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Mittwoch, 1. April 2015

Ordnungsgeld gegen Vorstand bei Nichterscheinen zum Termin

Regelmäßig werden die Parteien bei einem Prozess zu einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung geladen, und zwar standardmäßig zum Zwecke einer gütlichen Einigung und zur Sachverhaltsaufklärung. Zwar können sie von vornherein mitteilen, dass sie sich nicht gütlich einigen werden; in diesem Fall kann das persönliche Erscheinen nur verlangt werden, wenn eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist und die geladene Partei dazu auch in der Lage ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es, wenn Gerichte ernsthaft Vorstände größerer Unternehmen, wie z.B. Versicherungsgesellschaften laden. Würden die Vorstände solcher Unternehmen versuchen, alle derartigen Termine wahrzunehmen, könnten sie ihrer eigentlichen Funktion der Unternehmensführung nicht mehr nachkommen. Dem wird regelmäßig mit dem Argument begegnet, der geladene Vorstand könne sich auch durch eine zum Vergleichsschluss ermächtigten und in der Sache informierte Person vertreten lassen, § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dazu ist aber die Partei (und damit der geladene gesetzliche Vertreter) nicht verpflichtet.

Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
Das OLG Köln hat die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen geladenen und zum Termin nicht erschienenen Vorstand einer Versicherungsgesellschaft bestätigt. Durch das Nichterscheinen wäre die Sachaufklärung erschwert worden. Hintergrund war, dass der Anwalt zu behaupteten Zahlungseingängen keine Auskunft erteilen konnte.

Die Entscheidung ist grob fehlerhaft. Es wäre verwunderlich, wenn der geladene Vorstandsvorsitzende zu Zahlungseingängen im Termin konkrete Auskünfte hätte geben können. Es handelte sich hier um Krankenversicherungsbeiträge. Regelmäßig wird sich ein Vorstand einer Versicherung nicht mit den Beitragseingängen beschäftigen und Kenntnisse zu diesen haben. Er wäre nach der Lebenserfahrung also nicht in der Lage, in einem Termin dazu Angaben zu machen. Wenn das Gericht es als erforderlich ansehen sollte, dass noch bestimmte Angaben zu Zahlungsvorgängen gemacht werden, so wäre es im Sinne einer ordnungsgemäßen Terminvorbereitung durch das Gericht erforderlich, dass die Parteien darauf hingewiesen werden. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht vor, dass das Gericht dahin wirken muss, dass sich die Parteien „rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären“; nach § 139 Abs. 4 ZPO sind die Hinweise so früh wie möglich zu erteilen. Sieht es das Gericht also für erforderlich an, dass die Versicherung sich zu Zahlungseingängen erklärt, müsste dies dem Gericht bereits bei der Terminvorbereitung auffallen und könnte es (muss es, § 139 Abs. 4 ZPO) darauf noch vor dem Termin hinweisen. Keinesfalls kann es bei einer größeren Gesellschaft (wie hier Versicherung) davon ausgehen, dass deren gesetzlicher Vertreter in der mündlichen Verhandlung dazu Angaben machen könnte. Ob sich der Vorstand vor einem Termin vorbereiten muss, sich also in einen ihn in der Regel völlig unbekannten Vorgang einarbeiten muss, kann auf sich beruhen, da er sicherlich nicht letztlich alle Aktenvorgänge (bzw. gespeicherten Daten wie Zahlungsvorgänge) nachlesen kann und muss, um für eventuelle Fragen gewappnet zu sein.  

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2014 - 7 W 63/14 -