Dienstag, 23. August 2016

Miet- und Prozessrecht: Schadensersatz wegen vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung und Übergehen von lediglich schlüssigen erstinstanzlichen Vortrag konkretisierenden Vortrages im Berufungsverfahren nach Hinweisbeschluss

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Kläger als ehemalige Mieter des Beklagten. Zur Begründung ihres Anspruchs beziehen sich die Kläger auf eine Eigenbedarfskündigung durch den Beklagten, in dessen Folge die Parteien dann einen Räumungsvergleich im Rahmen des Räumungsprozesses schlossen. Der Eigenbedarf war vom Beklagten mit der Begründung geltend gemacht worden, sein Neffe würde in die Wohnung einziehen. Ob dieser einzog, nachdem die Kläger im Rahmen des Räumungsvergleichs am 31.07.2012 auszogen und wie lange er gegebenenfalls dort wohnte, ist streitig. Der Beklagte veräußerte das Grundstück im April 2013 an einen Dritten.

Die auf Schadensersatz in Höhe von über € 62.000,00 erhobene Klage wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landgericht mit Beschluss nach § 522 ZPO zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH war erfolgreich und führte unter Aufhebung des Beschlusses zur Zurückverweisung an das Landgericht.

Dabei stützt sich der BGH auf eine entscheidungserhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Landgericht, Art. 103 GG. Dabei verwies es darauf, dass die Kläger bereits erstinstanzlich geltend gemacht hatten, dass der Beklagte zum Zwecke der Erzielung eines höheren Kaufpreises das Objekt entmieten wollte. Schon 2008 sei ihnen das Objekt vom Beklagten zum Kauf angeboten worden; in der Folgezeit habe es weitere Verkaufsversuche des Beklagten gegeben. Demgegenüber habe der Beklagte im Räumungsverfahren vorgetragen, er habe nicht gewusst, dass der von ihm beauftragte Makler auch nach der Eigenbedarfskündigung noch das Objekt angeboten habe; vielmehr wäre er davon ausgegangen, dieser hätte seine Verkaufsbemühungen eingestellt.

Auf den Hinweisbeschluss des Landgerichts, mit dem die Absicht zur Zurückweisung der Berufung dargelegt wurde, haben die Kläger ihren Vortrag weiter konkretisiert. So haben sie verschiedene Verkaufsbemühungen unter Beweisantritt benannt, u.a. auch zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung. Diesen weiteren Vortrag beachtete das Landgericht bei seiner Zurückweisung der Berufung nicht. Damit wurde nach Ansicht des BGH zentrales Vorbringen der Kläger, mit denen diese Indizien für die zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung bestehende Verkaufsabsicht darlegten, gehörswidrig übergangen, Art. 103 GG. Bei dem ergänzenden Vortrag der Kläger nach dem Hinweisbeschluss handele es sich auch nicht um neuen Tatsachenvortrag,, vielmehr sei der erstinstanzliche Vortrag zu schlüssigen Indizien lediglich weiter konkretisiert worden.

Der Wortlaut des Räumungsvergleichs biete hier nach Ansicht des BGH keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien weitergehendes, insbesondere auch mögliche Schadensersatzansprüche der Kläger wegen vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung, hätten erledigen wollen. Ein stillschweigender Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung käme auch nicht in Betracht; dafür bedürfe es gewichtiger Umstände, die darauf schließen ließen.  Solche wären z.B. in einer namhaften Abfindung zu sehen, die es hier nicht gab.


BGH, Urteil vom 10.05.2016 – VIII ZR 214/15 -

Sonntag, 21. August 2016

Verkehrsunfall: Begegnungsverkehr auf schmaler Straße und Haftungsquotelung

Auf einer 5,8m breiten Straße begegneten sich die Traktoren (nebst angehängten Arbeitsgeräten) der Parteien.  Das klägerische Gespann fuhr mit einer Geschwindigkeit von 35 – 40km/h, das Gespann des Beklagten mit ca. 30km/h. Die angehängten Arbeitsgeräte hatten eine Breite von 2,85 bzw. 3,03m.  Als die Fahrzeuge etwa auf gleicher Höhe waren, lenkte der Fahrer des klägerischen Gespanns dieses nach rechts auf die dortige Grasnarbe und geriet dabei in eine überwachsene Bodenmulde, wodurch das Gespann umkippte. Das Landgericht hat mangels Nachweises eines Verschuldens eine beiderseitige Betriebsgefahr angenommen und den Schaden zu je ½ gequotelt. Die dagegen gerichtete Berufung des Belagten wurde vom OLG zurückgewiesen.

Das OLG wies darauf hin, dass es für eine Haftung nicht erforderlich wäre, dass sich die Fahrzeuge berührt hätten. Die Haftung wäre bereits dann gegeben, wenn der Unfall auch nur mittelbar durch das andere Fahrzeug verursacht wurde. Dafür sei die bloße (zeitliche und örtliche) Anwesenheit noch nicht ausreichend. Es müsse eine Verkehrsbeeinflussung vorliegen, die zur Schadensentstehung beigetragen habe. Ausreichend sei insoweit, wenn die Fahrweise den anderen Verkehrsteilnehmer zu einer Ausweichbewegung veranlasse.

Vorliegend, so das OLG, erfolgte die Ausweichbewegung bei Annäherung beider Traktoren und galt ersichtlich mit Blickt auf den Traktor des Beklagten. Damit ist eine Abwägung nach § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmen.

Zu berücksichtigen wäre zum einen die von beiden Verkehrsteilnehmern ausgehende Betriebsgefahr. Allerdings wäre zusätzlich auch ein unfallursächliches verschulden gem. § 1 Abs. 2 StVO in die Abwägung mit einzustellen. Denn beide sind den an sie gestellten Anforderungen einer besonderen Sorgfaltspflicht auf schmaler Straße nicht nachgekommen. Eine Begegnung dürfe mit zügiger fahrt nur stattfinden, wenn zwischen den sich begegnenden Fahrzeugen unter Berücksichtigung eines nötigen Abstandes zum jeweiligen rechten Fahrbahnrand ein Seitenabstand von mindestens 1m eingehalten würde. Kann dieser Abstand nicht gewahrt werden, muss dieser Umstand durch Reduzierung der Geschwindigkeit ausgeglichen werden. Reicht auch das nicht, hätten beide Fahrzeuge anzuhalten und die Fahrer müssten sich verständigen, welcher Fahrer am stehenden Fahrzeug vorbeifährt. Gegen diese Pflicht nach § 1 Abs. 2 StVO hätten beide Fahrzeugführer schuldhaft verstoßend, da der Abstand zwischen beiden Gespannen nicht hätte 1m betragen können.


OLG Hamm, Urteil vom 07.06.2016 – 9 U 59/14 -

Samstag, 20. August 2016

Haftung für nicht selbst getätigte Angaben für Angebote auf Onlineplattformen

Gleich in zwei Entscheidungen hatte sich der BGH mit der Haftung des Händlers auseinanderzusetzen, der die Onlineplattform Amazon nutzte. In dem einen Fall hatte Amazon über die eigentliche Preisangabe „Unverb. Preisemp.“ Und dahinter einen höheren, aber durchgestrichenen Preis angegeben. Im anderen Fall hatte Amazon eine komplett falsche Produktbezeichnung aufgenommen. In beiden Fällen wurden die Händler erfolgreich gerichtlich in Anspruch genommen. Im Fall der fehlerhaften Preisangabe auf Unterlassung bei Androhung von Ordnungsmitteln, im anderen Fall auf Unterlassung der Nutzung der (geschützten) Bezeichnung bei Androhung von Ordnungsmitteln.

In beiden Fällen wurde von den Händlern vorgetragen, sie hätte die Angaben nicht eingestellt. Dies ist aber nach Auffassung des BGH (wie auch der Instanzgerichte) nicht entscheidend. Auch wenn der Betreiber der Internetplattform dies eigenmächtig vornimmt und nur dieser Änderungen vornehmen kann, mache sich letztlich der Händler derartige produktbezogene Angaben zu eigen und ihn treffe als Nutzer des Portals die Pflicht, seine dort angezeigten Angebote auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ausdrücklich führt der BGH aus, dass die Zurechnung der Gefahr, für falsche Angaben Dritter zu haften, bei dieser Konstellation keine völlig unerwartete Rechtsfolge darstelle da sie gleichzeitig die Kehrseite der von dem Händler in Anspruch genommenen Vorteile der internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt.


BGH, Urteile vom 03.03.2016 – I ZR 140/14 – und I ZR 110/15 -

Freitag, 19. August 2016

Versicherungsrecht: Auskunftsobliegenheit auch entgegen eigenen Interessen

Im Rahmen einer Schadensregulierung ging der beklagte Wohngebäudeversicherer u.a. im Zusammenhang mit dem Brand im September 2010 des versicherten Gebäudes der Frage einer Eigenbrandstiftung nach. Der klagende Versicherungsnehmer hatte im Juli 2008 das Haus auf sich übertragen lassen, nachdem sein Sohn Kay, der dies 2001 erworben hatte und dort mit seiner damaligen Lebensgefährtin wohnte, sich von dieser trennte; der Kläger hat sodann das Haus an seine beiden Söhne vermietet.  Die Beklagte hatte den Kläger u.a. zu dessen Söhnen befragt und dazu, ob er Kenntnis von Sachverhalten habe, die den Verdacht nahelegen könnten dass diese den Brand gelegt hätten und ferner, ob sie finanzielle, berufliche oder persönliche Schwierigkeiten hätten. Der Kläger gab an, keine Kenntnis über irgendwelche finanziellen Schwierigkeiten seiner Söhne zu haben. Tatsächlich hatte aber der eine Sohn im März 2008 die eidesstattliche Versicherung ab und wurde im April 2009 wegen Computerbetrugs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.  Die Beklagte lehnte wegen arglistiger Verletzung von Obliegenheiten durch ihren Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz ab.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hatte auf die Berufung hin der Klage stattgegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagte wurde das Urteil vom BGH im Beschlussweg aufgehoben und der Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen.

Bei der im Rahmen der Regulierungsermittlung durch den beklagten Versicherer gestellten Frage nach möglichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Söhne handele es sich um eine zur Feststellung des Versicherungsfalls erforderliche und daher zulässige Frage. Der Versicherungsnehmer sei nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zur unverzüglichen Auskunftserteilung verpflichtet, soweit dies zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich ist, und habe jede Untersuchung zu Ursache und Höhe zu gestatten. Diese Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers sei weit gefasst.   Das schließe auch die Feststellung solcher Umstände mit ein, aus denen sich die Leistungsfreiheit des Versicherers (z.B. nach § 81 VVG) ergeben könnte. Von daher habe der Versicherungsnehmers auf Verlangen auch insoweit Auskünfte wahrheitsgemäß zu erteilen, als sie eventuell seinen eigenen Interessen entgegenstehen.

Der BGH verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück, da dieses unter Verletzung des rechtlichen Gehörs einem Beweisangebot der Beklagten  nicht nachgegangen war, aus dem sich inzident ergeben sollte, dass der Kläger sehr wohl Kenntnis von den finanziellen Verhältnissen des Sohnes Kay und dem Computerbetrug hatte, da er mit der geschädigten des Computerbetrugs gesprochen haben soll, die von der Beklagten als Zeugin diesbezüglich benannt war.


BGH, Beschluss vom 13.04.2016 – IV ZR 152/14 -

Donnerstag, 18. August 2016

Tierhalterhaftung: Haftungsverteilung bei Hunderangelei

Der Kläger ging mit seinem angeleinten Hund (Labrador-Mischling) nachts spazieren, wobei er die Hundeleine um sein Handgelenk gewickelt hatte. Aus einem Grundstück zwängte sich der Golden Retriever der Beklagten durch die Hecke und es kam zu einem Gerangel der Hunde, in deren Verlauf der Kläger, der sich nicht von der Leine lösen konnte, vom Hund der Beklagten gebissen wurde. Der BGH geht von einer wechselseitigen Haftung der Parteien nach § 833 S. 1 BGB aus, wobei sich der Kläger seine eigene Tierhalterhaftung entsprechend § 254 BGB (Mitverschulden) zurechnen lassen müsse. Allerdings wäre zu prüfen, ob nicht der Beklagten in Ansehung des Umstandes, dass sein Hund unbeaufsichtigt das Grundstück verlassen konnte, Verschulden nach § 823 BGB treffe, da dann gem. § 840 Abs. 3 BGB die Beklagte alleine haften würde.

Fehlerhaft, so der BGH, hatte das Berufungsgericht lediglich auf die Haftung der Beklagten nach § 833 S. 1 BGB abgestellt. § 833 S. 1 BGB stellt sich als verschuldensunabhängige Haftungsnorm gegen den Tierhalter dar. Kommt es durch ein Tier zu einen Schaden, haftet der Halter des Tieres, ohne dass ihn an dem Schadensfall ein Verschulden treffen müsste (da es sich hier nicht um ein Nutztier nach § 833 S. 2 BGB handelte, war die Frage einer möglichen Exkulpation des Tierhalters nicht zu prüfen). Allerdings habe sich auch die Tiergefahr des Hundes des Klägers ausgewirkt. Insoweit ist darauf abzustellen, dass sich auch bei dem Hund des Klägers ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten verwirklichte, wobei auf ein anderes Tier einwirkende reize ausreichend sind. Da sich hier der Hund des Klägers nicht passiv verhielt, vielmehr ein Gerangel und Kampf zwischen den Hunden stattfand, handelte es sich u eine Interaktion zwischen den Hunden,  die ihrer tierischen Natur gemäß aufeinander eingewirkt haben. Von daher habe sich die Bissverletzung als adäquat kausale Folge dieses Verhaltens dargestellt, was eine Mithaftung des Klägers entsprechend § 254 BGB begründe. Für die Begründung der Mithaftung käme es nicht darauf an, was Auslöser war und welcher Hund eine über- oder untergeordnete Rolle eingenommen habe; dies sei lediglich im Rahmen der Quotelung zu berücksichtigen.

Weiterhin habe das Berufungsgericht nicht geprüft, ob gegebenenfalls auch eine Haftung des Beklagten nach § 823 BGB vorliege. Schon der Umstand, dass sich der Golden Retriever durch die Hecke gezwängt habe, lege die Frage nahe, ob die Beklagte die Gesundheit des Klägers fahrlässig verletzt habe. Dies wäre vom Berufungsgericht noch zu prüfen. Bejahendenfalls würde der Tiergefahr des Hundes des Klägers dem Sinngehalt des § 840 Abs. 3 BGB entsprechend keine Bedeutung zukommen.

Der BGH hat die Entscheidung des OLG aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen.


BGH, Urteil vom 31.05.2016 – VI ZR 465/15 -

Montag, 15. August 2016

Bauträger: Abwasserversorgung über Nachbargrundstück ist Mangel der schlüsselfertigen Herstellungsverpflichtung

Die Beklagten haben von der Beklagten, einem Bauträger, eine Eigentumswohnung auf dem Flurstück 91 erworben. Ursprünglich plante die Beklagte, sowohl dieses Flurstück als auch das angrenzende Nachbarflurstück 92 mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen, die eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft bilden sollten. Dazu kam es nicht; auf jedem Flurstück wurde jeweils eine rechtlich eigenständige Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. Ohne dass sich dies aus den eventuell den Klägern übergebenden Plänen ersichtlich wäre noch sonstwie für die Kläger erkennbar gewesen wäre oder diesen mitgeteilt wurde, wurden die Regenwasserentwässerung und die Schmutzwasserabführung allerdings von dem direkt an einer öffentlichen Straße (K-Straße) befindlichen Flurstück 91 auf das unterhalb belegenen Flurstück 92 und von dort wieder mittels einer Hebeanlage zur öffentlichen Kanalisation in die K-Straße gepumpt. Hierzu existiert eine Grunddienstbarkeit, die nach Abschluss des notariellen Vertrages zwischen den Parteien im Grundbuch gewahrt wurde.


Die Kläger halten die Erstellung der Abwasserversorgung durch den beklagten Bauträger für mangelhaft und klagten darauf, dass die Ableitung des Wassers (Schmutzwasser und Oberflächenabwasser) des Bauvorhabens K...Straße 126 und 128 in W ... , soweit dieses nicht über Rigolen versickert wird, mangelfrei herzustellen ist, indem das in ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung in der K...Straße anfallende Abwasser auf direktem Wege in die Wasserleitung eingeleitet wird, ohne das Abwasser zuvor über eine Hebeanlage zu führen, sowie das unterhalb ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung anfallende Abwasser über eine in Höhe des Abwasseranfalles auf dem Grundstück K...Straße 126 und 128 zu errichtende Hebeanlage - und nicht über eine auf erheblich tieferem Höhenniveau und auf einem fremden Grundstück befindliche Hebeanlage - in die öffentliche Abwasserleitung zu führen.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen Gerichte Berufung der Beklagten wurde vom OLG zurückgewiesen. Mit Beschluss des BGH vom 12.01.2016 – VII ZR 207/13 – wurde die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen.

Das OLG stellte darauf ab, dass nach dem notariellen Kaufvertrag und der diesem beigefügten Baubeschreibung die Beklagte zur schlüsselfertigen Herstellung des Bauvorhabens einschließlich privater Erschließungsanlagen verpflichtet war. Nach dem Kaufvertrag sollten auch die Kosten für Anlagen, die auf dem Kaufgrundstück zur Abwasserbeseitigung errichtet werden, abgegolten sein. Von daher hätten hier die Kläger ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Begriff „privat“ hier nicht als Abgrenzung zu „öffentlich“ zu verstehen ist, wobei der beklagten die Herstellung im öffentlichen Bereich ohnehin nicht oblegen hätte.

Da es im übrigen an Anhaltspunkten fehlte, dass der Anschluss hier über das Flurstück 92 geführt wird, zumal das Flurstück 91 direkt an der öffentlichen Straße (K-Straße) lag, auf der die öffentliche Kanalisation verläuft, an der anzuschließen ist, mussten die Kläger von einer Verlegung über ein anders Grundstück nicht ausgehen und stellt sich dies nicht nur als ein minus, sondern als ein Mangel dar.

Als Hilfserwägung führte das OLG aus: Auch wenn ein Mangel  nicht angenommen würde, wenn der Erwerber zwar kein Eigentum erlangen würde, aber eine diesem gleichwertige Position, dass kein wirtschaftlicher Nachteil bestünde, könnte davon hier nicht ausgegangen werden. Denn vorliegend ginge es nicht alleine um das Recht, eine Leitung über das Nachbargrundstück zu führen, sondern darum, eine auf dem Nachbargrundstück befindliche Hebeanlage gemeinsam mit den Eigentümern des Nachbargrundstücks zu betreiben. Die Grundschuld ließe nicht erkennen, dass Streitigkeiten schlicht ausgeschlossen wären, da auch nicht ein recht zur möglichen Erweiterung der Anlage geregelt wäre. Im übrigen wäre erkennbar, dass jegliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Hebeanlage dadurch erschwert würde, dass zwei Eigentümergemeinschaften darüber befinden müssten, nicht nur eine. Zudem müssten die Eigentümer von Flurstück 91 gegebenenfalls eine Duldung auf Zutritt auf das Grundstück Flurstück 92 erstreiten.


OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2013 – 21 U 125/12 -

Samstag, 13. August 2016

Betriebskostenabrechnung und Umfang des Einwendungsausschlusses

Der BGH hat sich jetzt zum Umfang des Einwendungsausschlusses zu Betriebskosten durch den Mieter geäußert, auch soweit es sich dabei um Positionen handelt, die generell nicht als Betriebskosten umlegbar sind. Er hat den Einwendungsausschluss auch hierauf erweitert.

Zwischen den Parteien bestand Streit über die Rückforderung gezahlter Betriebskosten durch die Mieter. Der Vermieter hatte die ihm von der WEG-Verwaltung überlassene Abrechnung,  die umlegbare Positionen mit einem Gesamtbetrag von € 2.541,24 und weiter ausdrücklich als nicht umlegbare Positionen (Instandhaltung, Verwaltung)  auswies, insgesamt € 3.894,41. Der beklagte Vermieter übernahm diesen Betrag in seinem Anschreiben an die klagenden Mieter und setzte noch die Grundsteuer hinzu; von dem Gesamtbetrag zog er Vorauszahlungen, die sich tatsächlich auf € 2.800,00 beliefen in Höhe von lediglich € 2.100,00 ab. Wegen der Fehler der Abrechnung endete diese nicht mit einem Guthaben der Mieter, sondern mit einer Forderung des Vermieters, die auch von den Klägern gezahlt wurde. Die Abrechnung betraf 2011 und datierte vom 12.07.2012. Später rügten die Kläger mit Schreiben vom 10.05.2014 Mängel der Abrechnung wegen nicht umlagefähiger Gemeinschaftskosten und wegen der Nichtberücksichtigung der vollständigen Vorauszahlung.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung führte zur Klageabweisung. Auf die zugelassene Revision hin wurden den Klägern die nicht umlagefähigen Gemeinschaftskosten nebst Zinsen zugesprochen, im übrigen zurückgewiesen.

Der fehlende Rechtsanspruch der Kläger wegen der bei der Abrechnung nicht berücksichtigten weiteren Vorauszahlung von € 700,00 wurde vom BGH damit begründet, dass die Kläger diesen Mangel der Abrechnung nicht innerhalb der Frist des § 566 Abs. II S. 5 BGB vorgebracht hätten und sie daher gem. § 566 Abs. 3 S. 6BGB damit ausgeschlossen sind. Nach den benannten Bestimmungen obliegt es dem Mieter, mögliche Einwendungen gegen die Abrechnung bis zum Ablauf des 12 Monats nach deren Zugang dem Vermieter mitzuteilen. Nach Ablauf der Frist ist er mit der Geltendmachung ausgeschlossen, es sei denn, er hätte die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

Bezüglich der weiteren Forderung in Bezug auf die in der Abrechnung enthaltenen nicht umlagefähigen Kosten sah der BGH vorliegend allerdings die Revision als begründet an. Zwar sei auch hier der Einwendungsausschluss grundsätzlich zu beachten. Insoweit verweist der BGH auf die bisher unterschiedliche Ansicht in Literatur und Rechtsprechung, meint aber, es könne hierfür in der Sache nichts anderes gelten als für die tatsächlich umlegbaren Kosten. Denn aus dem Gesetz ergäbe sich keine Beschränkung für den Einwendungsausschluss.

Vorliegend greife aber dieser Einwendungsausschluss nicht, da der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB gehindert sei, sich darauf zu berufen. Dies deshalb, da er seinem Schreiben die Abrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft beigefügt habe und in dieser die entsprechenden Kosten expressis verbis als nicht umlagefähig bezeichnet wurden;  damit habe aber der Beklagte bereits aus Sicht der Kläger mit der Abrechnung zum Ausdruck gebracht, dass ihm insoweit eine Forderung nicht zusteht und hieran sei er auch nach Ablauf der Frist des § 566 Abs. 3 BGB gebunden.


BGH, Urteil vom 11.05.2016 – VIII ZR 209/15 -