Die Beklagte und die W GmbH schlossen am 13./22.10.2020 einen Mietvertrag über Gewerberäume, befristet vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2024. Die Beklagte wurde vom Kläger aufgrund erteilter Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) vertreten. Am 23.02.2022 schlossen die W GmbH, die Beklagte und der Kläger (der sich und die Beklagte vertrat, letztere aufgrund der Handlungsvollmacht) mit seiner Einzelfirma GD eine als „Nachtrag zum Mietvertrag vom 13.10.2020 Vertragspartnerwechsel und Übernahmevereinbarung zum 01.03.2022“ überschriebene Vereinbarung, der zufolge die Beklagte zum 01.03.2022 aus dem Mietverhältnis mit der W GmbH austritt und die Einzelfirma GD des Klägers mit Übernahme aller Rechte und Pflichten und Regelungen in dieses eintritt. Am 23.02.2022 forderte der Kläger die Beklagte zur Räumung des Mietobjekts und Herausgabe an sich auf, die Beklagte forderte von dem Kläger die Herausgabe der Handlungsvollmacht. Am 29.11.2023 erhob der Kläger Räumungsklage. Das Landgericht gab der Räumungsklage statt. Dagegen wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Parteien erklärten den Rechtsstreit einvernehmlich in der Hauptsache für erledigt, nachdem der Kläger darauf verwies, dass das Mietverhältnis am 31.12.2023 geendet habe.
Das Oberlandesgericht musste nunmehr noch nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung durch die Parteien über die Kosten des Verfahrens nach § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen entscheiden. Maßgeblich sei insoweit, wer im Verfahren voraussichtlich unterlegen gewesen wäre, wenn es nicht zur Hauptsacheerledigung gekommen wäre (BGH, Beschluss vom 20.07.2017 - IX ZR 56/16 -).
Her sah das OLG den Kläger im Hinblick auf das Räumungsverlangen als voraussichtlich unterlegene Partei an, da die Klage bereits zum Zeitpunkt ihrer Erhebung im November 2022 unbegründet gewesen sei. Der Kläger sie nicht Eigentümer der Mieträume gewesen, weshalb sich ein Herausgabeanspruch nicht aus § 985 BGB ergäbe. Damit könne nur die Nachtragsvereinbarung als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen. Aber diese ergäbe bei Auslegung nach §§ 133, 157 BGB keinen Anspruch des Klägers auf Räumung und Herausgabe an sich.
Bei der Auslegung wäre in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende Parteiwille zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 15.012012 - XI ZR 22/12 -). Der übereinstimmende Parteiwille würde dabei aber dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgehen (BGH, Beschluss vom 30.04.2012 – XII ZR 124/12 -).
Das OLG sah in dem Nachtrag zwei Vereinbarungen, die aber keinen unmittelbaren Anspruch des Klägers gegen die Beklagte begründen würden: Gegenstand des Nachtrages sei zum Einen die Abänderung einer schuldrechtlichen Vereinbarung der W GmbH mit der Beklagte dahingehend, dass das Mietverhältnis zum 01.03.2022 endet. Gleichzeitig sollte zum Anderen ein Mietverhältnis mit der Einzelfirma des Klägers und der W GmbH durch Eintritt der Einzelfirma in das bisherige Mietverhältnis begründet werden; die klägerische Einzelfirma sollte die Rechte, Pflichten und Regelungen, die zwischen der Beklagten und der W GmbH bestanden, übernehmen. Eine Regelung zu unmittelbaren Ansprüchen im Verhältnis zwischen Kläger zur Beklagten wurde nicht getroffen; vielmehr beinhalte die Regelung nur die Beendigung des Schuldverhältnisses zwischen W GmbH und Beklagter und die Begründung eines Schuldverhältnisses zwischen der Einzelfirma des Klägers und der W GmbH. Ein eigener Anspruch des Klägers gegen die Beklagte war damit nicht begründet worden.
Es habe dafür auch kein praktisches Bedürfnis bestanden, da die Umsetzung des Mieterwechsels über die Ansprüche in den jeweiligen schuldrechtlichen Vereinbarungen möglich gewesen sei. Die W GmbH habe gegen die Beklagte einen Räumungs- und Herausgabeanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB geltend machen können, die Einzelfirma des Klägers gegen die W GmbH einen Anspruch auf Überlassung des Besitzes gem. § 535 Abs. 1 BGB.
OLG Dresden, Beschluss vom 08.04.2024
- 5 U 1855/23 -