Dienstag, 20. Dezember 2022

Umgangsrecht: Verspätete Übergabe des Kindes infolge Flugstornierung

Das Familiengericht hatte mit seinem Beschluss den Umgang zwischen Vater und dem nicht ganz vierjährigen Sohn für die Herbstferien 2021 so geregelt, dass der Vater die erste Woche mit ihm verbringt, die Übergabe an die Mutter am 17.10.2021 um 17.00 Uhr erfolgen sollte und die Mutter sodann die zweite Woche mit ihm verbringen sollte. Die Übergabe sollte, soweit sie nicht über die Kira erfolgt, von einer Umgangspflegerin begleitet werden.

 Der Vater flog mit dem Jungen nach Santiago de Compostela. Den Rückflug hatte er für den 17.10., 4:05 Uhr in Santiago de Compostela gebucht; der Flug sollte über Zürich nach Berlin-Brandenburg erfolgen sollen, mit Ankunft 8:45 Uhr. Beim Versuch des Eincheckens stellte er fest, dass dieser storniert wurde und informierte, die Umgangspflegerin, dass er am 18.10. den Ersatzpflug einer Tochtergesellschaft der Fluglinie nehme. Die Mutter ließ den Vater über die Umgangspflegerin ausrichten, sie sei damit nicht einverstanden, da sie auch eine Reise mit dem Sohn plane, und zwar nach Andalusien; die könne sie nur durchführen, wenn sie mit ihrem Sohn am 18.10. für den Flug einchecke. Es gäbe nach Internetrecherche z.B. auch genügend Flüge mit freien Plätzen, die der Kindsvater ersatzweise buchen könne. Dies tat der Vater nicht.

Das Familiengericht erließ auf Antrag der Mutter wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss gegen den Vater einen Ordnungsgeldbeschluss über ein Ordnungsgeld in Höhe von € 250,00, gegen den dieser sich wendet. Dabei wies er auf eine nach seiner Ansicht bestehende Unzumutbarkeit einer Umbuchung hin, die ihm - bei Verfall seines Flugtickets - rund € 600,00 gekostet haben würde. So habe er den Sohn der Mutter schließlich am 18.10. in Madrid übergeben, wobei ihm schon die Zugfahrt dorthin viel Geld gekostet habe.

Voraussetzung für die Verhängung des Ordnungsgeldes sei, dass der Vater die im familiengerichtlich angeordneten Umgangsbeschluss benannte Übergabe von ihm an die Mutter am 17.10. schuldhaft versäumt habe, § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG. Verschulden erfordere ein vorsätzliches oder fahrlässiges Herbeiführen des Erfolgs der Zuwiderhandlung, § 276 Abs. 1 BGB.  Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit erfordere die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB.

Nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG würde ein Verschulden vermutet. Danach wäre es Sache des Vaters sich in Hinblick auf die Versäumung des Übergabetermins zu entasten. Er müsse mithin darlegen und beweisen, dass der Übergabetermin versäumt wurde, obwohl er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Dies sei ihm nicht gelungen. Zwar könne ihm die Stornierung des zunächst gebuchten Fluges nicht vorgeworfen werden. Allerdings hätte er Vorkehrungen für mögliche Störungen beim Rückflug treffen müssen um zu verhindern, dass es zu der nicht ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins kommt, gerade da allgemein bekannt sei, dass es im Flugverkehr zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen käme. Es sei von daher auch anerkannt, dass selbst ein Streik bei einem verkehrsunternehmen den Umgangspflichtigen (der dadurch eine Rückreise und einen geregelten Umgangstermin versäume) nicht entlasten würde, sofern alternative Verbindungen noch bestünden (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.06.2015 - 11 WF 415/15 -). Diese Alternativen hätten hier, wie von der Mutter aufgezeigt, bestanden.

Nicht gehört werden könne der Vater damit, die Alternative (den gebuchten Flug verfallen lassen und einen kostenpflichtigen Ersatzflug zu nehmen) sei unzumutbar. Die „Gefahrenlage“, dass er den geregelten Übergabetermin nicht einhalten kann, habe er selbst geschaffen, da er nicht sichergestellt habe, jedenfalls rechtzeitig zu dem Termin zurück zu sein. Sicherungsvorkehrungen seien auch dann zu treffen, wenn diese mit Kosten, Unannehmlichkeiten oder Zeitverlust verbunden wären (BGH, Urteil vom 27.11.1952 - VI ZR 25/52 -).

Kammergericht, Beschluss vom 22.06.2022 - 16 WF 29/22 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Vaters gegen den am 9. Februar 2022 erlassenen Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg - 87 F 296/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Vater wendet sich gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Familiengerichts vom 9. Februar 2022. Mit diesem Beschluss hat das Familiengericht gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 € festgesetzt und ersatzweise, für den Fall seiner Nichtbeitreibbarkeit, ein Tag Ordnungshaft für jeweils 100 € Ordnungsgeld, weil der Vater am 17. Oktober 2021 gegen die familiengerichtliche Umgangsregelung vom 2. August 2021 zuwidergehandelt haben soll.

Mit dem Beschluss vom 2. August 2021 hat das Familiengericht den Umgang zwischen dem Vater und dem zur fraglichen Zeit etwa drei Jahre und sechs Monate alten Sohn R. geregelt. Für die Herbstferien 2021 nach dem Ferienkalender der Berliner Schulen - diese dauern zwei Wochen - hat das Familiengericht angeordnet, dass R. die erste Ferienwoche beim Vater verbringt und die zweite Ferienwoche bei der Mutter. Die Übergabe des Jungen vom Vater an die Mutter sollte am zweiten Sonntag der Herbstferien 2021, nämlich am Sonntag, den 17. Oktober 2021 um 17 Uhr erfolgen. Zusätzlich hat das Familiengericht angeordnet, dass die Übergaben des Kindes, soweit diese nicht über die Kita erfolgen, durch eine Umgangspflegerin begleitet werden.

In „seiner“ Ferienwoche ist der Vater mit dem Jungen nach Santiago de Compostela in der nordwestspanischen Provinz Galicien geflogen, um mit ihm in La Coruña eine Woche Ferien zu verbringen. Den Rückflug hat er bei der ..., einer Tochtergesellschaft der ..., für Sonntag, den 17. Oktober 2021 gebucht. Der Flug sollte um 4:05 Uhr in Santiago de Compostela starten und über Zürich zum Flughafen Berlin-Brandenburg führen; die planmäßige Landung hätte am gleichen Tag um 8:45 Uhr erfolgen sollen. Am Samstag, den 16. Oktober 2021, als der Vater sich und den Sohn im Internet für den Rückflug am Folgetag einchecken wollte, erfuhr er durch einen Vermerk auf der ...-Homepage, dass der Flug „storniert“ ist. Am Vormittag des gleichen Tages informierte er die Umgangsbegleiterin per „...“, dass er deshalb am Montag, den 18. Oktober 2021, den Ersatzflug einer Tochtergesellschaft der ... nehmen werde, der jedoch erst am Montagabend in Berlin eintreffen werde. Die Mutter, die von der Umgangspflegerin hierüber informiert wurde, war damit nicht einverstanden; sie teilte der Umgangspflegerin mit, dass sie auf der festgelegten Übergabe des Jungen am Sonntag, 17. Oktober 2021, 17:00 Uhr bestehe, weil sie für „ihre“ Ferienwoche ebenfalls eine Ferienreise mit dem Jungen, und zwar nach Jerez de la Frontera in der südspanischen Provinz Andalusien gebucht hatte. Die gebuchte Ferienreise könne sie nur antreten, wenn sie am geplanten Abreisetag, am Montag, den 18. Oktober 2021 zusammen mit dem Jungen am Flughafen Berlin-Brandenburg für den gebuchten Flug einchecke. Im weiteren Verlauf ließ sie den Vater über die Umgangspflegerin darauf hinweisen, dass sie in den verschiedenen Internetsuchmaschinen zahlreiche Flüge mit freien Plätzen gefunden habe, mit denen der Vater und R. noch am Sonntag, 17. Oktober 2021 nach Berlin hätten fliegen und die festgesetzte Übergabezeit wahren können. Sie hat u.a. darauf hingewiesen, dass im Laufe des Sonntagvormittags von Santiago de Compostela mehrere Flüge der ... oder der ..., einer low-cost-Tochter der ..., nach Berlin zu Preisen zwischen etwa 340 € und ca. 500 € angeboten wurden. Weiter wies sie darauf hin, dass von Porto, dem zu Santiago de Compostela nächstgelegenen, etwa 250km entfernten Flughafen in Portugal, am Sonntag mehrere Flüge mit ... oder ... zu Preisen zwischen 210 € und 230 € angeboten wurden, auf denen es ebenfalls freie Plätze gebe und die gleichfalls rechtzeitig zur vereinbarten Übergabezeit in Berlin ankommen würden. Nach mehreren Telefonaten der Mutter mit der Fluggesellschaft, bei der sie ihren Flug nach Jerez gebucht hatte, gelang es ihr für R. kurzfristig für 148,85 € ein Upgrade zu buchen, das es dem Jungen ermöglichte, auf einem planmäßigen Zwischenstopp des Fluges der Mutter nach Jerez am Montag, 18. Oktober 2021 in Madrid zuzusteigen und mit ihr am gleichen Abend nach Jerez de la Frontera weiterzufliegen. Durch Vermittlung der Umgangspflegerin gelang es schließlich, dass der Vater und R. am Montag, 18. Oktober 2021 mit dem Zug von La Coruña/Santiago de Compostela nach Madrid zum Flughafen gefahren sind, wo er den Jungen der Mutter gegen 15 Uhr übergeben hat.

Dem Antrag der Mutter von November 2021, gegen den Vater (u.a.) wegen dessen Zuwiderhandlung vom 17. Oktober 2021 gegen die Festsetzung im Umgangsbeschluss ein Ordnungsgeld festzusetzen, hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Vater zwar nicht die Flugstornierung anzulasten sei, wohl aber, dass er nicht die von der Mutter aufgezeigten alternativen Möglichkeiten genutzt habe, mit einem kurzfristig neu zu buchenden Flug bei einer anderen Fluggesellschaft von Santiago de Compostela oder von Porto zurück nach Berlin zu fliegen, um den Jungen rechtzeitig, wie im familiengerichtlichen Beschluss angeordnet, der Mutter in Berlin für „ihre“ Herbstferienwoche zu übergeben. Der Vater, der die Existenz der Alternativflugverbindungen nicht in Abrede gestellt habe, habe nicht erklärt, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, einen dieser Flüge zu buchen, um mit dem Jungen rechtzeitig wieder in Berlin zu sein. Sein Hinweis, die ... - die Gesellschaft, bei deren Tochterunternehmen er den Rückflug gebucht habe - habe ihm lediglich einen Ersatzflug für den Folgetag, den 18. Oktober 2022 angeboten, weil es am 17. Oktober 2022 keine Flüge der ... mehr gegeben habe, verfange nicht.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Vater. Er meint, die von der Mutter aufgezeigten Ersatzflüge bei anderen Fluggesellschaften als solchen der ...-Gruppe seien weder akzeptabel noch zumutbar gewesen. Denn kurzfristig bei einer anderen Gesellschaft zu buchende Rückflüge hätten zwischen 600 € und 650 € gekostet; zusätzlich wäre das bei der ... bereits gebuchte Rückflugticket (bzw. der Ersatzflug) verfallen. Insgesamt betrachtet, wäre das unangemessen und letztlich unverhältnismäßig gewesen, weil die vom Vater schließlich gewählte Lösung - die Zugfahrt am Montag, den 18. Oktober 2021 nach Madrid, um den Jungen dort um 15 Uhr der Mutter am Flughafen zu übergeben - ihn bereits viel Geld gekostet habe: Die Bahnfahrt vom Urlaubsort La Coruña nach Madrid habe für R. und ihn etwa 80 € gekostet und er habe weitere 130 € bezahlen müssen, um den Abflugsort seines eigenen Rückflugs von Santiago de Compostela nach Madrid umbuchen zu lassen. Zudem müsse er etwa 100 € an Telefonkosten tragen, weil er fast acht Stunden in der „Warteschleife“ der ... Buchungs-Hotline „festgehangen“ habe.

II.

Die sofortige Beschwerde des Vaters ist zwar zulässig (§ 87 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 FamFG, §§ 567ff. ZPO), aber aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die der Senat sich nach Prüfung zu eigen macht, nicht begründet. Denn gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gibt es nichts zu erinnern:

1. Voraussetzung für die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Vater ist, dass er die im familiengerichtlichen Umgangsbeschluss angeordnete Übergabe des Jungen am Sonntag, den 17. Oktober 2021 um 17:00 Uhr, am Ende „seiner“ Ferienwoche, schuldhaft versäumt hat (§ 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG). Verschulden meint dabei sowohl das vorsätzliche Handeln als auch eine fahrlässige Verursachung des eingetretenen Erfolges, nämlich der Zuwiderhandlung gegen die familiengerichtliche Anordnung durch Versäumung der dort festgesetzten Daten (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Diese, vom Gesetzgeber getroffene Begriffsbestimmung gilt für das gesamte Privatrecht und damit auch für das Familienrecht und die Regelung der Folgen von Verstößen gegen familiengerichtliche Anordnungen (vgl. nur Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl. 2022], § 276 Rn. 12). Dabei zeigt die Formulierung des Gesetzesbefehls in § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG, dass ein Verschulden des Umgangspflichtigen vermutet wird: Denn nach dem Wortlaut der Bestimmung ist es Sache des Verpflichteten, Gründe dafür vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung - die Versäumung des Übergabetermins am 17. Oktober 2021, 17:00 Uhr - nicht zu vertreten hat (vgl. KG, Beschluss vom 8. November 2010 - 9 WF 112/10, FamRZ 2011, 588 [bei juris Rz. 6] sowie Keidel/Giers, FamFG [20. Aufl. 2020], § 89 Rn. 9). Es ist daher Sache des Vaters, sich für die Versäumung des Übergabetermins zu entlasten. Von ihm ist im Einzelnen darzustellen und ggf. auch zu beweisen, dass der Übergabetermin von ihm versäumt wurde, obwohl er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat (vgl. Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht [8. Aufl. 2021], § 6 Rn. 28).

2. Das ist dem Vater, wie das Familiengericht zutreffend festgestellt hat, ganz offensichtlich nicht gelungen:

a) Die Stornierung des gebuchten Rückfluges durch den Veranstalter, eine Fluggesellschaft der ...-Gruppe, ist dem Vater selbstverständlich nicht anzulasten. Denn auf die Gründe, die zu der Stornierung geführt haben - beispielsweise höhere Gewalt oder schlicht eine unzureichende Flugauslastung etc. - hat der Vater keinerlei Einfluss; er kennt sie nicht und muss sie auch nicht kennen.

b) Anzulasten ist ihm jedoch, dass er nicht die notwendige Vorsorge für mögliche Störungen beim Rückflug getroffen hat. Den fahrlässig handelt auch, wer nicht ausreichend Vorsorge getroffen hat, um zu verhindern, dass es zu der nicht ganz fernliegenden Möglichkeit eines Schadenseintritts - der Versäumung des Rückgabetermins - kommt und er den Eintritt des schädigenden Erfolgs vermeiden konnte; er also über die Möglichkeit verfügte, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Vermeidung des eingetretenen Schadens zu treffen (vgl. nur Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl. 2022], § 276 Rn. 20f.). Das ist hier der Fall und dass wird vom Vater im Grunde genommen auch nicht in Abrede gestellt. Denn es ist allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr - insbesondere auch in der letzten Zeit - vielfach zu erheblichen Flugverschiebungen und Flugausfällen kommt und zwar nicht nur aus unvermeidbaren Gründen, sondern häufig auch aus rein wirtschaftlichen Gründen; weil es beispielsweise für die Fluggesellschaft günstiger ist, den angekündigten Flug zu stornieren und die gebuchten Passagiere zu entschädigen anstatt den Flug wie geplant durchzuführen. In der Rechtsprechung ist es deshalb auch anerkennt, dass selbst ein Streik bei einem Verkehrsunternehmen den Umgangspflichtigen, der dadurch eine Rückreise und den vereinbarten Umgangstermin versäumt, jedenfalls dann nicht entlastet, wenn durch die Arbeitskampfmaßnahme nicht sämtliche Verkehrsverbindungen betroffen, sondern andere, alternative Verbindungen noch nutzbar geblieben sind (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 3. Juni 2015 - 11 WF 415/15, FamRZ 2016, 1104 [bei juris Rz. 35]). Das ist hier unstreitig der Fall; die Mutter hat aufgezeigt, dass es eine ganze Reihe von alternativen Flugverbindungen - bei anderen Fluggesellschaften oder von anderen Abflughäfen aus - gegeben hätte. Diesem Vortrag ist der Vater nicht entgegengetreten, so dass das Familiengericht dies der getroffenen Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt hat.

c) (aa) Das Argument des Vaters, es sei ihm nicht zumutbar, den ihm von gebuchten Fluglinie angebotenen Ersatzflug am Montag, 18. Oktober 2021 verfallen zu lassen und stattdessen einen kostenpflichtigen Ersatzflug bei einer anderen Fluggesellschaft zu buchen, mit dem eine pünktliche Übergabe des Kindes an die Mutter noch hätte gewährleistet werden können, verfängt nicht. Wer wie der Vater eine „Gefahrenlage“ schafft - das Risiko, dass er den vereinbarten Übergabetermin nicht einhalten kann, weil er nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt -, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Schadensvermeidung - der Sicherstellung einer rechtzeitigen Übergabe des Jungen - zu treffen. Da eine „absolute Sicherheit“ insoweit niemals erreicht werden kann, hängt es von der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und den Umständen des Einzelfalles ab, welche „Sicherungsmaßnahmen“ zu treffen sind; also welche Vorsorge vom Vater dafür getroffen werden muss, dass er den Rückgabetermin auch tatsächlich einhalten kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die danach erforderlichen Sicherungsvorkehrungen auch dann zu treffen sind, wenn diese Maßnahmen mit Kosten, Unannehmlichkeiten oder Zeitverlust verbunden sind (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 27. November 1952 - VI ZR 25/52, NJW 1953, 257 [LS 2] sowie zum Ganzen Grüneberg/Grüneberg, BGB [81. Aufl. 2022], § 276 Rn. 21).

(bb) An diesen Vorgaben gemessen, ist aber offensichtlich, dass das Familiengericht den Vater zu Recht mit einem Ordnungsgeld für die Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss belegt hat:

- Der Vater hat nicht vorgetragen, welche Vorkehrungen er dafür getroffen hat, um sicherzustellen, mit R. rechtzeitig wieder in Berlin sein zu können;

- obwohl es allgemein bekannt ist, dass es im Flugverkehr im allgemeinen und bei Ferienflügen insbesondere mehr oder weniger regelmäßig zu (massiven) Verspätungen, Flugverschiebungen oder vollständigen Flugausfällen kommt, hat der Vater den Rückflug auf den letzten Ferientag gelegt, ohne einen „Puffer“ vorzusehen; etwa, dass er den Rückflug für einen Tag vor dem eigentlichen Ferienende vorgesehen hätte: Das könnte möglicherweise auch aus anderen Gründen, nämlich des Kindeswohls, angezeigt sein, weil dadurch vermieden worden wäre, dass der drei Jahre und sechs Monate alte R. an einem Tag aus Spanien nach Berlin zurückfliegen und sich keine 24 Stunden später erneut in ein Flugzeug setzen muss, um einen annähernd vier Stunden dauernden Flug wieder zurück nach (Süd-) Spanien anzutreten.

- Im Ergebnis hat der Vater das Risiko, dass der gebuchte Rückflug ausfällt oder so stark verschoben wird, dass er den angeordneten Übergabetermin nicht mehr einhalten kann, einseitig auf die Mutter verlagert: Nach seiner Planung - wenn er, wie er dies zunächst beabsichtigt hat, den ihm von der ... angebotenen Ersatzflug am Montag, den 18. Oktober 2021 benutzt und erst am Montagabend in Berlin angekommen wäre - hätte die Mutter den von ihr für „ihre“ Ferienwoche gebuchten Urlaub entweder überhaupt nicht oder nur unter ganz erheblichen, zusätzlichen Kostenaufwand - der Buchung eines neuen Fluges nach Jerez mit dem Risiko, dass nur noch in den teureren Flugklassen Plätze verfügbar gewesen wären - antreten können: Dafür, dass der Vater zugesagt hätte, diese Mehrkosten, die der Mutter durch seine verspätete Rückkehr erst am Montag entstanden wären, zu ersetzen, ist nichts ersichtlich; dass hat der Vater auch nicht behauptet. Entsprechendes gilt für den Ersatz der 148,85 €, die die Mutter ihrem Vortrag zufolge hat aufwenden müssen, um für R. das Upgrade zu buchen, dass es ihm ermöglicht hat, am Montag, den 18. Oktober 2021 ihrem Flug von Berlin über Madrid nach Jerez in Madrid noch zuzusteigen: Auch insoweit ist vom Vater nicht erklärt worden, dass er diese Kosten ausgeglichen hätte (vgl. KG, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 13 UF 88/18, FamRZ 2020, 1731 sowie Grüneberg/Götz, BGB [81. Aufl. 2022], § 1684 Rn. 39).

- Unter Abwägung aller dieser Gesichtspunkte ist klar, dass die Mehrkosten für die Buchung eines Ersatzfluges für Sonntag, den 17. Oktober 2021, nicht unverhältnismäßig sind: Diese hätten, bei Buchung eines Ersatzfluges ab Santiago de Compostela lediglich bis zu 500 € (und nicht, wie vom Vater behauptet, bis zu 650 €) gekostet und bei einem Abflug von dem ca. 250km entfernten Porto in Portugal lediglich bis zu 230 € (wobei hier noch die Kosten der Bahnfahrt hinzugekommen wären). Bei dieser Abwägung ist - da alle Umstände des Einzelfalles entscheidend sind - auch zu berücksichtigen, dass die Mutter unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Vater die familiengerichtlichen festgesetzten Umgangszeiten bereits wiederholt eigenmächtig verändert haben soll. Auch ist zu berücksichtigen, dass es zwischen den Eltern, wie es in dem zugrundeliegenden Umgangsbeschluss heißt, seit der Geburt des Kindes im April 2018 beständig immer wieder zu Streitigkeiten über den Umgang gekommen sein soll: Vor diesem Hintergrund hätte der Vater von vornherein ein erhöhtes Maß an Sorgfalt an den Tag legen und alles dafür tun müssen, dass er die familiengerichtlichen Umgangstermine penibel einhält, um neue Streitigkeiten erst gar nicht entstehen zu lassen. Daraus folgt aber auch, dass ihm ein erhöhtes Maß an „Sicherungsvorkehrungen“ - bzw., im Fall, dass diese nicht getroffen wurden oder versagt haben (= Flugausfall) - abverlangt werden können und ihm ein größerer Aufwand und größere Kosten zugemutet werden können, um die familiengerichtliche Regelung trotz erfolgter Flugstornierung doch noch einzuhalten.

d) Im Ergebnis hat das Familiengericht daher gegen den Vater zu Recht ein Ordnungsgeld festgesetzt; die von ihm hiergegen geführte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG: Nachdem die Beschwerde des Vaters ohne Erfolg bleibt, hat er die hierdurch ausgelösten Kosten zu tragen. Eine Wertfestsetzung ist entbehrlich, weil eine Festgebühr gilt (Nr. 1912 KV FamFG).




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen