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Samstag, 11. Februar 2017

Fitnessstudio-Vertrag: Kein Kündigungsgrund bei Vorerkrankung, wenn der Therapeut verstirbt und sich der Gesundheitszustand verschlechtert

Die Beklagte kündigte den auf 23 Monate abgeschlossenen Nutzungsvertrag mit der Klägerin, einer Betreiberin eines Fitnessstudios, 18 Monate vor dem regulären Kündigungszeitpunkt mit der Begründung, sie leide unter Depressionen, sozialen Ängsten und Zwangserkrankungen, welche sich während der Vertragsdauer mit der Klägerin verschlechtert hätten, da der Therapeut der Beklagten zwischenzeitlich verstarb. Sie vertrat die Auffassung, mit dem Tod des Therapeuten sei ein neuer Umstand eingetreten, die ihre psychische Situation verändert habe, ohne dass dies bei Vertragsabschluss mit der Klägerin vorhersehbar gewesen sei, weshalb dieser Umstand ein außerordentliches Kündigungsrecht gewähre.

Das Amtsgericht folgte dem nicht und gab der Klage bezüglich des Zahlungsrückstandes und ferner in Ansehung der Vorfälligkeitsklausel für den Fall des Zahlungsverzuges voll umfänglich statt. Es sah weder nach § 620 BGB noch nach §§ 314, 313 BGB einen wichtigen Grund zur Kündigung. Voraussetzung für eine entsprechende Kündigung sei, dass die Fortsetzung des Vertrages bis zum regulären Ende für den Kündigenden unzumutbar wäre. Dies würde aber erfordern, dass die Erkrankung für den Kündigenden unerwartet während der Vertragslaufzeit aufgetreten wäre. Schließt der Kunde aber in Kenntnis seiner Erkrankung einen langfristigen Nutzungsvertrag, übernehme er auch das Risiko, dass er die angebotenen Leistungen möglicherweise nicht vollständig in Anspruch nehmen könne.

Die psychische Erkrankung der Beklagten habe bereits bei Vertragsabschluss bestanden. Nach einem vorgelegten Attest habe sie bereits ½ Jahr vor Abschluss des Vertrages mit der Klägerin Angebote eines Fitnessstudios nicht mehr nutzen können. Gleichwohl habe sie sich zum Abschluss des Vertrages entschlossen.  Sie hätte auch in Ansehung ihrer Erkrankung eine kürzere Vertragslaufzeit wählen können., sich aber wegen des günstigeren Monatspreises für die längere Vertragslaufzeit entschieden.

Die Berufung der Beklagten auf den Tod ihres Therapeuten hielt das Amtsgericht für unbehelflich. Weder ergäbe sich, wann dies war, noch habe sie erläutert, was sie mit einer „nochmals enormen Verschlechterung“ nach dessen Tod meine. Eine gewisse Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach der vorgegebenen Ausgangslage läge im Risikobereich der Beklagten.


AG Frankfurt am Main-Höchst, Urteil vom 02.02.2017 – 385 C 1676/16 (70) -

Mittwoch, 11. Januar 2017

Schadensersatz: Erwerbsschaden und Reserveursache

Die Klägerin nahm den Beklagten wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung auf materiellen und immateriellen Schadensersatz in Anspruch, so auch auf einen Erwerbsschaden. Das Landgericht und das Oberlandesgericht sprachen die geltend gemachten Ansprüche im Wesentlichen zu.
Der BGH sieht einen Verstoß gegen Art. 103 GG (Gewährung rechtlichen Gehörs). So habe sich das OLG nicht mit dem Antrag des Beklagten auf Einholung eines angiologischen und eines strahlentherapeutischen Sachverständigengutachtens auseinandergesetzt, mit dem der Beklagte geltend machte, eine bestehende Vorerkrankung in Form einer gravierenden arteriellen Verschlusserkrankung habe bei der Klägerin ohnehin eine massive Beeinträchtigung der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zur Folge mit der Folge, sie habe ohnehin auf Dauer ihren Haushalt nicht führen können und auch ihrer Berufstätigkeit nicht uneingeschränkt nachgehen können.  

Diese vom OLG nicht berücksichtigten Behauptungen des Beklagten hält der BGH für erheblich. Wenn Erwerbsschaden oder vermehrte Bedürfnisse auch ohne den Schadensfall eingetreten wären, könne dieser Schaden nicht dem Schädiger zugerechnet werden. Es handele sich um eine Schadensanlage, die zum gleichen Schaden geführt hätte (sogen. Reserveursache). Dies ist berücksichtigungsfähig wenn der Schädiger den Nachweis erbringt, dass durch die Vorerkrankung tatsächlich dieser Schaden eingetreten wäre.

Selbst wenn aber dieser Beweis dem verklagten Schädiger nicht gelingen würde, hätte der Tatrichter im Rahmen der Ermittlung der Höhe als auch der Dauer eines Verdienstausfalls der Geschädigten den gewöhnlichen Lauf der Dinge unter Berücksichtigung der Vorerkrankung mit einbeziehen müssen, § 252 BGB. Dabei handele es sich nicht um eine Frage der überholenden Kausalität, sondern um die konkrete Schadensermittlung auf Basis des Sachverhalts, wie er sich wahrscheinlich in der Zukunft darstellt. Dazu gehört die Berücksichtigung einer weiteren beruflichen Entwicklung bei der Vorerkrankung. Eine vom gesetzlich vorgesehenen Normalfall abweichende Entwicklung ist zu berücksichtigen.


BGH, Beschluss vom 31.05.2016 – VI ZR 305/15 -

Samstag, 5. Dezember 2015

Fitnessstudio-Vertragsrecht: Erkrankung bei Probetraining und vor Abschluss des Vertrages rechtfertigt später keine fristlose Kündigung

Der Beklagte kündigte unter Vorlage eines ärztlichen Attestes den Vertrag mit dem Fitnessstudio fristlos. Der Betreiber des Fitnessstudios verlangte weiterhin Zahlung und klagte seine Forderung ein. Da sich der Beklagte mit vier Zahlungen in Verzug befand, wurde das gesamte restliche Nutzungsentgelt bis zum Vertragende (Vorfälligkeitsklausel) eingeklagt.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Einvernahme der von dem Beklagten benannten Ärzte stattgegeben. 

Dabei geht das Amtsgericht davon aus, dass bei dem Beklagten noch während des (kostenfreien) Probetrainings gesundheitliche Beschwerden am rechten Knie auftraten. Allerdings erfolgte erst danach der Vertragsabschluss. Unter Verweis auf entsprechende Rechtsprechung führt das Amtsgericht aus, dass sich derjenige nicht auf eine Erkrankung zur Begründung seiner Kündigung beziehen könne, dem diese bereits bei Vertragsabschluss bekannt ist.

Auch könne der Beklagte nicht damit gehört werden, die Aufnahme des Trainings wäre auf ausdrückliches Anraten ihres Arztes erfolgt.  Denn der Beklagte habe den behaupteten ärztlichen rat nicht bewiesen. Auch würde sich aus dem Gesamtbild ergeben, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine vollständige Ausheilung anzunehmen gewesen wäre.

Die Vorfälligkeitsklausel sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. In ihr würde nicht auf einen unverschuldeten Zahlungsrückstand abgestellt, sondern ausdrücklich auf einen Zahlungsverzug, was ein Verschulden voraussetze und eine schwerwiegende Vertragsverletzung darstelle.

AG Seligenstadt, Urteil vom 27.11.2015 – 1 C 366/14 (2) -