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Dienstag, 15. August 2017

Folge eines als „Haustürgeschäft“ abgeschlossenen und widerrufenen Modernisierungsvertrages bei Wohnraum

Die Beklagte sind Vermieter mehrerer Häuser mit Mietwohnungen. Sie  kündigten mit Schreiben vom Juni 2009 Modernisierungsmaßnahmen durch Umstellung auf eine zentrale Heizungs- und Warmwasserversorgung mit einer zu erwartenden Mieterhöhung von € 67,60 an. Im Dezember 2006 erschien der Beklagte zu 1. bei dem Kläger in der Wohnung und die Parteien schlossen eine Vereinbarung mit nachfolgendem Inhalt: „Es wird eine Modernisierungsvereinbarung getroffen. Die Miete erhöht sich um € 60.- pro Monat nachdem alle Heizkörper und die Warmwasserinstallation eingebaut sind. Die Arbeiten werden auf Wunsch des Mieters zwischen April und Juli abgeschlossen."

Nach Beendigung der Arbeiten im Mai 2010 zahlte der Kläger von Juni 2010 bis Oktober 2012 den um € 60,00/Monat erhöhten Mietzins. Dann widerrief er sein Einverständnis mit der Mieterhöhung und forderte den gezahlten Betrag zurück.

Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich; die vom Landgericht zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Da der Kläger Verbraucher nach § 13 BGB sei, die Beklagten bei der Vermietung in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 BGB) und damit als Unternehmer gehandelt fristgerecht von seinem Widerrufsrecht dieses in einer Haustürsituation geschlossenen Vertrages  (der Kläger hatte den Beklagten zu 1. nicht zu sich bestellt) zu mit der Folge, dass die gezahlten Beträge nach § 346 Abs. 1 BGB zurückzuzahlen sind.

Den Beklagten als Vermieter stünde demgegenüber aus der modernisierungsbedingten Steigerung des Wohnwertes hergeleiteter Wertersatzanspruch nicht zu. Zwar sehe § 346 Abs. 1 BGB vor, dass die wechselseitig empfangenen Leistungen zurückzugewähren seien, zu denen nach § 100 BGB auch Gebrauchsvorteile gehören würden. Ist dies aber, wie hier, nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen, habe der Schuldner statt dessen Wertersatz zu leisten, § 346 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 BGB, bei dessen Berechnung eine im Vertrag benannte Gegenleistung zugrunde zu legen sei. Dies bedinge aber nicht, dass der Schuldner nun die im Vertrag benannten € 60,00 schulde. Um den effektiven Rechtsschutz bei Widerruf von Haustürgeschäften zu gewährleisten, seien die entsprechend anzuwenden Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt einschränkend auszulegen. Auch wenn mithin § 346 Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 BGB für den zu leistenden Wertersatz auf die im Vertrag benannte Gegenleistung verweise, dass die § 346 BGB zugrundeliegende Konzeption des Gesetzgebers auf  freie Aushandeln derselben abstelle, die aber in Ansehung des Überraschungsmoments bei Haustürgeschäften nicht angenommen werden könne. Damit stelle sich bei einem hier vorliegenden Haustürgeschäft die Lage anders dar, als etwa bei einem Fernabsatzgeschäft.

Mithin sei vorliegend für einen Wertersatz auf die mietrechtlichen Besonderheiten bei einem Mieterhöhungsanspruch wegen Modernisierung abzustellen, von denen nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden dürfe, § 559b Abs. 4 BGB. Die Beklagten hätten zwar (ihren Vortrag als richtig unterstellt) eine Erhöhung der Miete um den geforderten Betrag von € 60,00/Monat nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten begehren können (und könnten diesen auch weiterhin geltend machen), doch hätten sie davon bisher keinen Gebrauch gemacht. Mangels Ausübung dieses Gestaltungsrechts, die Mieterhöhung dem Mieter in Textform zu erklären, die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und nach § 559 BGB zu erläutern, fehle es im hier fraglichen Zeitraum an einer wirksamen Mieterhöhung und könne eine entstandene Wohnwerterhöhung nicht über § 346 Abs. 2 BGB begehrt werden.

§§ 812, 818 BGB würden für einen Anspruch ausscheiden, da § 559ff BGB eine abschließende Regelung enthalten würden.


BGH, Urteil vom 17.05.2017 - VIII ZR 29/16 -

Samstag, 21. November 2015

Keine Widerrufsbelehrung bei Vertragsabschluss auf Messestand

Bild: pixabay
Wird ein Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossen, steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, auf welches er (formgerecht) hinzuweisen ist. Ein Kunde der beklagten kaufte auf einem Messestand der beklagten anlässlich der „Grünen Woche“ einen Staubsauger. Er wurde von der Beklagten nicht über ein Widerrufsrecht und das Musterwiderrufsformular informiert. Im Nachgang wandte sich der Kunde an den Kläger, der die beklagte abmahnte mit der Behauptung, das Unterlassen verstoße gegen  §§ 312g, 312b, BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB. Die verlangte Abmahnerklärung gab die Beklagte nicht ab.


Der Kläger erhob Klage. Diese wurde vom Landgericht zurückgewiesen.

Das Landgericht musste sich mit der Frage auseinandersetzen, was im Sinne der gesetzlichen Bestimmung ein Geschäftsraum ist, da bei dem Geschäftsabschluss in einem solchen es einer Widerrufsbelehrung nicht bedarf. Es entschied, dass es sich bei dem Messestand um einen beweglichen Geschäftsraum handelt mit der Folge, dass auch eine Widerrufsbelehrung nicht erforderlich war. Dabei stützte sich das Gericht auf die Verbraucherrichtlinie 2011/93/EU, derzufolge bewegliche Geschäftsräume solche sind, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Die ratio legis läge es nahe, den Begriff „für gewöhnlich“ nicht mit „ständig“ gleichzusetzen. Das folgert es aus den Erwägungsgrund der Richtlinie, wonach der Geschäftsräume solche sind, in denen der Unternehmer sein Geschäft ständig oder gewöhnlich ausübt und markt- und Messestände dazu zählen sollen, wenn sie diese Bedingung erfüllen. Weiterhin stellte es auf die Erwägungsgründe für die Richtlinie ab, wonach der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen möglicherweise psychisch unter Druck gesetzt würde oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt würde. Auch der Verbraucher, der auf einem Wochenmarkt einkaufe, werde daher nicht geschützt.

Der Beklagte würde ständig auf Messen präsent sein. Der Verbraucher wüsste bei der Grünen Messe in Berlin, dass in der Halle, in der der Beklagte seinen Stand hatte, Haustechnik dargeboten würde. Der Verbraucher stünde hier nicht unter Druck; die Halle habe einen gesonderten Zugang und der Verbraucher müsste bewusst dorthin gelangen.


LG Freiburg, Urteil vom 22.10.2015 – 14 O 176/15 -

Samstag, 27. September 2014

Internet-Shop: Anklicken der Widerrufsbelehrung nicht ausreichend

Dass bei einem Verkauf mittels eine Online-Shops eine Widerrufsbelehrung zu erfolgen hat ist allgemein bekannt. Dass aber der bloße „Zwang“ des Anklickens mit Häkchen eines als Bestätigung Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen“ selbst mit dem Zusatz „ausgedruckt oder abgespeichert“ nicht ausreichend ist, hat nunmehr der BGH in seinem Urteil vom 15.05.2014 Dass auch bei einem Verkauf über einen Internet-Shop die Widerrufsbelehrung erforderlich ist, ist festgehalten.  

Der Betreiber eines Internet-Shops (Fernabsatzvertrag nach § 312b BGB a.F., § 312c BGB n.F.) muss nicht nur eine korrekte Widerrufsbelehrung erteilen, wobei dringend anzuraten ist, das offizielle Muster einer solchen schon zur Vermeidung einer sonst möglichen Unwirksamkeit zu verwenden. Die Widerrufsfrist läuft erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher (§ 13 BGB) eine den Anforderungen des § 360 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform erhalten hat; dies galt bisher gem. § 360 Abs. 3 BGB und ist nach der Verbraucherrichtlinien 2014 (VRRL, abgedruckt in BGBl I 2013, 3642) nun in § 126b BGB normiert.

Während die Widerrufsfrist bei unterlassener oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung nach der alten, bis zum Inkrafttreten der VRRL zum 13.06.2014 unbeschränkt galt, kann der Verbraucher jetzt nur noch binnen einer Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen (§ 356a Abs. 3 BGB).

Um die gesetzliche Frist für den Widerruf von 14 Tagen (§ 355 Abs. 2 BGB) in Lauf zu setzen, ist neben der korrekten, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Widerrufsbelehrung erforderlich, dass diese schriftlich erfolgt (§ 126b BGB). Die Bestätigung mittels des benannten Häkchens  im Kontrollkasten wertet der BGH im Hinblick auf ihre Rechtswirkung als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), was zusätzlich dadurch dokumentiert würde, dass der Verbraucher ohne das setzen den Bestellvorgang nicht abschließen kann. Dabei wird aber gerade diese Methode verwandt, um den vermeintlichen Nachweis einer Kenntnisnahme der Belehrung durch den Verbraucher zu erreichen. In diesem Zwang sieht der BGH eine Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Verbrauchers, die unzulässig sei. Dies unbeschadet dessen, dass ohne nachweislicher Belehrung die Widerrufsfrist nicht bzw. nach der neuen Rechtslage auf 1 Jahr und 14 Tage läuft.

Die Bestätigung durch Setzen des Häkchens habe, so der BGH, eine unzulässige Beweislastumkehr zu Folge und wäre deshalb unwirksam (§ 309 Nr. 12b BGB). Der Unternehmer trage die Beweislast für die Tatsachen, aus denen er die Nichteinhaltung der Frist herleiten will (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F., § 312k Abs. 2 BGB n.F.).  Dies ergibt sich letztlich allerdings auch bereits aus § 309 Nr. 12b BGB.

Zugegangen wäre die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher, wenn er diese ausdruckt oder bei sich abspeichert. Diese dem Verbraucher gegebene Möglichkeit ändert allerdings nichts an der Verpflichtung des Betreibers des Online-Shop (Unternehmer, § 14 BGB) dafür Sorge zu tragen, dass ihm die Widerrufsbelehrung auch ohne sein eigenes Zutun zugeht. Eine Bestätigung über „ausgedruckt“ oder „abgespeichert“ führe aber zu u.U. wahrheitswidrigen Angaben, was vom gesetzlichen Leitbild abweicht.


Ausreichend ist im sogen. E-Commerce die Überlassung der Widerrufsbelehrung auch per E-Mail (§ 312c Abs. 2 BGB).  Da der Betreiber des Online-Shop ohnehin verpflichtet ist, einen eingegangenen Auftrag zu bestätigen, anempfiehlt es sich, die Mail (nicht lediglich als Anhang) um die korrekte und vollständige Widerrufsbelehrung zu ergänzen. 

BGH, Urteil vom 15.05.2014 - III ZR 368/13 -