Selten findet man eine
Entscheidung, die, wie hier das Urteil des AG Dortmund, so kurz gefasst ist und
doch in seiner Brisanz sehr weit reicht. Hintergrund war die Klage des Vermieters
auf Zahlung restlicher Kaution, nachdem der Mieter nicht innerhalb der
gesetzlichen Frist die Kaution umfassend gezahlt hatte, mithin eine Fälligkeit jedenfalls
bestand. Der Kläger machte keine Verzugszinsen geltend, sondern gem. § 291 BGB
Prozesszinsen. Während Verzugszinsen bereits ab Eintritt eines Verzugs (durch
Mahnung, Fristablauf u.ä., vgl. § 286 BGB) geltend gemacht werden können, sind
Prozesszinsen erst ab Rechtshängigkeit (allerdings dann der Höhe nach
entsprechend den Verzugszinsen) zu zahlen.
Der Verzugszinsanspruch stellt
sich als ein gesetzlich normierter Schadensersatzanspruch dar. Wo aber sollte
der klagende Vermieter bei Nichtzahlung der Kaution in Form von Zinsen einen
Schaden haben, sind doch die Zinsen der Kaution zuzurechnen. Es handelt sich
also nicht um eigene Ansprüche des Klägers.
Hier nun weist das Amtsgericht
kurz, aber völlig zutreffend darauf hin, dass § 291 BGB dem Gläubiger
unabhängig vom Vorliegen des Verzugs „quasi als Strafe“ die Prozesszinsen
zuspräche. Das wiederum habe nichts mit der Frage zu tun, ob diese Zinsen auch
die Kaution erhöhen würden.
Ohne dass es in dem einschlägigen
Fall darauf angekommen wäre, führt das Amtsgericht allerdings aus, dass nach
seiner Ansicht auch diese Prozesszinsen der Kaution zuzuschlagen sind, unabhängig
davon, dass sie im Zweifel höher lägen als die üblichen Zinsen bei Anlage einer
Kaution, da Zinsen nach § 551 Abs. 3 S. 3 BGB Zinsen immer dem Mieter zustehen
würden.
Die Entscheidung wird von Helge
Schulz (NZM 2019, 92) positiv besprochen. Zwar wird erkannt, dass es hier um
den Sanktionscharakter des § 291 BGB gehen würde; allerdings soll diese Sanktion
schon wegen des Anfalls der Zinsen greifen, unbeschadet des Umstandes, dass
letztlich diese Zinsen dem Mieter wieder gutgebracht werden. Damit entfällt
aber der Sinn einer Sanktion, zumal diese Fremdverwahrung der Zinsen für den
Mieter schlussendlich sogar positiv sein könnte. Davon unabhängig deckt sich
diese Ansicht auch nicht mit dem Gesetzeswortlaut: Nach § 551 Abs. 3 S. 1 BGB
hat der Vermieter „eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme anzulegen“.
Nach Satz 3 hat dies getrennt vom Vermietervermögen zu erfolgen und stehen die
Erträge dem Mieter zu. In Satz 3 können also nur die Erträge gemeint sein, die
der Vermieter durch die Anlage der Sicherheit nach S. 1 erwirtschaftet. Dazu
gehören aber nicht Sanktionszinsen in Form der Prozesszinsen nach § 291 BGB, da
diese nicht mit der und/oder aus der Sicherheit erwirtschaftet werden, sondern
Folge des Verhaltens des Mieters sind. Damit müssten die Zinsen an sich dem Vermieter
zustehen.
AG Dortmund, Urteil vom 11.09.2018 - 425 C 5989/18 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 263,66 EUR (in Worten: zweihundertdreiundsechzig Euro und sechsundsechzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2018 zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
- Die Klägerin verlangt die Zahlung der vereinbarten restlichen Kaution zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Zustellung des Mahnbescheids.
- Die Klage ist begründet.
- Die Beklagte schuldet den titulierten Betrag gem. § 551 BGB in Verbindung mit § 4 des Mietvertrages vom 8.6.2017.
- Die Parteien haben dort wirksam die Zahlung einer Mietsicherheit vereinbart. Die vereinbarte Mietsicherheit beträgt 3 Monatskaltmieten. Die Beklagte hat bisher nur Teilzahlungen erbracht, so dass die titulierte Restforderung noch offen ist.
- Die Beklagte ist auch verpflichtet, auf den titulierten Betrag gem. § 291 BGB die zugesprochenen Zinsen zu zahlen. Zwar handelt es sich um Fremdgeld für die Klägerin und sie hat keinen Zinsschaden durch die Nichtzahlung der Kaution, aber § 291 BGB spricht dem Gläubiger unabhängig vom Vorliegen des Verzugs quasi als Strafe die Prozesszinsen zu. Der Anspruch auf Zahlung der Kaution war hier auch fällig (zum Fall der späteren Fälligkeit: BGH Urt. v. 10.10.1991 - III ZR 308/99, NJW 1991, 3274), da die dritte Rate in Höhe des letzten Drittels im November 2017 hätte gezahlt werden müssen.
- Eine andere Frage ist die, ob diese Prozesszinsen die Kaution erhöhen. Dafür spricht viel, da die Zinsen auf die Kaution grundsätzlich dem Mieter zustehen und deshalb die Mietsicherheit erhöhen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zinsen höher als die Zinsen für die Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist sind. Zwar hat die Klägerin dies so in Ihrem Mietvertrag vereinbart, das ist aber gem. § 551 Abs. 4 BGB unwirksam, da es gegen § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB verstößt, wonach die Zinsen unabhängig von deren Höhe immer dem Mieter zustehen (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 551 BGB Rn 77 mwN). Das gilt sogar für die von manchen Banken gezahlten Provisionen für Vermieter (Blank a.a.O. Rn 78; Derleder WuM 2002, 239, 242). Nichts anderes gilt für die Prozesszinsen, was aber im Zweifel erst im Kautionsrückzahlungsprozess zu entscheiden wäre, wenn die Klägerin der Mieterin die Prozesszinsen nicht gutschreibt.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 713 ZPO.
- Der Streitwert wird auf 263,66 EUR festgesetzt.
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