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Samstag, 10. August 2024

Kosten des selbständigen Beweisverfahrens und Nebenintervention im Hauptsacheverfahren

Die Antragssteller (Kläger im Hauptsacheverfahren) hatten ein selbständiges Beweisverfahren u.a. gegen die Streithelferin des späteren Hauptsacheverfahrens als Antragsgegnerin eingeleitet.  Auf Antrag der Streithelferin setzte das Landgericht (LG) nach dessen Abschluss der Klägerin eine Frist zur Klageerhebung. Nachdem die Klage nicht erhoben wurde, erlegte das LG die Kosten der Streithelferin den Klägern auf, § 494a Abs. 1 ZPO, die entsprechend gegen die Kläger festgesetzt und von diesen ausgeglichen wurden. In der Folge erhoben die Kläger auf der Grundlage des dem selbständigen Beweisverfahrens zugrunde liegenden Sachverhalts Klage gegen die weiteren Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens; in diesem Verfahren trat die Streithelferin nunmehr dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei. Das LG hatte in dem in diesem Verfahren ergangenen Urteil die Kosten den Klägerin zu 55% und zu 45% den Beklagten auferlegt, ferner den Klägerin Kosten der Streithelferin zu 55% auferlegt (§ 101 ZPO).

In dem Kostenfestsetzungsverfahren auf der Grundlage des Urteils setzte das LG die Kosten der Streithelferin ohne Berücksichtigung deren bereits im selbständigen Beweisverfahren festgesetzten Kosten fest. Im Rahmen der von den Klägern dagegen eingelegten Beschwerde änderte das Oberlandesgericht (OLG) den Kostenfestsetzungsbeschluss ab und nahm eine Anrechnung entsprechend einer Rückfestsetzung der gezahlten Kosten aus dem selbständigen Beweisverfahren insoweit vor, als es die dort zu erstattenden Kosten gemäß der Kostenquotelung im Urteil berechnete und die Überzahlung den Klägern gutschrieb. Dagegen erhob die Streithelferin die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH.

Der BGH gab der Rechtsbeschwerde der Streithelferin statt.

Nach § 91 Abs. 4 ZPO seien auch solche Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff ZPO zu berücksichtigen, die die obsiegende Partei der unterliegenden Partei auf der Grundlage einer nur vorläufigen Kostenentscheidung im Verlauf eines Rechtstreits gezahlt habe. Bei einer nur vorläufigen Kostengrundentscheidung müsse eine Partei hinnehmen, dass der Titel zu gleichen Bedingungen wieder rückgängig gemacht würde.

Voraussetzung eines erfolgreichen Rückfestsetzungsantrags der Kläger sei aber, dass die hier von den Klägern erbrachte Zahlung an die unterlegene Partei erfolgte (BBGH, Beschluss vom 20.11.2012 - VI ZB 64/11 -). Diese Voraussetzung habe hier nicht vorgelegen; es könne auch dahinsteh, ob die im selbständigen Beweisverfahren ergangene Kostenentscheidung eine vorläufige Kostenentscheidung sei, da bereits keine  abweichende nachträgliche Verteilung der im selbständigen Beweisverfahren der Klägerin zugunsten der Streithelferin auferlegten Kosten vorlägen.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens würden zu den Kosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens gehören. Sie würden von der dort ergehenden Kostenentscheidung mit umfasst, wenn die Parteien beider Verfahren identisch seien (BGH, Beschluss vom 09.02.2006 - VII ZB 59/05 -). Von der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren nicht erfasst würden die außergerichtlichen Kosten derjenigen Beteiligten am selbständigen Beweisverfahren, die am Hauptsacheverfahren nicht beteiligt gewesen seien (dies hätten die Möglichkeit einen Antrag nach § 494a Abs. 2 ZPO im selbständigen Beweisverfahren zu stellen). War mithin ehemalige (Mit-) Antragsgegnerin im selbständigen Beweisverfahren nicht Partei des Hauptsacheverfahrens, könnten seine außergerichtlichen Kosten keine Kosten des Hauptsacheverfahrens sein.

Die erforderliche Parteiidentität würde fehlen, wenn der Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren lediglich der Beklagtenseite als Streithelfer beitrete, da der Streithelfer nur Gehilfe der unterstützten Partei, nicht aber selbst Partei sei (BGH, Urteil vom 04.10.1994 - VI ZR 223/93 -). Die Nebenintervention führe nicht zur Parteistellung.

Die Ersatzfähigkeit der Kosten der Nebenintervention würden sich nach §§ 101 Abs. 1 iVm. §§ 91 ff ZPO daran orientieren, inwieweit die unterstützte Hauptpartei unterlegen ist. Danach habe der Streithelfer u.U. seien Kosten auch dann selbst zu tragen, wenn der Antragsteller ihn in das selbständige Beweisverfahren einbezogen habe, obwohl er keine Ansprüche gegen den Antragsgegner habe.  Dies gelte unabhängig davon, inwieweit der Streithelfer Einfluss auf Verfahren habe nehmen können oder ihm nach § 67 S. 1 Halbs. 2 ZPO Erklärungen und Handlungen verwehrt waren.

Zudem könnte der Antragsteller im Anschluss an das Hauptsacheverfahren auch noch Klage gegen den den Antragsgegner unterstützenden Streithelfer erheben, was die Gefahr widersprüchlicher Kostenentscheidungen hinsichtlich er im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten beinhalte, würde über diese bereits als Teil der Kosten der Nebenintervention entschieden. Ein nicht mitverklagter Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens müsste auf einen Beitritt zum Hauptsacheverfahren eggen einen anderen Antragsgegner verzichten, um sich den Vorteil der vollen Kostenerstattung nach § 494a Abs. 2 ZPO zu erhalten. Das aber würde die gesetzliche Möglichkeit entwerten, die Hauptpartei zu unterstützen und ihn zudem benachteiligen können, wo ihm nach einer Streitverkündung die Prozessergebnisse aufgrund er Interventionswirkung der Streitverkündung nach § § 74 Abs. 3 iVm. § 68 ZPO in einem Folgeprozess entgegengehalten werden könnten.

Der Umstand der Verwertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme aus dem selbständigen Beweisverfahren im Hauptsacheverfahren könne für sich keine andere Betrachtung rechtfertigen.

BGH, Beschluss vom 06.06.2024 - V ZB 67/23 -

Freitag, 15. Juli 2022

Des Streithelfers konträrer Vortrag zum Vortrag der Hauptpartei

Der Kläger machte Schadensersatzansprüche wegen einer Bissverletzung durch die Katze der Beklagten geltend. Im Prozess trat der Haftpflichtversicherer der Beklagten dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei; nachdem sie zunächst an den Kläger € 1.000,00 gezahlt hatte, stellte sie in der Folge ihre Einstandspflicht in Frage.

Im Verfahren vor dem Landgericht war die Beklagte anwaltlich nicht vertreten; seine Streithelferin trug vor, dass der Kläger Miteigentümer und -halter der Katze sei und zudem der Vortrag des Klägers zum Geschehensablauf unplausibel sei, da die Katze bei einem Zubeißen infolge eines Schrecks nicht in den Handballen sondern in die Rückseite seiner Hand gebissen hätte und zudem Katzen nicht bissig seien und von daher die Katze hätte provoziert worden sein müssen. Das Landgericht hörte die (anwaltlich nicht vertretene) Beklagte an (§ 141 ZPO).

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, es habe sich nicht von einem, Geschehensablauf, wie vom Kläger zugrunde gelegt, überzeugen können. Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein begehren weiter. Dies führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

Nach Auffassung des BGH könnten die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten aus § 833 S. 1 BGB (Tierhalterhaftung) aus den vom OLG benannten Gründen nicht verneint werden. Voraussetzung sei zunächst die Verletzungshandlung, in der sich die typische Tiergefahr widerspiegele. Eine entsprechende adäquate bzw. mitursächliche Handlung der Katze sei gegeben, da das OLG den Vortrag des Klägers, er sei in der Wohnung bei seinem Besuch der Beklagten von deren Katze gebissen worden, als unstreitig angenommen hatte. Auf die Einzelheiten des Schadenshergangs (die vom OLG vermisst wurden) käme es nicht an.

Auch habe das OLG den Hergang des Vorfalls als streitig angesehen. Bestritten wurde dies von der Streithelferin. Das Bestreiten des Streithelfers ist allerdings unbeachtlich, wenn sich damit der Streithelfer mit dem Vortrag der Hauptpartei in Widerspruch setzt, § 67 S. 1 Halbs. 2 ZPO. Hierauf nahm der BGH Bezug. Der Streithelfer (oder auch Nebenintervenient) muss auf einer Seite (Kläger- oder Beklagtenseite) dem Rechtstreit beitreten. Die Seite, der er beitritt, unterstützt er gemeinhin. Allerdings kann der Streithelfer/Nebenintervenient natürlich eigene Interesse mit dem Beitritt verbinden, die nicht mit den Interessen der unterstützten (beigetretenen) Partei entsprechen müssen, dies auch in Ansehung eines möglichen Folgeanspruchs der unterstützten Partei gegen ihn. Damit wird durch § 67 ZPO ausgeschlossen, dass die Rechtslage durch Vortrag des Streithelfers zu Lasten der unterstützten Partei beeinflusst wird; natürliche Folge ist, dass unabhängig von der Rechtswirkung der Tatsachenvortrag der unterstützten Partei dem Vortrag des Streithelfers vorgeht und mithin ein Bestreiten durch den Streithelfe nicht im Widerspruch zum Parteivortrag der unterstützten Partei stehen darf und ebenso umgekehrt, soweit die unterstützte Partei entgegen der Behauptung des Streithelfers bestreitet. Hierauf hinweisend führte der BGH aus, dass es für den Widerspruch der unterstützten Partei gegen einen Sachvortrag des Streithelfers ausreichend sei, dass sich dieser aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei ergäbe. Für den Widerspruch benötige die unterstützte Partei selbst im Anwaltsprozess keinen Rechtsanwalt, der diesen für sie erkläre; der Widerspruch unterliege nicht dem Anwaltszwang.

Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass im Falle einer  streitgenössischen Nebenintervention (die hier nicht vorlag) der Vortrag des Nebenintervenienten trotz Widderspruchs der Hauptpartei beachtlich bleibe. Eine streitgenössische Nebenintervention läge vor, wenn nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und Prozessrechts die Rechtskraft der Entscheidung in dem Hauptprozess (der Prozess, in dem die Nebenintervention erfolgte) auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit sei (§ 69 ZPO). Im Hinblick darauf könne in diesem Fall der Nebenintervenient auch im Widerspruch zu der unterstützten Partei (Hauptpartei) eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen.

Im Haftpflichtversicherungsrecht ist zwischen dem Haftpflicht- und dem Deckungsverhältnis zu unterscheiden. Während über das Deckungsverhältnis nur im Prozess des Haftpflichtversicherers mit dem Versicherungsnehmer entschieden wird (also z.B. ob überhaupt für den Schadensfall als solchen Versicherungsschutz vereinbart wurde, ob Ausschlusstatbestände vorliegen), wird über den Haftpflichtanspruch nur im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Geschädigten entschieden, weshalb der Haftpflichtversicherer ein eigenes rechtliches Interesse an einer Beteiligung an diesem Rechtsstreit hat, da das Urteil für ihn im Rahmen des Deckungsanspruchs Bindungswirkung hat. Dies wird auch vom BGH zugrunde gelegt, der darauf hinwies, dass vorliegend dem Privathaftpflichtversicherer nicht die Rolle eines Streitgenossen zukäme mit der Folge, dass er von § 67 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO befreit wäre. Auch in Ansehung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsprozess könne nicht von § 67 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen werden, da die Bindungswirkung nicht mit der in § 69 ZPO vorausgesetzten Rechtwirksamkeit gleichzusetzen sei. Diese folge nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, sondern aus dem Leistungsversprechen, welches der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben habe (BGH, Beschluss vom 18.01.2022 - VI ZB 36/21 -).

Da der Sachvortrag zum Geschehensablauf im Widerspruch zu den Angeben der vom Landgericht angehörten Beklagten stand, war mithin das Bestreiten der Streithelferin des klägerseits  behaupteten Geschehens unbeachtlich.

Anmerkung: Nicht problematisiert hat vorliegend der BGH die Frage, ob das Landgericht die anwaltlich nicht vertretene Beklagte überhaupt hätte anhören dürfen (das Anhörungsrecht der anwaltlich in einem Anwaltsprozess nicht vertretenen Parteien verneinend OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.2009 - 19. W 22/09 -, bejahend mit der Begründung, der Vertreter der Nebenintervention sei ihr Anwalt OLG Hamm, Urteil vom 22.11.2019 -  I-9 U 93/19; die Entscheidung des OLG Hamm ist nicht überzeugend, da der Nebenintervenient ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat und haben muss, weshalb deren Rechtsanwalt nicht wie der Rechtsanwalt der Hauptpartei angesehen werden kann, § 66 ZPO). Problematisch ist das Übergehen dieses Umstandes durch den BGH: Erfolgt eine Anhörung, obwohl diese nicht zulässig war, dürfte deren Ergebnis nicht verwertet werden; de Auffassung des BGH, die Erklärung auch einer anwaltlich nicht vertretenen Partei sei als Widerspruch gegen den Angaben des Streithelfers zu werten mit der möglichen Folge der Unbeachtlichkeit der Ausführungen der Streithelferin könnte dazu führen, dass unberechtigt Parteianhörungen nach § 141 ZPO (gerade in Fällen, in denen nur der Nebenintervenient anwaltlich vertreten ist) vermehrt durchgeführt werden und damit die rechtlichen Grundlagen des § 141 ZPO ad absurdum geführt werden.

BGH, Urteil vom 26.04.2022 - VI ZR 1321/20 -

Freitag, 23. Juni 2017

Ordnungsgeld nicht gegen gesetzlichen Vertreter der Partei bei Nichterscheinen zur Verhandlung in Zivilsachen trotz Ladung

Der Fall ist beinahe alltäglich: Das Gericht lädt zur mündlichen Verhandlung und ordnet das persönliche Erscheinen der Parteien an. Da es sich bei der einen Partei um eine juristische Person (hier: GmbH) handelt, wurde deren Geschäftsführer (der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens) geladen. Dieser erschien allerdings zum Termin nicht und der von dieser Partei beauftragte Anwalt hatte kein Mandat zum Vergleichsschluss. Vor diesem Hintergrund erließ das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von € 200,00, ersatzweise vier Tage Ordnungshaft, und die Pflicht zur Übernahme der durch sein Nichterscheinen entstandenen Mehrkosten. Das OLG änderte den Beschluss des Amtsgerichts auf die Beschwerde insoweit ab, als es den Beschluss in Bezug auf die ersatzweise Ordnungshaft und die Übernahme der durch das Nichterscheinen entstandenen Kosten aufhob; im Übrigen würde die Beschwerde zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hob der BGH den Ordnungsgeldbeschluss insgesamt auf.

Das OLG hatte die in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Auffassung vertreten, dass das Ordnungsgeld gem. § 141 Abs., 3 S. 1 ZPO im Hinblick auf den Zweck und die Strafähnlichkeit der Sanktion nicht gegen die juristische Person (die Partei des Verfahrens), sondern gegen den nicht erschienenen, aber geladenen gesetzlichen Vertreter ergeht.

Die herrschende Meinung, der sich der BGH in seiner Entscheidung anschloss, geht allerdings vom Wortlaut des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO aus. Zweck des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO sei nicht, wie etwa §§ 177, 178 GVG das Ergreifen sitzungspolizeilichere Maßnahmen wegen Missachtung des Gerichts, die sich natürlich auch gegen den erschienenen (gesetzlichen) Vertreter richten könnten, sondern die Förderung der Aufklärung des Sachverhalts.

Die Erwägung des OLG, der Sanktionszweck des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ließe sich nur durch Verhängung des Ordnungsgeldes gegen den nicht erschienenen gesetzlichen Vertreter der Partei erreichen, ist nach Auffassung des BGH auch falsch. Der BGH verweist darauf, dass die juristische Person bei einem pflichtwidrigen Verhalten dem gesetzlichen Vertreters diesen auch in Regress nehmen könne, so dass er doch ein Interesse daran habe, die die juristische Person treffenden Pflichten zu erfüllen.   

Kosten werden nicht erstattet; es handelt sich nicht um ein kontradiktorische Verfahren.

Anmerkungen

1. Die Entscheidung ist in der Sache richtig. Gegen den klaren Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung spricht nichts. Gerade auch die vom BGH angesprochenen Regelungen zu sitzungspolizeilichen Maßnahmen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber sehr wohl einen Unterschied macht und kennt zwischen der anwesenden Person und der Partei als solcher.

2. Bitter wird es hier dem Beschwerdeführer aufstoßen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Denn er benötigte schon für das Verfahren vor dem BGH jedenfalls einen dort zugelassenen Anwalt. Und dessen Kosten sind bei weitem höher als die nun ersparten € 200,00 für das Ordnungsgeld. Damit erweist sich das Rechtssystem als löchrig und schief: Es kann nicht sein, dass hier der Geschäftsführer zu einer berechtigten Beschwerde veranlasst wird, da ein Gericht eine Mindermeinung propagiert, um für sein recht nachher mit erheblichen Kosten belegt zu werden, die in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zur Ursache stehen. Wenn auf diese Weise entsprechende Rechtsmittel (als Ausdruck rechtsstaatlicher Ordnung und Verständnisses) verhindert werden sollen, ist dies im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs und das Rechtsstaatsprinzip wohl durch das Bundesverfassungsgericht (übrigens: kein Anwaltszwang) oder den Gesetzgeber zu lösen.

3. Im Übrigen sollte jede geladene Partei prüfen, ob die Ladung in der Sache überhaupt ordnungsgemäß ist. Wird z.B. die juristische Person geladen, kann weder ihr gegenüber noch gegenüber dem Organ (gesetzlichen Vertreter) ein Ordnungsgeld bei Nichterscheinen ergehen. Wird nicht angegeben, weshalb geladen wird (zur Aufklärung des Sachverhalts und/oder zum Zwecke des Vergleichsschlusses), darf auch kein Ordnungsgeld verhangen werden. Erklärt die geladene Partei von vornherein, dass sie keinen Vergleich schließen wird, kann jedenfalls dann kein Ordnungsgeld ergehen, wenn nur zu diesem Zweck die Ladung erfolgte. Wird zur Aufklärung des Sachverhalts geladen, mag sich zwar der gesetzliche Vertreter bei seinen Mitarbeitern informieren müssen; ist aber der Partei der Vorgang nicht selbst bekannt, allenfalls aktenmäßig wie vorgetragen (z.B. bei dem Versicherer, der einen Verkehrsunfall bearbeitet), dürfte regelmäßig auch eine Sachverhaltsaufklärung nicht anzunehmen sein und kann dann mangels einer Verzögerung des Rechtsstreits auch kein Ordnungsgeld verhangen werden.


BGH, Beschluss vom 30.03.2017 - BLw 3/16 -