Nachdem in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH die Eröffnung desselben mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Masse rechtskräftig zurückgewiesen wurde, wurde deren Auflösung im Handelsregister eingetragen. Danach beschlossen die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft und der zeitgleich von ihnen bestellte Liquidator und Geschäftsführer (und auch Alleingesellschafter) meldete die Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister an. Dabei versicherte er, dass mit der Verteilung des Vermögens der Gesellschaft noch nicht begonnen worden sei, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft deren Vermögen nicht übersteigen würden und keine wirtschaftliche Neugründung vorläge. Später erklärte er zudem den Rangrücktritt eines von ihm der Gesellschaft gewährten Darlehens und über wies € 25.000,00 mit dem Verwendungszweck „Einzahlung Stammkapital“. Der Eintragungsantrag und die gegen dessen Ablehnung eingelegte Beschwerde blieben erfolglos. Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.
Der BGH stellte fest, dass eine GmbH, bei der die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt würde, gem. § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbH aufgelöst sei und nicht fortgesetzt werden könne. Dabei sei es gleichgültig, ob die Gesellschaft über ein das statuarische Stammkapital übersteigendes Vermögen verfüge und die Insolvenzgründe nunmehr beseitigt wurden.
§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG regele nicht eine mögliche Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollen Gesellschaften, deren Mittel nicht einmal zur Durchführung des Insolvenzverfahrens reichen, rasch beendet werden. Anders als im Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH, nach dessen Regelung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrensverfahrens die Gesellschaft zwar auch aufgelöst würde, dieses allerdings auf Antrag des Schuldners eingestellt würde oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsähe, aufgehoben würde, weshalb dann die Fortsetzung der Gesellschaft nach dem Gesetzeswortlaut beschlossen werden könne, sei diese Möglichkeit bei der Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht vorgesehen. Bei der Reform des Insolvenzrechts sei im Hinblick auf die Fortsetzungsmöglichkeit lediglich § 60 Abs. 1 Nr. 4 vom Gesetzgeber geändert worden, nicht aber § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG.
Es sei auch keine Erweiterung der Fortsetzungsmöglichkeit über den Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG auf den vorliegenden Fall des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG erforderlich. Gegen die Fortsetzung spräche, dass dann keine gesetzliche Prüfung stattfinde, ob die Insolvenzreife tatsächlich überwunden sei (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 - II ZB 13/14 -). § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG diene dem Gläubigerschutz.
Deshalb käme es auch nicht darauf an, ob die Auflösungsgründe beseitigt worden seien und eine Insolvenz durch Zuführung neuer Mittel nachhaltig überwunden sei (hier durch den Rangrücktritt des Gesellschafters und die Zahlung auf die Einlage in Höhe von € 25.000,00). Auch stünden der fehlenden Fortsetzungsmöglichkeit nicht Belange der Gesellschafter entgegen, die die Möglichkeit hatte, durch Zuführung von Mitteln zur Deckung der Kostend es Insolvenzverfahrens den Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zu eröffnen. Es gäbe keinen Grund, weshalb hier die Fortsetzung durch einen schlichten Beschluss eröffnet werden sollte, wenn die Möglichkeit nicht wahrgenommen würde, den Weg des §0 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zu beschreiten.
Zudem würde vorliegend auch gegen eine Fortsetzungsmöglichkeit sprechen, selbst wenn die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Neugründung vorlägen, dass nach den Angaben in der Anmeldung eine wirtschaftliche Neugründung nicht vorläge.
BGH, Beschluss vom
25.01.2022 - II ZB 8/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. April 2021 wird
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die
Antragstellerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt
eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital in
Höhe von ursprünglich 50.000 DM. Mit Beschluss vom Februar 2007 wurde ihr
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft
mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurückgewiesen. Im
April 2007 wurde die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels
Masse und die Auflösung der Antragstellerin von Amts wegen in das
Handelsregister eingetragen.
Mit
Gesellschafterbeschluss vom 29. Mai 2020 wurden die Fortsetzung der
Gesellschaft, die Verlegung ihres Sitzes und die Änderungen des
Unternehmensgegenstands beschlossen. Der mit Beschluss vom selben Tag zum
Geschäftsführer bestellte Liquidator und Alleingesellschafter der
Antragstellerin meldete am 29. Mai 2020 die Fortsetzung der Gesellschaft, die
Sitzverlegung und die Neufassung des Unternehmensgegenstands sowie seine
Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung im Handelsregister an. Gegenüber
dem Handelsregister versicherte er u.a., dass mit der Verteilung des Vermögens
an die Gesellschafter noch nicht begonnen worden sei, die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen nicht überstiegen und keine
wirtschaftliche Neugründung vorliege. Im Februar 2021 erklärte er den
Rangrücktritt eines der Gesellschaft gewährten Darlehens in Höhe von
2.897.361,63 € und er überwies im April 2021 der Gesellschaft 25.000 € mit dem
Verwendungszweck "Einzahlung Stammkapital".
Das Amtsgericht
hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde
ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Die statthafte
und im Übrigen gemäß § 70 Abs. 1, § 71 FamFG zulässige
Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
1. Das
Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt, dass die Fortführung einer wegen rechtskräftiger Ablehnung der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nach § 60 Abs. 1
Nr. 5 GmbHG aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgrund Gesellschafterbeschlusses
nicht in Betracht komme. Das gelte auch, wenn ein Geschäftsführer die in
§ 8 Abs. 2 GmbHG vorgesehene Versicherung der Einzahlung auf die
Gesellschaftsanteile abgegeben habe und ein Vermögen in Höhe des im
Gesellschaftsstatut festgelegten Stammkapitals vorhanden oder zumindest die
Beseitigung der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft erfolgt
sei. Führe die Entscheidung über die Ablehnung der Eröffnung dieses
Insolvenzverfahrens mangels Masse zur Auflösung der Gesellschaft nach § 60
Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, bestehe keine fortsetzungsfähige Gesellschaft
mehr.
2. Die
Ausführungen des Beschwerdegerichts halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die
Antragstellerin konnte nach Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts,
durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden
ist, nicht durch Gesellschafterbeschluss fortgesetzt werden. Wird eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die rechtskräftige Ablehnung der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels
Masse gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst, kann sie nicht
fortgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über ein das
satzungsgemäße Stammkapital übersteigendes Vermögen verfügt und die Insolvenzgründe
beseitigt wurden (vgl. KG, GmbHR 1993, 822; OLG Stuttgart, ZIP 1994, 1553,
1554; BayObLG, GmbHR 1994, 189, 190; 1995, 532; KG, GmbHR 1998, 1232, 1233; OLG
Düsseldorf, ZIP 1993, 214, 215 [jew. zu § 1 Abs. 1 Satz 1
LöschG]; OLG Köln, GmbHR 2010, 710, 711; KG, ZIP 2017, 178 f.; OLG Frankfurt,
GmbHR 2018, 808, 810; Arnold in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 60 Rn.
75; MünchKommGmbHG/Berner, 3. Aufl., § 60 Rn. 277; Scholz/Scheller, GmbHG,
12. Aufl., § 60 Rn. 117; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1156).
a) Eine
Fortsetzung ist gesetzlich in § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht
vorgesehen. Gesellschaften, die nicht einmal mehr die finanziellen Mittel zur
Durchführung eines Insolvenzverfahrens besitzen, sollen im öffentlichen
Interesse nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst rasch beendet werden. Der
Bundesgerichtshof hat noch zum Konkursrecht ausgeführt, dass eine
Kommanditgesellschaft auf Aktien und eine Aktiengesellschaft durch einfachen
Fortsetzungsbeschluss und Zuführung neuer Mittel ohne die Kontrolle eines
förmlichen Gründungsvertrags nicht in die Lage versetzt werden können, wieder
am Geschäftsverkehr teilzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1979 - II ZR
257/78, BGHZ 75, 175, 180).
Dieser Wille
des Gesetzgebers hat sich mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung und der
Einführung des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht geändert. Vielmehr
hat der Gesetzgeber im Gegensatz zu § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG
keine Fortsetzungsmöglichkeit vorgesehen. Nach dieser Vorschrift wird eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens aufgelöst. Wird jedoch das Verfahren auf Antrag des
Schuldners eingestellt oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, der den
Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben, so können die Gesellschafter
die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Dafür, dass eine Fortsetzung der
Gesellschaft nur in den in § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG genannten
Fällen möglich ist, spricht der Umstand, dass der Wortlaut der Norm im Zuge der
Insolvenzrechtsreform des Jahres 1994 nicht erweitert worden ist (BGH,
Beschluss vom 28. April 2015 - II ZB 13/14, ZIP 2015, 1533 Rn. 10).
An einer
Erweiterung der gesetzlich genannten Fortsetzungsmöglichkeiten besteht kein
Bedürfnis. Lassen die Beteiligten eine gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der
Fortsetzung ungenutzt, ist kein Grund ersichtlich, eine nicht im Gesetz
vorgesehene Möglichkeit zur Fortführung der Gesellschaft durch einen schlichten
Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen. Gegen eine Fortsetzung spricht auch, dass
dann keine gesetzliche Prüfung stattfindet, ob die Insolvenzreife überwunden
ist (BGH, Beschluss vom 28. April 2015 - II ZB 13/14, ZIP 2015, 1533 Rn. 15).
Damit hat der
Bundesgerichtshof zugleich ausgesprochen, dass eine Fortsetzung einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, über deren Vermögen das
Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, das aber später nach § 207
Abs. 1 InsO eingestellt worden ist, weil die Insolvenzmasse nicht
ausreichte, um die Kosten zu decken, nicht möglich ist. § 60 Abs. 1 Nr. 4
GmbHG sieht in diesem Fall eine Fortsetzung der Gesellschaft gerade nicht vor.
Es macht aber keinen Unterschied, ob erst im Laufe des Insolvenzverfahrens die
Unzulänglichkeit der Masse zur Deckung der Kosten zu Tage tritt oder bereits
dieser Umstand zur Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat.
§ 60
Abs. 1 Nr. 5 GmbHG dient dem Gläubigerschutz (vgl. RegE EGInsO,
BT-Drucks. 12/3803, S. 82) und bezweckt, eine Gesellschaft, die nicht
einmal über ein Vermögen verfügt, das zur Deckung der Kosten eines
Insolvenzverfahrens ausreicht, sofort von der weiteren Teilnahme am
Rechtsverkehr auszuschließen (Caspar in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl.,
§ 60 Rn. 147; Arnold in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 60 GmbHG
Rn. 75; Goette/Goette, Die GmbH, 3. Aufl., § 10 Rn. 38).
b) Aus
diesen Gründen kommt es im Gegensatz zur Auffassung der Rechtsbeschwerde, die
in der Literatur teilweise geteilt wird (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 60
Rn. 53 ff.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 60 Rn. 33;
Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 60 Rn. 96; Beckmann in
Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 60 Rn. 71), nicht darauf an, ob
alle Auflösungsgründe für die Gesellschaft beseitigt und deren Insolvenz durch
Zuführung neuer Mittel nachhaltig überwunden wurde. Die Zuführung neuer Mittel für
die Antragstellerin und die Rangrücktrittserklärung ihres Alleingesellschafters
haben die Möglichkeit der Fortführung durch Gesellschafterbeschluss nicht
begründet.
Belange der
Gesellschafter rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Gesellschafter einer
GmbH haben die Möglichkeit, durch rechtzeitige Zuführung von Mitteln zur
Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens den Anwendungsbereich des § 60
Abs. 1 Nr. 4 GmbHG zu eröffnen und die dort vorgesehene gesetzliche
Möglichkeit der Fortsetzung der Gesellschaft zu nutzen. Wenn sie diese
Möglichkeit nicht ergreifen, ist kein Grund ersichtlich, eine nicht im Gesetz
vorgesehene Möglichkeit zur Fortsetzung der Gesellschaft durch einen schlichten
Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2015 - II
ZB 13/14, ZIP 2015, 1533 Rn. 15). Diese Möglichkeit bestand auch für den
Alleingesellschafter der Antragstellerin.
Diese Gründe
sprechen auch gegen eine Fortsetzungsmöglichkeit, selbst wenn die
Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Neugründung eingehalten sind (dafür
Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 60 Rn. 147;
BeckOKGmbHG/Lorscheider, Stand: 1. Februar 2021, § 60 Rn. 23;
Goette/Goette, Die GmbH, 3. Aufl., § 10 Rn. 38). Eine Fortsetzung der
Antragstellerin kommt unter diesem Gesichtspunkt allerdings schon deshalb nicht
in Betracht, weil nach den eigenen Angaben in der Anmeldung die Voraussetzungen
einer wirtschaftlichen Neugründung nicht vorlagen.
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