Freitag, 10. Januar 2025

Verzögerungsgebühr bei Flucht in die Säumnis

Das Landgericht hatte nach schriftlichen Vorverfahren einen Verhandlungstermin angesetzt. Im Termin erschien der Klägervertreter nicht. Es erging auf Antrag des Beklagtenvertreters ein klageabweisendes Versäumnisurteil. Auf den Einspruch fand ein neuer Termin statt, an dessen Schluss das Urteil verkündet wurde, demzufolge das Versäumnisurteil aufrecht erhalten blieb. Mit gesonderten Beschluss erlegte das Landgericht dem Kläger eine Verzögerungsgebühr in Höhe eines Gebührensatzes von 1,0 aus einem Streitwert von € 45.320,00 auf (mithin € 601,00). Begründet wurde dies mit dem Nichterscheinen des klägerischen Prozessbevollmächtigten, und der dort dadurch bedingten Notwendigkeit, einen neuen Termin anzuberaumen. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Das Kammergericht Berlin (KG) wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Das KG wies darauf hin, dass gem. § 38 Abs. 1 1, Fall GKG das Gericht einer Partei eine besondere Gebühr auferlegen könne, würde die Anberaumung eines neuen Termins zu mündlichen Verhandlung durch das Verschulden einer Partei notwendig.

Der neue Termin sei notwendig geworden, da der Kläger Einspruch gegen das Versäumnisurteil (VU) eingelegt habe und diesen aufrechterhalten habe. Die Gebühr käme in Betracht, wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils aufgrund des Einspruchs der säumigen Partei ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden müsse. Das folgerte das KG aus einem Umkehrschluss aus § 38 S. 1 GKG, der eine Ausnahmeregelung nur für den Fall vorsehen, dass ein VU oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gem. § 355 Abs. 1 ZPO nicht ergehen dürfe. Entscheidend sie der Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht.

Die Verzögerungsgebühr habe Strafcharakter; sie stelle sich als Sanktion für ein prozesswidriges Verhalten einer Partei oder ihres Vertreters dar. Deshalb könne sie nicht verhängt werden, wenn die Partei oder ihr Vertreter das Verfahren zwar verzögern würden, sich dabei aber prozessordnungsgemäß verhalten würden.

Vorliegend sie das Verhalten des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten als schuldhaft anzusehen, da gegen die Prozessförderungspflicht verstoßen worden sei. Verschulden läge sowohl bei vorsätzlichen als auch fahrlässigen Handlungen vor, § 276 BGB. Nach § 38 GKH sei ein grobes Verschulden oder Verschleppungsabsicht erforderlich. Die Prozessförderungspflicht verlange eine konzentrierte Verfahrensführung. Vorbringen dürfe nicht aus prozesstaktischen Gründen zurückgehalten werden (BGH, Beschluss vom 25.04.2024 - V ZR 238/23 -).

Hier sei von Fahrlässigkeit auszugehen. Es sei aus prozesstaktischen Gründen ein Versäumnisurteil in Kauf genommen worden, um sich die Entscheidung einer Klagerücknahme oder eines Einspruchs offen zu halten. Insbesondere sei das Nichterscheinen zum Termin nicht darin begründet gewesen, aus anwaltlicher Vorsicht prozessuale Nachteile für den Kläger zu vermeiden;  entscheidend für die Verzögerung des entscheidungsreifen Verfahrens  eine beabsichtigte Prüfung der Rechtslage durch ein beauftragtes Rechtsgutachten, wozu – so das KG – der Prozessbevollmächtigte des Klägers allerdings spätestens nach Einreichung der Klage am 11.12.2023 bis zum Termin am 10.07.2023 ausreichend Gelgenehit gehabt habe. Gegen die Prozessförderungspflicht sie verstoßen, da die Entscheidung, ob und inwieweit das Verfahren streitig geführt werden soll, bis zum Termin nicht grundlegend vorbereitet gewesen sei. Es sei dem Kläger zwar unbenommen, bei ausstehender externer Expertise ein VU gegen sich ergehen zu lassen. Und auch das Nichtauftreten im Termin sei grundsätzlich ein gesetzlich erlaubtes Mittel.  Allerdings hätte hier die Klärung bis zum Termin herbeigeführt werden müssen. In dem Unterlassen läge die Prozessordnungswidrigkeit, zumal es sich angeboten hätte, die Rechtslage vor Klageerhebung zu prüfen. Und seit Klageerhebung sieben Monate zur Prüfung zur Verfügung gestanden hätten. Zudem habe der Kläger auch nach Erhalt des Rechtsgutachtens am 19.07.2024 den Einspruch gegen das Versäumnisurteil aufrechterhalten und das Rechtsgutachten bzw. dessen Inhalt nicht in das Verfahren eingeführt und nicht einmal bis zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss nach § 38 GKG das Rechtsgutachten erwähnt, was darauf deute, dass er diesem für ihn bedeutsamen Rechtsgutachten nicht die erforderliche Beachtung im Rahmen der Prozessförderungspflicht bis zum Termin am 10.07.2024 gewidmet habe.

Eine Verhängung der Verzögerungsgebühr käme dann nicht in Betracht, wenn das Gericht die Verzögerung durch geeignete Maßnahmen hätte vermeiden können. Hier sei das Landgericht seiner Prozessförderungspflicht durch stringente Verfahrensführung nachgekommen.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 30.10.2024 - 21 W 35/24 -  


Aus den Gründen:

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 11.09.2024, durch den dem Kläger eine Verzögerungsgebühr auferlegt wird, wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 601,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG.

Mit seiner Klage vom 11.12.2023 macht der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche nach dem Widerruf eines Pkw-Kaufvertrags geltend.

Nach Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens hat das Landgericht mit Verfügung vom 29.05.2024 Verhandlungstermin auf den 10.07.2024 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 02.06.2024 hat der Klägervertreter die Verlegung der Terminstunde beantragt. Dem ist das Landgericht nachgekommen. Mit Schriftsatz vom 09.07.2024 hat der Kläger neue Anträge angekündigt und Teilerledigung erklärt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.07.2024 vor dem Landgericht ist der Klägervertreter nicht erschienen. Das Landgericht hat auf Antrag des Beklagtenvertreters ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt. Das Landgericht hat am 12.07.2024 einen neuen Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den 11.09.2024 anberaumt. Mit einem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 10.07.2024 aufrechterhalten.

Mit gesondertem Beschluss vom 11.09.2024 hat das Landgericht durch den Einzelrichter dem Kläger eine Verzögerungsgebühr in Höhe eines Gebührensatzes von 1,0 bei einem Streitwert in Höhe von 45.320,- EUR auferlegt, was 601,- EUR entspricht. Zur Begründung ist ausgeführt, dass durch Verschulden des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig gewesen sei, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.07.2024 nicht erschienen sei und danach gegen das erlassene Versäumnisurteil Einspruch eingelegt habe. Mögliche prozesstaktische Überlegungen für die Säumnis hinderten die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nicht. Der Beschluss ist dem Klägervertreter am 12.09.2024 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die am 07.10.2024 eingelegte Beschwerde des Klägers.

Der Kläger rügt unter Verweis auf Fundstellen in der Rechtsprechung und Literatur:

Ihm sei vor Auferlegung der Verzögerungsgebühr kein rechtliches Gehör gewährt worden, weshalb die Festsetzung rechtswidrig sei. Das Nichtauftreten im Termin stelle ein normgerechtes Verhalten dar, so dass es an dem für eine Sanktion nach § 38 GKG erforderlichen Verschulden fehle. Insbesondere habe der Kläger keinen Sachvortrag zurückgehalten und sich in die Säumnis geflüchtet wie es bei der Entscheidung des OLG Celle vom 13.08.2007 (2 W 70/07) der Fall gewesen sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe zum damaligen Zeitpunkt ein Rechtsgutachten zu den Erfolgsaussichten des Vorgehens gegen die Beklagte durch einen Universitätsgelehrten anfertigen lassen, das ihm erstmals am 19.07.2024 vorgelegen habe. Von dem Ausgang dieses Gutachtens sollte der weitere Prozessverlauf – auch in Kostenhinsicht – abhängig gemacht werden, da eine Klagerücknahme im Falle mangelnder Erfolgsaussichten trotz vorheriger Säumnis Kosten eingespart hätte. Da das Rechtsgutachten die hinreichende Erfolgsaussicht bestätigt habe, sei der Einspruch nicht zurückgenommen worden. Bei der gemäß § 38 GKG zu treffenden Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger im Übrigen seiner Prozessförderungspflicht vorbildlich nachgekommen sei.

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 08.10.2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf eine fehlende Rechtskenntnis könne sich der Klägervertreter nicht berufen, so dass er den Rechtsstreit durch sein Nichterscheinen im Termin schuldhaft verzögert habe. Im Übrigen wird auf den vorgenannten Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Klägers (§§ 69 Satz 1 und 2 i.V.m. § 66 Abs. 3, Abs. 5 Satz 5 GKG) hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet gemäß § 69 Satz 2 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch die Einzelrichterin.

Die Beschwerde ist im Ergebnis nicht begründet.

1.

Das Versäumnis, dem Kläger vor Erlass des angefochtenen Beschlusses kein rechtliches Gehör gewährt zu haben, ist im Zuge des Beschwerdeverfahrens nachgeholt worden.

Die Gelegenheit, zu der beabsichtigten Auferlegung einer Verzögerungsgebühr Stellung nehmen zu können, ist Ausdruck des in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Grundrechts auf rechtliches Gehör und dient insbesondere der erforderlichen Klärung der Verschuldensfrage. Eine Nachholung des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren ist jedoch ausreichend (vgl. Binz/ Dörndorfer/ Zimmermann/ Zimmermann, 5. Aufl. 2021, GKG § 38 Rn. 12). Diese Auffassung teilt der Senat, zumal neue vorgetragene Tatsachen im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen sind (vgl. OLG München, Beschluss v. 17.07.2000 – 11 W 2003/00; vgl. OLG Nürnberg, Beschluss v. 30.11.2023 – 8 W 2318/23 – Rn. 23; BeckOK KostR/Laube, 46. Ed. 1.7.2024 GKG § 69 Rn. 40, § 68 Rn. 151 m.w.N.).

Der Kläger konnte sich nunmehr zu den Gründen seines Nichterscheinens im Termin erklären.

2.

Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Verzögerungsgebühr gemäß § 38 GKG liegen vor.

Das Gericht kann einer Partei gemäß § 38 Abs. 1 1. Fall GKG eine besondere Gebühr auferlegen, wenn die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung (nachfolgend unter 2.1.) durch das Verschulden der Partei (nachfolgend unter 2.2.) nötig geworden ist.

2.1.

Nachdem der Kläger seinen Einspruch aufrechterhalten hat, war die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig.

Die Auferlegung einer besonderen Verzögerungsgebühr gemäß § 38 GKG kommt auch dann in Betracht, wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils aufgrund des Einspruchs der säumigen Partei ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden muss. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 38 Satz 1 GKG, der eine Ausnahmeregelung nur für den Fall vorsieht, dass ein Versäumnisurteil oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 355 Abs. 1 ZPO nicht ergehen darf. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Partei in die Säumnis geflüchtet ist. Maßgebend ist allein der Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.06.2018 – 24 W 44/18 – Rn. 2 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.02.2015 – 6 W 1/15 – Rn. 10; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.11.2015 – 1 W 47/15 – Rn. 6; OLG Celle, Beschluss v. 13.08.2007 – 2 W 70/07 – Rn. 9 ff m.w.N.).

Da die Verzögerungsgebühr Strafcharakter hat und eine Sanktion für ein prozesswidriges Verhalten einer Partei oder ihres Vertreters darstellt, kann sie nicht verhängt werden, wenn die Partei oder ihr Vertreter zwar das Verfahren verzögert, sich dabei aber prozessordnungsgemäß verhält (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 03.08.2018 – 1 W 25/18 – Rn. 3 m.w.N.; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 30.09.2022 – 12 W 24/22 – Rn. 8 m.w.N.). Denn Anknüpfungspunkt für die Verhängung der Verzögerungsgebühr ist nicht der Umstand, dass eine Partei von den ihr gegebenen prozessualen Möglichkeiten Gebrauch macht, sondern dass die Partei gegen die ihr obliegende Prozessförderungspflicht verstößt (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 03.08.2018 – 1 W 25/18 – Rn. 5; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.).

2.2.

Das Verhalten des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten ist auch als schuldhaft anzusehen, weil sie gegen die ihnen obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen haben.

Verschulden im Sinne von § 38 GKG liegt vor, wenn die Partei vorsätzlich oder fahrlässig handelt, § 276 BGB. Ein grobes Verschulden oder eine Verschleppungsabsicht sind nach dem Wortlaut des § 38 GKG nicht erforderlich (OLG Celle, a.a.O., Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.02.2015 – 6 W 1/15 – Rn. 26).

Aufgrund der Prozessförderungspflicht sind die Parteien zu konzentrierter Verfahrensführung gehalten. Insbesondere dürfen sie Vorbringen grundsätzlich nicht aus prozesstaktischen Erwägungen zurückhalten (BGH, Beschluss v. 25.04.2024 – V ZR 238/23 – Rn. 8; vgl. BGH, Beschluss v. 14.03.2017 – VI ZR 205/16 – Rn. 7).

Der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter haben zumindest fahrlässig gehandelt, indem sie nach ihrem Vortrag aus prozesstaktischen Erwägungen und Kostengesichtspunkten ein Versäumnisurteil in Kauf genommen haben, um sich die Entscheidung über die Rücknahme der Klage bzw. des Einspruchs offen zu halten. Insbesondere lag das Nichterscheinen des Klägervertreters nicht darin begründet, aus anwaltlicher Vorsicht prozessuale Nachteile für den Kläger zu vermeiden. Die Verzögerung des entscheidungsreifen Verfahrens durch Nichterscheinen im Termin am 10.07.2024 stellt sich unter den gegebenen Umständen als Verstoß gegen die prozessualen Sorgfaltspflichten dar. Zur Prüfung der Rechtslage hatte der Klägervertreter spätestens nach Einreichung der Klage am 11.12.2024 bis zum Termin am 10.07.2024 ausreichend Gelegenheit. Das Nichtverhandeln diente ersichtlich dem Zweck eine verfahrensabschließende Entscheidung zu verhindern. Der Umstand, dass das vom Kläger für maßgebend erachtete Rechtsgutachten ihm bis zum Termin am 10.07.2024 nicht vorlag, entschuldigt seine Säumnis nicht. Denn der Kläger hat gegen die ihm obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen, indem er seine Entscheidung, ob und inwieweit er das Verfahren streitig zu führen beabsichtigt, bis zum Termin nicht grundlegend vorbereitet hat. Vielmehr hat er diese Entscheidung von dem Ergebnis eines beauftragten Rechtsgutachtens abhängig gemacht, das ihm zum Zeitpunkt des Termins unbekannt war und er deshalb von einem Erscheinen im Termin Abstand genommen hat. Es ist dem Kläger zwar nicht verwehrt, bei ausstehender externer Expertise ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen. Das Nichtauftreten im Termin ist grundsätzlich ein gesetzlich erlaubtes Mittel. Es hätte dem Kläger oder seinem Prozessbevollmächtigten aber oblegen, eine Klärung über die Frage der Durchführung des Verfahrens bis zum Termin herbeizuführen, sei es durch eine rechtzeitige Einholung des aus Klägersicht erforderlichen zusätzlichen Rechtsrats oder durch eigenständige Prüfung der Rechtslage bis zum anberaumten Termin am 10.07.2024. Hierin liegt ein prozessordnungswidriges Verhalten des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten, zumal sich eine Prüfung der Rechtslage bereits vor Klageerhebung anbietet und für die fortlaufende Klärung seit Klageerhebung immerhin sieben Monate zur Verfügung standen.

Nicht außer Acht bleiben kann zudem, dass der Kläger auch nach Erhalt des Rechtsgutachtens am 19.07.2024 und seiner darauf basierenden Entscheidung, den Einspruch gegen das erlassene Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten, Inhalte des Rechtsgutachtens in keiner Weise in das Verfahren eingeführt hat und ein solches bis zur Einlegung der Beschwerde nicht erwähnt hat. Dies indiziert aus Sicht des Senats, dass der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter dem von ihnen bedeutsamen Rechtsgutachten nicht die erforderliche Beachtung im Rahmen der Prozessförderungspflicht bis zum Termin am 10.07.2024 gewidmet haben.

Die Säumnis seines Prozessbevollmächtigten muss sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

3.

Die Verhängung einer Gebühr nach § 38 Abs. 1 GKG ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen oder der Höhe nach zu beanstanden.

Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang zu überprüfen und ist insbesondere auch bei dem vom Ausgangsgericht ausgeübten Ermessen nicht auf eine Kontrolle von Ermessensfehlern beschränkt (OLG München, Beschluss v. 17.07.2000 – 11 W 2003/00; vgl. OLG Nürnberg, Beschluss v. 30.11.2023 – 8 W 2318/23 – Rn. 23; BeckOK KostR/Laube, 46. Ed. 1.7.2024 GKG § 69 Rn. 40, § 68 Rn. 151 m.w.N.).

Danach stellt sich die Ermessensausübung des Landgerichts im Ergebnis als zutreffend dar und deckt sich mit der durch den Senat eigenständig vorgenommenen Prüfung.

Zwar kommt die Verhängung einer Verzögerungsgebühr gemäß § 38 GKG nicht in Betracht, wenn das Gericht die Verzögerung durch geeignete Maßnahmen hätte vermeiden können (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.02.2015 – 6 W 1/15 – Rn. 28 m.w.N.). Hier ist das Landgericht seiner Prozessförderungspflicht indes in jeder Hinsicht durch eine stringente Verfahrensführung nachgekommen.

Die Dauer des Verfahrens war vom Eingang der Klage bis zum ersten Termin mit sieben Monaten vorbildlich kurz. Vor diesem Hintergrund fällt die durch den Kläger verursachte Verzögerung der abschließenden Entscheidung um zwei Monate ins Gewicht und stellt nicht nur einen als unerheblich zu bewertenden kurzen Zeitraum dar.

Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter das Klageverfahren im Übrigen zügig betrieben haben. Hierdurch wird jedoch die durch die Klägerseite verschuldete Verzögerung nicht aufgehoben.

Die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr in Höhe eines Gebührensatzes von 1,0 begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Eine volle Gebühr entspricht gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 GKG dem Regelfall. Eine Ermäßigung steht im Ermessen des Gerichts und soll deshalb die Ausnahme bilden (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 27.11.2015 – 1 W 47/15 – Rn. 8; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 12.02.2015 – 6 W 1/15 – Rn. 33 m.w.N.). Umstände, die im vorliegenden Fall eine Ermäßigung der Gebühr rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Höhe der Gebühr ist auch in Anbetracht der eingetretenen Verzögerung gerechtfertigt.

4.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 69 Satz 2, 66 Abs. 8 GKG.

Die Wertfestsetzung erfolgt mit Rücksicht auf die anwaltlichen Gebühren nach dem für die Hauptsache maßgeblichen Gegenstandswert, Nr. 3500 RVG VV. Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Betrag der auferlegten Verzögerungsgebühr (Toussaint/Toussaint, 54. Aufl. 2024, RVG VV 3200 Rn. 10; Binz/Dörndorfer/Zimmermann/Zimmermann, 5. Aufl. 2021, GKG § 38 Rn. 21). Danach war der Wert hier auf 601,- EUR festzusetzen.


  


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