Die Klägerin (die aus
abgetretenen Recht klagte) nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe einer
zur Aufstellung einer zum Betrieb eines Geldautomaten vermieten Gewerbefläche
in Anspruch. Der Mietvertrag wurde am 31.07.2015 auf die Dauer von fünf Jahren
(mit Verlängerungsklausel) geschlossen. Auf der Vorderseite des Vertragsformulars
der Beklagten waren u.a. Angaben zu den Vertragsparteien, dem Standort der
Gewerbefläche und zur Höhe der Miete; die Unterschrift erfolgte durch die
Mietparteien auf der Vorderseite im Anschluss an die o.g. Angaben. Auf der
Rückseite befanden sich allgemeine Vertragsbedingungen, in denen unter § 1 Abs.
1 auf eine Anlage verwiesen wurde, einem Lageplan, in dem die konkrete
Mietfläche in einem „Lageplan/Fotomontage“ für den Geldautomaten markiert sein
sollten. Die Vertragsdauer nebst der Verlängerungsklausel wurden dort unter § 2
benannt. Später unterzeichneten die
Vertragsparteien eine mit „Anlage 1“ bezeichnete Urkunde, in der in der
Überschrift diese als Anlage 1 „zum Mietvertrag zwischen … und …“ und
ausgeführt wurden „Das eingezeichnete Objekt kennzeichnet die Mietfläche nach §
1.1 des Vertrags“. Eine Fotomontage zeigte den von außen bedienbaren
Geldautomaten in einer Ansicht der Hausfassade. Der Gelautomat wurde am 29.11.2016
in Betrieb genommen.
Der Vermieter kündigte das
Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.08.2017 ordentlich zu, 31.03.2018.
Das Landgericht wies die
Räumungsklage ab. Auf die Berufung der Klägerin verurteilte das OLG die Beklagte
antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe. Die Revision der Beklagten führte zur
Wiederherstellung der landgerichtliche Entscheidung.
Ein Mietvertrag von einer Mietdauer
von über einem Jahr bedarf der Schriftform, § 550 BGB. Dies gilt auch für
Räume, die keine Wohnräume sind, § 578 Abs. 2 BGB. Der BGH führte aus, dass ein
Vertrag, bei dem sich der Vermieter verpflichtet, dem Mieter gegen ein
monatliches Entgelt eine Teilfläche zur Aufstellung eines Geldautomaten zur
Verfügung zu stellen, rechtlich als Mietvertrag zu qualifizieren sei, da dieser
Vertrag durch die typischen mietvertraglichen Hauptleistungspflichten der
Überlassung des Mietobjekts zur vertragsgemäßen Nutzung gegen Zahlung eines
Entgelts (§ 535 Abs. 1 und 2 BGB) geprägt sei. Damit sei auf ihn auch § 550 BGB
anwendbar, wenn der Vertrag auf die Dauer von mehr al einem Jahr geschlossen
wird.
Anders als das OLG sah der BGH
das Schriftformerfordernis als erfüllt an.
Die Schriftform des § 550 BGB sei
nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung
über alle wesentlichen Vertragsbedingungen aus der von beiden Parteien unterzeichneten
Urkunde ergäbe. Zu diesen notwendigen Angaben gehören Benennung der
Vertragsparteien, der konkrete Mietgegenstand, der Mietzins und die
Vertragsdauer. Da auch formbedürftige Vertragsklauseln der Auslegung
unterfallen würden, reiche es aus, wenn der Inhalt der Vertragsbedingungen im
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmbar sei. Würden wesentliche
vertragliche Vereinbarungen in Anlagen zum Vertrag ausgelagert, müssten die
Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit in geeigneter
Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Diese Kenntlichmachung müsse nicht durch
körperliche Verbindung erfolgen; ausreichend sei eine bloß gedankliche
Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck
gebracht werden müsse (BGH, Urteil vom 26.02.2020 - XII ZR 51/19 -). Weiterhin würde zur Schriftform die
Unterschrift der Vertragsparteien gehören, die den gesamten Vertragsinhalt
decken müsse und den Vertragstext räumlich abschließen, also unterhalb des
Textes stehen und damit die urkundliche Erklärung abschließen müsse (BGH,
Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).
Diese Voraussetzungen erfüllte
der Mietvertrag vom 31.07.2015 nicht. Der BGH verwies darauf, dass dieser nur
auf der Vorderseite unterschrieben worden sei und damit nicht den vollständigen
Vertragsinhalt, der auch aus den rückseitig abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen
bestünde, abdecken würde. Auf der Vorderseite sei auch kein verweis auf die
rückseitigen Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen worden, aus dem sich
entnehmen ließe, dass diese von den Unterschriften mitumfasst wären.
Allerdings sei es für die
Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich, dass schon die erste
Vertragsurkunde (hier der Mietvertrag vom 31.07.2015) selbst alle
Schriftformerfordernisse erfülle. Es genüge vielmehr, wenn diese
Voraussetzungen durch eine nachfolgende Änderungsvereinbarung gemeinsam mit der
in Bezug genommenen ersten Vertragsurkunde erfüllt würde. Dabei könne es nach
den Umständen des Einzelfalls auch genügen, wenn lediglich eine dem Vertrag
beigefügte Anlage von den Parteien unterschrieben würde, wenn in dieser Anlage
hinreichend deutlich würde, auf welchen vertrag sie sich beziehe. Auch hier sei
eine körperliche Verbindung zwischen dem Mietvertrag und der Anlage nicht
erforderlich, vielmehr genüge es wie bei einer Nachtragsvereinbarung zur
Einhaltung der Schriftform, dass zwischen der Anlage und dem Mietvertrag eine
gedankliche Verbindung bestünde, die erkennen ließe, dass beide Schriftstücke
in ihrer Gesamtheit den Vertrag bilden. Es sei daher ausreichend, wenn die
Anlage die Mietvertragsparteien bezeichne, hinreichend deutlich auf den
ursprünglichen Vertrag Bezug nähme und ersichtlich sei, dass es im Übrigen bei
den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleibe (BGH, Urteil vom
04.11.2020 - XII ZR 104/19 -).
Diese Voraussetzungen lägen hier
vor. Die nach Abschluss des Mietvertrages gefertigte Anlage nenne die Vertragsparteien
und würde den streitgegenständlichen Vertrag sowie den Mietgegenstand benennen.
Weiterhin würde Bezug genommen auf § 1 der auf der Rückseite des Mietvertrags vom
31.07.2015 abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen. Aus dieser Bezugnahme
würde die gesamte Vertragsurkunde des Mietvertrages vom 31.07.2015 und die
nachträgliche Anlage zu einer gedanklichen Einheit verbunden, aus der sich der
Inhalt des Vertrages ergäbe. Es sei deshalb nicht erforderlich, dass in der nachträglichen
Anlage die weiteren Vertragsbedingungen nicht mehr ausdrücklich aufgeführt
worden seien und auch kein klarstellender Hinweis auf die Fortgeltung der in
der Vertragsurkunde abgedruckten Allgemeinen Vertragsbedingungen aufgenommen
worden sei. Mithin sei die Schriftform nach § 126 Abs. 1 und 2 S. 1 BGB gewahrt.
BGH, Urteil vom 10.02.2021 - XII ZR 26/20 -