Auf der Eigentümerversammlung, an
der u.a. die Kläger nicht teilnahmen, wurden unter TOP 2 jeweils mit einer Gegenstimme zwei Beschlüsse gefasst, die von der Beklagten, die zum damaligen
Zeitpunkt Verwalterin der WEG war, als angenommen festgestellt wurden. Einer
der Beschlüsse betraf bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, die
für eine von einer Teileigentümerin geplanten Umbaumaßnahme ihres
Einkaufszentrums erforderlich waren, der weitere Beschluss eine Sonderumlage
für die brandschutztechnische Ertüchtigung des Gemeinschaftseigentums. Das
Landgericht wies diesbezüglich die Anfechtungsklage zu den Umbaumaßnahmen ab,
gab ihr im Hinblick auf die Sonderumlage statt. Die Kläger legten Berufung ein,
soweit die Klage abgewiesen wurde. Während des Berufungsverfahrens kam es zur
Erledigung der Hauptsache. Das Landgericht entschied, dass die gesamten Kosten
des Verfahrens von der WEG zu tragen seien, da mit hoher Wahrscheinlichkeit die
Berufung Erfolg gehabt hätte, da durch die Umbaumaßnahme das äußere
Erscheinungsbild des Gebäudes verändert worden wäre, weshalb es der Zustimmung
aller Eigentümer bedurft hätte, die nicht vorlag.
Gestützt darauf verlangte die WEG
nunmehr von der Beklagten Schadensersatz für die ihr durch das vorgenannte Verfahren entstandenen Kosten und machte
geltend, die Beklagte hätte den Beschluss über die Genehmigung der
Umbaumaßnahmen nicht verkünden dürfen. Amts- und Landgericht hatten die Klage abgewiesen;
das Landgericht ließ die Revision zu. Der BGH wies die Revision als zurück.
In der Verkündung des Beschlusses
zu den Umbaumaßnahmen habe keine Pflichtwidrigkeit der Beklagten nach § 280 BGB
gelegen, auch wenn davon auszugehen sei, dass der Beschluss im Hinblick auf §
22 Abs. 1 WEG rechtswidrig war, da bei beabsichtigten baulichen Veränderungen
jeder Wohnungseigentümer zustimmen müsse, dessen Recht über das in § 14 Nr. 1
WEG benannte Maß beeinträchtigt sein kann. Zunächst würde mithin eine einfache
Mehrheit ausreichend sein. Daneben bedürfe es aber der Zustimmung derjenigen
Eigentümer, die über das in § 14 Nr. 1 WEG benannte Maß hinaus beeinträchtigt
würden. Hier wäre dies nach der Auffassung des Landgerichts derjenige
Sondereigentümer gewesen, der mit Nein gestimmt habe. Der Beschluss sei dann
aber nicht nichtig, könne aber im Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig
erklärt werden.
Damit käme es konkret auf die
Pflichten des Verwalters in seiner Funktion als Versammlungsleiter an.
Der Verkündung des
Beschlussergebnisses komme konstitutive und inhaltsfixierende Bedeutung zu. Der
Versammlungsleiter müsse die Gültigkeit der abgegebenen Stimmen prüfen, das
Abstimmungsergebnis ermitteln und es anhand des Mehrheitserfordernisses (wozu auch die Ermittlung gehört, on eine
qualifizierte Mehrheit erreicht ist, wenn dies im Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung
vorgesehen sei) beurteilen, um auf dieser Grundlage dann ein (positives oder
negatives) Ergebnis zu verkünden.
Für die Beschlussfeststellung bei
einer baulichen Änderung wies der BGH darauf hin, dass das
Zustimmungserfordernis der nach § 14 Nr. 1 WEG Betroffenen der ordnungsgemäßen
Verwaltung zuzuordnen sei, wofür u.a. spräche, dass dies einer zusätzlichen
Prüfung der tatsächlichen baulichen Auswirkung auf die einzelnen Eigentümer
bedürfe. Damit handele der Versammlungsleiter nicht pflichtwidrig, wenn er bei
einfacher Mehrheit einen positiven Beschluss verkünde. Er sei zu dessen
Verkündung verpflichtet, auch wenn er den Beschluss als der ordnungsgemäßen
Verwaltung widersprechend ansehen sollte, da er nicht Aufsichtsorgan der
Wohnungseigentümer sei.
Allerdings sei der Verwalter als Versammlungsleiter
(jedenfalls als gewerblich tätiger Verwalter) im Vorfeld der Beschlussfassung
über bauliche Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 WEG prüfen, ob einzelne
Wohnungseigentümer (und ggf. welche( ihre Zustimmung erteilen müssen, und er
habe die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis
seiner Prüfung und ein ggf. bestehendes Anfechtungsrisiko zu informieren. Ein
Unterlassen würde sich als Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB darstellen. Einen
Rechtsirrtum hätte er allerdings nur dann zu vertreten, wenn seine Einschätzung
offenkundig falsch sei. Der Verwalter könne die Eigentümerversammlung auch auf
aus seiner Sicht verbleibende Rechtsunsicherheiten hinweisen.
Der BGH wies auf die sich aus der
Sonderstellung des § 22 Ab1. 1 WEG ergebende Situation hin, dass die
Gemeinschaft erst nach der Stimmabgabe erkennen könne, dass erforderliche
Zustimmungen fehlen, auch wenn eine Information des Verwalters vorlag, da z.B.
der Eigentümer, der zustimmen müsste, vor der Abstimmung nicht zu erkennen
gibt, zuzustimmen. In einem solchen Fall könne (müsse aber nicht) der Versammlungsleiter
8ebenso wie die Eigentümer) einen Geschäftsordnungsbeschluss einholen bzw.
beantragen, ob der Versammlungsleiter den Beschluss zu dem Abstimmungsergebnis einen
positiven Beschluss verkünden soll.
Damit käme es für den
Schadensersatzanspruch nur noch darauf an, ob ein Hinweis durch die beklagte
als Versammlungsleiterin erfolgte. Hier schloss sich der BGH der Auffassung des
Landgerichts an, dass die Kläger (Wohnungseigentümer) für eine Verletzung der Informations-
und Hinweispflicht darlegungs- und beweisbelastet seien, wobei dieser Beweis nach
Würdigung des Landgerichts nicht erbracht worden sei.
BGH, Urteil vom 29.05.2020 - V ZR 141/19 -