Sonntag, 25. Juni 2017

Schriftform nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B und Bestimmtheit der Mängelbeseitigungsaufforderung

Nach § 13 Nr. 5 Abs.. 1 Satz 2 VOB/B regelt die Verjährung des Anspruchs des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber auf Beseitigung von Mängeln. Die Frist beträgt zwei Jahre, beginnend mit dem Zugang des schriftlichen Verlangens der Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer (nicht jedoch vor Verjährung der Regelfristen aus Abs. 4 oder vereinbarten Fristen).

Die Parteien hatten darüber gestritten, ob Mängel vorliegen und, bejahendenfalls, ob der Zahlungsanspruch der Klägerin (Auftraggeberin) nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B nach Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte (Auftragnehmerin) noch durchsetzbar ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben sowohl die Mängel als bestätigt angesehen und der Klägerin den geltend gemachten Kostenersatzanspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zuerkannt.

Nach den Feststellungen des OLG betrug die Verjährungsfrist nach Nr. 8 der Besonderen Vertragsbedingungen fünf Jahre. Da im Übrigen keine besonderen Absprachen getroffen wurden, die VOB/B vereinbart waren, würde danach die Verjährung gem. § 13 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B mit Ablauf des 03.10.2010 eintreten. Allerdings habe die Klägerin mit ihrer Mail vom 09.06.2010, welche erstmals ein Mängelbeseitigungsverlangen enthielt (vorherige Korrespondenz hätten sich auf den Versuch einer einvernehmlichen Regelung bezogen), entgegen der Annahme der Beklagten gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B den Eintritt der Verjährung wegen dieser Mängel wirksam zum 03.10.2010 gehemmt und mit der Mail eine neue Verjährungsfrist diesbezüglich in Gang gesetzt.

Die Mail würde auch dem Bestimmtheitserfordernis entsprechen. Sie sei inhaltlich derart bestimmt gewesen, dass die Beklagte hätte erkennen können, welche Mängel gerügt und nachgebessert werden sollten. In ihr sei Bezug genommen worden auf einen Ortstermin, der der Inaugenscheinnahme der gerügten Fenstermängel diente. Ferner waren ihr die Prüf- und Wartungsprotokolle einer Fa. M. beigefügt gewesen, in denen die streitgegenständlichen Fenster genau angegeben worden seien. Es wurde in der Mail darauf hingewiesen, dass man im Ortstermin so verbleiben sei, eine einvernehmliche Lösung anzustreben, was nicht für einen neuen Auftrag sondern für ein gewünschtes Tätigwerden der Beklagten im Rahmen ihrer Gewährleistungspflicht spräche. Es sei auch nicht angefragt worden, „ob“ die Beklagte die Mängel behebt, sondern „wann“ sie dies tut. So sei auch zutreffend die Mail der Beklagten gem. §§ 133, 157 BGB  als Aufforderung zur Gewährleistungsarbeit verstanden worden, da sie in ihrer Antwortmail mehrfach das Wort „Gewährleistung“ gebraucht habe.

Die Beklagte vertrat ferner die Auffassung, die Mail würde nicht dem Schriftformerfordernis der VOB/B entsprechen. Nach § 127 Abs. 2 S. 1 BGB sei die gewillkürte Schriftform auch durch telekommunikative Übermittlung gewahrt. Durch die Einbeziehung der VOB/B handele es sich um eine gewillkürte Schriftform, weshalb § 127 Abs. 2 S. 1 BGB anzuwenden sei.

Da durch die Mail die neu in Gang gesetzte Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 09.06.2012 endete, führte die am 09.06.2012 eingereichte und am 20.06.2012 zugestellte Klage zur Hemmung der Verjährung, §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.


OLG Köln, Urteil vom 22.06.2016 - 16 U 145/12 -



Aus den Gründen:

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.09.2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 233/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 22.094,73 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für die Beseitigung von Mängeln an Fenstern eines Schulgebäudes.
Die Klägerin ist Eigentümerin der K-H-Schule in C. Nach öffentlicher Ausschreibung gemäß VOB/A beauftragte die Klägerin die Beklagte - ein Metallbauunternehmen - aufgrund des Angebots der Beklagten vom 29.03.2004 (Anl. K2) mit Schreiben vom 21.07.2004 (Anl. K3) mit der Durchführung von Metallbau- und Verglasungsarbeiten, u.a. der Erneuerung der Fenster des Gebäudes. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB/B 2002, die Besonderen Vertragsbedingungen der Klägerin für die Ausführung von Bauleistungen sowie die Zusätzlichen Vertragsbedingungen der Klägerin für die Ausführung von Bauleistungen. Abweichend von § 13 VOB/B 2002 vereinbarten die Parteien gemäß Ziffer 8 der Besonderen Vertragsbedingungen eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren.
Zu den auszuführenden Arbeiten gehörte der Einbau von 15 mit Dreh- und Kipp-Fenstern ausgestatteten - sogenannten - kleinen Rundbogenfenstern mit einem Biegeradius von 310 mm in den Räumen 114-116 des ersten Obergeschosses. Zur Herstellung der Fenster verwendete die Beklagte Blend-/Fensterrahmen-Profile der Herstellerfirma X. Diese Profile bestehen außen aus Aluminium-Schalen und dazwischen aus schwalbenschwanzförmigen Hart-PVC-Kunststoffstegen, in deren Nut die Mitteldichtung eingeklipst wird. Die Mitteldichtung ist für das funktionsgerechte und insbesondere reibungslose Öffnen und Schließen der in die Fensterrahmen eingesetzten Fensterflügel wichtig. Die für den Rundbogen erforderliche Biegung der Profile erfolgte durch ein Drittunternehmen. Die Arbeiten der Beklagten wurden insgesamt am 03.08.2005 abgenommen.
Im Oktober 2009 beauftragte die Klägerin die Firma M mit der Wartung und Überprüfung der Fensteranlage. Diese teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2009 (Anl. K 5) mit, dass die Rundbogenfenster im ersten Obergeschoss mangelhaft seien, es bestehe Unfallgefahr. Der von der Klägerin beauftragte Architekt N zeigte der Beklagten die Mängel durch Schreiben vom 17.11.2009 (Anl. K 6) an und setzte ihr eine Frist zur Stellungnahme bis zum 25.11.2009. Die Beklagten kündigten mit Schreiben vom 25.11.2009 (Anl. K 7) eine Besichtigung und Prüfung der Problematik an. Am 01.12.2009 löste sich ein Fensterflügel eines nicht streitgegenständlichen Fensters aus dem Rahmen. Bei einem nachfolgenden Ortstermin am 14.01.2010, an dem neben den Parteien auch ein Vertreter der Fa. X teilnahm, konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden. Im Anschluss an den Ortstermin teilte die Fa. X der Beklagten gemäß Schreiben vom 19.01.2010 (Bl. 18f GA) u.a. mit, die Flügel- und Rahmenmaße seien zu überprüfen, die Ortsbesichtigung habe gezeigt, dass vermutlich einige Flügel zu groß seien.
Am 09.06.2010 übersandte die Klägerin der Beklagten per E-Mail die auf den 23.01.2010 datierten Prüf- und Wartungsprotokolle der Firma M, denen zufolge alle 15 kleinen Rundbogenfensterflügel nicht reparabel waren, mit folgendem Anschreiben (Anl. K 11): "Die Schulleitung hat mich gestern informiert, dass die betroffenen Fenster sich nicht oder nur sehr eingeschränkt öffnen lassen, sodass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Nach unserem Ortstermin waren wir verblieben, dass hier eine einvernehmliche Lösung angestrebt werden muss. Aufgrund der momentanen Situation müssen jetzt aber schnellstmöglich die in der Anlage dargestellten Fenster instand gesetzt werden. Bitte teilen Sie mir mit, wann Sie in der Lage sind, die Arbeiten auszuführen."
Mit E-Mail vom 10.06.2010 (Anl. K 12) lehnte die Beklagte die Mangelbeseitigung ab, weil aufgrund vor Ort festgestellter Eingriffe seitens der Fa. M und der nicht durchgeführten Wartung die Gewährleistung erloschen sei.
Die von der Klägerin mit der Reparatur der 15 kleinen Rundbogenfenster beauftragte Fa. N2 N3 GmbH teilte der Klägerin mit Schreiben vom 17.11.2010 (Bl. 118 GA) mit, bei mehreren Ortsterminen hätte sie die Feststellung gemacht, dass u.a. die Flügelaußenbreite 608 mm gegenüber der Rahmenlichtbreite von 600 mm betrüge, damit sei das gebotene Kammermaß von >= 16,5 mm nicht gewährleistet, Falzgetriebe und Kippriegel streiften; die Flügelaußenhöhe von ca. 1200 mm sei um ca. 5-6 mm zu hoch.
Mit Schreiben vom 01.12.2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Beseitigung der Mängel an den Rundbogenfenstern oder Schadensersatz bis zum 13.12.2010 auf (Anl. K 13). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 09.12.2010 eine Mängelbeseitigung ab (Anl. K 14). Ein weiteres Mängelbeseitigungsaufforderungsschreiben der Klägerin vom 11.01.2011 mit Fristsetzung auf den 28.02.2011 (Anl. K15) blieb erfolglos.
Daraufhin ließ die Klägerin Sanierungsarbeiten an den Fenstern durchführen. Während die von der Beklagten gefertigten Rundbögen-Rahmen erhalten blieben, wurden die ursprünglichen Fensterflügel ersetzt, wobei das Fensterglas durch eine zusätzliche horizontale Sprosse im Bereich des Bogenbeginns in ein oberes, nicht zu öffnendes, festverglastes Fenster und einen darunter angebrachten rechteckigen Fensterflügel geteilt. Diese Arbeiten wurden nach öffentlicher Ausschreibung von der Firma C & X N4 GmbH gegen eine Vergütung von 22.094,53 EUR ausgeführt. Mit am 12.09.2011 abgesandtem Schreiben der Klägerin (Anl. K21) wurde die Beklagte zur Erstattung dieses Betrages bis zum 07.10.2011 aufgefordert.
Die Klägerin hat behauptet, im Rahmen der Sanierung habe sich herausgestellt, dass für das verwendete X-Profil ein Mindestaußenradius von 400 bis 600 mm erforderlich gewesen sei. Aufgrund des zu geringen Außenradius seien die Fensterprofile bei dem erforderlichen Biegevorgang innen deformiert und beschädigt worden, so dass auch die erforderliche Mitteldichtung nicht ordnungsgemäß habe eingeklipst werden können. Die Beklagte habe diese daher aufgeklebt, was die augenscheinlichen Beschädigungen verdeckt habe. Außerdem sei die Differenz zwischen Flügelaußenbreite und Rahmenlichtbreite gemäß den Messergebnissen der Fa. N2 N3 GmbH zu gering. Die Firma M habe keine Veränderungen an den Rundbogenfenstern vorgenommen. Zur Mangelbeseitigung seien die von der Firma C & X N4 GmbH vorgenommenen Arbeiten erforderlich und die dafür abgerechnete Vergütung angemessen gewesen.
Die Klägerin hat weiterhin die Ansicht vertreten, die Beklagte könne sich wegen arglistiger Täuschung über die Mangelhaftigkeit der Fenster nicht auf Verjährung berufen.
Mit der am 08.06.2012 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 20.06.2012 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 22.094,73 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die behauptete Mangelhaftigkeit ihrer Leistung bestritten. Ursächlich für den Zustand der Fenster seien Reparaturarbeiten der nicht fachkundigen Fa. M sowie der infolge unterlassener Wartung eingetretene erhöhte Verschleiß - insoweit sei nach den Unterlagen der Fa. X eine jährliche Wartung der Fenster erforderlich gewesen. Zudem habe die Klägerin im Zuge der Sanierung modifizierte Fenster mit optimierter Verglasung eingesetzt, so dass der geltend gemachte Betrag über den Kosten einer reinen Mangelbeseitigung liege.
Weiterhin hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die E-Mail vom 09.06.2010 sei kein ausreichend bestimmtes Mängelbeseitigungsverlangen im Sinne von § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2002, sondern eine auf den Abschluss eines Reparaturauftrages gerichtete Anfrage.
Das Landgericht hat nach Erhebung von Sachverständigen- und Zeugenbeweis die Klage auf Erstattung der für die Sanierung aufgewandten 22.094,53 EUR (nebst Zinsen) vollumfänglich gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 2002 zugesprochen. Nach der Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen K sowie Klärung von Anknüpfungstatsachen durch Vernehmung der Zeugen B, N, S und M2 stehe ein Mangel der von der Beklagten eingebauten 15 kleinen Rundbogenfenster fest, weil diese nicht vollumfänglich funktionstauglich, damit nicht dauerhaft gebrauchstauglich und technisch gravierend mangelhaft seien. Auch wenn die starke Stauchung der Profile an sich noch keinen funktionalen oder optischen Mangel darstelle, habe doch die Anbringung der Mitteldichtung in dem erheblich gestauchten Profil zu einer Schwergängigkeit und damit zu einem Schleifen der Fenster geführt. Zudem seien die Fenstermaße im Verhältnis zu den Rahmenmaßen falsch bemessen. Eine Verjährung sei nicht eingetreten, da die Mail der Klägerin vom 09.06.2010 zu einer 2-jährigen Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2002 geführt habe und die Verjährung durch die Klageeinreichung am 08.06.2012 rechtzeitig gehemmt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung weiterhin die vollständige Klageabweisung, wobei sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sich in erster Linie gegen die Auslegung des Landgerichts zum Mängelbeseitigungsverlangens-Charakter der Mail vom 09.06.2010 und in zweiter Linie - mit einzelnen Angriffen - gegen das Beweisergebnis der Kammer zum Vorliegen eines Werkmangels wendet.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
unter Abänderung des am 23.09.2015 verkündeten Urteils der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 233/12 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angegriffene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet, da das Landgericht zu Recht die von der Klägerin gestellten Zahlungs- und Zinsanträge zugesprochen hat.
1. Der Klägerin steht gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 2002 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 22.094,73 EUR zu.
a. Die von der Beklagten im Rahmen des Werkvertrages ausgeführten 15 kleinen Rundbogenfenster sind mangelhaft.
Ein Sachmangel liegt vor, wenn das Werk von der vereinbarten, vorausgesetzten bzw. gewöhnlichen Beschaffenheit abweicht, wobei ein Mangel schon dann vorliegt, wenn das Werk nicht funktionstauglich ist. Zur Funktionstauglichkeit von Dreh- und Kipp-Fenstern gehört, dass diese sich ohne Reibung und ohne Schleifspuren öffnen und schließen lassen.
Die Funktionstauglichkeit der von der Beklagten eingebauten 15 kleinen Rundbogenfenster ist eingeschränkt, da einerseits das Aufkleben der Mitteldichtung in dem erheblich gestauchten Profil und andererseits falsch bemessene Flügelfenstermaße zu einer Schwergängigkeit und damit zu einem Schleifen der Fenster geführt haben. An diese tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, denn es begründen keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen.
Die Feststellungen der Kammer beruhen auf den Erkenntnissen des Sachverständigen K. Dieser hat gemäß seinem schriftlichen Gutachten vom 30.09.2014 zum einen ermittelt, dass die Profilrahmen im gebogenen Bereich und dort insbesondere im Bereich der Kunststoffstege erhebliche Zwängungsverformungen aufweisen. Diese Verwerfungen seien zwar - wie der Sachverständige K in der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens am 11.03.2015 bestätigt hat - nicht per se als mangelhaft einzustufen, da sie keinen dekorativen, sondern nur einen funktionalen Anspruch haben, sie machten allerdings ein systemgerechtes, formschlüssiges Einklipsen der Mitteldichtung unmöglich. Die daraufhin von der Beklagten vorgenommene zusätzliche Verklebung der Mitteldichtung sei zwar eine durchaus zielführende und übliche Maßnahme, habe aber im vorliegenden Fall aufgrund der extremen Verformungen der Stege nicht verhindern können, dass es beim Betätigen der Fenster zu einem dauerhaften Schleifen zwischen den Fensterflügeln und den Mitteldichtungen gekommen sei. Dies werde durch die erheblichen Schleifspuren und zusätzlichen Ausbrüche an den Kunststoffprofilen der Fensterflügel, die im oberen Bereich zudem Spuren unsachgemäßer Nacharbeiten, etwa in Form angeschliffener Kunststoffprofile aufweisen, belegt. Zum anderen hat der Sachverständige K in seinem schriftlichen Gutachten vom 30.09.2014 festgestellt, dass es an den Fensterflügeln deutlich erkennbare Schleifspuren an den Falzgetrieben und den Kippriegeln/Kippscheren gibt, was darauf schließen lasse, dass die Differenz zwischen Flügel-Außenmaß und Blendrahmen-Innenmaß zu klein war, so dass die Kippriegel/Kippscheren am Blendrahmen streiften. In seiner Anhörung am 11.03.2015 hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass er seiner Begutachtung auch die von der Fa. N2 N3 GmbH in ihrem Schreiben vom 17.11.2010 festgehaltenen Werte der Flügelaußen- und -innenmaße zugrunde gelegt habe, insbesondere das Ergebnis, dass der Flügel 5-6 mm zu hoch gewesen sei. Auch aus diesem Umstand hat der Sachverständige geschlussfolgert, dass das Biegen der Profile nicht fachgerecht erfolgt ist.
Insgesamt hat der Sachverständige K damit festgestellt, dass der nach Biegung der Profile und Einbringen der Mitteldichtung erstellte Fensterrahmen für die eingebauten Fensterflügel sowohl im Hinblick auf die Differenz zwischen Flügel-Außenmaß und Blendrahmen-Innenmaß als auch bzgl der Fensterflügelhöhe zu klein waren.
Die Ausführungen und die Ergebnisse des Sachverständigen K vermögen aus folgenden Gründen zu überzeugen:
(1) Der Sachverständige hatte für seine Schlussfolgerungen ausreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte.
Zum einen hat er den bereits beschriebenen Zustand der Fensterflügel durch Inaugenscheinnahme aller ausgebauten 15 Fensterflügel vor Ort und näherer Untersuchung eines exemplarischen Fensterflügels ermittelt. Der Einwand der Beklagten, die Erkenntnisse des Sachverständigen stützten sich auf die Untersuchung eines einzigen Fensterflügels, trifft nicht zu, denn dem schriftlichen Gutachten vom 30.09.2014 zufolge hat der Sachverständige die bereits dargelegten Schleifspuren vor Ort an allen 15 Fensterflügeln festgestellt. Auch der von der Beklagten betonte Umstand, dass aufgrund der nach der Sanierung veränderten Fensteranlage eine Zuordnung der ausgebauten Fensterflügel zu den im Gebäude verbliebenen Fensterrahmen nicht möglich war und noch nicht einmal 1 komplettes Ursprungsfenster rekonstruiert werden konnte, ist im Ergebnis irrelevant. Denn der Sachverständige konnte aus den in Augenschein genommenen Fensterflügeln entgegen der Einschätzung der Beklagten nicht nur Vermutungen äußern, sondern ausreichend sichere Schlüsse ziehen.
Zum anderen sind auch die von der Beklagten bestrittenen Messergebnisse seitens der Fa. N2 N3 GmbH nach der Vernehmung des Zeugen B erwiesen. Die Würdigung dieser Zeugenaussage durch das Landgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der diesbezüglichen Feststellungen begründen. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des angegriffenen Urteils.
(2) Die Ergebnisse des Sachverständigen K sind in sich schlüssig und gut nachvollziehbar. Für die Richtigkeit seiner Schlussfolgerungen spricht darüber hinaus auch das von der Beklagten selbst vorgelegte Schreiben der Hersteller-Fa. X vom 19.01.2010, in dem als Ergebnis der Ortsbesichtigung vom 14.01.2010 u.a. festgehalten wird, dass die Flügel- und Rahmenmaße zu überprüfen seien, da die Ortsbesichtigung gezeigt habe, dass vermutlich einige Flügel zu groß seien. Diese Aussage der Herstellerfirma, die die Fensterflügel - anders als der Sachverständige - im eingebauten Zustand gesichtet hatte, ist ein objektiver Beleg dafür, dass es entsprechende Ausführungsfehler der Beklagten gegeben hat.
(3) Als Ursache für den von dem Sachverständigen K festgestellten Zustand der Fensteranlage konnten andere, abseits der Ausführungsarbeiten der Beklagten in Frage kommende Umstände nicht festgestellt werden. Insbesondere hat die Vernehmung der Zeugen S und M2 - wiederum nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend - ergeben, dass die Fa. M entgegen der Behauptung der Beklagten an den streitgegenständlichen Fenstern keine Mängelbeseitigungsarbeiten oder Veränderungen durchgeführt, insbesondere keine Schleifarbeiten an den Fensterflügeln vorgenommen hat. Weiterhin hat der Sachverständige K in seiner Anhörung erklärt, dass es im Wesentlichen spekulativ sei, ob die Schwergängigkeit der Fenster auf Wartungsfehler zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass von allen im Gebäude eingebauten rund 60 Fenstern nur die streitgegenständlichen 15 kleinen Rundbogenfenster die dargestellten Probleme aufweisen. Für den Fall unterlassener Wartungsarbeiten hätte es nahegelegen, dass auch andere Fensterarten in dem Gebäude von der Problematik betroffen wären.
(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte der Sachverständige K auch die Sach- und Fachkunde zur Beurteilung der Ursachen für den festgestellten Zustand der kleinen Rundbogenfenster. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für u.a. Fenster und Fassaden-Konstruktionen, hat eine 30jährige Berufserfahrung und kann insbesondere auch die Profilbiegetechnik zutreffend bewerten. So zieht der Sachverständige aus der von ihm dargestellten starken Stauchung der Profile infolge der Biegung per se gar keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der Fensteranlage, denn insoweit führt er aus, dass dies allein weder ein funktionaler noch ein optischer Mangel sei. Als für das Fenstergewerk zugelassener Sachverständiger kann er aber den an die starke Biegung und die aufgeklebte Mittelabdichtung anschließenden Mangel der Schwergängigkeit der Fenster beim Öffnen und Schließen ohne weiteres beurteilen.
b. Ob die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 09.12.2010 die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat, kann dahin stehen, da das nachfolgende Schreiben der Klägerin vom 11.01.2011 die nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 2002 erforderliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit Fristsetzung (bis zum 28.02.2011) darstellt.
c. Da die Beklagte die Mängel nicht beseitigt hat, kann die Klägerin von ihr die zur Beseitigung der Mängel aufgewandten Kosten iHv 22.094,53 EUR ersetzt verlangen. Auch insoweit hat das Landgericht aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen K nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend festgestellt, dass die nach Ausschreibung durchgeführten Arbeiten erforderlich und die mit 22.094,53 EUR abgerechneten Kosten angemessen waren.
Soweit die Beklagte meint, die angesetzten Kosten gingen über die bloße Mängelbeseitigung hinaus, da modifizierte Fenster mit optimierter Verglasung eingesetzt worden seien, trifft dies im Ergebnis nicht zu. Die Art der Verglasung ist gleich geblieben. Die Qualität der neu eingesetzten Fenster ist in der Ausschreibung der Sanierungsarbeiten mit "Isolierglasfüllung (Ug = 1,1 W/m² K) als Verbundsicherheitsglas" angegeben. In der Ausschreibung des Ursprungsauftrages waren die streitgegenständlichen Fenster mit der Verglasung "GT 3" bezeichnet, was gemäß den einführenden Angaben für die Qualität "Ug 1,1 W/m² K" steht. Auch die Veränderung der Fenstergestaltung bedeutet keine zu Lasten der Beklagten gehende "Modifizierung", vielmehr hat die Erhaltung der eingebauten Fensterrahmen unter Einbau einer festen Horizontalsprosse unbestritten zur Kostenreduzierung beigetragen.
d. Von den Mangelbeseitigungskosten iHv 22.094,53 EUR ist auch kein Abzug neu für alt vorzunehmen. Dieser auch auf den Aufwendungsersatz anwendbare Grundsatz des Vorteilsausgleichs soll vermeiden, dass der Gläubiger durch die Ersatzleistung entgegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) ungerechtfertigt bereichert wird (vgl. BGH, Urt. v. 17.05.1984 - VII ZR 169/82 Rz. 17f, zitiert nach juris). Zwar erzielt die Klägerin dadurch einen Vermögensvorteil, dass aufgrund der Neugestaltung der 15 kleinen Rundbogenfenster deren Nutzungsdauer ("Lebenserwartung") bis zu der ohnehin erforderlichen Sanierung von vorne beginnt und die Klägerin damit erst zu einem späteren Zeitpunkt eigene finanzielle Mittel zur Sanierung der Fenster einsetzen muss. Bei der gebotenen Abwägung ist vorliegend aber eine Reduzierung der von der Klägerin tatsächlich aufgewandten Kosten nicht angemessen. Mit den von ihr eingesetzten finanziellen Mittel wurden nicht bloß Mängel der vorhandenen Fensteranlage unter Beibehaltung der grundsätzlichen Fensterkonstruktion beseitigt, vielmehr ist die von der Klägerin für die streitgegenständlichen 15 kleinen Rundbogenfenster am 21.07.2004 in Auftrag gegebene Fenstergestaltung dergestalt verändert worden, dass eine einfachere Ausführung gewählt wurde. Da diese Änderung als kostenminimierende Maßnahme auch der Beklagten zugute kommt, ist es nicht unbillig, dass der Klägerin die dargestellten Sanierungsvorteile in voller Höhe verbleiben.
e. Des Weiteren führt auch kein Mitverschulden (§ 254 BGB) der Klägerin zu einer Anspruchsreduzierung. Soweit die Beklagte vorträgt, nach den Unterlagen der Fa. X sei eine jährliche Wartung der Fenster erforderlich gewesen, ergibt sich daraus keine Obliegenheitsverletzung der Klägerin. Nach der Begutachtung des Sachverständigen K steht - wie bereits erörtert - nicht fest, dass die unterlassene Wartung zur Schwergängigkeit der Fenster beigetragen hat. Zudem würde eine der Klägerin vorwerfbare Obliegenheitsverletzung auch voraussetzen, dass sie zuvor von der Beklagten auf die erforderliche jährliche Wartung hingewiesen wurde, was die Beklagte nicht behauptet.
f. Die Ersatzforderung der Klägerin ist auch durchsetzbar, denn die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede ist - wie bereits das Landgericht zutreffend gesehen hat - nicht begründet.
(1) Gemäß Ziffer 8 der besonderen Vertragsbedingungen beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre. Da für den Beginn keine besondere Absprache getroffen wurde, gilt insoweit § 13 Nr. 4 Abs. 3 VOB/B 2002, so dass der Fristlauf mit der - am 03.08.2005 erfolgten - Abnahme einsetzte. Verjährung wäre damit mit Ablauf des 03.08.2010 eingetreten.
(2) Rechtzeitig vor dem Verjährungsablauf ist durch die E-Mail der Klägerin vom 09.06.2010 gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2002 eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren in Gang gesetzt worden.
Die E-Mail der Klägerin vom 09.06.2010 enthält erstmals ein Mängelbeseitigungsverlangen, denn in der Vorkorrespondenz vor und nach dem Ortstermin vom 14.01.2010 wurde noch eine einvernehmliche Lösung der Fensterproblematik gesucht, aber die Beklagte nicht konkret zur Mängelbeseitigung aufgefordert. So wurden der Beklagten durch das Schreiben des von der Klägerin beauftragten Architekten N vom 17.11.2009 die Mängel nur angezeigt und ihr eine Stellungnahmefrist gesetzt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten war die E-Mail vom 09.06.2010 inhaltlich so bestimmt, dass die Beklagte erkennen konnte, welche Mängel gerügt und von ihr nachgebessert werden sollten (vgl. Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, § 13 VOB/B, Rz. 226 und 231). Die E-Mail nimmt Bezug auf den Ortstermin, der der Inaugenscheinnahme der Fenstermängel diente. Ihr waren die Prüf- und Wartungsprotokolle der Fa. M beigefügt, die im Einzelnen ausdrücklich die Mangelhaftigkeit der streitgegenständlichen 15 Fenster der Räume 114, 115 und 116 im 1. OG aufführen. Weiter heißt es in der E-Mail vom 09.06.2010, "dass die betroffenen Fenster sich nicht oder nur sehr eingeschränkt öffnen lassen" und "schnellstmöglich" instand gesetzt werden müssen. Die Beklagte durfte diese Mail auch nicht als bloße Anfrage auf Abschluss eines Reparaturauftrages auffassen. Nach den §§ 133, 157 BGB ist der objektive Empfängerhorizont maßgeblich und ein verständiger Dritter hätte die E-Mail vom 09.06.2010 als ein auf den zwischen den Parteien bereits bestehenden Werkvertrag aus 2004 Bezug nehmendes Beseitigungsverlangen interpretiert. So ist in der E-Mail davon die Rede, man sei im Ortstermin so verblieben, dass eine einvernehmliche Lösung anzustreben sei - was anknüpfend an das Thema des Ortstermins der Mängel-Inaugenscheinnahme für ein gewünschtes Tätigwerden der Beklagten im Rahmen ihrer Gewährleistungspflicht und nicht für einen neuen Auftrages spricht. Mit der E-Mail wird auch nicht unverbindlich angefragt, "ob" die Beklagte in der Lage sei, die Arbeiten auszuführen, sondern fordernd "wann" dies der Fall ist. Letztlich zeigt auch die E-Mail der Beklagten vom 10.06.2010, dass sie selbst die E-Mail vom 09.06.2010 als Aufforderung zur Durchführung von Gewährleistungsarbeiten verstanden hatte, denn in ihrem Schreiben verwendet die Beklagte mehrfach den Begriff "Gewährleistung" als Wort oder Wortbestandteil.
Die nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2002 gebotene Schriftlichkeit ist durch die E-Mail gewahrt, denn gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB wird die - wie hier durch die Einbeziehung der VOB/B vereinbarte - gewillkürte Schriftform durch die telekommunikative Übermittlung gewahrt.
Die somit gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2002 am 09.06.2010 in Gang gesetzte neue 2-jährige Verjährungsfrist endete mit Ablauf des 09.06.2012, wurde aber durch die Einreichung der Klage der kostenbefreiten Klägerin am 08.06.2012 und die Klagezustellung am 20.06.2012 gemäß den §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO und § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
2. Die Zinsforderung ist aufgrund des am 12.09.2011 abgesandten Zahlungsaufforderungsschreibens der Klägerin mit Zahlungsfrist bis zum 07.10.2011 gemäß den §§ 288 Abs. 1, 286 BGB begründet.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze allein nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts entschieden.

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