Die Denkmalschutzeigenschaft
eines Gebäudes, welches Kaufobjekt ist, kann sich als Sachmangel iSv. § 434
Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellen. Ein Käufer einer Immobilie darf grundsätzlich
davon ausgehen, dass diese nicht unter Denkmalschutz steht, da Denkmalschutz
die Ausnahme von der Regel ist. Mit dem Denkmalschutz sind Verpflichtungen und
Beschränkungen für den Eigentümer verbunden, die einer öffentlich-rechtlichen
Baubeschränkung gleichkommen. So bedarf es bei Veränderungen der Genehmigung
der zuständigen Behörde und das Denkmal ist in einem denkmalgerechten Zustand
zu erhalten. Häufig sind sowohl Umbau wie auch Erhaltungsmaßnahmen nur unter (die
Kosten erhöhenden) denkmalschutz-rechtlichen Auflagen möglich. Offen ist, ob
das Gebäude in das Verzeichnis der geschützten Denkmäler aufgenommen sein muss,
oder ausreichend ist, dass es in ein Verzeichnis von erkannten Denkmälern
aufgenommen ist (so die Unterscheidung nach dem vorliegend zur Anwendung
gekommenen Hamburger Denkmalschutzgesetz).
Ausgangspunkt des Rechtsstreits
war ein notarieller Kaufvertrag vom 21.12.2009, mit dem der Beklagte als
Testamentsvollstrecker (der Erbengemeinschaft gehörten der
Testamentsvollstrecker, sein Bruder und seien Schwester an) aus einem Nachlass
seines 1999 verstorbenen Vaters ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in
Hamburg an eine KG unter Ausschluss der Sachmängelhaftung veräußerte. Weiter
hieß es in dem Kaufvertrag, dass der Verkäufer darauf hinweise, dass nach
seiner Kenntnis das Objekt nicht in der Denkmalschutzliste eingetragen sei, „es
jedoch aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente gibt“.
Tatsächlich war das Objekt in die Liste der erkannten Denkmäler aufgenommen
worden und das diesbezügliche Informationsschreiben der Schwester des
Testamentsvollstreckers am 17.05.2006 durch Postzustellungsurkunde zugestellt
worden sowie an den beklagten Testamentsvollstrecker und seinen Bruder an die Grundstücksverwaltung
gesandt worden. Der Kläger beabsichtigte das Haus zu sanieren und einer
ursprünglichen Nutzung als Einfamilienhaus zuzuführen. In 2012 erhielt er im
vereinfachten Verfahren eine Baugenehmigung. In 2013 wurde das Haus in die
Denkmalliste eingetragen, woraufhin das Denkmalschutzamt einen Baustopp erließ.
Für die geänderte Planung erhielt der Kläger eine Baugenehmigung unter
Auflagen. Mit seiner Klage begehrte er als Ersatz des Minderwerts und
vergeblicher Aufwendungen rund € 2,8 Mio. und Feststellung der Verpflichtung
zum Ersatz weiterer Schäden. Der Klage wurde, nachdem das Landgericht sie
abgewiesen hatte, auf die Berufung des Klägers hin vom OLG stattgegeben. Die
Revision zum BGH führte zur Aufhebung des Urteils des OLG.
Auch wenn hier das Haus zum
Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht in die Liste der Denkmäler
eingetragen war, so war es doch in der Liste der erkannten Denkmäler
eingetragen. Den Verkäufer treffe nach Ansicht des BGH eine Offenbarungspflicht
hinsichtlich solcher Umstände, die für die Entschließung des Käufers von
entscheidender Bedeutung seien und deren Mitteilung der Käufer nach der
Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies würde auch für die Eintragung in die
Liste der erkannten Denkmäler gelten. Sie löse auch nach dem Hamburger
Denkmalschutzgesetz (in der Fassung bei Kaufvertragsabschluss) die
bußgeldbewehrte Pflicht aus, alle beabsichtigten Veränderungen dem
Denkmalschutzamt anzuzeigen, woraufhin das Denkmalschutzamt prüfen könne, ob es
ein Unterschutzstellungsverfahren einleite. Eine Unterschutzstellung sei
wahrscheinlich, da es sich mit der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten
Denkmäler um ein Gebäude handele, wessen Erhaltung im öffentlichen Interesse
läge. Vor diesem Hintergrund käme ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten
aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht. Voraussetzung wäre, da es sich
bei der Eintragung in das Verzeichnis erkannter Denkmäler um einen Sachmangel
handele, für den hier eine Haftung vertraglich ausgeschlossen sei, dass der
Beklagte vorsätzlich arglistig gehandelt habe, § 444 BGB, und setze, wegen der
Sperrwirkung der Sachmängelhaftung, eine vorsätzliche Verletzung der
Aufklärungspflicht voraus.
Eine Arglist des Beklagten
negierte - anders als das OLG - der BGH.
Abzustellen sei auf den
Beklagten, da dieser die Immobilie in seiner Eigenschaft als
Testamentsvollstrecker veräußert habe und damit selbst Vertragspartner des
Klägers geworden sei. Nur seine Person sei, soweit die rechtlichen Folgen einer
Willenserklärung durch Willensmängel oder durch Kenntnis oder Kennenmüssen von
Umständen beeinflusst würden, entscheidend. Nicht abgestellt werden könne auf
den Fall (BGH, Urteil vom 08.04.2016 - V ZR 150/15 -), bei dem sich keiner der
Verkäufer gem. § 444 Alt. 1 BGB auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung
berufen könne, wenn einer der Mitverkäufer einen Mangel arglistig verschweige.
Der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker bilde mit den (hier
weiteren) Erben keine Verkäufermehrheit. Mithin wäre eine eigene positive
Kenntnis des Verkäufers erforderlich oder dass ihm die Kenntnis eines
Wissensträgers analog § 166 BGB zugerechnet werden könne. Beides sei nicht der
Fall.
Vorliegend habe der Beklagte
darauf hingewiesen, dass das Haus unter Beobachtung des Denkmalschutzes stünde.
Dass er Kenntnis von einer Eintragung in eine Liste erkannter Denkmäler gehabt
habe, ist nicht bewiesen. Die Kenntnis seiner Schwester sei ihm nicht
zuzurechnen, das er als Testamtsvollstrecker alleine der Verkäufer war; eine
Zurechnung über das Institut der „Organisation eines innerbetrieblichen
Informationsaustauschs“ käme daher hier nicht in Betracht. § 166 BGB sie hier
nicht einschlägig, da nach den Feststellungen des OLG nicht davon auszugehen
sei, dass der Beklagte seine Schwester damit betraut habe, bestimmte Aufgaben
in Bezug auf das Grundstück zu erledigen. Auch die Rechtsprechung, dass eine
Organisation im Rahmen des ihr zumutbaren sicherstellen müsse, dass die ihr
ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen an die entscheidenden
Personen weitergeleitet und von diesen zur Kenntnis genommen würden, greife
nicht, da eine derartige Situation zwischen dem Beklagten und seinen
Geschwistern nicht vorläge. Der Erbe sei nicht kraft Erbenstellung in die
Organisation des Testamentsvollstreckers eingebunden, vielmehr beschränke die
Testamentsvollstreckung die Erbenstellung. Auch könne dem Beklagten nicht das
Wissen der Grundstücksverwaltung zugerechnet werden, da nicht vorgetragen
wurde, dass diese in die Veräußerung des Hauses einbezogen worden sei. Die
Wissenszurechnung aus den Grundsätzen „Organisation eines innerbetrieblichen
Informationsaustauschs“ scheide auch hier aus, da diese im Verhältnis zwischen
einem Grundstücksverkäufers und einer nur mit der Verwaltung beauftragten,
rechtlich und organisatorisch selbständigen Verwaltung nicht stattfinde.
BGH, Urteil vom 19.03.2021
- V ZR 158/19 -