Das Familiengericht hatte mit seinem
Beschluss den Umgang zwischen Vater und dem nicht ganz vierjährigen Sohn für
die Herbstferien 2021 so geregelt, dass der Vater die erste Woche mit ihm
verbringt, die Übergabe an die Mutter am 17.10.2021 um 17.00 Uhr erfolgen
sollte und die Mutter sodann die zweite Woche mit ihm verbringen sollte. Die
Übergabe sollte, soweit sie nicht über die Kira erfolgt, von einer
Umgangspflegerin begleitet werden.
Das Familiengericht erließ auf Antrag der Mutter wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss gegen den Vater einen Ordnungsgeldbeschluss über ein Ordnungsgeld in Höhe von € 250,00, gegen den dieser sich wendet. Dabei wies er auf eine nach seiner Ansicht bestehende Unzumutbarkeit einer Umbuchung hin, die ihm - bei Verfall seines Flugtickets - rund € 600,00 gekostet haben würde. So habe er den Sohn der Mutter schließlich am 18.10. in Madrid übergeben, wobei ihm schon die Zugfahrt dorthin viel Geld gekostet habe.
Voraussetzung für die Verhängung des Ordnungsgeldes sei, dass der Vater die im familiengerichtlich angeordneten Umgangsbeschluss benannte Übergabe von ihm an die Mutter am 17.10. schuldhaft versäumt habe, § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG. Verschulden erfordere ein vorsätzliches oder fahrlässiges Herbeiführen des Erfolgs der Zuwiderhandlung, § 276 Abs. 1 BGB. Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit erfordere die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB.
Nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG würde ein Verschulden vermutet. Danach wäre es Sache des Vaters sich in Hinblick auf die Versäumung des Übergabetermins zu entasten. Er müsse mithin darlegen und beweisen, dass der Übergabetermin versäumt wurde, obwohl er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Dies sei ihm nicht gelungen. Zwar könne ihm die Stornierung des zunächst gebuchten Fluges nicht vorgeworfen werden. Allerdings hätte er Vorkehrungen für mögliche Störungen beim Rückflug treffen müssen um zu verhindern, dass es zu der nicht ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins kommt, gerade da allgemein bekannt sei, dass es im Flugverkehr zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen käme. Es sei von daher auch anerkannt, dass selbst ein Streik bei einem verkehrsunternehmen den Umgangspflichtigen (der dadurch eine Rückreise und einen geregelten Umgangstermin versäume) nicht entlasten würde, sofern alternative Verbindungen noch bestünden (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.06.2015 - 11 WF 415/15 -). Diese Alternativen hätten hier, wie von der Mutter aufgezeigt, bestanden.
Nicht gehört werden könne der Vater damit, die Alternative (den gebuchten Flug verfallen lassen und einen kostenpflichtigen Ersatzflug zu nehmen) sei unzumutbar. Die „Gefahrenlage“, dass er den geregelten Übergabetermin nicht einhalten kann, habe er selbst geschaffen, da er nicht sichergestellt habe, jedenfalls rechtzeitig zu dem Termin zurück zu sein. Sicherungsvorkehrungen seien auch dann zu treffen, wenn diese mit Kosten, Unannehmlichkeiten oder Zeitverlust verbunden wären (BGH, Urteil vom 27.11.1952 - VI ZR 25/52 -).
Kammergericht, Beschluss vom 22.06.2022 - 16 WF 29/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die sofortige
Beschwerde des Vaters gegen den am 9. Februar 2022 erlassenen
Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg - 87 F 296/19 - wird auf
seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Vater
wendet sich gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Familiengerichts vom 9. Februar
2022. Mit diesem Beschluss hat das Familiengericht gegen ihn ein Ordnungsgeld
in Höhe von 250 € festgesetzt und ersatzweise, für den Fall seiner
Nichtbeitreibbarkeit, ein Tag Ordnungshaft für jeweils 100 € Ordnungsgeld, weil
der Vater am 17. Oktober 2021 gegen die familiengerichtliche Umgangsregelung
vom 2. August 2021 zuwidergehandelt haben soll.
Mit dem
Beschluss vom 2. August 2021 hat das Familiengericht den Umgang zwischen dem
Vater und dem zur fraglichen Zeit etwa drei Jahre und sechs Monate alten Sohn
R. geregelt. Für die Herbstferien 2021 nach dem Ferienkalender der Berliner
Schulen - diese dauern zwei Wochen - hat das Familiengericht angeordnet, dass
R. die erste Ferienwoche beim Vater verbringt und die zweite Ferienwoche bei
der Mutter. Die Übergabe des Jungen vom Vater an die Mutter sollte am zweiten
Sonntag der Herbstferien 2021, nämlich am Sonntag, den 17. Oktober 2021 um 17
Uhr erfolgen. Zusätzlich hat das Familiengericht angeordnet, dass die Übergaben
des Kindes, soweit diese nicht über die Kita erfolgen, durch eine
Umgangspflegerin begleitet werden.
In „seiner“
Ferienwoche ist der Vater mit dem Jungen nach Santiago de Compostela in der
nordwestspanischen Provinz Galicien geflogen, um mit ihm in La Coruña eine
Woche Ferien zu verbringen. Den Rückflug hat er bei der ..., einer
Tochtergesellschaft der ..., für Sonntag, den 17. Oktober 2021 gebucht. Der
Flug sollte um 4:05 Uhr in Santiago de Compostela starten und über Zürich zum
Flughafen Berlin-Brandenburg führen; die planmäßige Landung hätte am gleichen
Tag um 8:45 Uhr erfolgen sollen. Am Samstag, den 16. Oktober 2021, als der
Vater sich und den Sohn im Internet für den Rückflug am Folgetag einchecken
wollte, erfuhr er durch einen Vermerk auf der ...-Homepage, dass der Flug
„storniert“ ist. Am Vormittag des gleichen Tages informierte er die
Umgangsbegleiterin per „...“, dass er deshalb am Montag, den 18. Oktober 2021,
den Ersatzflug einer Tochtergesellschaft der ... nehmen werde, der jedoch erst
am Montagabend in Berlin eintreffen werde. Die Mutter, die von der
Umgangspflegerin hierüber informiert wurde, war damit nicht einverstanden; sie
teilte der Umgangspflegerin mit, dass sie auf der festgelegten Übergabe des
Jungen am Sonntag, 17. Oktober 2021, 17:00 Uhr bestehe, weil sie für „ihre“
Ferienwoche ebenfalls eine Ferienreise mit dem Jungen, und zwar nach Jerez de
la Frontera in der südspanischen Provinz Andalusien gebucht hatte. Die gebuchte
Ferienreise könne sie nur antreten, wenn sie am geplanten Abreisetag, am
Montag, den 18. Oktober 2021 zusammen mit dem Jungen am Flughafen
Berlin-Brandenburg für den gebuchten Flug einchecke. Im weiteren Verlauf ließ
sie den Vater über die Umgangspflegerin darauf hinweisen, dass sie in den
verschiedenen Internetsuchmaschinen zahlreiche Flüge mit freien Plätzen
gefunden habe, mit denen der Vater und R. noch am Sonntag, 17. Oktober 2021
nach Berlin hätten fliegen und die festgesetzte Übergabezeit wahren können. Sie
hat u.a. darauf hingewiesen, dass im Laufe des Sonntagvormittags von Santiago
de Compostela mehrere Flüge der ... oder der ..., einer low-cost-Tochter der
..., nach Berlin zu Preisen zwischen etwa 340 € und ca. 500 € angeboten wurden.
Weiter wies sie darauf hin, dass von Porto, dem zu Santiago de Compostela
nächstgelegenen, etwa 250km entfernten Flughafen in Portugal, am Sonntag
mehrere Flüge mit ... oder ... zu Preisen zwischen 210 € und 230 € angeboten
wurden, auf denen es ebenfalls freie Plätze gebe und die gleichfalls
rechtzeitig zur vereinbarten Übergabezeit in Berlin ankommen würden. Nach
mehreren Telefonaten der Mutter mit der Fluggesellschaft, bei der sie ihren
Flug nach Jerez gebucht hatte, gelang es ihr für R. kurzfristig für 148,85 €
ein Upgrade zu buchen, das es dem Jungen ermöglichte, auf einem planmäßigen
Zwischenstopp des Fluges der Mutter nach Jerez am Montag, 18. Oktober 2021 in
Madrid zuzusteigen und mit ihr am gleichen Abend nach Jerez de la Frontera
weiterzufliegen. Durch Vermittlung der Umgangspflegerin gelang es schließlich,
dass der Vater und R. am Montag, 18. Oktober 2021 mit dem Zug von La
Coruña/Santiago de Compostela nach Madrid zum Flughafen gefahren sind, wo er
den Jungen der Mutter gegen 15 Uhr übergeben hat.
Dem Antrag der
Mutter von November 2021, gegen den Vater (u.a.) wegen dessen Zuwiderhandlung
vom 17. Oktober 2021 gegen die Festsetzung im Umgangsbeschluss ein Ordnungsgeld
festzusetzen, hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss
entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Vater zwar nicht die
Flugstornierung anzulasten sei, wohl aber, dass er nicht die von der Mutter
aufgezeigten alternativen Möglichkeiten genutzt habe, mit einem kurzfristig neu
zu buchenden Flug bei einer anderen Fluggesellschaft von Santiago de Compostela
oder von Porto zurück nach Berlin zu fliegen, um den Jungen rechtzeitig, wie im
familiengerichtlichen Beschluss angeordnet, der Mutter in Berlin für „ihre“
Herbstferienwoche zu übergeben. Der Vater, der die Existenz der
Alternativflugverbindungen nicht in Abrede gestellt habe, habe nicht erklärt,
weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, einen dieser Flüge zu buchen, um mit
dem Jungen rechtzeitig wieder in Berlin zu sein. Sein Hinweis, die ... - die
Gesellschaft, bei deren Tochterunternehmen er den Rückflug gebucht habe - habe
ihm lediglich einen Ersatzflug für den Folgetag, den 18. Oktober 2022
angeboten, weil es am 17. Oktober 2022 keine Flüge der ... mehr gegeben habe,
verfange nicht.
Gegen diese
Entscheidung wendet sich der Vater. Er meint, die von der Mutter aufgezeigten
Ersatzflüge bei anderen Fluggesellschaften als solchen der ...-Gruppe seien
weder akzeptabel noch zumutbar gewesen. Denn kurzfristig bei einer anderen
Gesellschaft zu buchende Rückflüge hätten zwischen 600 € und 650 € gekostet;
zusätzlich wäre das bei der ... bereits gebuchte Rückflugticket (bzw. der
Ersatzflug) verfallen. Insgesamt betrachtet, wäre das unangemessen und
letztlich unverhältnismäßig gewesen, weil die vom Vater schließlich gewählte
Lösung - die Zugfahrt am Montag, den 18. Oktober 2021 nach Madrid, um den Jungen
dort um 15 Uhr der Mutter am Flughafen zu übergeben - ihn bereits viel Geld
gekostet habe: Die Bahnfahrt vom Urlaubsort La Coruña nach Madrid habe für R.
und ihn etwa 80 € gekostet und er habe weitere 130 € bezahlen müssen, um den
Abflugsort seines eigenen Rückflugs von Santiago de Compostela nach Madrid
umbuchen zu lassen. Zudem müsse er etwa 100 € an Telefonkosten tragen, weil er
fast acht Stunden in der „Warteschleife“ der ... Buchungs-Hotline
„festgehangen“ habe.
II.
Die sofortige
Beschwerde des Vaters ist zwar zulässig (§ 87 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 4 FamFG, §§ 567ff. ZPO), aber aus den zutreffenden Gründen des
angefochtenen Beschlusses, die der Senat sich nach Prüfung zu eigen macht,
nicht begründet. Denn gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gibt es nichts
zu erinnern:
1.
Voraussetzung für die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Vater ist, dass
er die im familiengerichtlichen Umgangsbeschluss angeordnete Übergabe des
Jungen am Sonntag, den 17. Oktober 2021 um 17:00 Uhr, am Ende „seiner“
Ferienwoche, schuldhaft versäumt hat (§ 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG).
Verschulden meint dabei sowohl das vorsätzliche Handeln als auch eine
fahrlässige Verursachung des eingetretenen Erfolges, nämlich der
Zuwiderhandlung gegen die familiengerichtliche Anordnung durch Versäumung der
dort festgesetzten Daten (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei handelt
fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt
(§ 276 Abs. 2 BGB). Diese, vom Gesetzgeber getroffene
Begriffsbestimmung gilt für das gesamte Privatrecht und damit auch für das
Familienrecht und die Regelung der Folgen von Verstößen gegen
familiengerichtliche Anordnungen (vgl. nur Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl.
2022], § 276 Rn. 12). Dabei zeigt die Formulierung des Gesetzesbefehls in
§ 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG, dass ein Verschulden des
Umgangspflichtigen vermutet wird: Denn nach dem Wortlaut der Bestimmung ist es
Sache des Verpflichteten, Gründe dafür vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass
er die Zuwiderhandlung - die Versäumung des Übergabetermins am 17. Oktober
2021, 17:00 Uhr - nicht zu vertreten hat (vgl. KG, Beschluss vom 8. November
2010 - 9 WF 112/10, FamRZ 2011, 588 [bei juris Rz. 6] sowie Keidel/Giers, FamFG
[20. Aufl. 2020], § 89 Rn. 9). Es ist daher Sache des Vaters, sich für die
Versäumung des Übergabetermins zu entlasten. Von ihm ist im Einzelnen
darzustellen und ggf. auch zu beweisen, dass der Übergabetermin von ihm
versäumt wurde, obwohl er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat
(vgl. Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht [8. Aufl. 2021], § 6 Rn.
28).
2. Das
ist dem Vater, wie das Familiengericht zutreffend festgestellt hat, ganz
offensichtlich nicht gelungen:
a) Die
Stornierung des gebuchten Rückfluges durch den Veranstalter, eine
Fluggesellschaft der ...-Gruppe, ist dem Vater selbstverständlich nicht
anzulasten. Denn auf die Gründe, die zu der Stornierung geführt haben -
beispielsweise höhere Gewalt oder schlicht eine unzureichende Flugauslastung
etc. - hat der Vater keinerlei Einfluss; er kennt sie nicht und muss sie auch
nicht kennen.
b)
Anzulasten ist ihm jedoch, dass er nicht die notwendige Vorsorge für mögliche
Störungen beim Rückflug getroffen hat. Den fahrlässig handelt auch, wer nicht
ausreichend Vorsorge getroffen hat, um zu verhindern, dass es zu der nicht ganz
fernliegenden Möglichkeit eines Schadenseintritts - der Versäumung des
Rückgabetermins - kommt und er den Eintritt des schädigenden Erfolgs vermeiden
konnte; er also über die Möglichkeit verfügte, die notwendigen und zumutbaren
Vorkehrungen zur Vermeidung des eingetretenen Schadens zu treffen (vgl. nur
Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl. 2022], § 276 Rn. 20f.). Das ist hier
der Fall und dass wird vom Vater im Grunde genommen auch nicht in Abrede
gestellt. Denn es ist allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr - insbesondere
auch in der letzten Zeit - vielfach zu erheblichen Flugverschiebungen und
Flugausfällen kommt und zwar nicht nur aus unvermeidbaren Gründen, sondern
häufig auch aus rein wirtschaftlichen Gründen; weil es beispielsweise für die
Fluggesellschaft günstiger ist, den angekündigten Flug zu stornieren und die
gebuchten Passagiere zu entschädigen anstatt den Flug wie geplant
durchzuführen. In der Rechtsprechung ist es deshalb auch anerkennt, dass selbst
ein Streik bei einem Verkehrsunternehmen den Umgangspflichtigen, der dadurch
eine Rückreise und den vereinbarten Umgangstermin versäumt, jedenfalls dann
nicht entlastet, wenn durch die Arbeitskampfmaßnahme nicht sämtliche
Verkehrsverbindungen betroffen, sondern andere, alternative Verbindungen noch
nutzbar geblieben sind (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 3. Juni 2015 - 11 WF
415/15, FamRZ 2016, 1104 [bei juris Rz. 35]). Das ist hier unstreitig der Fall;
die Mutter hat aufgezeigt, dass es eine ganze Reihe von alternativen
Flugverbindungen - bei anderen Fluggesellschaften oder von anderen Abflughäfen
aus - gegeben hätte. Diesem Vortrag ist der Vater nicht entgegengetreten, so
dass das Familiengericht dies der getroffenen Entscheidung zu Recht zugrunde
gelegt hat.
c) (aa)
Das Argument des Vaters, es sei ihm nicht zumutbar, den ihm von gebuchten
Fluglinie angebotenen Ersatzflug am Montag, 18. Oktober 2021 verfallen zu
lassen und stattdessen einen kostenpflichtigen Ersatzflug bei einer anderen
Fluggesellschaft zu buchen, mit dem eine pünktliche Übergabe des Kindes an die Mutter
noch hätte gewährleistet werden können, verfängt nicht. Wer wie der Vater eine
„Gefahrenlage“ schafft - das Risiko, dass er den vereinbarten Übergabetermin
nicht einhalten kann, weil er nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt -,
ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur
Schadensvermeidung - der Sicherstellung einer rechtzeitigen Übergabe des Jungen
- zu treffen. Da eine „absolute Sicherheit“ insoweit niemals erreicht werden
kann, hängt es von der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und den Umständen des
Einzelfalles ab, welche „Sicherungsmaßnahmen“ zu treffen sind; also welche
Vorsorge vom Vater dafür getroffen werden muss, dass er den Rückgabetermin auch
tatsächlich einhalten kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die danach
erforderlichen Sicherungsvorkehrungen auch dann zu treffen sind, wenn diese
Maßnahmen mit Kosten, Unannehmlichkeiten oder Zeitverlust verbunden sind (vgl.
beispielsweise BGH, Urteil vom 27. November 1952 - VI ZR 25/52, NJW 1953, 257
[LS 2] sowie zum Ganzen Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl. 2022], § 276
Rn. 21).
(bb) An
diesen Vorgaben gemessen, ist aber offensichtlich, dass das Familiengericht den
Vater zu Recht mit einem Ordnungsgeld für die Zuwiderhandlung gegen den
Umgangsbeschluss belegt hat:
- Der Vater hat
nicht vorgetragen, welche Vorkehrungen er dafür getroffen hat, um
sicherzustellen, mit R. rechtzeitig wieder in Berlin sein zu können;
- obwohl es
allgemein bekannt ist, dass es im Flugverkehr im allgemeinen und bei
Ferienflügen insbesondere mehr oder weniger regelmäßig zu (massiven)
Verspätungen, Flugverschiebungen oder vollständigen Flugausfällen kommt, hat
der Vater den Rückflug auf den letzten Ferientag gelegt, ohne einen „Puffer“
vorzusehen; etwa, dass er den Rückflug für einen Tag vor dem eigentlichen
Ferienende vorgesehen hätte: Das könnte möglicherweise auch aus anderen
Gründen, nämlich des Kindeswohls, angezeigt sein, weil dadurch vermieden worden
wäre, dass der drei Jahre und sechs Monate alte R. an einem Tag aus Spanien nach
Berlin zurückfliegen und sich keine 24 Stunden später erneut in ein Flugzeug
setzen muss, um einen annähernd vier Stunden dauernden Flug wieder zurück nach
(Süd-) Spanien anzutreten.
- Im Ergebnis
hat der Vater das Risiko, dass der gebuchte Rückflug ausfällt oder so stark
verschoben wird, dass er den angeordneten Übergabetermin nicht mehr einhalten
kann, einseitig auf die Mutter verlagert: Nach seiner Planung - wenn er, wie er
dies zunächst beabsichtigt hat, den ihm von der ... angebotenen Ersatzflug am
Montag, den 18. Oktober 2021 benutzt und erst am Montagabend in Berlin
angekommen wäre - hätte die Mutter den von ihr für „ihre“ Ferienwoche gebuchten
Urlaub entweder überhaupt nicht oder nur unter ganz erheblichen, zusätzlichen
Kostenaufwand - der Buchung eines neuen Fluges nach Jerez mit dem Risiko, dass
nur noch in den teureren Flugklassen Plätze verfügbar gewesen wären - antreten
können: Dafür, dass der Vater zugesagt hätte, diese Mehrkosten, die der Mutter
durch seine verspätete Rückkehr erst am Montag entstanden wären, zu ersetzen,
ist nichts ersichtlich; dass hat der Vater auch nicht behauptet. Entsprechendes
gilt für den Ersatz der 148,85 €, die die Mutter ihrem Vortrag zufolge hat
aufwenden müssen, um für R. das Upgrade zu buchen, dass es ihm ermöglicht hat,
am Montag, den 18. Oktober 2021 ihrem Flug von Berlin über Madrid nach Jerez in
Madrid noch zuzusteigen: Auch insoweit ist vom Vater nicht erklärt worden, dass
er diese Kosten ausgeglichen hätte (vgl. KG, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 13 UF
88/18, FamRZ 2020, 1731 sowie Grüneberg/Götz, BGB [81. Aufl. 2022], § 1684
Rn. 39).
- Unter
Abwägung aller dieser Gesichtspunkte ist klar, dass die Mehrkosten für die
Buchung eines Ersatzfluges für Sonntag, den 17. Oktober 2021, nicht
unverhältnismäßig sind: Diese hätten, bei Buchung eines Ersatzfluges ab
Santiago de Compostela lediglich bis zu 500 € (und nicht, wie vom Vater
behauptet, bis zu 650 €) gekostet und bei einem Abflug von dem ca. 250km
entfernten Porto in Portugal lediglich bis zu 230 € (wobei hier noch die Kosten
der Bahnfahrt hinzugekommen wären). Bei dieser Abwägung ist - da alle Umstände
des Einzelfalles entscheidend sind - auch zu berücksichtigen, dass die Mutter
unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Vater die familiengerichtlichen
festgesetzten Umgangszeiten bereits wiederholt eigenmächtig verändert haben
soll. Auch ist zu berücksichtigen, dass es zwischen den Eltern, wie es in dem
zugrundeliegenden Umgangsbeschluss heißt, seit der Geburt des Kindes im April
2018 beständig immer wieder zu Streitigkeiten über den Umgang gekommen sein
soll: Vor diesem Hintergrund hätte der Vater von vornherein ein erhöhtes Maß an
Sorgfalt an den Tag legen und alles dafür tun müssen, dass er die
familiengerichtlichen Umgangstermine penibel einhält, um neue Streitigkeiten
erst gar nicht entstehen zu lassen. Daraus folgt aber auch, dass ihm ein
erhöhtes Maß an „Sicherungsvorkehrungen“ - bzw., im Fall, dass diese nicht
getroffen wurden oder versagt haben (= Flugausfall) - abverlangt werden können
und ihm ein größerer Aufwand und größere Kosten zugemutet werden können, um die
familiengerichtliche Regelung trotz erfolgter Flugstornierung doch noch
einzuhalten.
d) Im
Ergebnis hat das Familiengericht daher gegen den Vater zu Recht ein
Ordnungsgeld festgesetzt; die von ihm hiergegen geführte Beschwerde bleibt ohne
Erfolg.
3. Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG: Nachdem die
Beschwerde des Vaters ohne Erfolg bleibt, hat er die hierdurch ausgelösten
Kosten zu tragen. Eine Wertfestsetzung ist entbehrlich, weil eine Festgebühr
gilt (Nr. 1912 KV FamFG).
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