Das Amtsgericht (Familiengericht) hatte das Umgangsrecht des Antragsgegners mit seinen zwei Kinder geregelt, wonach er an jedem ungeraden Kalenderwochenende seine zwei Kinder von Freitag 14 Uhr bis Montag 8 Uhr und in den geraden Wochen Dienstag von 14.30 bis 19 Uhr Umgang mit ihnen haben sollte. Auf Antrag der Antragstellerin verhängte das Amtsgericht, nach vorangegangener Androhung, gegen den Antragsgegner mit diesem am 28.06.2022 zugestellten Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von € 500,00, nach dieser das Umgangsrecht seit April den Umgang mit den Kindern nicht mehr wahrnahm. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsgegner sofortige Beschwerde ein, die vom OLG als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Beim Amtsgericht hatte der Antragsgegner argumentiert, er sei finanziell nicht in der Lage, für die Übernachtung seiner Kinder ein geeignetes Umfeld aufzubauen. Im Rahmen der Beschwerde begehrte der Antragsgegner auch neben der Aufhebung des Beschlusses auch die Abänderung der Umgangsregelung; es entspräche nicht dem Kindeswohl, den umgangsunwilligen Elternteil mittels Ordnungsgeld zum Umgang anzuhalten.
Das sah das OLG in Ansehung der tatsächlichen Umstände anders. Grundsätzlich müsse ein Elternteil einen Eingriff in dem Persönlichkeitsschutz im Hinblick auf die den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG den Eltern auferlegte Verantwortung für ihre Kinder (BVerfGE 121, 68, 95). In § 1684 Abs. 1 BGB sei der Elternverantwortung durch die dort normierte Umgangsverpflichtung als elterliche Pflicht verankert. Damit könne ein Elternteil auch unter Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts zum Umgang mit seinen Kindern verpflichtet werden, wenn dies dem Kindeswohl diene. Allerdings habe die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht zu unterblieben, gebe es im konkreten Einzelfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dienen könnte.
Hier nun sah das OLG allerdings keine Gefahr für das Kindeswohl. Es vertrat die Auffassung, dass die Berufung auf finanzielle Erwägungen emotionale Gründe habe, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass er bei einem persönliche Umgang mit den Kindern diesen gegenüber Abneigung zum Ausdruck bringen würde, und es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass er bei einem persönlichen Umgang seiner Verantwortung gegenüber den Kindern nicht nachkäme und den Streit mit seiner ehemaligen Frau um Geld nicht vom Verhältnis zu den Kindern trennen könne. Bei der Abwägung seien auch die Folgen einer Entfremdung der Kindern von dem Antragsgegner für ihre psychosoziale Entwicklung zu berücksichtigen. Die Anhörung der Kinder habe zudem ergeben, dass sie in der Vergangenheit problemlos auch bei dem Antragsgegner (der bei seinen Eltern mit seinem Bruder wohne) waren, dort auch früher bereits übernachteten, und Bindungen zur Großmutter und zum Onkel zum Ausdruck gekommen seien.
Kommentar:
Damit legte das OLG dar, dass die Verweigerungshaltung, Umgang mit den eigenen Kindern Umgang zu pflegen, das Recht weder beeinträchtigt noch aus der dem Recht genüberstehenden Pflicht entbindet. Zwangsmittel, wie hier das Ordnungsgeld, sollen nur erfolgen, wenn diese Mittel dem Kindeswohl dienen. Denn das dem Umgangsrecht innenwohnende Gegenstück, die Umgangspflicht, soll nicht dazu führen, dass durch den erzwungenen Umgang das Kindeswohl gefährdet wird. Angezeigt ist damit ein Ordnungsmittel zur Erzwingung des Umgangs, wen sicher davon ausgegangen werden kann, dass dies nicht dem Kindeswohl entgegenstehen könnte. Ob dies allerdings alleine durch Anhörungen des Umgangsunwilligen und der Kinder geklärt werden kann (wie hier wohl geschehen), lässt sich kaum verallgemeinern, da dann der oder die zur Entscheidung berufenen Richter letztlich psychologische Befähigungen haben müssten, und selbst für Psychologen wäre bei gewissenhafter Expertise nicht eine kurze Anhörung nicht ausreichend. Zutreffend wird allerdings vom OLG darauf verwiesen, dass der fehlende Umgang mit (hier) dem Vater die psychosoziale Entwicklung der Kinder beeinträchtigen könnte. Es handelt sich hier also um einen Balanceakt, den das Familiengericht oder (beim OLG) der Familiensenat vollziehen muss.
Da sich hier offensichtlich der bisherige Umgang des Vaters mit den Kindern nicht al negativ erwies, er insbesondere wohl auch nicht seine Verantwortung den Kindern gegenüber vernachlässigte, dürfte die Entscheidung vor dem Hintergrund richtig sein, dass der Vater auf seine finanziellen Ressourcen zur Verweigerung der Umgangsverpflichtung verwies und wohl noch Auseinandersetzungen zwischen den (ehemaligen) Eheleuten zu finanziellen Fragen anhängig sind, die hier (wohl) vom Vater genutzt wurden. Es ist bedauerlich, wenn die Trennung der Eltern so letztlich über die Kinder ausgetragen werden, weshalb die Entscheidung des OLG zu begrüßen ist.
OLG Frankfurt, Beschluss
vom 22.08.2022 - 6 WF 112/22
Aus den Gründen:
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Der
Antragsgegner wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen
Verstoßes gegen eine gerichtliche Umgangsregelung.
Das Amtsgericht
hat mit den Beteiligten zugestelltem Beschluss vom 27. Oktober 2021 den Umgang
des Antragsgegners mit den zwei gemeinsamen Kindern der Beteiligten unter
anderem dahingehend geregelt, dass in ungeraden Kalenderwochen in der Zeit von
Freitag 14 Uhr bis Montag 8 Uhr und in geraden Kalenderwochen am Dienstag von
14:30 Uhr bis 19 Uhr Umgang des Beschwerdeführers mit den beiden Kindern
stattfindet. Zu dem Beschluss im Einzelnen wird auf diesen verwiesen.
Auf Antrag der
Kindesmutter verhängte das Amtsgericht mit dem angefochtenen, dem Antragsgegner
am 28. Juni 2022 zugestellten, Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00
Euro wegen Verstößen gegen die Umgangsregelung im Zeitraum April und Mai 2022,
weil der Beschwerdeführer seit April 2022 keinen Umgang mehr wahrnimmt. Der
Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm finanziell nicht möglich, ein für
Übernachtungen geeignetes Umfeld für die Kinder aufzubauen, sei nicht zu
berücksichtigen und bereits in dem Umgangsbeschluss erörtert und abgelehnt. Der
Beschwerdeführer bemühe sich im Übrigen offenbar nicht, irgendeinen Umgang
wahrzunehmen. Im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Mit am 12. Juli
2022 eingegangener sofortiger Beschwerde begehrt der Antragsgegner die
Aufhebung des Beschlusses und zeitgleich gesondert die Abänderung der geltenden
Umgangsregelung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
OLG Frankfurt entspreche es nicht dem Kindeswohl, den umgangsunwilligen
Elternteil zum Umgang mit Ordnungsmitteln anzuhalten und Ordnungsmitteln nach
§§ 89 ff. FamFG durchzusetzen.
II.
Die gemäß
§ 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO, zulässige, insbesondere
form- und fristgereicht eingelegte, sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist
unbegründet.
Die
Voraussetzungen der Vollstreckung liegen vor. Der Umgang des Beschwerdeführers
mit den gemeinsamen Kindern ist durch Gerichtsbeschluss in hinreichend
bestimmter Form angeordnet (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), in dem
Beschluss wurde die Verhängung von Ordnungsmitteln im Fall der Zuwiderhandlung
angedroht und der Beschluss wurde zugestellt. Einer Vollstreckungsklausel
bedarf es nach § 86 Abs. 3 FamFG nicht.
Die Festsetzung
eines Ordnungsmittels hat auch nicht gemäß § 89 Abs. 4 FamFG zu
unterbleiben. Denn der Beschwerdeführer hat keine Gründe vorgetragen, aus denen
sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Im Hinblick
auf den erstinstanzlich vorgebrachten Einwand mangelnder finanzieller
Möglichkeiten, den Umgang durchzuführen, wird auf die Gründe der
amtsgerichtlichen Entscheidung verwiesen.
Entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers verhilft der Beschwerde auch die Berufung auf
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Oberlandesgerichts
Frankfurt nicht zum Erfolg. Zur gerichtlichen Verpflichtung eines Elternteils
zum Umgang mit dem Kind hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der
Eingriff in das Recht des Elternteils auf Schutz der Persönlichkeit im Hinblick
auf die den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auferlegte
Verantwortung für ihre Kinder grundsätzlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE
121, 69 <95 f.>). Dieser Elternverantwortung trägt § 1684
Abs. 1 BGB Rechnung, indem er den Umgang mit dem Kind zur elterlichen
Pflicht erhebt. Es ist einem Elternteil grundsätzlich zumutbar, auch unter
Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind
verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient (vgl. BVerfGE 121, 69
<97 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar
2022 - 1 BvR 743-21 -, Rn. 19, juris). Die zwangsweise Durchsetzung der
Umgangspflicht gegen einen umgangsunwilligen Elternteil hat nach Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts und der Obergerichte zu unterbleiben, wenn es im
konkreten Einzelfall keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt, die darauf
schließen lassen, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dienen wird (vgl.
BVerfGE 121, 69; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Juli 2017 - II-6 WF 179-17 -, Rn.
4, juris). Es ist einem Elternteil zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner
Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn
dies dem Kindeswohl dient (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. November 2020
- 3 UF 156-20 -, Rn. 18 ff., Rn. 26). Ob letzteres der Fall ist, ist im Einzelfall
zu prüfen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. September 2013 - 5 WF 171-13
-, Rn. 19 ff.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17.
Februar 2022 - 1 BvR 743-21 -, Rn. 30 ff.).
Der
Beschwerdeführer beruft sich vorliegend allein auf finanzielle Erwägungen, die
einem Umgang entgegenstehen sollen. Da es sich hierbei nicht um tragende, die
emotionale Verfassung des Beschwerdeführers berührende Gründe handelt, ist
nicht davon auszugehen, dass er bei der Wahrnehmung des gerichtlich geregelten
Umgangs gegenüber den Kindern eine persönliche Abneigung zum Ausdruck brächte.
Es kann auch nicht einfach unterstellt werden, dass der Beschwerdeführer in
diesem Punkt im Falle eines Umgangs seiner Verantwortung gegenüber den Kindern
nicht gerecht wird und nicht in der Lage ist, den Streit mit seiner ehemaligen
Ehefrau um Geld von dem Verhältnis zu seinen Kindern zu trennen. Entsprechend
ist nicht davon auszugehen, dass die Kinder durch eine zum Ausdruck gebrachte
ablehnende Haltung verunsichert würden. In der gebotenen Gesamtabwägung sind
darüber hinaus die möglichen gravierenden negativen Folgen einer Entfremdung
der Kinder von dem Beschwerdeführer für ihre psychosoziale Entwicklung zu
berücksichtigen (vgl. Baumann-Michel-Biegel-Rücker-Serafin-Wiesner, Zur
Notwendigkeit professioneller Intervention bei Eltern-Kind-Entfremdung, ZKJ
2022, 244 (insbesondere 247 m.w.N.)). Die Abwendung dieser Folgen lässt einen
Umgang vorliegend gebotenen erscheinen. Es sind auch keine konkreten Umstände
erkennbar, nach denen die Durchsetzung von Umgang des Vaters mit seinen Kindern
im hier maßgeblichen Zeitraum in April und Mai 2022 gegen dessen erklärten
Willen dem Kindeswohl widersprochen hätte. Der Beschwerdeführer hatte auch nach
der Trennung der Kindeseltern regelmäßig Umgang mit seinen beiden Kindern.
Übernachtungen haben zwar in jüngerer Zeit nicht, zuvor aber über mehrere Tage
stattgefunden. Der Beschwerdeführer wohnt in einem Haus mit seinen Eltern und
einem Bruder. Dem Ergebnis der Kindesanhörung im Hauptsacheverfahren lassen
sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass Übernachtungen der Kinder im
Haus der väterlichen Familie dem Kindeswohl widersprechen, vielmehr kommen
Bindungen der Kinder zu Großmutter und Onkel zum Ausdruck. Der Beschwerdeführer
hat den Umgang zwar ab April 2022 abgebrochen, dass zwischen ihm und den
Kindern in den Monaten April und Mai 2022 eine Entfremdung eingetreten ist,
macht der Beschwerdeführer aber weder geltend, noch ist angesichts des Alters
der Kinder von acht und sechs Jahren und den damit in der Regel einhergehenden
Fähigkeiten anzunehmen, dass eine solche in dem hier maßgeblichen Zeitraum
eingetreten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Ordnungsmitteln nach
§§ 89 FamFG nicht zur Zwangs- sondern auch Sanktionscharakter zukommt
(vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 621-10 -, Rn. 14, juris). Bei
einer zeitnahen Umsetzung des Umgangs wäre einer - hier nicht erkennbaren -
Entfremdung gar nicht erst der Boden bereitet gewesen. Die gebotene Abwägung
zwischen den Rechten des Beschwerdeführers, dessen Pflichten als Vater der
betroffenen Kinder und den Rechten der Kinder unter Würdigung der
Gesamtsituation nach objektiven Kriterien des Kindeswohls führt dazu, dass
gegen den Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum ein Ordnungsmittel wegen
Verstoßes gegen die amtsgerichtliche Umgangsregelung zu verhängen ist.
Gegen die Höhe
des Ordnungsgeldes hat der Beschwerdeführer keine Einwände erhoben, für eine
unangemessene Höhe bestehen insbesondere angesichts der Zahl der erfassten
Verstöße keine Anhaltspunkte.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 87 Abs. 5, 84 FamFG.
Gründe dafür, von der regelhaft vorgesehenen Belastung des erfolglosen
Beschwerdeführers mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens abzusehen, sind nicht
ersichtlich.
Eine
Wertfestsetzung ist nicht veranlasst, weil für die Gerichtskosten nur eine
Festgebühr entsteht. Daher werden die Beteiligten nur darauf hingewiesen, dass
sich der Wert einer Beschwerde des zur Zahlung eines Ordnungsgelds
Verpflichteten nach dessen Höhe bemisst (vgl. Dürbeck, in: BeckOK,
Streitwert-Familienrecht, Ordnungsmittelverfahren, 39. Edition, Stand:
01.04.2022 Rn. 3 c).
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