Nach einem Unfall besteht häufig Streit über den Schaden des Geschädigten. Neben reinen Sachschäden (so am Fahrzeug) und Schmerzensgeld wegen Verletzungen ist an entgangenen Verdienst/Gewinn aber auch an einen Haushaltsführungsschaden zu denken. Ein solcher Streit liegt der Entscheidung des OLG Koblenz vom 01.03.2021 zu Grunde, bei dem ein Schwerpunkt der Haushaltsführungsschaden unter besonderer Berücksichtigung von Tieren im Haushalt des Geschädigten ist.
Das Landgericht hatte sich auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten gestützt, welches von einer Minder der Haushaltsführungstätigkeit zu verschiedenen Prozentsätzen ab dem Unfall bis zur Ausheilung der unfallbedingten Verletzungen ausging. Die Höhe des Haushaltsschadens, so das OLG, würde sich aus den von der Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Umständen ergeben, nämlich die eigenen Lebens- und Wohnverhältnisse (Größe des Hauses/der Wohnung, Anzahl der zu versorgenden Personen, eine evtl. Berufstätigkeit), Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall (was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich oder monatlich. Dem sei der Umfang der noch möglichen Haushaltstätigkeit gegenüberzustellen.
Den vom OLG als „Sonderfall“ eingestuften Umstand, dass auch Haustiere der Klägerin bzw. deren Familie zu versorgen seien, wollte der Senat nicht grundsätzlich die Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen eines Haushaltsführungsschadens versagen. Dabei seien aber Besonderheiten zu berücksichtigen:
Nach Angaben der Klägerin habe diese den Hund vor dem Unfall 90 Minuten/Tag ausgeführt, nach dem Unfall nur 75 Minuten. Hier negierte das OLG einen ersatzfähigen Schaden. Es sei weder dargelegt worden, weshalb es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, noch weitere 15 Minuten/Tag mit dem Hund zu gehen, wie auch nicht, weshalb durch die fehlenden 15 Minuten der Hund einen Schaden erleiden sollte. Zudem habe ein Zeuge bekundet, dass er den Hund ebenfalls abends, teilweise nachts ausführe, weshalb eine Kompensation vorläge und einen Ersatzanspruch ausschließe.
Anmerkung:
Sollte der Hund dadurch einen
Schaden erleiden, würde es sich nicht um einen Haushaltsführungsschaden handeln,
sondern um einen Folgeschaden in Form eines Sachschadens aus dem dem Vorgang
zugrunde liegenden Verkehrsunfall; allerdings läge bei einem dadurch bedingten
Schaden beim Hund wohl ein Mitverschulden der Klägerin vor, da sie für eine
Kompensation (z.B. durch Beauftragung eines Dritten, ggf. gegen Entgelt, diesen
hätte abwenden können.
Ein Haushaltsführungsschaden
läge allerdings vor, wenn die Klägerin nachweislich nicht 90 Minuten den Hund
hätte ausführen könnte, dies aber notwendig wäre, und wenn nun ein Dritter,
wenn es auch ein Familienmitglied der Klägerin war, die zeitliche Differenz
übernimmt; in diesem Fall wäre der geldwerte Vorteil des Ausführend des Dritten
zu bewerten (üblicher Stundensatz) und als Haushaltsführungsschaden zu
behandeln. Der Umstand einer Kompensation, wie sie hier nach Ansicht des OLG
vorlag, würde mithin nicht den Haushaltsführungsschaden hindern können, da
dieser gerade auch dann gilt, wenn Dritte die Tätigkeiten übernehmen, die von
dem Geschädigten bisher wahrgenommen wurden. Allenfalls wäre zu prüfen, ob eine
Kompensation dadurch erfolgen könnte, dass der Dritte, der die Aufgabe
übernimmt, bisher im Haushalt eine andere Tätigkeit ausführte, die dem
Geschädigten auf Grund seiner Verletzung noch möglich wäre, so dass durch zumutbare
Umorganisation ein Schaden entfällt.
Alleine mit der Begründung einer Kompensation dadurch, dass ein Dritter den Hund (ergänzend) ausführt, kann mithin entgegen der Annahme des OLG der Haushaltsführungsschaden nicht negiert werden. Gleichwohl ist vorliegend die Verneinung eines solchen zutreffend, da die Klägerin nicht dargelegt haben soll, warum sie den Hund nur 75 Minuten und nicht 90 Minuten habe ausführen können, unabhängig davon, dass auch nach den Entscheidungsgründen nicht ersichtlich wäre, weshalb der Hund 90 Minuten hätte ausgeführt werden müssen und nicht (jedenfalls übergangsweise) 75 Minuten ausreichend sein sollen.
Weiterhin hatte die Klägerin Fische und Hasen gezüchtet und versorgt. Hierbei würde es sich nach Ansicht des OLG um eine reine Liebhaberei der Klägerin bzw. deren Familie handeln. Eine solche führe nicht zu einer Ersatzfähigkeit im Rahmen eines Haushaltsführungsschadens; dieser Umstand sei lediglich im Rahmen des Schmerzensgeldes berücksichtigungsfähig. Zudem sei dem Senat nicht ersichtlich, weshalb nicht der Ehemann oder die im Haushalt lebende Tochter die Hasen und Fische hätte versorgen können.
Anmerkung: Sollte die Klägerin
nach der Organisation des Haushalts die Fische und Hasen versorgt haben und
unfallbedingt dazu nicht in der Lage gewesen sein (was sie darlegen und beweisen
müsste), so würde auch hier bei einer Übernahme durch ein Familienmitglied bzw.
einem sonstigen Dritten ein Haushaltsführungsschaden bestehen, der ersatzfähig
ist. Es lässt sich aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen, was während des
verletzungsbedingten Ausfalls der Klägerin mit den Hasen und Fischen erfolgte;
sollten sie weggegeben worden sein oder sogar eingegangen sein ? In diesem Fall
läge wohl wieder ein Mitverschulden vor, da eine Ersatzmöglichkeit hätte
beschafft werden können (evtl. zeitweise Unterbringung in einem Tierheim oder einer
Tierhandlung gegen Entgelt, welches vom Schädiger zu ersetzen wäre, wenn nicht
Familienmitglieder einspringen können, deren Tätigkeit auch einen ersatzfähigen
Schaden darstellen würden, oder eine Umorganisation möglich sein, die einen
Ersatzanspruch ausschließen würde). Nach den Leitsätzen der Entscheidung musste
die Klägerin die Zucht aufgeben; dies bedinge eine Berücksichtigung im Rahmen
des Schmerzensgeldes.
Die Begründung des Senats zur Versagung der Ersatzfähigkeit ist nicht überzeugend und widerspricht vom Ansatz der Ersatzfähigkeit eines Haushaltsführungsschadens, da es nicht darauf ankommt, ob Tiere aus Liebhaberei gehalten werden. Auch ein im Haushalt lebender Hund wird regelmäßig aus Liebhaberei gehalten. Eine Berücksichtigung im Rahmen des Schmerzensgeldes scheidet grundsätzlich aus. Soweit es mithin um die Versorgung derselben ging, läge ein ersatzfähiger Schaden vor, wenn sich die Klägerin verletzungsbedingt um diese nicht kümmern konnte und ein Dritter dies übernehmen muss, auch dann, wenn es ein im Haushalt lebendes Familienmitglied ist, wenn nicht durch Umorganisation der Haushaltsführung die Klägerin eine andere Tätigkeit übernehmen könnte. Die Berücksichtigung der entfallenden Zucht aus Liebhaberei im Rahmen des Schmerzensgeldes ist nachvollziehbar.
Die Klägerin hatte zudem ein Pferd. Dieses befand sich nach ihren Angaben in einem Pensionsstall in „Vollpension“ (d.h., die Box wurde vom Betreiber des Pferdehofes gereinigt, mit Heu / Einstreu versorgt, wie auch für Wasser und Futter gesorgt und regelmäßig auch für Auslauf). Darauf basierend negierte der Senat einen Ersatzanspruch der Klägerin für einen Haushaltsführungsschaden.
Anmerkung: Dieser Ansicht des
Senats ist zu folgen. Der Haushaltsführungsschaden soll vermehrte Bedürfnisse
finanziell abdecken. Wenn sich aber die Klägerin um das Pferd nicht kümmern
musste, da es in Vollpension stand, gab es keine Verpflichtungen der Klägerin
für das Pferd und konnten auch Aufwendungen dafür (sei es auch fiktiv dadurch,
dass andere Personen des Reitstalls nun für die Klägerin tätig wurden)
entstehen.
Zutreffend wies der Senat darauf hin, dass gegebenenfalls die Aufwendungen der Klägerin für die Unterstellung des Pferdes einen ersatzfähigen Schaden nach § 249 BGB darstellen könnten. Dies wäre dann der Fall, wenn das Pferd z.B. von der Klägerin gehalten wurde, da sie es ritt. Konnte sie verletzungsbedingt das Pferd nicht nutzen, hatte sie Aufwendungen für das Pferd (durch das an den Reitstell zu zahlende Entgelt, welches sie hier als Schadensposition hätte geltend machen können. Dies wurde aber von der Klägerin nicht geltend gemacht; dazu hätte sie die Kosten darlegen und im Bestreitensfall nachweisen müssen.
Das OLG hatte sich im Übrigen zum weiteren Haushaltsführungsschaden der Ansicht des Landgerichts angeschlosssen, dass die Klägerin täglich vier Stunden im Haushalt tätig war und den für die Entschädigung zugrunde liegenden Stundensatz mit dem im fraglichen Zeitraum mit € 8,50 geltenden Mindestlohnsatz angenommen. Gemäß der prozentualen Höhe des Ausfalls der Klägerin bei den Haushaltsarbeiten hatte es den Entschädigungsbetrag dann für die entsprechende Zeitspanne berechnet.
OLG Koblenz, Urteil vom 01.03.2021
- 12 U 1297/20 -