Der Rechtsstreit der Mietvertragsparteien erledigte sich im Rahmen des Revisionsverfahrens in der Hauptsache und der BGH hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat auch im Revisionsverfahren, worauf der BGH hinwies, gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen. Danach seien die Kosten des Verfahrens hier der Klägerin aufzuerlegen, da sie mit ihrem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Mietsache, der auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gestützt wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchgedrungen wäre.
Grundlage des Rechtstreits war § 550 BGB, demzufolge ein für einen längeren Zeitraum als einem Jahr abgeschlossener Mietvertrag der Schriftform bedarf. Der Zweck der Norm bestehe darin, einen Erwerber des Grundstücks vor der Gefahr zu schützen, an einen Mietvertrag, dessen Inhalt er nicht zuverlässig kennt, länger als ein Jahr gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 12.03.2003 - XII ZR 18/00 -). Ferner würde die Norm auch dazu dienen, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese auch vor einer unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -). Der Gesetzgeber habe mit der Vorgabe, dass die Schriftform für Verträge über eine Laufzeit von mehr als einem Jahr geltend würde, gleichzeitig postuliert, bis zu welchem Zeitpunkt nicht von einer langfristigen Bindung auszugehen sei.
Nach dem benannten Zweck der Norm würde das Schriftformerfordernis auch für vertragswesentliche Vereinbarungen (wie z.B. Miethöhe) gelten, wenn diese länger als ein Jahr gelten sollen. Daraus ergäbe sich, dass die Jahresfrist er mit Abschluss einer nicht formgerechten Änderungsvereinbarung zu laufen beginne, die die Schriftform des ursprünglich formwirksamen Vertrages entfallen ließe (BGH, Urteil vom 25.01.2017 - XII 69/16 -), weshalb sich die Vertragsparteien (einschließlich eines evtl. eintretenden Erwerbers) selbst bei einem Schriftformverstoß bei der Änderungsvereinbarung erst nach Ablauf eines Jahres aus der vertraglichen Bindung lösen könnten.
Vorliegend ging es um zwei Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Minderung der Miete infolge eines Minderungsgrundes und der Dauer der möglichen Minderungen. Vorliegend käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung zur Minderung der Schriftform unterliege, wenn die Dauer an das Bestehen des Minderungsgrundes geknüpft sei. Die Minderungen hätten jeweils eine Dauer von unter einem Jahr gehabt. Auch wenn beide Minderungen mit 15 Monaten die Jahresfrist überschritten hätten, käme es darauf nicht an, da die Laufzeit jeweils in Bezug auf die einzelne Abrede betrachtet werden müsse. Der von der Klägerin aus den beiden Vereinbarungen abgeleitete Schriftformverstoß des bis zum 31.08.2020 befristeten und mit zwei je fünfjährigen Verlängerungsoptionen für den Mieter versehene Mietvertrag habe mithin nicht an einem Schriftformverstoß gem. § 550 BGB gelitten, weshalb die darauf beruhende Kündigung und damit das gerichtliche Räumungs- und Herausgabeverlangen unberechtigt seien.
BGH, Beschluss vom
15.09.2021 - XII ZR 60/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Kosten des
Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Streitwert:
49.800 €
Gründe
Nach der - auch
in der Revisionsinstanz zulässigen - übereinstimmenden Erledigungserklärung der
Parteien ist gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-
und Streitstandes nach billigem Ermessen über die gesamten Kosten des
Rechtsstreits zu entscheiden. Nach diesen Maßgaben sind die Kosten des gesamten
Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen, weil sie mit ihrem auf Räumung und
Herausgabe gerichteten, auf einen Verstoß gegen die Schriftform des § 550
BGB gestützten Begehren aller Voraussicht nach nicht durchgedrungen wäre. Auf
die vom Berufungsgericht genannte Zulassungsfrage, ob auch die Einigung der
Mietvertragsparteien über die Höhe einer Mietminderung dem
Schriftformerfordernis des § 550 BGB unterliegt, wenn die Dauer der
Mietminderung an diejenige des Bestehens des Minderungsgrunds geknüpft ist,
kommt es dabei schon aus Rechtsgründen nicht an.
1. Die
Vorschrift des § 550 BGB soll den Erwerber eines Grundstücks davor
schützen, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels
Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen kann, an die vertraglichen
Regelungen länger als ein Jahr gebunden zu sein (vgl. Senatsurteile BGHZ 154,
171 = NJW 2003, 2158, 2160 und BGHZ 163, 27 = NJW 2005, 1861, 1862). Daneben
dient § 550 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Senats dazu, die
Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen
Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung
langfristiger Bindungen zu schützen (vgl. etwa Senatsurteil BGHZ 216, 68 = NJW
2017, 3772 Rn. 35 mwN), wobei der Gesetzgeber mit dem einen Jahr in § 550
Satz 1 BGB die Grenze benannt hat, bis zu der nicht von einer
Langfristigkeit auszugehen ist.
Aus diesen
Gesetzeszwecken folgt, dass eine Änderung auch von vertragswesentlichen
Vereinbarungen wie etwa denen zur Miethöhe (vgl. dazu Senatsurteile vom 25.
November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 17 und vom 11. April 2018 -
XII ZR 43/17 - NJW-RR 2018, 1101 Rn. 18) nur dann gemäß § 550 Satz 1
BGB schriftformbedürftig ist, wenn sie für einen ein Jahr übersteigenden
Zeitraum Geltung beansprucht (in diese Richtung schon Senatsurteil BGHZ 163, 27
= NJW 2005, 1861, 1862; vgl. auch BGH Urteil vom 18. Juni 1969 - VIII ZR 88/67
- WM 1969, 920, 921; KG NZM 2018, 607, 611; BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Mai
2021] BGB § 550 Rn. 246; Blank/Börstinghaus Miete 6. Aufl. § 550 BGB
Rn. 54; Guhling/Günter/Schweitzer Gewerberaummiete 2. Aufl. § 550 Rn. 46;
Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 4. Aufl.
Kap. 6 Rn. 36; Staudinger/V. Emmerich BGB [Updatestand: 13. Juli 2021]
§ 550 Rn. 42; kritisch Schmidt-Futterer/Lammel Mietrecht 14. Aufl.
§ 550 BGB Rn. 41). Damit korrespondierend beginnt die Jahresfrist des
§ 550 Satz 2 BGB auch erst mit Abschluss eines nicht formgerechten
Änderungsvertrags, der die Schriftform des ursprünglich formwirksamen
Mietvertrags entfallen lässt (vgl. BGHZ 99, 54 = NJW 1987, 948, 949; BGHZ 125,
175 = NJW 1994, 1649, 1651 mwN und Senatsurteil vom 29. März 2000 - XII ZR
316/97 - NJW-RR 2000, 1108, 1109; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Januar 2017 -
XII ZR 69/16 - NJW 2017, 1017 Rn. 22 mwN), so dass die Vertragsparteien
einschließlich eines gegebenenfalls in den Vertrag eintretenden Erwerbers sich
selbst bei Vorliegen eines Schriftformverstoßes erst nach Ablauf eines Jahres
aus der vertraglichen Bindung lösen können.
2. Die
beiden Vereinbarungen der Mietvertragsparteien zur Minderungshöhe hatten aber -
worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat - nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts jeweils eine Laufzeit von deutlich unter
einem Jahr. Da die Laufzeit für die Frage der Schriftformbedürftigkeit bezogen
auf die einzelne Abrede betrachtet werden muss, weil sie die Vertragsparteien
und einen eventuellen Erwerber auch nur insoweit binden konnte, ist rechtlich
unerheblich, dass beide Vereinbarungen zusammen mit 15 Monaten ein Jahr
überschritten. Der von der Klägerin aus diesen Abreden abgeleitete
Schriftformverstoß des bis 31. August 2020 befristeten und mit zwei jeweils
fünfjährigen Verlängerungsoptionen versehenen Mietvertrags war mithin nicht
gegeben, so dass die darauf gestützte ordentliche Kündigung der Klägerin und
das mit der Klage verfolgte Räumungs- und Herausgabebegehren unberechtigt
waren.
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