Donnerstag, 10. Juni 2021

Arglistiges Verschweigen durch Testamentsvollstrecker bei fehlender Offenbarung von Denkmalschutz ?

Die Denkmalschutzeigenschaft eines Gebäudes, welches Kaufobjekt ist, kann sich als Sachmangel iSv. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellen. Ein Käufer einer Immobilie darf grundsätzlich davon ausgehen, dass diese nicht unter Denkmalschutz steht, da Denkmalschutz die Ausnahme von der Regel ist. Mit dem Denkmalschutz sind Verpflichtungen und Beschränkungen für den Eigentümer verbunden, die einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung gleichkommen. So bedarf es bei Veränderungen der Genehmigung der zuständigen Behörde und das Denkmal ist in einem denkmalgerechten Zustand zu erhalten. Häufig sind sowohl Umbau wie auch Erhaltungsmaßnahmen nur unter (die Kosten erhöhenden) denkmalschutz-rechtlichen Auflagen möglich. Offen ist, ob das Gebäude in das Verzeichnis der geschützten Denkmäler aufgenommen sein muss, oder ausreichend ist, dass es in ein Verzeichnis von erkannten Denkmälern aufgenommen ist (so die Unterscheidung nach dem vorliegend zur Anwendung gekommenen Hamburger Denkmalschutzgesetz). 

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein notarieller Kaufvertrag vom 21.12.2009, mit dem der Beklagte als Testamentsvollstrecker (der Erbengemeinschaft gehörten der Testamentsvollstrecker, sein Bruder und seien Schwester an) aus einem Nachlass seines 1999 verstorbenen Vaters ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in Hamburg an eine KG unter Ausschluss der Sachmängelhaftung veräußerte. Weiter hieß es in dem Kaufvertrag, dass der Verkäufer darauf hinweise, dass nach seiner Kenntnis das Objekt nicht in der Denkmalschutzliste eingetragen sei, „es jedoch aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente gibt“. Tatsächlich war das Objekt in die Liste der erkannten Denkmäler aufgenommen worden und das diesbezügliche Informationsschreiben der Schwester des Testamentsvollstreckers am 17.05.2006 durch Postzustellungsurkunde zugestellt worden sowie an den beklagten Testamentsvollstrecker und seinen Bruder an die Grundstücksverwaltung gesandt worden. Der Kläger beabsichtigte das Haus zu sanieren und einer ursprünglichen Nutzung als Einfamilienhaus zuzuführen. In 2012 erhielt er im vereinfachten Verfahren eine Baugenehmigung. In 2013 wurde das Haus in die Denkmalliste eingetragen, woraufhin das Denkmalschutzamt einen Baustopp erließ. Für die geänderte Planung erhielt der Kläger eine Baugenehmigung unter Auflagen. Mit seiner Klage begehrte er als Ersatz des Minderwerts und vergeblicher Aufwendungen rund € 2,8 Mio. und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden. Der Klage wurde, nachdem das Landgericht sie abgewiesen hatte, auf die Berufung des Klägers hin vom OLG stattgegeben. Die Revision zum BGH führte zur Aufhebung des Urteils des OLG.

Auch wenn hier das Haus zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht in die Liste der Denkmäler eingetragen war, so war es doch in der Liste der erkannten Denkmäler eingetragen. Den Verkäufer treffe nach Ansicht des BGH eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung seien und deren Mitteilung der Käufer nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies würde auch für die Eintragung in die Liste der erkannten Denkmäler gelten. Sie löse auch nach dem Hamburger Denkmalschutzgesetz (in der Fassung bei Kaufvertragsabschluss) die bußgeldbewehrte Pflicht aus, alle beabsichtigten Veränderungen dem Denkmalschutzamt anzuzeigen, woraufhin das Denkmalschutzamt prüfen könne, ob es ein Unterschutzstellungsverfahren einleite. Eine Unterschutzstellung sei wahrscheinlich, da es sich mit der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler um ein Gebäude handele, wessen Erhaltung im öffentlichen Interesse läge. Vor diesem Hintergrund käme ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht. Voraussetzung wäre, da es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis erkannter Denkmäler um einen Sachmangel handele, für den hier eine Haftung vertraglich ausgeschlossen sei, dass der Beklagte vorsätzlich arglistig gehandelt habe, § 444 BGB, und setze, wegen der Sperrwirkung der Sachmängelhaftung, eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht voraus.  

Eine Arglist des Beklagten negierte - anders als das OLG - der BGH.

Abzustellen sei auf den Beklagten, da dieser die Immobilie in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker veräußert habe und damit selbst Vertragspartner des Klägers geworden sei. Nur seine Person sei, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch Kenntnis oder Kennenmüssen von Umständen beeinflusst würden, entscheidend. Nicht abgestellt werden könne auf den Fall (BGH, Urteil vom 08.04.2016 - V ZR 150/15 -), bei dem sich keiner der Verkäufer gem. § 444 Alt. 1 BGB auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen könne, wenn einer der Mitverkäufer einen Mangel arglistig verschweige. Der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker bilde mit den (hier weiteren) Erben keine Verkäufermehrheit. Mithin wäre eine eigene positive Kenntnis des Verkäufers erforderlich oder dass ihm die Kenntnis eines Wissensträgers analog § 166 BGB zugerechnet werden könne. Beides sei nicht der Fall.

Vorliegend habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass das Haus unter Beobachtung des Denkmalschutzes stünde. Dass er Kenntnis von einer Eintragung in eine Liste erkannter Denkmäler gehabt habe, ist nicht bewiesen. Die Kenntnis seiner Schwester sei ihm nicht zuzurechnen, das er als Testamtsvollstrecker alleine der Verkäufer war; eine Zurechnung über das Institut der „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustauschs“ käme daher hier nicht in Betracht. § 166 BGB sie hier nicht einschlägig, da nach den Feststellungen des OLG nicht davon auszugehen sei, dass der Beklagte seine Schwester damit betraut habe, bestimmte Aufgaben in Bezug auf das Grundstück zu erledigen. Auch die Rechtsprechung, dass eine Organisation im Rahmen des ihr zumutbaren sicherstellen müsse, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen an die entscheidenden Personen weitergeleitet und von diesen zur Kenntnis genommen würden, greife nicht, da eine derartige Situation zwischen dem Beklagten und seinen Geschwistern nicht vorläge. Der Erbe sei nicht kraft Erbenstellung in die Organisation des Testamentsvollstreckers eingebunden, vielmehr beschränke die Testamentsvollstreckung die Erbenstellung. Auch könne dem Beklagten nicht das Wissen der Grundstücksverwaltung zugerechnet werden, da nicht vorgetragen wurde, dass diese in die Veräußerung des Hauses einbezogen worden sei. Die Wissenszurechnung aus den Grundsätzen „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustauschs“ scheide auch hier aus, da diese im Verhältnis zwischen einem Grundstücksverkäufers und einer nur mit der Verwaltung beauftragten, rechtlich und organisatorisch selbständigen Verwaltung nicht stattfinde.

BGH, Urteil vom 19.03.2021 - V ZR 158/19 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 1. Zivilsenat - vom 24. Mai 2019 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 21 - vom 7. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 2009 verkaufte der Beklagte als Testamentsvollstrecker über den Nachlass seines 1999 verstorbenen Vaters ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in Hamburg an eine Kommanditgesellschaft unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel zu einem Kaufpreis von 5 Mio. €. Der Kläger ist der einzig verbliebene Gesellschafter der Käuferin. Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem Vater des Beklagten sind neben ihm sein Bruder und seine Schwester. Der Kaufvertrag wurde 2011 vollzogen. In ihm heißt es unter der Überschrift „Rechte wegen Rechtsmängeln“:

„[Der Verkäufer] weist den Käufer daraufhin, dass das Objekt seiner Kenntnis nach nicht auf der Denkmalschutzliste verzeichnet ist, es jedoch aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente gibt.“

Das Haus, in dem sich vier Wohneinheiten befinden, war bereits 2006 als Teil eines Ensembles in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gemäß § 7a Abs. 2 Satz 2 Hamburger Denkmalschutzgesetz in der damals geltenden Fassung (nachfolgend: DSchG Hmb aF) aufgenommen worden. Das Informationsschreiben des Denkmalschutzamts war der Schwester des Beklagten laut Postzustellungsurkunde am 17. Mai 2006 zugestellt und für den Beklagten und seinen Bruder im Juli 2006 an die Grundstücksverwaltung gesandt worden. Der Beklagte, der damals im Ausland lebte, macht geltend, dass er den Inhalt des Schreibens nicht gekannt, sondern nur gewusst habe, dass das Haus unter der Beobachtung des Denkmalschutzamts gestanden habe. 2009 erwog der Bruder des Beklagten, das Gebäude umzubauen. Hierzu fand im Juli 2009 ein Besprechungstermin statt, an dem auch der Beklagte teilnahm. Das Denkmalschutzamt teilte dem Architekten des Bruders des Beklagten anschließend mit, es bleibe bei der Einschätzung, dass es sich um ein Denkmal handele, dessen Unterschutzstellung angestrebt werde.

Der Kläger beabsichtigte, das Gebäude zu sanieren und der ursprünglichen Nutzung als Einfamilienhaus zuzuführen. Im Februar 2012 erhielt er im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Baugenehmigung. Anfang 2013 wurde das Haus in die Denkmalliste eingetragen. Daraufhin erließ das Denkmalschutzamt einen Baustopp. Für eine geänderte Planung erhielt der Kläger eine Baugenehmigung unter Auflagen.

Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten Zahlung von rund 2,8 Mio € (Ersatz des Minderwerts und der vergeblichen Aufwendungen) sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger aufgrund mangelnder Aufklärung über die Denkmaleigenschaft des Hauses dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB und aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB, da dieser einen Sachmangel arglistig verschwiegen habe. Das Grundstück sei aufgrund der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gemäß § 7a Abs. 2 Satz 2 DSchG Hmb aF mit einem Sachmangel behaftet gewesen. Das Objekt habe bei Vertragsschluss zwar noch nicht unter Denkmalschutz gestanden. Hierfür sei nach dem im maßgeblichen Zeitpunkt in Hamburg geltenden konstitutiven System die Aufnahme in die Denkmalliste erforderlich gewesen. Die mit der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler einhergehende bußgeldbewährte Anzeigepflicht stelle aber eine öffentlich-rechtliche Beschränkung dar, die mit einem bestehenden Denkmalschutz vergleichbar sei. Die Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler hätte deshalb offenbart werden müssen. Der Beklagte könne sich nicht auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen, da er den Mangel arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Ob er von der Eintragung des Objekts in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gewusst habe, könne dahinstehen. Er müsse sich als Testamentsvollstrecker die Kenntnis seiner Schwester hiervon nach § 166 BGB (analog) zurechnen lassen. Die Zustellungsurkunde begründe ein Indiz dafür, dass dieser das Informationsschreiben des Denkmalschutzamtes am 17. Mai 2006 zugegangen sei. Der Wissenszurechnung gemäß § 166 BGB stehe nicht entgegen, dass der Beklagte als Testamentsvollstrecker in seiner Verfügungsbefugnis über das Objekt grundsätzlich unbeschränkt und für den Verkauf verantwortlich gewesen sei. Der Testamentsvollstrecker sei in einer dem Geschäftsherrn vergleichbaren Situation. Für ihn bestehe eine Pflicht zur Wissensorganisation und eine Nachfrageobliegenheit. Der Beklagte hätte deshalb bei seinen Geschwistern und der Grundstücksverwaltung alle Informationen abfragen müssen. Das habe sich nach dem Ortstermin im Juli 2009 auch aufgedrängt.

II.

Die Revision hat Erfolg.

1. Das Berufungsurteil verstößt allerdings entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen §§ 301, 304 ZPO. Das Berufungsgericht hat nicht - was unzulässig wäre (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2000 - V ZR 402/98, NJW 2000, 1405, 1406; BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 10, 11 mwN; Urteil vom 11. Dezember 2018 - KZR 26/17, NJW 2019, 661 Rn. 43) - auch über den unbezifferten Feststellungsantrag durch Grundurteil entschieden. Das Berufungsurteil ist vielmehr dahin auszulegen, dass das Berufungsgericht über den Zahlungsantrag dem Grunde nach (§ 304 ZPO) und zugleich durch stattgebendes Teilendurteil (§ 301 ZPO) über den Feststellungsantrag befunden hat. Dem Tenor und den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass das Berufungsgericht umfassend über die Berufung entschieden und der Feststellungsklage stattgegeben hat, weil es sie für zulässig und entscheidungsreif hält. Nur hinsichtlich des mit dem Zahlungsantrag geltend gemachten Schadensersatzes hat es zur Rechtfertigung des Erlasses eines Grundurteils ausgeführt, dass und warum über die Höhe des von dem Beklagten geschuldeten Schadensersatzes noch nicht abschließend entschieden werden kann.

2. Das Berufungsurteil hält jedoch aus Gründen des materiellen Rechts der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten besteht weder aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 und 3, § 241 Abs. 2 BGB).

a) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts kann einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründen. Nach dieser Vorschrift muss sich der Kaufgegenstand für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der Käufer einer Immobilie darf grundsätzlich davon ausgehen, dass das Kaufobjekt nicht unter Denkmalschutz steht, weil Denkmalschutz die Ausnahme von der Regel ist. Mit der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes gehen Verpflichtungen und Beschränkungen für den jeweiligen Eigentümer einher, die einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung gleichkommen. Diesem ist es grundsätzlich verwehrt, ohne Genehmigung der zuständigen Denkmalschutzbehörde Änderungen an dem Gebäude vorzunehmen (vgl. für Hamburg § 8 DSchG Hmb aF; jetzt § 9 DSchG Hmb). Es besteht die Verpflichtung, das Denkmal in einem denkmalgerechten Zustand zu erhalten (vgl. § 14 DSchG Hmb aF; jetzt § 7 DSchG Hmb). Genehmigte Umbau- und Erhaltungsmaßnahmen sind nicht selten aufgrund denkmalschutz-rechtlicher Auflagen mit erhöhten Kosten und einem erhöhten Aufwand verbunden. Damit eignet sich ein unter Denkmalschutz stehendes Kaufobjekt nicht für die gewöhnliche Verwendung und weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache nicht hat erwarten müssen (allg. Ansicht, vgl. OLGR Rostock 2007, 257; Erman/Grunewald, BGB, 16. Aufl., § 434 Rn. 6; jurisPK-BGB/Pammler, 9. Aufl., § 434 Rn. 195; MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 434 Rn. 56; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 434 Rn. 173; Krauß in BeckNotar-HdB, 7. Aufl., § 1 Rn. 322 sowie OLG Celle, DNotZ 1988, 702; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1996, 692; OLGR Naumburg 1999, 126, 129 jeweils für das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Gewährleistungsrecht).

b) Das Berufungsgericht erkennt weiter richtig, dass das Kaufobjekt bei Gefahrübergang noch nicht unter Denkmalschutz gestanden hat. Hierfür war nach dem in dem maßgeblichen Zeitpunkt in Hamburg geltenden konstitutiven System die Eintragung in die Denkmalliste erforderlich (§ 5 DSchG Hmb aF). Bis zum Neuerlass des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes am 1. Mai 2013 (HmbGVBl. 2013, 142) und der Einführung des sogenannten ipsa-lege-Systems, bei dem die Denkmaleigenschaft unmittelbar aus dem Gesetz folgt (vgl. dazu Fechner in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl., Teil B IV Rn. 147; Davydov in Martin/Krautzberger, aaO Teil C III Rn. 76 bis 79; Mittelstein/Jötten, NordÖR 2013, 451 ff.), begann der Denkmalschutz in den hier maßgeblichen Fällen des § 2 Nr. 1 und 2 DSchG Hmb aF erst mit der Eintragung in die Denkmalliste (§ 6 Abs. 3 DSchG Hmb aF). Eine solche Eintragung in die Denkmalliste gab es nicht. Das Haus war nur in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gemäß § 7a Abs. 2 Satz 2 DSchG Hmb aF aufgenommen worden.

c) Es kann offenbleiben, ob auch die Eintragung des Hauses in das Verzeichnis erkannter Denkmäler gemäß § 7a Abs. 2 Satz 2 DSchG Hmb aF einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB darstellt. Jedenfalls handelte es sich - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - um einen offenbarungspflichtigen Umstand.

aa) Den Verkäufer trifft eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung sind und deren Mitteilung dieser nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (vgl. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64 mwN). Ein solcher offenbarungspflichtiger Umstand war die Eintragung in das Verzeichnis erkannter Denkmäler. Sie löste die bußgeldbewährte Pflicht des Verfügungsberechtigten aus, alle beabsichtigten Veränderungen dem Denkmalschutzamt anzuzeigen (§ 7a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 8 bis 10 DSchG Hmb aF). Damit sollte dem Denkmalschutzamt die Prüfung ermöglicht werden, ob ein Unterschutzstellungsverfahren nach § 6 DSchG Hmb aF eingeleitet wird (vgl. Mitteilung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg an die Bürgerschaft, Drucks. 18/3625 S. 1 und 2). Die Unterschutzstellung als Denkmal war wahrscheinlich, weil es sich bei den in das Verzeichnis aufgenommenen Gegenständen um solche handelte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse lag (§ 2 DSchG Hmb aF).

bb) Insoweit kommt auch ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 und 3, § 241 Abs. 2 BGB) in Betracht. Der Beklagte haftet aber sowohl aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss nur unter der weiteren Voraussetzung der Arglist. Handelt es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler um einen Sachmangel, kann der Kläger diesen im Hinblick darauf, dass die Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels vertraglich ausgeschlossen worden sind, gemäß § 444 BGB nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn der Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen hat. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss setzt, weil es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis erkannter Denkmäler um einen der Sache anhaftenden Umstand handelt, wegen der Sperrwirkung der Sachmängelhaftung ebenfalls eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten voraus (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.).

d) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe arglistig gehandelt, ist rechtsfehlerhaft.

aa) Weil der Beklagte das Grundstück in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker veräußert hat und damit selbst Vertragspartner des Klägers geworden ist, kommt es auf seine Person an, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch Kenntnis oder das Kennenmüssen dieser Umstände beeinflusst werden (vgl. BeckOK BGB/Lange [1.11.2020], § 2206 Rn. 10; MüKoBGB/Zimmermann, 8. Aufl., § 2206 Rn. 15; Staudinger/Reimann, BGB [2016], § 2205 Rn. 140 und § 2206 Rn. 19). Nicht einschlägig ist daher die Entscheidung des Senats vom 8. April 2016 (V ZR 150/15, VersR 2017, 766 Rn. 23) zu einer Mehrheit von Verkäufern, wonach sich ein Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf einen vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen kann, wenn sein Mitverkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker bildet mit den Erben keine Verkäufermehrheit.

bb) Arglist des Beklagten wäre gegeben, wenn er selbst Kenntnis von der Eintragung des Hauses in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler gehabt hätte oder wenn ihm als Testamentsvollstrecker die Kenntnis eines Wissensträgers analog § 166 BGB zuzurechnen wäre. Beides ist nicht der Fall.

(1) Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Behauptung des Beklagten zutreffend ist, dass er selbst keine Kenntnis von der Eintragung des Objekts in das Verzeichnis erkannter Denkmäler gehabt und noch nicht einmal um die Existenz eines solchen Verzeichnisses bei Vertragsschluss gewusst habe. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass das der Fall ist und der Beklagte lediglich wusste, dass es aus Sicht des Denkmalschutzamts schützenswerte Elemente des Hauses gab und das Haus unter der Beobachtung des Denkmalschutzamts stand. Darauf hat der Beklagte den Kläger in dem Kaufvertrag hingewiesen.

(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Beklagten eine mögliche Kenntnis seiner Schwester von der Eintragung des Hauses in das Verzeichnis erkannter Denkmäler nicht zuzurechnen. Verkauft der Testamentsvollstrecker ein Nachlassgrundstück, kann ihm die Kenntnis der Erben über Mängel der Kaufsache oder andere offenbarungspflichtige Umstände nicht nach den für juristische Personen und öffentliche Körperschaften geltenden Grundsätzen über die „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustausches“ zugerechnet werden.

(a) Eine Zurechnung von Wissen bei dem Abschluss von Verträgen ist nach § 166 BGB zu beurteilen. Die Vorschrift ist nicht auf die rechtsgeschäftliche Vertretung beschränkt, sondern erstreckt sich analog auf den vergleichbaren Tatbestand der Wissensvertretung. "Wissensvertreter" ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen und ggf. weiterzuleiten (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 1992 - V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106 f. mwN; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2018 - IX ZR 168/17, NJW-RR 2019, 116 Rn. 13; Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 186/17, NJW 2020, 2534 Rn. 15). Eine Wissenszurechnung auf dieser Grundlage scheidet hier aus, weil nach dem festgestellten Sachverhalt nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagte seine Schwester damit betraut hatte, bestimmte Aufgaben in Bezug auf das Grundstück zu erledigen.

(b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht einschlägig, wonach jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation im Rahmen des ihr Zumutbaren sicherstellen muss, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen unverzüglich an die entscheidenden Personen weitergeleitet und von diesen zur Kenntnis genommen werden, und dass nach erkennbar anderswo innerhalb der Organisation vorhandenen und für den eigenen Bereich wesentlichen Informationen nachgefragt wird (vgl. Senat, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330 ff.; Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 37; Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, NJW 2001, 359, 360; Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 203/09, juris Rn. 16 ff.; BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14, NJW 2016, 3445 Rn. 61; Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 186/17, NJW 2020, 2534 Rn. 26).

Eine vergleichbare Situation liegt zwischen dem Beklagten und seinen Geschwistern schon deswegen nicht vor, weil es sich bei dem Beklagten nicht um eine juristische Person oder eine vergleichbare Organisation handelt. Unabhängig davon, ist die genannte Rechtsprechung auf das Verhältnis von Testamentsvollstrecker und Erben auch deshalb nicht übertragbar, weil es sich grundlegend von der Struktur eines arbeitsteilig organisierten Unternehmens unterscheidet. Der Erbe ist nicht kraft Erbenstellung in die Organisation des Testamentsvollstreckers eingegliedert. Er ist nicht dessen Mitarbeiter und steht auch nicht in dessen Lager. Die Testamentsvollstreckung beschränkt vielmehr die Erbenstellung (§ 2211 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hat die letztwillige Verfügung des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB). Er muss dabei nach seinem Ermessen selbständig und unter Umständen gegen den Willen der Erben entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 - IVa ZR 90/85, NJW 1987, 1070, 1071; Urteil vom 8. März 1989 - IVa ZR 353/87, NJW-RR 1989, 642, 643).

(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt auch nicht in Betracht, dem Beklagten das Wissen der Grundstücksverwaltung, die das Informationsschreiben des Denkmalschutzamts im Juli 2006 für ihn entgegengenommen hat, entsprechend § 166 BGB zuzurechnen. Vortrag dazu, dass die Hausverwaltung in die Veräußerung des Hauses einbezogen war, ergibt sich aus dem Berufungsurteil nicht und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt. Eine Wissenszurechnung nach den Grundsätzen der „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustausches“ (siehe Rn. 20) findet im Verhältnis eines Grundstücksverkäufers zu einer von ihm (nur) mit der Verwaltung des Grundstücks beauftragten, rechtlich und organisatorisch selbständigen Hausverwaltung nicht statt (vgl. Senat, Urteil vom 22. November 1996 - V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270; vgl. auch Urteil vom 27. September 2002 - V ZR 320/01, NJW 2003, 589, 590). Die genannten Grundsätze gelten nur für arbeitsteilige Abläufe innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation.

III.

1. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

2. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Unter Beweis gestellten Vortrag des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägers, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte selbst Kenntnis von der Aufnahme des Hauses in das Verzeichnis erkannter Denkmäler hatte, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen und wird von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.

3. Das führt zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.




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