um eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Sanktion, die für den Gläubiger keinerlei wirtschaftlichen Vorteil bringe. Daher bedürfe die Beschwer des Gläubigers in einem Ordnungsmittelverfahren einer besonderen Begründung, sofern das Gericht nur überhaupt ein Ordnungsmittel verhänge. Nenne der Gläubiger weder eine Größenordnung noch einen (Mindest-)Betrag, bringe er mit seinem Antrag zum Ausdruck, dass er die Sanktionierung dem freien Ermessen des Gerichts überlasse. Dieses Rechtsschutzziel sei mit der Verhängung des Ordnungsmittels vollständig erfüllt; es bleibe kein Raum für eine Beschwer. Dem Gläubiger stehe es aber frei, den Antrag zu beziffern oder einen Mindestbetrag zu nennen, um deutlich zu machen, dass er eine bestimmte (Mindest-)Erwartung hinsichtlich des zu verhängenden Ordnungsmittels habe und sein Rechtsschutzziel mithin über die Verhängung überhaupt irgendeines Ordnungsgelds hinausgehe.

III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat im Ergebnis auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Der angefochtene Beschluss ist nicht bereits deswegen aufzuheben, weil das Beschwerdegericht durch den Senat und nicht gemäß § 568 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter entschieden hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. April 2023 - I ZB 84/22, NJW-RR 2023, 906 [juris Rn. 7]). Ein Fall des § 568 Satz 1 ZPO, wonach das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder Rechtspfleger erlassen wurde, liegt nicht vor, weil der - wie hier - nach § 349 Abs. 3, § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. Albert in Götting/Nordemann, UWG, 3. Aufl., Vorbemerkung zu § 12 Rn. 120) an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht Einzelrichter im Sinne von § 568 Satz 1 ZPO ist. Über eine Beschwerde gegen dessen Entscheidung hat das Beschwerdegericht in der gemäß § 122 Abs. 1 GVG vorgeschriebenen Besetzung als Senatskollegium zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2003 - II ZB 27/02, BGHZ 156, 320 [juris Rn. 9 bis 13]).

2. Das Beschwerdegericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Gläubigers gegen die Verhängung eines Ordnungsgelds die fehlende Beschwer entgegensteht, wenn im Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgelds weder ein konkreter Betrag noch eine ungefähre Größenordnung des Ordnungsgelds angegeben wurde und das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach seinem Ermessen festgesetzt hat.

a) Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2004 - X ZB 11/04, NJW-RR 2004, 1365 [juris Rn. 2]); fehlt sie, ist das Rechtsmittel - im Fall der sofortigen Beschwerde nach § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO - als unzulässig zu verwerfen (vgl. MünchKomm.ZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 567 Rn. 29 mwN). Die klagende oder antragstellende Partei ist durch eine gerichtliche Entscheidung beschwert, wenn diese von dem in der unteren Instanz gestellten Antrag zu ihrem Nachteil abweicht, ihrem Begehren also nicht voll entsprochen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2001 - VI ZR 356/00, NJW 2002, 212 [juris Rn. 6]; Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 [juris Rn. 6] mwN; BeckOK.ZPO/Wulf, 50. Edition [Stand 1. September 2023], § 511 Rn. 13).

b) Umstritten ist, ob ein Gläubiger, der in seinem Antrag nach § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO weder einen konkreten Betrag noch eine ungefähre Größenordnung des Ordnungsgelds genannt hat, beschwert sein kann, wenn das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach seinem Ermessen festgesetzt hat. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage ausdrücklich offengelassen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2016 - I ZB 118/15, GRUR 2017, 318 [juris Rn. 8]; vgl. aber auch BGH, Beschluss vom 19. Februar 2015 - I ZB 55/13, GRUR 2015, 511 [juris Rn. 15]).

aa) Die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass der Gläubiger auch dann beschwert ist, wenn er in seinem Antrag keine Größenordnung für das Ordnungsgeld genannt hat und das Gericht das Ordnungsmittel unter Berücksichtigung der vom Gläubiger genannten Umstände ersichtlich zu niedrig bemessen hat (vgl. OLG Düsseldorf, VuR 2015, 71 [juris Rn. 8 f.]; OLG Schleswig, Beschluss vom 14. August 2015 - 16 W 76/15 [juris Rn. 9 f.]; Sturhahn in Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl., § 890 Rn. 57; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 890 ZPO Rn. 73; Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 70 Rn. 30; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 57 Rn. 37; Büscher/Ahrens, UWG, 2. Aufl., § 12 Anh. II Rn. 87; jurisPK-UWG/Spoenle, 5. Aufl., § 12 UWG Rn. 173; Hoof, VuR 2015, 71, 73; ders., jM 2016, 363, 365). Begründet wird dies insbesondere damit, dass der Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Ordnungsmittels - im Gegensatz zum unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines Schmerzensgelds - weder ein bestimmtes Ordnungsmittel noch dessen Höhe angeben müsse. Sei der Gläubiger aber nicht gehalten, dem Gericht einen konkreten Vorschlag hinsichtlich der Höhe des Ordnungsmittels zu machen, sei seine Beschwer auch nicht von einer solchen Angabe im Antragsverfahren abhängig. Vielmehr sei der Gläubiger schon dann beschwert, wenn das Gericht das Ordnungsmittel unter Berücksichtigung der vom Gläubiger genannten Umstände nach seinem Empfinden unangemessen niedrig festgesetzt habe (vgl. OLG Düsseldorf, VuR 2015, 71 [juris Rn. 8 f.]). Vor dem Hintergrund, dass sich das Interesse des Gläubigers allein auf die Durchsetzung des zu vollstreckenden Titels richte, müsse ihm die Beschwerde möglich sein, wenn er meine, dass das von Amts wegen festgesetzte Ordnungsmittel nicht ausreichend sei, um den Schuldner zur Befolgung des zu vollstreckenden Titels zu veranlassen (vgl. Hoof, jM 2016, 363, 365).

bb) Nach anderer Ansicht kann eine Beschwer des Gläubigers nur angenommen werden, wenn das festgesetzte Ordnungsgeld hinter einem im Antrag genannten Betrag oder einer Größenordnung zurückbleibt. Nur dann lasse sich das ursprüngliche Rechtsschutzziel bestimmen (vgl. MünchKomm.ZPO/Gruber aaO § 890 Rn. 42; Albert in Götting/Nordemann aaO Vorbemerkungen zu § 12 Rn. 123 mit Fn. 551; vgl. auch KG, OLGR KG 2005, 605 [juris Rn. 17]; OLG Frankfurt am Main, WRP 2015, 1008 [juris Rn. 12]; GRUR 2019, 216 [juris Rn. 5]; Elzer, FD-ZVR 2023, 457125; zu einem auf mehrere Verstöße gestützten Ordnungsmittelantrag, dem das Prozessgericht nur mit Blick auf einen gerügten Verstoß stattgegeben hat, vgl. OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2018, 223 [juris Rn. 6]; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 890 Rn. 20; vgl. auch Lampmann/Pustovalov, 2. Aufl., Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht, Rn. 995).

cc) Die zweite Ansicht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, ist zutreffend.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, so ist er nach § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen.

Die Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie - präventiv - der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie - repressiv - eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Dieser doppelte Zweck erfordert es, die Bemessung der Ordnungsmittel jedenfalls in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten (vgl. BGH, GRUR 2017, 318 [juris Rn. 17] mwN). Die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft und die Bestimmung der Höhe des Ordnungsmittels stehen im Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, GRUR 2015, 511 [juris Rn. 14] mwN).

(2) Unter Berücksichtigung dieses doppelten Zwecks sowie des Umstands, dass das Ordnungsgeld zwar auch der effektiven Durchsetzung der Rechte des Gläubigers dient, aber nicht zu seinen Gunsten verhängt wird, sondern gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 JBeitrO zu Gunsten der Staatskasse beigetrieben wird, ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwer des Gläubigers in einem Ordnungsmittelverfahren einer besonderen Begründung bedarf, sofern auf seinen Antrag nur überhaupt ein Ordnungsmittel verhängt worden ist.

Ergibt sich aus dem Ordnungsmittelantrag des Gläubigers - einschließlich dessen Begründung - weder ein (Mindest-)Betrag noch eine Größenordnung für das beantragte Ordnungsgeld, legt der Gläubiger die Sanktionierung des Verhaltens des Schuldners einschließlich der damit zusammenhängenden effektiven Durchsetzung seines titulierten Rechts in das Ermessen des Gerichts. Sein Rechtsschutzziel ist dann beschränkt auf die Verhängung (irgend-)eines Ordnungsmittels. Übt das Gericht - wie hier - sein Ermessen aus und verhängt ein Ordnungsmittel, ist ein solches vom Gläubiger verfolgte Rechtsschutzziel erfüllt und fehlt es an einer Beschwer.

Beziffert der Gläubiger seinen Ordnungsmittelantrag oder lässt sich der Begründung ein (Mindest-)Betrag oder eine bestimmte Größenordnung des angestrebten Ordnungsgelds entnehmen, macht er dagegen deutlich, dass sein Rechtsschutzziel über die bloße Verhängung (irgend-)eines Ordnungsmittels hinausgeht und er zur effektiven Durchsetzung seines titulierten Rechts eine bestimmte Höhe des zu verhängenden Ordnungsgelds für erforderlich hält. Bleibt das festgesetzte Ordnungsmittel hinter dem erstinstanzlich genannten Betrag zurück, hat der Gläubiger sein Rechtsschutzziel nicht vollständig erreicht und ist mithin beschwert.

(3) Dem steht nicht entgegen, dass der Gläubiger für einen ordnungsmäßigen Antrag nach § 890 Abs. 1 ZPO nicht verpflichtet ist, den Antrag zu beziffern, sondern das Gericht das geeignete Ordnungsmittel auswählt und dessen Höhe nach eigenem Ermessen bestimmt (vgl. OLG Düsseldorf, VuR 2015, 71 [juris Rn. 9]). Die Frage der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist von der Frage zu unterscheiden, welche inhaltlichen Anforderungen das Gesetz an einen Ordnungsmittelantrag stellt.

(4) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird der Gläubiger durch das Erfordernis, im Ordnungsmittelantrag zumindest eine Größenordnung des angestrebten Ordnungsgelds anzugeben, nicht in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Sieht die Prozessordnung ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfG, NZM 2023, 495 [juris Rn. 15]). Das ist hier nicht der Fall. Es ist dem Gläubiger zumutbar, in seinem Antrag gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO Angaben zur Höhe des von ihm für die Durchsetzung seiner Rechte für angemessen, aber auch notwendig erachteten Ordnungsgelds zu machen, die eine Beschwer und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit begründet, wenn das Prozessgericht dahinter zurückbleibt. Das damit - wie regelmäßig mit gerichtlichen Verfahren - verbundene, allerdings mit Blick auf § 891 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 92 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 ZPO analog geminderte Kostenrisiko (vgl. BGH, GRUR 2015, 511 [juris Rn. 9 und 14 f.]) steht zu dem mit dem Zwangsvollstreckungsverfahren angestrebten Ziel auch nicht derart außer Verhältnis, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. dazu BVerfG, NJW 1997, 311 [juris Rn. 7]).

c) Die Rechtsbeschwerde kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Gläubiger sei mit der von ihm eingelegten sofortigen Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen, das sich in seiner Kostentragungspflicht im Beschwerdeverfahren materialisiert habe. Die von der Rechtsbeschwerde insoweit geltend gemachte unmittelbare Beschwer wird nicht durch die für die Frage der Rechtsmittelbeschwer allein maßgebliche angefochtene Entscheidung begründet, sondern erst durch die (nachfolgende) Entscheidung des Gläubigers, diesen Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anzufechten. Damit unterscheidet sich der Streitfall auch von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (GRUR-RR 2018, 223 [juris Rn. 6]), auf welche die Rechtsbeschwerde verweist. Dort war die Gläubigerin bereits durch die (Kosten-)Entscheidung des Landgerichts beschwert, das nur wegen eines von mehreren gerügten Verstößen ein Ordnungsgeld verhängt hatte.

3. Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde jedoch gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, der Gläubiger habe im Ordnungsmittelverfahren keine Größenordnung des von ihm für angemessen erachteten Ordnungsgelds angegeben.

a) Für die Frage, ob die erforderliche Beschwer für das Rechtsmittelverfahren vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob der Gläubiger seine Vorstellungen zur Höhe des festzusetzenden Ordnungsmittels in Form eines bezifferten Antrags zum Ausdruck gebracht hat oder ob er in den zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Schriftsätzen im Ordnungsmittelverfahren einen festzusetzenden Mindestbetrag genannt und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass sein Rechtsschutzziel bei dessen Unterschreitung nicht erreicht ist. Maßgebend für die Frage der Beschwer ist allein, ob der Gläubiger erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt hat (zur vergleichbaren Frage des Teilunterliegens vgl. BGH, GRUR 2015, 511 [juris Rn. 16] mwN).

b) Das ist hier der Fall. Der Gläubiger hat zwar in der Antragsschrift selbst weder einen Mindestbetrag noch eine Größenordnung angegeben; das beantragte "empfindliche Ordnungsgeld" reicht als Angabe des Rechtsschutzziels nicht aus. Im Schriftsatz vom 12. Januar 2023 hat er jedoch unter Hinweis auf die zwei zuvor festgesetzten Ordnungsgelder in Höhe von jeweils 5.000 € ausgeführt, es sei dieses Mal "natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen". Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Gläubiger die Festsetzung eines Ordnungsgelds von mehr als 5.000 € für notwendig erachtet hat.

c) Das Beschwerdegericht hat diesen Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt, sondern in den tatbestandlichen Feststellungen allein auf die Begründung der Antragsschrift abgestellt, aus der sich (noch) kein Mindestbetrag und auch keine Größenordnung des beantragten Ordnungsgelds ergab.

d) Der Verfahrensrüge steht nicht entgegen, dass der Gläubiger diese Feststellung im angefochtenen Beschluss nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 320 ZPO angegriffen hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09, NZI 2010, 530 [juris Rn. 7]; Beschluss vom 20. März 2014 - V ZR 130/13, juris; Urteil vom 29. Januar 2021 - V ZR 139/19, NJW 2021, 2510 [juris Rn. 22]). Das Beschwerdegericht hat allein Feststellungen zum Inhalt der Antragsschrift getroffen, nicht aber zum Inhalt der weiteren im Ordnungsmittelverfahren vor dem Landgericht eingereichten Schriftsätze, auf den sich die Rechtsbeschwerde mit der Rüge einer Gehörsrechtsverletzung bezieht. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob an der zitierten Rechtsprechung zur Anwendbarkeit von § 320 ZPO auf Beschlüsse unter Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen § 314 Satz 1 ZPO, wonach der Tatbestand des Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert, und § 320 ZPO auch für Beschlüsse festgehalten werden kann, die ohne mündliche Verhandlung ergangen sind (vgl. dazu bereits BGH, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, NZM 2021, 724 [juris Rn. 11] mwN; Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZB 46/21, NJOZ 2022, 1110 [juris Rn. 13]).


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