Regelmäßig werden die Parteien bei
einem Prozess zu einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung geladen, und
zwar standardmäßig zum Zwecke einer gütlichen Einigung und zur Sachverhaltsaufklärung.
Zwar können sie von vornherein mitteilen, dass sie sich nicht gütlich einigen
werden; in diesem Fall kann das persönliche Erscheinen nur verlangt werden,
wenn eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist und die geladene Partei dazu
auch in der Lage ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es, wenn Gerichte
ernsthaft Vorstände größerer Unternehmen, wie z.B. Versicherungsgesellschaften
laden. Würden die Vorstände solcher Unternehmen versuchen, alle derartigen
Termine wahrzunehmen, könnten sie ihrer eigentlichen Funktion der
Unternehmensführung nicht mehr nachkommen. Dem wird regelmäßig mit dem Argument
begegnet, der geladene Vorstand könne sich auch durch eine zum
Vergleichsschluss ermächtigten und in der Sache informierte Person vertreten
lassen, § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dazu ist aber die Partei (und damit der geladene gesetzliche Vertreter) nicht verpflichtet.
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Das OLG Köln hat die Verhängung
eines Ordnungsgeldes gegen einen geladenen und zum Termin nicht erschienenen
Vorstand einer Versicherungsgesellschaft bestätigt. Durch das Nichterscheinen
wäre die Sachaufklärung erschwert worden. Hintergrund war, dass der Anwalt zu
behaupteten Zahlungseingängen keine Auskunft erteilen konnte.
Die Entscheidung ist grob
fehlerhaft. Es wäre verwunderlich, wenn der geladene Vorstandsvorsitzende zu Zahlungseingängen
im Termin konkrete Auskünfte hätte geben können. Es handelte sich hier um
Krankenversicherungsbeiträge. Regelmäßig wird sich ein Vorstand einer
Versicherung nicht mit den Beitragseingängen beschäftigen und Kenntnisse zu
diesen haben. Er wäre nach der Lebenserfahrung also nicht in der Lage, in einem
Termin dazu Angaben zu machen. Wenn das Gericht es als erforderlich ansehen
sollte, dass noch bestimmte Angaben zu Zahlungsvorgängen gemacht werden, so
wäre es im Sinne einer ordnungsgemäßen Terminvorbereitung durch das Gericht
erforderlich, dass die Parteien darauf hingewiesen werden. § 139 Abs. 1 Satz 2
ZPO sieht vor, dass das Gericht dahin wirken muss, dass sich die Parteien „rechtzeitig
und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären“; nach § 139 Abs. 4
ZPO sind die Hinweise so früh wie möglich zu erteilen. Sieht es das Gericht
also für erforderlich an, dass die Versicherung sich zu Zahlungseingängen
erklärt, müsste dies dem Gericht bereits bei der Terminvorbereitung auffallen
und könnte es (muss es, § 139 Abs. 4 ZPO) darauf noch vor dem Termin hinweisen.
Keinesfalls kann es bei einer größeren Gesellschaft (wie hier Versicherung)
davon ausgehen, dass deren gesetzlicher Vertreter in der mündlichen Verhandlung
dazu Angaben machen könnte. Ob sich der Vorstand vor einem Termin vorbereiten
muss, sich also in einen ihn in der Regel völlig unbekannten Vorgang einarbeiten
muss, kann auf sich beruhen, da er sicherlich nicht letztlich alle Aktenvorgänge
(bzw. gespeicherten Daten wie Zahlungsvorgänge) nachlesen kann und muss, um für
eventuelle Fragen gewappnet zu sein.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2014 - 7 W 63/14 -