Dienstag, 16. Mai 2017

Keine Mängelhaftung des Werkunternehmers für Fehler ihm übergebener Ausführungsunterlagen und zur treuwidrig verweigerten Abnahme

Die Beklagte, ein Generalbauunternehmen (GU), ließ von der Klägerin 2010 Rohbauarbeiten für ein Einfamilienhaus ihrer Auftraggeber durchführen. Im Oktober 2011 wurde das Haus den Auftraggebern der Klägerin übergeben. Eine Woche nach der Übernahme rügten die Beklagte diverse Mängel und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. So rügte sie gegenüber der Klägerin Mauerrisse in den Kinderzimmern. Einige Tage später erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung und forderte die Beklagte zur Zahlung auf. Die Werklohnklage hatte im wesentlichen Erfolg.

Insbesondere negierte das Landgericht das Vorliegen eines die Abnahme des Werkes hindernden Mangels, der von der Beklagten wegen der Risse eingewandt wurde.  Insoweit sei nicht die Klägerin für diese Risse verantwortlich. Ursächlich sei eine der Klägerin von der Beklagten zur Verfügung gestellte Statik, die nach den Feststellungen eines im Verfahren eingeholten Gutachtens fehlerhaft gewesen sei. Die Deckenplatte der Erdgeschossdecke sei bei weitem nicht dick genug, um unter Berücksichtigung ihrer Belastung durch die Trennwand zwischen den Kinderzimmern den Wohnbereich zu überspannen, ohne sich durchzubiegen. Die Risse wären das Ergebnis einer Formänderung der Wände. Die Durchbiegung der Decke würde eine Bogenwirkung der Wände begründen.

Auch nach § 13 III VOB/B würde eine Haftung der Klägerin ausscheiden. Danach muss zwar der Auftragnehmer für fehlerhafte Leistungsbeschreibung, Anordnungen pp. des Auftraggebers einstehen, allerdings nur nach Maßgabe von § 4 Nr. 3 VOB/B. § 4 Nr. 3 VOB/B  fordert die Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber und verlangt deshalb dessen Kenntnis.  Der Mangel der Statik war aber für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen und sie hätte sich auch auf deren Richtigkeit verlassen dürfen.

Die Beklagte wandte ferner fehlerhafte Maße bei Fenstern und Türen als Abnahmehindernis ein. Dem folgte das Landgericht ebenfalls nicht. Es verwies darauf, dass der gesamte Bau der Überwachung durch den Bauleiter der Beklagten unterlag und nach Aufbringung des Putzes die Rohbaumaße nicht mehr zuverlässig prüfbar sind. Da die Beklagte die Bauteile zur Fortführung des Baus durch die Folgegewerke freigegeben hatte und damit auch eine Nachbesserung wesentlich erschwert hätte, sofern tatsächlich die Maße fehlerhaft gewesen sein sollte, wäre eine darauf gestützte Abnahmeverweigerung treuwidrig.


LG Hamburg, Urteil vom 16.12.2016 – 412 HKO 10/14 -

Montag, 15. Mai 2017

Unzulässiges Rechtsmittel des Streithelfers nach Rücknahme des Rechtsmittels durch die unterstütze Partei

Streithilfe bedeutet, dass ein Dritter dem Rechtsreit anderer Beteiligter auf Seiten von einem von ihm beitritt, sei es, da er dies von sich aus vornimmt oder ihm von einer der Parteien des Rechtsstreits der Streit verkündet wird. So hat z.B. regelmäßig der (private) Haftpflichtversicherer in einem Rechtstreit seines Versicherungsnehmers ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens, da die Entscheidung Grundlage des Deckungsanspruchs des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer ist. Ein Interesse an einer Streitverkündung durch eine Partei kann dann bestehen, wenn z.B. der Streitverkündete gesamtschuldnerisch mit der streitverkündenden Partei haften könnte und damit die Feststellung zum Haftungsgrund und zur Haftungshöhe auch mit Bindungswirkung zur Vermeidung divergierender Entscheidungen in einem Verfahren gegen den Gesamtschuldner diesem gegenüber festgestellt werden.

Vorliegend hatten sowohl die Streithelferin als auch die von ihr unterstützte Hauptpartei gegen eine vorangegangene Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt. Danach kam es zu einem umfassenden außergerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien des Rechtstreits (der Streithelfer ist nicht Partei), in dessen Folge die Beklagte, auf deren Seite die Streithelferin beigetreten war, das Rechtsmittel zurücknahm.

Der BGH wies daraufhin die selbständige Nichtzulassungsbeschwerde der Streithelferin der Beklagten als unzulässig zurück und verwies zur Begründung auf § 67 Halbs. 2 ZPO. Nach § 67 ZPO ist es dem Nebenintervenienten/Streithelfer zwar unbenommen eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen (mithin auch die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde) vorzunehmen; eingeschränkt wird dies allerdings durch § 67 Halbs. 2 ZPO dadurch, dass dies nicht in Widerspruch zu Erklärungen und Handlungen der unterstützten Partei steht.

Durch die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde durch die Beklagte als unterstützte Partei stand damit ersichtlich in Ansehung des zwischen den Parteien des Rechtsstreits umfassend abgeschlossenen Vergleich die (nicht zurückgenommene) Nichtzulassungsbeschwerde der Streithelferin im Widerspruch zur Handlung der unterstützten Partei. Erkennbar wollte die unterstützte Partei keine Entscheidung mehr über ihr Rechtsmittel und den Prozess (auf Grund des außergerichtlichen Vergleichs) beenden.

Anmerkung zur rechtlichen Konsequenz des Verhaltens der unterstützten Partei:

Nicht auseinandersetzten musste sich der BGH hier mit den möglichen Konsequenzen der Verhaltensweise der unterstützten Partei. Da offenbar die Streithelferin an dem Vergleich der Parteien des Rechtsstreits nicht beteiligt wurde,  soll dies doch beleuchtet werden:

Vorliegend handelte es sich um eine einfache Nebenintervention (Streithilfe), d.h. der Nebenintervenient war nicht Streitgenosse der Hauptpartei. Die tragenden Gründe eines Urteils wirken für und gegen den Nebenintervenienten, § 68 ZPO. Kommt es nicht zu einem rechtskräftigen Urteil, da sich die Parteien vergleichen, greift die Bindungswirkung des § 68 ZPO bereits deshalb nicht, da es an bindenden Feststellungen des Gerichts durch ein (bestandkräftiges) Urteil ermangelt. Wird ein Vergleich zwischen den Parteien in 2. Instanz geschlossen, gilt dies auch, da mit dem Vergleich dem Urteil seine Bestandkraft genommen wurde. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bereits vor Abschluss des Vergleichs ein bestandskräftiges Grundurteil ergangen ist, der Vergleich nur in der Folge geschlossen wurde (z.B. sich die Parteien zur Höhe verglichen); in diesem Fall entfalten die tragenden Gründe zum Grund des Anspruchs Bindungswirkung auch zwischen dem Nebenintervenienten und der unterstützten Partei.

Durch die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde seitens der unterstützten Partei und der dadurch bedingten Unzulässigkeit der eigenen Nichtzulassungsbeschwerde der Streithelferin kann nur bedingt eine Bindungswirkung er damit rechtskräftigen Entscheidung der Vorinstanz eintreten. Denn die Streithelferin ist nur dann mit Einwendungen zur mangelhaften Prozessführung  der Hauptpartei nach § 68 ZPO ausgeschlossen, als sie nicht durch Vortrag oder Anträge bzw. Prozesshandlungen Einfluss nehmen konnte. Hier war der Streithelferin eine weitere Einflussnahme auf das vorangegangene Urteil durch die durch Handlung der unterstützten Partei unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen. Das führt dazu, dass in einem möglichen Folgeverfahren zwischen der unterstützten Partei und der Streithelferin die Streithelferin immer noch die Angriffe gegen die bestandskräftige Entscheidung vorbringen kann, die sie auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hätte vorbringen können, weshalb im Falle deren Erheblichkeit dies zur gewollten Abänderung oder Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Entscheidung geführt hätte und auch insoweit in dem jetzt neuen Verfahren zu berücksichtigen wäre. Vor diesem Hintergrund sollte die unterstützte Hauptpartei stets versuchen, bei einem gewollten Vergleich den Nebenintervenienten mit einzubeziehen; ist dieser nicht bereit, wäre von ihr das Risiko abzuschätzen, welches sich aus der Nichteinbeziehung durch die (eventuell teilweise) fehlende Bindungswirkung eines Urteils ergibt.


BGH, Beschluss vom 11.04.2017 - VI ZR 636/15 -

Samstag, 13. Mai 2017

Gefälligkeit unter Nachbarn und Haftung

Der Beklagte übernahm es für seinen Nachbarn, den Versicherungsnehmer des klagenden Gebäudeversicherers, während dessen Kuraufenthalt dessen Haus zu versorgen und den Harten zu bewässern. Bei dem Bewässern des Gartens schloss er zwar die Spritze am Schlauchende, drehte aber nicht die Wasserzufuhr zu. In der Nach löste sich unter dem Wasserdruck die Spritze vom Schlauch und das ausströmende Wasser floss in erheblicher Menge in das Gebäude und führte dort zu Schäden im Untergeschoß. Die Klägerin zahlte den Schaden an ihren Versicherungsnehmer und begehrt auf Zeitwertbasis Schadensersatz von über € 11.000,00 vom Beklagten aus nach § 86 VVG übergegangenen Recht.

Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht (OLG) wies sie ab. Auf die Revision hob der BGH die klageabweisende Entscheidung auf und wies die Berufung des Beklagten zurück.

Der BGH wies darauf hin, dass nicht ohne weiteres mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung davon ausgegangen werden könne, dass derjenige, dem eine Gefälligkeit erwiesen würde, auf deliktische Ansprüche verzichten würde. Eine Haftungsbeschränkung könne sich zwar auf der Grundlage des § 242 BGB (Treu und Glauben) im Wege ergänzender Vertragsauslegung ergeben, wofür aber besondere Umstände erforderlich sind.

Eine Voraussetzung sei, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, den Haftungsausschluss gefordert haben müsste und der Geschädigte dem billigerweise nicht hätte versagen dürfen. An dieser Voraussetzung würde es aber regelmäßig fehlen, wenn der Schädiger haftpflichtversichert sei. Eine Regelung, die nicht den Schädiger, sondern dessen Haftpflichtversicherer entlaste, würde regelmäßig nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen.

Auch sei eine Gefälligkeit und zwischen Schädiger und Geschädigten eine enge persönliche Beziehung bestünde für sich nicht ausreichend. Erforderlich sei vielmehr, dass für den nicht haftpflichtversicherten Schädiger ein nicht hinnehmbares Haftungsrisiko mit der Übernahme der Gefälligkeit besteht, die im konkreten Fall einen Haftungsverzicht als besonders naheliegend erscheinen lassen würden.

Vorliegend habe das OLG rechtsfehlerhaft angenommen, alleine das Bestehen einer privaten Haftpflichtversicherung könne eine Haftung aus Gefälligkeit nicht begründen. Die Haftung des Beklagten sei durch die deliktsrechtliche Norm des § 823 BGB begründet, während die Frage nach der Haftpflichtversicherung nur für die Beantwortung der Frage bedeutsam sei, ob abweichend von der gesetzlichen Regelung des § 823 BGB  ausnahmsweise eine Haftungsbeschränkung angenommen werden könne.

Auch habe das OLG rechtsfehlerhaft als besonderen Umstand angenommen, dass es sich vorliegend um eine alltägliche und unter Nachbarn übliche Gefälligkeit gehandelt habe. Es fehle an einem nicht mehr hinnehmbaren Haftungsrisiko. Das OLG selbst habe richtig festgehalten, dass das Bewässern des Gartens durch den Nachbarn wie jede Tätigkeit für einen anderen Gefahrenmomente berge, ohne dass diese vordergründig gefahrengeneigt sind.

Ebensowenig käme eine Haftungsbeschränkung nicht deshalb in Betracht, da der Geschädigte eine Gebäudehaftpflichtversicherung habe. Der deliktische Anspruch des Versicherungsnehmers der Klägerin gegen den Beklagten sei nicht vom Bestand einer Gebäudehaftpflichtversicherung abhängig; der Anspruch ging lediglich durch Zahlung durch diesen auf ihn über, § 86 VVG. Die Willensfiktion einer Haftungsbeschränkung würde zu Lasten der klagenden Versicherung gehen und das Haftungsrisiko von dem Verursacher und dessen Haftpflichtversicherung auf die Versicherung des Geschädigten verschieben.

Anmerkung:  Wollen die Nachbarn einen Streit zwischen Versicherern ausschließen, bei dem sie letztlich in irgendeiner Art und Weise beteiligt sind (der Versicherungsnehmer des Haftpflichtversicherers gar als Partei des Rechtstreites), sollte vorher abgesprochen werden, ob und inwieweit ein Haftungsverzicht gelten soll.  


Unabhängig davon ist auch nicht einleuchtend, weshalb das Bestehen einer eigenen eintrittspflichtigen Versicherung des Geschädigten hier nicht zur Haftungsbeschränkung führen soll, wenn jedenfalls die weitere Voraussetzung (ein nicht hinnehmbares Haftungsrisiko) vorliegen sollte. Dass der Anspruch auf den Gebäudeversicherer nach § 86 VVG übergeht, ist kein Argument gegen die Haftungsbeschränkung. Die Eintrittspflicht des Haftpflichtversicherer hängt auch von dem schuldhaft verursachten Schadensfall ihres Versicherten ab. Gerade bei der Fragestellung, was die Nachbarn vereinbart haben würden, wenn sie den Rechtsfall bedacht hätten, wäre ohne weiteres auch in die Überlegung mit aufgenommen worden, dass auch der Geschädigte versichert ist und letztlich der Schädiger für diesen eine Gefälligkeit verrichtet; würde er keine Person für die Gefälligkeit finden, müsste er möglicherweise einen gewerblichen Dritten engagieren. 

BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 467/15 -

Freitag, 12. Mai 2017

Eigenbedarfskündigung und Härtefall – zur gebotenen Abwägung und möglichen Regelungen des Gerichts

Mit der streitbefangenen Eigenbedarfskündigung wurde die Notwendigkeit der Nutzung der von den Beklagten im Erdgeschoss belegenen Wohnung geltend gemacht, da die Wohnverhältnisse im Obergeschoss beengt wären und die Eheleute wegen einer Erkrankung des Ehemanns zwei getrennte Schlafzimmer benötigen würden. Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten einen Härtefall geltend. Der 1930 geborene Beklagte zu 1. leide an mehreren gesundheitlichen Beeinträchtigun- gen und beginnender Demenz, wobei sich die Demenz bei einem Umzug noch verschlimmern werde.

Amtsgericht und Landgericht gaben der Räumungsklage statt. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Grundsätzlich gelte, dass Eigenbedarf anzunehmen sei, wenn eine Wohnung für den eigenen Wohnbedarf oder den Wohnbedarf für Angehörige benötigt würde. Es sei auch grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen ansähe. Grenzen ergäben sich aus § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB daraus, dass in diesem Rahmen zu prüfen sei, ob der Wunsch ernsthaft verfolgt würde, ob er von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen würde, die Wohnung den Wohnungswunsch erfüllen kann oder dem Vermieter resp. dem Angehörigen eine Alternative zur Verfügung stünde.

Wird dies alles zugunsten des Kündigenden bejaht, ist zu prüfen, ob ein tauglicher Härtegrund auf Mieterseite vorliegt. Vorliegend habe zwar das Landgericht  die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beklagten zu 1. zur Kenntnis genommen und auch als wahr unterstellt. Es habe dann aber die Wahrunterstellung nicht für die Frage der Erheblichkeit durch Erfassung der Bedeutung der benannten Gebrechen übernommen. Werden über die altersbedingte Gebrechlichkeit hinaus eine durch Wohnungsverlust demenzielle Orientierungslosigkeit des Beklagten zu 1. Geltend gemacht, so ist dies erheblich, dass gegebenenfalls das Gericht bei fehlender eigener Sachkunde sachverständige Hilfe zu Rate zu ziehen hat, insbesondere um den Schwergrad und die Konsequenzen für den Mieter feststellen zu können.

Auch habe das Landgericht dem „Erlangungsinteresse“ der Vermieterseite eine zu große Bedeutung beigemessen. Zu berücksichtigen sei hier im Rahmen des § 574 Abs. 1 BGB auch die Frage der Dringlichkeit des Wohnbedarfs. Nach Ansicht des BGH dränge sich vorliegend die Überlegung auf, der jungen Familie würde es mehr um den Wohnkomfort als den Wohnbedarf gehen und es sei vom Landgericht auch verkannt worden, dass weitere Räume für eine Lösung eines Wohnbedarfs auch hätten Berücksichtigung finden können belegen im Dachgeschoss). Im Hinblick auf das hohe Alter des Beklagten zu 1. würde es sich auch nicht mehr um einen unüberschaubaren Zeitraum handeln, für den die Wohnung im Erdgeschoss nicht nutzbar sei.

Abschließend wies der BGH noch darauf hin, dass § 574a BGB (nach Absatz 2 auch ohne Antrag) dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum betreffend der Fortsetzung des Mietverhältnisses belasse, um so beide Interessen zu berücksichtigen. So käme eine moderate Mietzinserhöhung ebenso in Betracht wie eine Kostenbeteiligung des Mieters an Umbaumaßnahmen des Provisoriums auf der Vermieterseite.


BGH, Urteil vom 15.03.2017 – VIII ZR 270/15 -

Donnerstag, 11. Mai 2017

Vollberittvertrag und Haftung des Unterstellers und Ausbilders bei Verletzung des Pferdes

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten einen Vertrag, demzufolge der Beklagte die Unterstellung, Fütterung, Pflege als auch den beritt des damals vierjährigen Wallachs der Klägerin übernahm. Am 02.12.2010 ließ die Praktikantin des Beklagten das Pferd in der Reithalle frei laufen; das Pferd stieß dabei gegen eine Stahlstütze des Hallendaches und musste daraufhin tierärztlich versorgt werden. Die Klägerin verlangte Schadensersatz von über € 40.000,00 mit der Begründung, infolge des Vorfalls sei das Pferd nicht mehr zum Reiten nutzbar.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab; das Oberlandesgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung einer Zeugin. Die von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

Auszugehen sei von einem typengemischten Vertrag mit Schwerpunkt auf den Dienstvertrag nach § 611 BGB. Bei einem gemischten Vertrag könne nicht  nach den verschiedenen Rechtstrukturen unterschieden werden, sondern wäre der Schwerpunkt festzustellen, nach dem sich dann das gesamte Vertragsverhältnis orientiere. Vorliegend habe die Ausbildung des damals noch sehr jungen Pferdes für den Einsatz bei Turnieren und die Vorführung bei Prüfungen den Schwerpunkt gebildet. Damit läge der Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht und scheide Verwahrungs- und Mietvertragsrecht aus.

Ein Rückgriff auf Verwahrungsrecht käme auch nicht deshalb in Betracht, um den Pferdeeigentümer vor Beweisschwierigkeiten zu bewahren.  Zwar trage der Anspruchssteller die Beweislast für eine Vertragspflichtverletzung. Stamme aber die Schadensursache aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners  und rechtfertige die Sachlage den Schluss, dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt verletzte (was hier der Fall sei), müsse er sich von dem Vorwurf der Vertragsverletzung entlasten. Dazu habe er darzulegen und nachzuweisen, dass ihn kein Pflichtenverstoß trifft.

Nicht zu beanstanden sei die auf der Grundlage des eigeholten Sachverständigengutachtens getätigte Annahme des Oberlandesgerichts, dass die Anlage als solche baulich geeignet sei , wenn das Tier angemessen vorberitet sei (also kein „Kaltstart“).  Auch konnte nach Ansicht des BGH das Oberlandesgericht in Ansehung der gutachterlichen Ausführungen davon ausgehen, dass es sich bei dem Pferd um ein ausgeglichenes Tier gehandelt habe, weshalb ein ausreichendes und kompetentes Führen des Pferdes in der Halle vor dem Freilauf genügt hätte.

Die angehörte Zeugin habe allerdings nur allgemein eine Aussage zur Üblichkeit des Führens im Reitstall des Beklagten tätigen können, nichts dazu, wie es vor dem streitgegenständlichen Vorfall war. Ferner habe es das Oberlandesgericht unterlassen, zwei von der Klägerin zu der relevanten Frage des Führens des Pferdes vor dem Vorfall (benannt dazu, dass es nicht geführt worden sei) nicht vernommen, obwohl diese Zeuginnen zum Termin auch geladen waren.

Bleibe es also offen, ob die Praktikantin das Pferd vor dem Freilauf ordnungsgemäß vorbereitet habe, gehe dies zu Lastend es Beklagten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

Ob die Klägerin mit ihrem zweitinstanzlichen Beweisangebot wegen Präklusion ausgeschlossen ist (§ 531 Abs. 2 ZPO), sei mangels von Darlegungen im Berufungsurteil im Revisionsurteil nicht zu entscheiden und müsse (noch) vom Oberlandesgericht nach der Zurückverweisung entschieden werden, wenn es nach erneuter Vernehmung der einen Zeugin wiederum zu der Auffassung gelangt, die Praktikantin habe das Pferd ordnungsgemäß vorbereitet.


BGH, Urteil vom 12.01.2017 -  III ZR 4/16 -

Dienstag, 9. Mai 2017

Keine Genehmigungsbedürftigkeit der Wahrung des Eigentumsübergangs eines geschenkten und verpachteten Grundstücks auf Minderjährigen ?

Im Streitfall wurde dem Minderjährigen  von seinem Onkel ein bebautes und verpachtetes Grundstück “mit allen Richten und Pflichten, Bestandteilen und dem gesetzlichen Zubehör“ zu Alleineigentum übertragen. Die Überlassung erfolgte ausdrücklich nach dem notariellen Vertrag „unentgeltlich im Wege der Schenkung“. Die Eltern des Minderjährigen als dessen gesetzliche Vertreter, die im Rahmen der Protokollierung durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten wurden, genehmigten den Vertrag.

Das Grundbuchamt hat nach Antrag auf Vollzug der Eigentumsumschreibung eine Zwischenverfügung dahingehend erlassen, dass dem Antrag ohne Genehmigung des Überlassungsvertrages durch das Familiengericht nebst Rechtskraftbescheinigung und Zugangsnachweis nicht entsprochen werden könne. Zur Begründung verwies es darauf, die Schenkung sei in Ansehung des bestehenden Pachtverhältnisses nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weshalb eine Genehmigungsbedürftigkeit nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 5, 1829 BGB bestünde.

Die Beteiligten hatten gegen diese Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt, der das OLG abhalf. Das Eintragungshindernis bestünde nicht.

§ 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB sei bereits vom Grundsatz her nicht einschlägig. Die dort normierte Genehmigungsbedürftigkeit würde lediglich für ein entgeltliches Rechtsgeschäft gelten, nicht aber – wie hier – für eine Schenkung. Der Umstand, dass das Grundstück verpachtet sei, mache aus dem Rechtsgeschäft auch keine entgeltliches, da der Pachtvertrag nicht als Gegenleistung vorgesehen ist und auch so nicht benannt wurde, vielmehr seine Auflistung im Schenkungsvertrag nur zur Verdeutlichung der gesetzlichen Folge des Übergangs erfolgte.

Im übrigen würde § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB auch lediglich das Kausalgeschäft betreffen, nicht aber das dingliche Geschäft. Von daher sei § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB im Grundbuchverfahren ohne Bedeutung. Nur wenn die Nichtigkeit des Grundgeschäfts auch das dingliche Rechtsgeschäft erfassen würde, dürfe das Grundbuchamt das Kausalgeschäft prüfen und die Eintragung der Rechtsänderung hiervon abhängig machen. Selbst bei Annahme der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts wäre dies nicht beachtlich, da die Frage der fehlenden Genehmigung nur zu einer schwebenden Unwirksamkeit führen würde und mithin geheilt werden könnte.

Anmerkung; Anders für den Fall der Eigentumsübertragung (Schenkung) durch die Eltern des Minderjährigen der BGH mit Beschluss vom 28.04.2022 - V ZB 4/21 -, da das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nicht lediglich vorteilhaft sei (§ 107 BGB) und die §§ 1629, 1795 BGB zu beachten seien. 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2017 – 3 Wx 65/16 -

Montag, 8. Mai 2017

Zur (fehlenden) Verbrauchereigenschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Das Gesetz unterscheidet zwischen  Verbrauchern (§ 13 BGB) und Unternehmern (§ 14 BGB). Diese Unterscheidung hat häufig erhebliche Folgen: So gilt nicht nur bei Unternehmen ein höherer gesetzlicher Verzugszins als bei Verbrauchern (vgl. § 288 Abs. 1 und 2 BGB), sondern auch im Hinblick auf Widerrufsrechte (vgl. z.B. § 355 BGB) und die Regeln zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474ff BGB). Aber auch im Zusammenhang mit AGB-Klauseln in Verträgen kommt der Frage, ob es sich bei einem Vertragspartner um einen Verbraucher oder Unternehmer  handelt, Bedeutung zu, wie beispielsweise der vom BGH entschiedene Fall zur Frage der Verbrauchereigenschaft einer GbR zeigt.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine GbR, bestehend aus einer natürlichen Person und einer juristischen Person. Diese erteilte den Beklagten den Auftrag zu den Leistungsphasen 1 - 5 für ein Einfamilienhaus, in dem die eine Gesellschafterin der GbR mit ihren Ehemann wohnen wollte und von wo aus sie ihrer freiberuflichen Tätigkeit nachgehen wollte.

In dem Vertrag zwischen den Parteien befand sich eine Klausel, nach der eine Haftung des beklagten Vertragspartners dem Grunde und der Höhe nach auf die Haftpflichtversicherung (die zu Personen- und Sachschäden bestimmte Höhen versichert haben müsste) beschränkt würde. Es könne nach Auffassung des Berufungsgerichts auf sich beruhen, ob es sich um eine vorformulierte Klausel für eine Vielzahl von Verträgen (AGB) handelt, da es sich jedenfalls um eine Klausel handeln würde, die von der Beklagtenseite gestellt worden sei und nicht zur Diskussion gestanden habe, was dem nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gleich käme mit der Folge der Unwirksamkeit nach § 306 BGB. Im übrigen handele es sich aber auch um einen Verbrauchervertrag, da die Klägerin als GbR vorliegend nicht zu gewerblichen oder selbstständigen Zwecken, sondern ausschließlich zu privaten Zwecken gehandelt habe. Dabei käme es nicht darauf an, dass in der GbR eine juristische Person (die J. GmbH) auch Gesellschafter sei. Entscheidend sei, dass der GbR zumindest eine nicht gewerblich handelnde natürliche Person als Verbraucher angehöre nicht. Vorliegend sei die Gesellschaft nur zur Errichtung des Hauses für die Mitgesellschafterin und ihrem Ehemann zur Eigennutzung geplant gewesen.

Diesen rechtlichen Ansätzen folgt der BGH nicht.

Eine als Außengesellschaft auftretende GbR, die nur aus natürlichen Personen bestünde, könne Verbraucher sein (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2001 – XI ZR 63/01 -). Bei Beteiligung einer juristischen Person an der GbR sei es von vornherein ausgeschlossen, dass es sich um einen Verbraucher handelt, unabhängig davon, ob die Gesellschaft nur zu privaten Zwecken oder zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken tätig werden soll. Von daher käme es nicht auf die vom Berufungsgericht hervorgehobene Ansicht an, ob die GbR lediglich zu privaten Zwecken tätig wird. Schon § 13 BGB spreche gegen die Annahme des Berufungsgerichts, da danach nur natürliche Personen Verbraucher sein könnten, eine GbR aber keine natürliche Person sei.

§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei auch nicht auf als Außengesellschaften tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts anwendbar. Die Rechtsprechung des 8. Zivilsenats zur Wohnungseigentümergemeinschaft, nach der diese bereits dann als Verbraucher nach § 13 BGB angesehen werde, wenn eine natürliche Person (ohne gewerblichen/freiberuflichen Hintergrund) Mitglied sei (BGH, Urteil vom 25.03.2015 – VIII ZR 243/13 -) sei nicht heranzuziehen, da vorliegend ein Zusammenschluss qua Gesellschaftsvertrag vorliege, demgegenüber bei dem Wohnungseigentum der Eigentümer qua Gesetz Mitglied würde.


BGH, Urteil vom 30.03.2017 – VII ZR 269/15 -