Sonntag, 10. Februar 2019

Prozesszinsen auf Kaution - zum Anspruch und zur Abrechnung nach § 551 Abs. 3 BGB


Selten findet man eine Entscheidung, die, wie hier das Urteil des AG Dortmund, so kurz gefasst ist und doch in seiner Brisanz sehr weit reicht. Hintergrund war die Klage des Vermieters auf Zahlung restlicher Kaution, nachdem der Mieter nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die Kaution umfassend gezahlt hatte, mithin eine Fälligkeit jedenfalls bestand. Der Kläger machte keine Verzugszinsen geltend, sondern gem. § 291 BGB Prozesszinsen. Während Verzugszinsen bereits ab Eintritt eines Verzugs (durch Mahnung, Fristablauf u.ä., vgl. § 286 BGB) geltend gemacht werden können, sind Prozesszinsen erst ab Rechtshängigkeit (allerdings dann der Höhe nach entsprechend den Verzugszinsen) zu zahlen.

Der Verzugszinsanspruch stellt sich als ein gesetzlich normierter Schadensersatzanspruch dar. Wo aber sollte der klagende Vermieter bei Nichtzahlung der Kaution in Form von Zinsen einen Schaden haben, sind doch die Zinsen der Kaution zuzurechnen. Es handelt sich also nicht um eigene Ansprüche des Klägers.

Hier nun weist das Amtsgericht kurz, aber völlig zutreffend darauf hin, dass § 291 BGB dem Gläubiger unabhängig vom Vorliegen des Verzugs „quasi als Strafe“ die Prozesszinsen zuspräche. Das wiederum habe nichts mit der Frage zu tun, ob diese Zinsen auch die Kaution erhöhen würden.

Ohne dass es in dem einschlägigen Fall darauf angekommen wäre, führt das Amtsgericht allerdings aus, dass nach seiner Ansicht auch diese Prozesszinsen der Kaution zuzuschlagen sind, unabhängig davon, dass sie im Zweifel höher lägen als die üblichen Zinsen bei Anlage einer Kaution, da Zinsen nach § 551 Abs. 3 S. 3 BGB Zinsen immer dem Mieter zustehen würden.

Die Entscheidung wird von Helge Schulz (NZM 2019, 92) positiv besprochen. Zwar wird erkannt, dass es hier um den Sanktionscharakter des § 291 BGB gehen würde; allerdings soll diese Sanktion schon wegen des Anfalls der Zinsen greifen, unbeschadet des Umstandes, dass letztlich diese Zinsen dem Mieter wieder gutgebracht werden. Damit entfällt aber der Sinn einer Sanktion, zumal diese Fremdverwahrung der Zinsen für den Mieter schlussendlich sogar positiv sein könnte. Davon unabhängig deckt sich diese Ansicht auch nicht mit dem Gesetzeswortlaut: Nach § 551 Abs. 3 S. 1 BGB hat der Vermieter „eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme anzulegen“. Nach Satz 3 hat dies getrennt vom Vermietervermögen zu erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. In Satz 3 können also nur die Erträge gemeint sein, die der Vermieter durch die Anlage der Sicherheit nach S. 1 erwirtschaftet. Dazu gehören aber nicht Sanktionszinsen in Form der Prozesszinsen nach § 291 BGB, da diese nicht mit der und/oder aus der Sicherheit erwirtschaftet werden, sondern Folge des Verhaltens des Mieters sind. Damit müssten die Zinsen an sich dem Vermieter zustehen.

AG Dortmund, Urteil vom 11.09.2018 - 425 C 5989/18 -

Aus den Gründen:


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 263,66 EUR (in Worten: zweihundertdreiundsechzig Euro und sechsundsechzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2018 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Klägerin verlangt die Zahlung der vereinbarten restlichen Kaution zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Zustellung des Mahnbescheids.
Die Klage ist begründet.
Die Beklagte schuldet den titulierten Betrag gem. § 551 BGB in Verbindung mit § 4 des Mietvertrages vom 8.6.2017.
Die Parteien haben dort wirksam die Zahlung einer Mietsicherheit vereinbart. Die vereinbarte Mietsicherheit beträgt 3 Monatskaltmieten. Die Beklagte hat bisher nur Teilzahlungen erbracht, so dass die titulierte Restforderung noch offen ist.
Die Beklagte ist auch verpflichtet, auf den titulierten Betrag gem. § 291 BGB die zugesprochenen Zinsen zu zahlen. Zwar handelt es sich um Fremdgeld für die Klägerin und sie hat keinen Zinsschaden durch die Nichtzahlung der Kaution, aber § 291 BGB spricht dem Gläubiger unabhängig vom Vorliegen des Verzugs quasi als Strafe die Prozesszinsen zu. Der Anspruch auf Zahlung der Kaution war hier auch fällig (zum Fall der späteren Fälligkeit: BGH Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 308/99, NJW 1991, 3274), da die dritte Rate in Höhe des letzten Drittels im November 2017 hätte gezahlt werden müssen.
Eine andere Frage ist die, ob diese Prozesszinsen die Kaution erhöhen. Dafür spricht viel, da die Zinsen auf die Kaution grundsätzlich dem Mieter zustehen und deshalb die Mietsicherheit erhöhen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zinsen höher als die Zinsen für die Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist sind. Zwar hat die Klägerin dies so in Ihrem Mietvertrag vereinbart, das ist aber gem. § 551 Abs. 4 BGB unwirksam, da es gegen § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB verstößt, wonach die Zinsen unabhängig von deren Höhe immer dem Mieter zustehen (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 551 BGB Rn 77 mwN). Das gilt sogar für die von manchen Banken gezahlten Provisionen für Vermieter (Blank a.a.O. Rn 78; Derleder WuM 2002, 239, 242). Nichts anderes gilt für die Prozesszinsen, was aber im Zweifel erst im Kautionsrückzahlungsprozess zu entscheiden wäre, wenn die Klägerin der Mieterin die Prozesszinsen nicht gutschreibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 263,66 EUR festgesetzt.

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