Der Kläger und seine Ehefrau
vermieteten an den Beklagten als Grundstückeigentümer Stellplätze. In 2014
übertrag die Ehefrau des Klägers diesen ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück.
In 2017 kündigte die Verwaltung für den Kläger das Mietverhältnis wegen
Zahlungsverzugs fristlos. Das Landgericht verurteilte den Beklagten
antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe an den Kläger. Auf die Berufung des
Beklagten wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die für den Kläger ausgesprochene
Kündigung habe nach Ansicht des KG das Mietverhältnis nicht beenden können. Vielmehr
hätte die Kündigung durch bzw. für den Kläger und seine Ehefrau erfolgen
müssen. Denn der Kläger sei nicht alleiniger Vermieter gewesen. Die Übertragung
der Miteigentumsanteile seiner Ehefrau auf ihn stelle sich nicht als eine
Veräußerung „an einen Dritten“ iSv. § 566 BGB dar, da der Kläger schon vorher
(Mit-) Vermieter gewesen sei. Dies ergäbe sich auch nicht aus der Entscheidung
des BGH vom 23.11.2011 - VIII ZR 74/11 -, nach der es eine Veräußerung iSv. §
566 BGB darstelle, wenn die vermietete Wohnung im Rahmen einer
Auseinandersetzung deiner Vermieter-GbR (§ 705 BGB) einem Gesellschafter
übertragen würde, da die GbR gegenüber deren Gesellschaftern ein selbständiger
Rechtsträger sei. Daran ermangele es bei einer Bruchteilsgemeinschaft, wie sie
zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestanden habe.
Eine analoge Anwendung von § 566
BGB käme vorliegend auch nicht in Betracht. § 566 BGB soll dem Mieter sein vertragliches
Recht zum Besitz gegenüber dem Erwerber sichern. Dies bedürfe es aber in einem Fall
wie dem Vorliegenden nicht, in dem der Erwerber des Mieteigentumsanteils
bereits zuvor aus dem Mietvertrag verpflichtet war. Auch würde die analoge
Anwendung hier für den Mieter rechtsnachteile bedeuten, da er in der Person des
bisherigen Miteigentümers mit dem Auslaufen von Ansprüchen gem. § 566 Abs. 2
BGB einen Schuldner verlieren würde.
Auch der Umstand, dass es
künftighin geboten sein könne, § 566 BGB analog anzuwenden, würde es nicht
gebieten, dies bereits in der hier gegebenen Konstellation zu bejahen: Wenn der
vebliebene Eigentümer an einen Dritten verkaufen und das Eigentum am Grundstück
übertragen würde, würde es mangels Identität zwischen Veräußerer (Kläger) und
verbliebener Vermietergemeinschaft (Kläger und seine Ehefrau) einer analogen Anwendung
des § 566 BGB bedürfen, um den Mieter vor einem Herausgabeanspruch des Dritterwerbers
gem. § 985 BGB zu schützen (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.07.2017 - XII ZR
26/16 -).
KG, Urteil vom 08.10.2018 - 8 U 111/18 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.6.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 32 O 499/17 - geändert.
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
- I.
- Der Kläger und seine Frau vermieteten als Grundstückseigentümer Stellplätze an den Beklagten. Der Kläger erhielt im Jahre 2014 den Miteigentumsanteil seiner Frau übertragen. Die Hausverwaltung erklärte am 4.8.2017 in seinem Namen eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges. Das Landgericht hat den Beklagten zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
- Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung und macht geltend:
- Die Kündigung sei unwirksam. Die vormalige Miteigentümerin hätte mit unterzeichnen müssen, denn sie sei Mitvermieterin geblieben. § 566 BGB sei hier nicht entsprechend anwendbar. Für eine Analogie fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke, weil der Gesetzgeber in Kenntnis der Problematik eine Regelung im Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 bewusst unterlassen habe. Es fehle vorliegend an einer Verschiedenheit von Grundstückseigentümer und Vermieter im Zeitpunkt der Vermietung wie beim Urteil des BGH vom 12.7.2017 - XII ZR 26/16. In dem Fall, welcher der Entscheidung des BGH vom 23.11.2011 - XII ZR 74/11 - zugrunde lag, habe es zwei rechtserhebliche Änderungen gegeben, nämlich die Auseinandersetzung der Vermieter-GbR unter gleichzeitiger Bildung von Wohnungseigentum, mithin eine Rechtsänderung auch des Mietobjekts. Zentraler Unterschied sei die Rechtsfähigkeit der GbR, so dass mit der Auseinandersetzung eine Übertragung auf einen Dritten erfolgt sei, auch wenn er Mitglied der GbR gewesen sei. Dem gegenüber stelle die Eigentumsübertragung eines Bruchteilseigentümers auf den Verbleibenden keine solche an einen Dritten dar.
- Der Beklagte beantragt,
- das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22.6.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen.
- Der Kläger beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen.
- Der Kläger meint, § 566 BGB sei analog anzuwenden, wenn ein mitvermietender Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil veräußert. Ansonsten würde die Vermieterstellung seiner Ehefrau auch bei einer Weiterveräußerung durch ihn unberührt bleiben. Ein solches Ergebnis habe der Gesetzgeber bei der Normierung des § 566 BGB sicher nicht gewollt. Im Übrigen sei die Frau des Klägers durch die vergleichsweise Einigung der hiesigen Prozessparteien vor dem AG Wedding am 5.7.2017 zumindest konkludent aus dem Mietverhältnis ausgeschieden.
- II.
- Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB, § 985 BGB Räumung und Herausgabe der vermieteten Stellplätze beanspruchen, denn der Beklagte ist aus dem Mietvertrag vom 3.8.2005 samt Nachträgen zum Besitz berechtigt. Die fristlose Kündigung vom 4.8.2017 hat das Mietverhältnis nicht beendet, weil sie namens des Klägers erfolgt ist, der Kläger aber nicht alleiniger Vermieter war, sondern neben seiner Ehefrau, die als ursprüngliche Miteigentümerin des Grundstückes die Stellplätze gemeinsam mit dem Kläger an den Beklagten vermietet hat:
- Dass die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil auf den Kläger übertragen hat, stellt - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - keine Veräußerung “an einen Dritten” im Sinne von § 566 BGB, weil der Kläger schon vorher (Mit-) Vermieter war. Soweit das Bayerische Oberste Landesgericht mit Rechtsentscheid vom 24.11.1981 - AllgReg 64/81 - NJW 1982, 451, juris Tz. 14 angenommen hat, bei Übertragung eines neu gebildeten Wohnungseigentums auf einen Miteigentümer trete dieser als Alleinvermieter an die Stelle der Bruchteilseigentümer- und Vermietergemeinschaft, ist dies vom Wortlaut des § 566 BGB nicht gedeckt.
- Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.11.2011 - VIII ZR 74/11 - MDR 2012, 78, wonach es eine Veräußerung im Sinne von § 566 BGB darstellt, wenn die vermietete Wohnung in einer Auseinandersetzung einer Vermieter-GbR einem Gesellschafter übertragen wird, streitet - anders im angefochtenen Urteil angenommen - nicht für den Kläger. Der BGH stellt a. a. O. (Tz. 17) ausdrücklich darauf ab, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber ihren Gesell-schaftern ein selbständiger Rechtsträger ist. Daran fehlt es bei der Bruchteilsgemeinschaft, die zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bestand.
- § 566 BGB ist im vorliegenden Fall auch nicht analog anzuwenden:
- Zwar mag insoweit eine planwidrige Regelungslücke vorliegen. Der Gesetzgeber hat die Frage, ob ein Miteigentümer durch Übertragung des restlichen Miteigentumsanteils alleiniger Vermieter wird, offenbar nicht bedacht und nicht abschließend regeln wollen (s. a. BGH, Urteil vom 12.7.2017 - XII ZR 26/16 - MDR 2017, 1234 zum Fall fehlender Identität zwischen Eigentümer, Veräußerer und Vermieter).
- Die vorliegende Konstellation ist aber mit dem gesetzlich geregelten Fall nicht vergleichbar. § 566 BGB soll dem Mieter sein vertragliches Recht zum Besitz gegenüber einem Erwerber sichern (BGH a. a. O. Tz. 29, 35). Dessen bedarf es nicht, wenn der Erwerber eines Miteigentumsanteils - wie der Kläger - schon zuvor aus dem Mietvertrag verpflichtet war. In diesem Zusammenhang hat der BGH im Rechtsentscheid vom 6.7.1994 - VIII ARZ 2/94 - BGHZ 126, 357, juris Tz. 23 f. ausgeführt:
- “§ 571 BGB knüpft an die Veräußerung des vermieteten Grundstücks an und bewirkt, daß der Erwerber in die Rechte und Pflichten des Vermieters eintritt. Die Formulierung des Gesetzes macht deutlich, daß es den Fall der Veräußerung an einen Erwerber regelt, der bis zum Erwerb nicht Vermieter war. Davon unterscheidet sich sowohl die Beschränkung von Miteigentum nach § 3 WEG als auch die ”Vorratsgründung” von Wohnungseigentum durch eine Bruchteilsgemeinschaft nach § 8 WEG.
- Im zuletzt genannten Fall tritt - wegen Fortsetzung der Bruchteilsgemeinschaft am Wohnungseigentum - eine Veränderung auf Vermieterseite nicht ein. Im Falle des § 3 WEG tritt zwar eine Rechtsänderung auf der Vermieterseite ein. Das geschieht aber nicht durch Eintritt des Sondereigentümers in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis über die betreffende Wohnung, sondern in der Weise, daß er als alleiniger Vermieter übrig bleibt. Deshalb kommt hier allenfalls eine entsprechende Anwendung des § 571 BGB in Betracht. Ob § 571 BGB, wie Sternel (Kap. IV Rdnr. 145; WuM 1987, 339 (343); ZMR Jahr 1988 Seite 201 (ZMR Jahr 1988 Seite 204)) und Blank (Schmidt-Futterer/Blank, B 643) meinen, jede Änderung in der Rechtszuständigkeit, mithin auch den vorliegenden Sachverhalt erfaßt, begegnet Bedenken, weil die Bestimmung bezweckt, die Rechtsstellung des Mieters durch eine Veräußerung weder zu verschlechtern, noch zu verbessern …”.
- Im Urteil des BGH vom 23.11.2011 (a. a. O. Tz. 17) heißt es dazu:
- “In der erstgenannten Entscheidung hat der Senat zwar ausgeführt, dass Miteigentümer eines Anwesens, dessen Wohnungen sie vermietet haben, mit der Aufteilung des Wohnungseigentums keine Veräußerung i.S. von § 571 BGB (a.F.) vornehmen (BGHZ Band 126 Seite 364 …). Zur Begründung hat der Senat darauf abgestellt, dass diese Vorschrift eine Veräußerung an eine Person voraussetzt, die bisher nicht Vermieter ist, woran es bei der Begründung von Wohnungseigentum durch vermietende Miteigentümer fehlt, weil der spätere Sondereigentümer schon bisher (als Miteigentümer) Vermieter gewesen ist.”
- Zwar mag es - wie von Streyl in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage, § 566 BGB, Rn. 77 ausgeführt - praktikabler sein, den Vertrag mit dem Ausscheiden des Mitvermieters aus der Eigentümergemeinschaft auf den verbliebenen Eigentümer übergehen zu lassen (hierfür ohne Begründung auch: Beuermann WuM 1995, 6 und Weitemeyer ZMR 2004, 164).
- Der Mieter würde aber durch eine Überleitung des Vertrages auf den allein verbliebenen Eigentümer schlechter gestellt werden, weil er den bzw. die bisherigen Miteigentümer - mit dem Auslaufen von Ansprüchen gemäß § 566 Abs. 2 BGB - als Schuldner verliert (vgl. Häublein in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 566 Rn. 22). Daher widerspricht es der Schutzrichtung des § 566 BGB, die Vorschrift hier analog anzuwenden.
- Sofern es zu einer Weiterveräußerung durch den nunmehrigen Alleineigentümer kommt, bedarf es dann zwar mangels Identität zwischen Veräußerer und verbliebener Vermietergemeinschaft einer analogen Anwendung von § 566 BGB, um den Mieter vor einem Herausgabeanspruch des Dritterwerbers gemäß § 985 BGB zu schützen. Die Voraussetzungen für eine solche Analogie, nämlich dass die Vermietung mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftliche Interesse des Eigentümers erfolgt ist und der Eigentümer kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (s. BGH, Urteil vom 12.7.2017 a. a. O. Tz. 26), liegen aber bei der Übertragung des Miteigentumsanteils eines Mitvermieters regelmäßig vor.
- Dass ein Ausscheiden des vormaligen Miteigentümers aus dem Mietverhältnis künftig geboten sein mag, rechtfertigt es nach Auffassung des erkennenden Senats nicht, in Abweichung vom Gesetz und zu Lasten des Mieters einen Vermieterwechsel bereits an die Übertragung des Miteigentumsanteils auf den Mitvermieter zu knüpfen.
- Durch den Vergleich vom 5.7.2017 im Vorprozess der Parteien ist keine konkludente Vereinbarung über ein Ausscheiden der Ehefrau der Klägers aus dem Mietverhältnis zustande gekommen, weil sie hieran nicht beteiligt war.
- Der Beklagte ist auch nicht deshalb, weil er sich in dem Vergleich zu Zahlungen an den Kläger auf Forderungen aus dem Mietverhältnis verpflichtet hat, nach Treu und Glauben gehindert, sich im vorliegenden Rechtsstreit darauf zu berufen, dass der Kläger nicht alleiniger Vermieter ist.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Vielmehr sieht sich der Senat im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen