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Montag, 13. September 2021

Zur Bemessung von Ordnungsgeld nach § 890 ZPO bei Zuwiderhandlung gegen Verbotsverfügung (hier: Löschung Video zu Covid-19)

Die Verfügungsbeklagte betrieb eine Internetplattform, auf der der Verfügungskläger das Video „P…“ hochgeladen hatte. Nachdem die Verfügungsbeklagte dieses entfernte, erwirkte der Verfügungskläger im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ein Urteil, in dem der Verfügungsbeklagten bei einem Ordnungsgeld von bis zu € 25.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von sechs Monaten) untersagt wurde, das Video zu entfernen.  Nachdem die Verfügungsbeklagte gleichwohl das Video nicht nach Erlass des Urteils und seiner Zustellung (23.04.2021) wieder einstellte wieder einstellte, sondern erst am 14.05.2021, beantragte der Verfügungskläger wegen der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Verfügungsbeklagte von nicht unter € 25.000,00

Das LG Chemnitz setzte ein Ordnungsgeld in Höhe von € 1.000,00 fest. Der Verfügungskläger legte gegen den entsprechenden Beschluss sofortige Beschwerde ein, mit der er den ursprünglichen Antrag weiterverfolgte. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab und legte den Vorgang dem OLG vor. Die Beschwerde hatte dort Erfolg.

Das OLG hielt fest, dass – wie auch vom Landgericht angenommen – die Voraussetzungen für den Erlass eines Ordnungsmittelbeschlusses nach § 890 ZPO vorlägen, da die Verfügungsbeklagte, wie von ihr auch nicht in Abrede gestellt, gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Allerdings sei das Ordnungsgeld auf € 100.000,00 zu erhöhen.

Zur Höhe wies das OLG darauf hin, dass das Ordnungsmittel nach seinem Zweck zu bemessen sei. Dem Ordnungsmittel des § 890 ZPO käme eine doppelte Zweckrichtung zu, nämlich als zivilrechtliche Beugemaßnahme würde es präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen dienen und zudem repressiv eine strafähnliche Funktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellen. Daher sei es geboten, die Bemessung in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Nicht nur Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlug und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Zuwiderhandlungen für den Verletzten seien zu berücksichtigen, sondern es solle bewirkt werden, dass die Titelverletzung aus wirtschaftlicher Sicht des Schuldners nicht lohnend erscheine. Die Höhe des Streitwertes des Ausgangsverfahrens habe keine maßgebliche Aussagekraft.

Die Verfügungsbeklagte habe bereits mit Erlass des Urteils die Verbotsverfügung zu beachten gehabt. Entgegen der Darstellung der Verfügungsbeklagten sei die Verzögerung nicht auf technische Gründe zurückzuführen, sondern darauf, dass sie in dem Video einen Verstoß gegen ihre „Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über Covid-19“ gesehen habe und deshalb „die jeweiligen Konsequenzen der Entscheidung des OLG Dresden und ihre Möglichkeiten sorgfältig abwägen“ wollte. Eine derartige Abwägung sei aber in Ansehung des titulierten Anspruchs weder veranlasst noch geboten gewesen, was sich – zumal bei der vorliegenden anwaltlichen Beratung der Verfügungsbeklagten – von selbst erschließe. Es läge daher hier ein vorsätzlicher und in Ansehung der Zeitdauer schwerer Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung vor, der auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Verfügungsbeklagten ein deutlich höheres Ordnungsgeld, als vom Landgericht angenommen, rechtfertige. Nur da es sich um einen Erstverstoß handele, habe der Senat des OLG davon abgesehen, den Höchstbetrag für das Ordnungsgeld zu verhängen.

OLG Dresden, Beschluss vom 29.06.2021 - 4 W 396/21 -

Samstag, 20. August 2016

Haftung für nicht selbst getätigte Angaben für Angebote auf Onlineplattformen

Gleich in zwei Entscheidungen hatte sich der BGH mit der Haftung des Händlers auseinanderzusetzen, der die Onlineplattform Amazon nutzte. In dem einen Fall hatte Amazon über die eigentliche Preisangabe „Unverb. Preisemp.“ Und dahinter einen höheren, aber durchgestrichenen Preis angegeben. Im anderen Fall hatte Amazon eine komplett falsche Produktbezeichnung aufgenommen. In beiden Fällen wurden die Händler erfolgreich gerichtlich in Anspruch genommen. Im Fall der fehlerhaften Preisangabe auf Unterlassung bei Androhung von Ordnungsmitteln, im anderen Fall auf Unterlassung der Nutzung der (geschützten) Bezeichnung bei Androhung von Ordnungsmitteln.

In beiden Fällen wurde von den Händlern vorgetragen, sie hätte die Angaben nicht eingestellt. Dies ist aber nach Auffassung des BGH (wie auch der Instanzgerichte) nicht entscheidend. Auch wenn der Betreiber der Internetplattform dies eigenmächtig vornimmt und nur dieser Änderungen vornehmen kann, mache sich letztlich der Händler derartige produktbezogene Angaben zu eigen und ihn treffe als Nutzer des Portals die Pflicht, seine dort angezeigten Angebote auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ausdrücklich führt der BGH aus, dass die Zurechnung der Gefahr, für falsche Angaben Dritter zu haften, bei dieser Konstellation keine völlig unerwartete Rechtsfolge darstelle da sie gleichzeitig die Kehrseite der von dem Händler in Anspruch genommenen Vorteile der internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt.


BGH, Urteile vom 03.03.2016 – I ZR 140/14 – und I ZR 110/15 -