Mit der streitbefangenen
Eigenbedarfskündigung wurde die Notwendigkeit der Nutzung der von den Beklagten
im Erdgeschoss belegenen Wohnung geltend gemacht, da die Wohnverhältnisse im
Obergeschoss beengt wären und die Eheleute wegen einer Erkrankung des Ehemanns
zwei getrennte Schlafzimmer benötigen würden. Die Beklagten widersprachen der
Kündigung und machten einen Härtefall geltend. Der 1930 geborene Beklagte zu 1. leide an mehreren gesundheitlichen Beeinträchtigun- gen
und beginnender Demenz, wobei sich die Demenz bei einem Umzug noch verschlimmern
werde.
Amtsgericht und Landgericht gaben
der Räumungsklage statt. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung
an das Berufungsgericht.
Grundsätzlich gelte, dass Eigenbedarf
anzunehmen sei, wenn eine Wohnung für den eigenen Wohnbedarf oder den Wohnbedarf
für Angehörige benötigt würde. Es sei auch grundsätzlich zu respektieren,
welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen
ansähe. Grenzen ergäben sich aus § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB daraus, dass in diesem
Rahmen zu prüfen sei, ob der Wunsch ernsthaft verfolgt würde, ob er von
vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen würde, die Wohnung den Wohnungswunsch
erfüllen kann oder dem Vermieter resp. dem Angehörigen eine Alternative zur
Verfügung stünde.
Wird dies alles zugunsten des
Kündigenden bejaht, ist zu prüfen, ob ein tauglicher Härtegrund auf Mieterseite
vorliegt. Vorliegend habe zwar das Landgericht die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des
Beklagten zu 1. zur Kenntnis genommen und auch als wahr unterstellt. Es habe dann
aber die Wahrunterstellung nicht für die Frage der Erheblichkeit durch
Erfassung der Bedeutung der benannten Gebrechen übernommen. Werden über die
altersbedingte Gebrechlichkeit hinaus eine durch Wohnungsverlust demenzielle
Orientierungslosigkeit des Beklagten zu 1. Geltend gemacht, so ist dies
erheblich, dass gegebenenfalls das Gericht bei fehlender eigener Sachkunde sachverständige
Hilfe zu Rate zu ziehen hat, insbesondere um den Schwergrad und die
Konsequenzen für den Mieter feststellen zu können.
Auch habe das Landgericht dem „Erlangungsinteresse“
der Vermieterseite eine zu große Bedeutung beigemessen. Zu berücksichtigen sei
hier im Rahmen des § 574 Abs. 1 BGB auch die Frage der Dringlichkeit des
Wohnbedarfs. Nach Ansicht des BGH dränge sich vorliegend die Überlegung auf,
der jungen Familie würde es mehr um den Wohnkomfort als den Wohnbedarf gehen
und es sei vom Landgericht auch verkannt worden, dass weitere Räume für eine
Lösung eines Wohnbedarfs auch hätten Berücksichtigung finden können belegen im
Dachgeschoss). Im Hinblick auf das hohe Alter des Beklagten zu 1. würde es sich
auch nicht mehr um einen unüberschaubaren Zeitraum handeln, für den die Wohnung
im Erdgeschoss nicht nutzbar sei.
Abschließend wies der BGH noch
darauf hin, dass § 574a BGB (nach Absatz 2 auch ohne Antrag) dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum
betreffend der Fortsetzung des Mietverhältnisses belasse, um so beide Interessen
zu berücksichtigen. So käme eine moderate Mietzinserhöhung ebenso in Betracht
wie eine Kostenbeteiligung des Mieters an Umbaumaßnahmen des Provisoriums auf
der Vermieterseite.
BGH, Urteil vom 15.03.2017 – VIII ZR 270/15 -