Ein Verzicht auf eine Eigenbedarfskündigung sollte schriftlich erfolgen. So hat das LG Hamburg in einem Urteil vom 14.02.2013 – 307 S 456/11 – entschieden, dass der entsprechende mündliche Kündigungsverzicht des Ex-Vermieters, der die Immobilie veräußert hatte, jedenfalls dann der Schriftform bedarf, wenn der Verzicht länger als ein Jahr wirken soll. Dies wird mit Hinweis auf § 550 Satz 1 BGB unter Berufung auf die grundlegende Entscheidung des BGH vom 04.04.2007 – VIII ZR 223/06 – begründet.
Unabhängig also davon, dass die Schriftform ohnehin im Hinblick auf die Beweislichkeit des Verzichts dringend anzuraten ist, ist sie als Formerfordernis auch bei einer längeren Zeitspanne als ein Jahr zwingend. Bei Verzicht auf die Schriftform kann sich der Mieter auf den Ausschluss, liegt der Verzicht länger als ein Jahr zurück, nicht wirksam berufen. Die Schriftform ist allerdings nur gewahrt, wenn die Regelung selbst im Mietvertrag enthalten ist.
LG Hamburg, Urteil vom 14.02.2013 - 307 S 456/11 -
BGH, Urteil vom 04.04.2007 - VIII ZR 223/06 -
Aus den Entscheidungsgründen des Urteils des LG Hamburg:
Soweit sich die Beklagten gegenüber der Eigenbedarfskündigung der Klägerinnen auf einen vertraglichen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung berufen, und sich hierbei nicht auf im eigentlichen Mietvertrag befindliche Schreiben des Bundes als ehemalige Vermieter berufen sowie mündliche Zusagen beziehen, können sie hiermit nicht durchdringen. Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf ein Verzicht des Vermieters auf das Recht, das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, gemäß § 550 Satz 1 BGB der Schriftform, wenn der Verzicht für mehr als ein Jahr gelten soll (vgl. BGH, Urteil vom 4.4.2007 - VIII ZR 223/06 - ...) Die Schriftform ist vorliegend zweifelsfrei nicht eingehalten.
Aus den Entscheidungsgründen des Urteils des BGH:
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine Vereinbarung über den Ausschluss der Kündigung wegen Eigenbedarfs für mehr als ein Jahr der Schriftform des § 550 BGB bedarf.
a) Nach einer Ansicht ist die vertragliche Regelung allerdings dann nicht formbedürftig, wenn der Vermieter lediglich auf bestimmte Kündigungsgründe, wie beispielsweise die Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, verzichtet, weil sich nur ein genereller Kündigungsverzicht unmittelbar auf die Dauer des Mietverhältnisses auswirke (LG Mannheim ZMR 1978, 54; Bub/Treier/Heile, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II Rdnr. 730). Wenn nur das Kündigungsrecht einer Partei ausgeschlossen werde, handele es sich nicht um die Befristung eines Vertrags, so dass keine Schriftform erforderlich sei (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 60).
b) Nach anderer Ansicht, der sich auch das Berufungsgericht angeschlossen hat, genügt bereits der Ausschluss lediglich bestimmter Kündigungsgründe, etwa wegen Eigenbedarfs, um die Formbedürftigkeit zu bejahen (LG Berlin WuM 1991, 498; LG Hamburg ZMR 2001, 895; Sonnenschein, NZM 2000, 1, 8 f. m.w.N.). Die Schriftform sei nach dem Sinn und Zweck des § 550 BGB auch für den eingeschränkten, einseitigen Kündigungsverzicht erforderlich.
c) Letztere Ansicht trifft zu. Die Gegenmeinung ist nicht mit dem Sinn und Zweck von § 550 BGB vereinbar. § 550 BGB, der im Wesentlichen unverändert § 566 BGB aF entspricht, verfolgt vor allem den Zweck, es dem Grundstückserwerber, der in einen bestehenden Mietvertrag eintritt, zu erleichtern, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten (BGHZ 136, 357, 370; BGHZ 52, 25, 28). Hauptzweck des Schriftformerfordernisses (neben Warn- und Beweisfunktion) ist also der Schutz des Informationsinteresses eines potentiellen Grundstückserwerbers (Bub/Treier/Heile, aaO, II Rdnr. 726).
- Dies gilt auch im Fall des - eingeschränkten - Kündigungsverzichts wegen Eigenbedarfs. Ohne Einhaltung der Schriftform würde dem Erwerber anhand des Mietvertrags die Beschränkung des Kündigungsrechts nicht zur Kenntnis gelangen, obwohl gerade der Erwerber von Wohnraum nicht selten ein gesteigertes Interesse an dem Sonderkündigungsrecht haben wird. Für den Erwerber ist - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - nicht nur ein genereller Kündigungsausschluss von entscheidender Bedeutung, sondern auch eine wesentliche Kündigungsbeschränkung, die auf Dauer gilt. Der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung stellt eine nicht unwesentliche Einschränkung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums (Art. 14 GG) des Erwerbers dar.
- 2. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision auch nicht die Anforderungen an die Wahrung der Schriftform gemäß § 126 BGB verkannt.
- Wenn die Vertragschließenden wesentliche Bestandteile des Mietvertrags - dazu gehört hier der Verzicht auf die Eigenbedarfskündigung - nicht in die Vertragsurkunde selbst aufnehmen, sondern in andere Schriftstücke auslagern, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bestimmungen ergibt, muss zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht werden (BGH, Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 92/04, NZM 2007, 127, unter 2 c). Das ist hier nicht geschehen. Die Zusatzvereinbarung - gleich in welcher der von den Parteien vorgelegten Versionen - ist weder mit dem Mietvertrag verbunden noch unterzeichnet worden und nimmt im Text nicht auf den Hauptvertrag Bezug. Eine zweifelsfreie Zuordnung einer der Anlagen zur Haupturkunde des Mietvertrags ist nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts damit nicht gegeben.
- Der bloße Hinweis in § 27 des Mietvertrags auf nicht näher bezeichnete "Anlagen" reicht entgegen der Auffassung der Revision zur Wahrung der Schriftform nicht aus. Zu Unrecht beruft sich die Revision für ihre abweichende Auffassung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2002 (XII ZR 253/01, NJW 2003, 1248, unter 2 a). Mit dem von der Revision aus dem Zusammenhang gerissenen Satz, für den Schutzzweck des § 566 BGB aF reiche es aus, dass ein späterer Grundstückserwerber durch die Verweisung im Hauptvertrag auf die Existenz einer Anlage hingewiesen werde, hat der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung lediglich die Entbehrlichkeit einer ausdrücklichen Rückverweisung einer Anlage auf den Mietvertrag begründet, aber nicht ausgesprochen, der bloße Hinweis auf Anlagen zum Mietvertrag genüge bereits dem Schriftformerfordernis.
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