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Sonntag, 16. August 2020

Zwangsversteigerung und Geldwäschegesetz: Besteht eine gerichtliche Prüfungspflicht ?

Die Antragsgegnerin, die ehemalige Eigentümerin der in der Zwangsvollstreckung befindlichen Immobilie, erhob gegen einen Zuschlagsbeschluss des AG Heilbronn, der in öffentlicher Sitzung vom 19.02.2019 verkündet wurde, fristgerecht sofortige Beschwerde. Diese begründete sie u.a. damit, dass unter der Adresse des Erstehers, der für sich als Privatmann auftrat, eine Vielzahl von Unternehmen (GmbHs, KGs, Stiftung bürgerlichen Rechts) ansässig seien und damit der Verdacht bestünde, dass die eingesetzten Mittel aus strafbaren Handlungen herrühren würden und mithin der Ersteher diese durch ihren Einsatz in der Versteigerung vom Makel befreien und legitimieren wolle (Geldwäsche). Die sofortige Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde kann nach § 100 Abs. 1 ZVG darauf gestützt werden, dass eine Vorschrift der §§ 81, 83 - 85a ZVG verletzt worden sei. In Betracht käme hier insoweit allenfalls § 83 Nr. 6 ZVG (Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung oder deren Fortsetzung aus einem sonstigen Grund).

Das Landgericht wies darauf hin, dass hinreichende Anhaltspunkte, die auf eine rechtswidrige Herkunft der finanziellen Mittel des Erstehers schließen liegen, mit der Angabe zu den Unternehmen an der Adresse des Erstehers nicht dargetan worden seien. Von daher ergäbe sich keine Prüf- oder Ermittlungspflicht des Vollstreckungsgerichts. Die Gerichtskasse selbst, die das Geld vereinnahme und die Auszahlungen vornehme, unterläge nicht dem Geldwäschegesetz (BGH, Beshcluss vom 28.02.2013 - V B 164/12 -).

Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Bargebot nebst Zinsen, welches der Ersteher zahlen müsse, durch Überweisung zu erbringen sei. Dieser Betrag würde der Gerichtskasse vor dem Verteilungstermin gutgeschrieben und ein Nachweis hierfür spätestens im Verteilungstermin vorgelegt werden könne, §§ 107 Abs. 2, 49 Abs. 3 ZVG. Durch die zwingende Einbindung von Banken/Kreditinstituten, die dem Geldwäschegesetz unterliegen und Verpflichtete nach § 2 GwG seien, würde die gesetzeskonforme Überwachung des Zahlungsverkehrs sichergestellt. Lediglich in Eilfällen sei nach dem Landeshinterlegungsgesetz eine Bareinzahlung möglich, der hier aber nicht angesichts der Zahlung vom 21.09.2019 nicht vorgelegen habe, da der Verteilungstermin der 12.04.2019 war.

LG Heilbronn, Beschluss vom 02.04.2019 - 1 T 82/19 - 

Freitag, 31. Oktober 2014

Geldwäschegesetz: Das Zurückhalten von Auszahlungen gem. § 11 Abs. 1a GwG

§ 11 Abs. 1a GwG sieht vor, dass eine Bank eine Auszahlung oder Überweisung bei Verdacht auf Geldwäsche „frühestens“ durchgeführt werden darf, wenn entweder die Staatsanwaltschaft zustimmt oder „der zweite Tag nach dem Abgangstag der Meldung“ verstrichen ist, ohne dass die Durchführung von der Staatsanwaltschaft untersagt wurde. Besagt dies, dass  - meldet sich die Staatsanwaltschaft nicht -  die Bank die Auszahlung/Überweisung nach Gutdünken zurückhalten kann ? Haftet die Bank dem Kunden für einen Schaden, der daraus resultiert, dass die Zahlungen nicht weisungsgemäß durchgeführt wurden, wenn sich der Geldwäscheverdacht nicht bestätigt und die Bank den Zeitraum von zwei Tagen überschreitet ?

Im konkreten Fall hatte die Deutsche Bank Geldwäscheverdacht angenommen und von daher eine Verdachtsanzeige am 23.01.2014 gem. § 11 GwG erstattet. Ihr war bekannt gewesen, dass die Staatsanwaltschaft bereits gegen den Kunden ebenfalls wegen Geldwäsche ermittelte. Eine Mitteilung an den Kunden unterließ die Deutsche Bank (zutreffend, § 12 GwG). Am 11.02.2014 erteilte der Kunde einen Überweisungsauftrag für eine SWIFT-Überweisung von seinem US-Dollar-Konto nach Amsterdam (für einen Schiffstransport); diesen als auch nachfolgende Überweisungs- bzw. Auszahlungsaufträge des Kunden führte die Deutsche Bank (mit verschiedenen „Ausreden“) nicht durch. Schließlich erhob der Kunde unter dem 20.02.2014 Klage gegen die Deutsche Bank auf Auszahlung von insgesamt ca. € 32.000,00, wobei zwischenzeitlich teilweise bereits Zahlungen (wie z.B. der SWIFT-Auftrag) durchgeführt waren. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wurde lediglich materiell noch um Kosten gestritten, einschließlich der Verfahrenskosten. Das Landgericht Frankfurt (2-05 O 87/14 -) hat die Klage kostenpflichtig abgewiesen, da es sich auf den Standpunkt stellte, die Deutsche Bank wäre zum Zurückhalten des Geldes berechtigt gewesen. Dabei hat es sich im wesentlichen auf „Auslegungshinweise“ zu § 11 GwG des Bundesministeriums für Finanzen vom 31.01.2014 bezogen (also nicht auf Gesetzesmaterialien, sondern auf eine reine nachträgliche ministerielle Auslegung der Gesetzesbestimmung), die es immerhin auf drei Seiten der zehnseitigen Entscheidung im Wortlaut zitierte.

Die Entscheidung des Landgerichts verkennt die Bedeutung und Tragweite der Regelung in § 11 Abs. 1a GwG und setzt sich damit auch nicht auseinander. Es geht nicht auf die in der Norm enthaltene Frist von zwei Tagen ein. Darauf hätte es aber eines Eingehens auch vor dem Hintergrund bedurft, dass nach dem eigenen Vortrag der Deutschen Bank die Verdachtsanzeige am 23.01.2014 erfolgte, die nicht durchgeführten Aufträge ab dem 11.02.2014 datierten, also eine Zeit von 2,5 Wochen nach der Verdachtsanzeige.

Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1a GwG kann man auch  davon ausgehen, dass eine Verdachtsanzeige in jedem Einzelfall eines entsprechenden Zahlungseingangs auf dem Konto oder einer Zahlungsanweisung von dem Konto erfolgt. Dafür könnte die Formulierung sprechen, „Eine angetragene Transaktion darf frühestens durchgeführt werden… wenn der zweite Werktag nach dem Abgangstag der Meldung verstrichen ist“. In diesem Fall würde die Sperre der beabsichtigten Transaktion vom Konto zumindest jeweils zwei Tage ab der Verdachtsanzeige betragen. Hier aber hatte die Deutsch
e Bank nach eigenen Angaben lediglich einmal, nämlich am 23.01.2014 die Meldung getätigt. Der 23.01.2014 war ein Donnerstag, weshalb der zweite Werktag der 27.01.2014 war ( § 193 BGB).  Durfte von daher die Deutsche Bank eine Transaktion noch am 11.02.2014 und danach unter (nachträglicher) Berufung auf § 11 GwG unterlassen, nachdem die Staatsanwaltschaft innerhalb dieser Zeit nicht tätig wurde ?

Das Landgericht Frankfurt hat sich in seiner Entscheidung damit nicht auseinandergesetzt sondern lediglich festgestellt, dass Verdachtsmomente im Sinne des Geldwäschegsetzes angenommen werden durften. Alleine das Vorliegen dieser Verdachtsmomente rechtfertigt aber sicherlich nicht ein dauerndes Einfrieren von Kontenguthaben. Es bedarf hier einer weiteren Überlegung, welcher Zeitraum als zulässig angesehen werden kann. Ansonsten könnten sich Banken, wollen Sie z.B. größere Geldbeträge noch einige Zeit bei sich „parken“, schlicht auf das Geldwäschegesetz berufen und (leichthandbare) Kriterien finden, die diesen Verdacht begründen. Gibt dann nicht die Staatsanwaltschaft unverzüglich frei, könnten sie letztlich auf Dauer die Auszahlung verweigern, bis schließlich der Kunde (eventuell qua gerichtlicher Entscheidung) den Negativbeweis führt.

Sinn und Zweck des Gesetzes ist die Verhinderung der Nutzung von Konten zur Terrorismusfinanzierung und Lagerung oder Weitergabe von Geldern aus schweren Straftaten. Nicht beabsichtigt ist die allgemeine Erschwernis der Nutzung von Konten und des wirtschaftlichen Verkehrs im Überweisungswesen. Damit sind die Grundsätze der Strafverfolgung und Maßnahmen zur prophylaktischen Abwehr von Straftaten mit dem Recht des Bürgers auf freie wirtschaftliche Betätigung abzuwägen.  

Das Gesetz nennt eine Mindestsperrzeit von zwei Werktagen nach Absenden der Verdachtsmeldung. Es enthält keine Angaben darüber, nach welchen Kriterien hier eventuell eine weitergehende Sperre geboten sein kann / muss. Damit aber verstößt die Norm gegen das Bestimmtheitsgebot. Es wäre erforderlich, dass das Gesetz selbst Kriterien benennt, die eine eventuelle Verlängerung der Frist rechtfertigen; dies kann nicht im (nicht prüfbaren) Ermessen der Bank liegen, da eine solche Handhabung auch zur Willkür führen kann (die der Bankkunde im Zweifel nicht nachweisen kann). Ermangelt es aber an der Bestimmtheit der Norm, ist diese verfassungswidrig (BVerfGE 126, 170, 208f).
Aber auch unabhängig von der verfassungsrechtlichen Regelung hätte hier das Landgericht die Überschreitung der Frist schon im Hinblick auf die konkreten Umstände zu Lasten der Deutschen Bank berücksichtigen müssen. Zwar wurde von der Deutschen Bank eingewandt, dass teilweise Beträge von über € 600.000,00 eingingen, dass über ein Konto ein Dritter (auch) verfügen konnte pp.; allerdings ergibt sich nirgends, dass der Inhaber eines Kontos die Bank (nachweislich) über den Sinn von Konten und über Geldtransfers und deren Ursprung und Zweck aufklären muss. Vor diesem Hintergrund hätte mithin die Deutsche Bank auch zu berücksichtigen gehabt, dass zwar schon wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen ihren Kunden ermittelt wurde, aber die Ermittlungsbehörden keine Maßnahmen in Bezug auf Konten des Kunden ergriffen hatten (obwohl sie jederzeitige Einsicht aus der gesetzlichen Regelungen hatten). Ferner hatte sich auch die Staatsanwaltschaft nicht (innerhalb von zwei Werktagen, gar über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen) geäußert respektive Maßnahmen ergriffen.

Unter solchen Umständen ist die Nichtdurchführung von Überweisungen / Auszahlungen als reine Willkür anzusehen und nicht mehr über § 11 Abs. 1a GwG gedeckt. Nach der eigenen positiven Kenntnis der Bank, dass bereits wegen Geldwäsche gegen den Kunden ermittelt wird, ohne dass allerdings Maßnahmen im Hinblick auf dessen Konten ergriffen werden, der weiteren Kenntnis, dass auch nach der erfolgten Verdachtsanzeige keine Maßnahmen erfolgten, bestand keine nachvollziehbare Überlegung, hier noch weiter zuzuwarten. Die Abwägung zwischen Verhinderung möglicher strafrechtlich relevanter Geldwäsche und freier wirtschaftlicher Betätigung des Kunden musste daher jedenfalls zu Gunsten des Kunden ausfallen.

Der Rechtsfall verdeutlicht, dass der Gesetzgeber unbeholfen, letztlich sogar für einen freien Wirtschaftsverkehr schädlich agiert. Hier wurde die Klage (wenn auch aus fehlerhaften, da die Rechtsfragen nicht berücksichtigenden Gründen) abgewiesen mit der Folge, dass der Kunde die Kosten des Verfahrens zu tragen hatte. Zwar wurden die Auszahlungen vorgenommen; alleine wegen des Verhaltens der Deutschen Bank war er allerdings veranlasst, Klage zu erheben.


Die Frist für eine mögliche Berufung ist noch nicht abgelaufen. Es bleibt abzuwarten, ob Berufung eingelegt wird, bei der es materiell nur noch um die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Kunden (die die Berufung ermöglichen würden) und die Kosten des Rechtsstreits gehen würde. Es bleibt zu hoffen, das er Berufung einlegt und auch das OLG Frankfurt eine Revision zulässt, damit diese Fragen, die für den Kunden einer Bank von auch existenzieller Bedeutung sein können, geklärt werden.