Samstag, 20. August 2016

Haftung für nicht selbst getätigte Angaben für Angebote auf Onlineplattformen

Gleich in zwei Entscheidungen hatte sich der BGH mit der Haftung des Händlers auseinanderzusetzen, der die Onlineplattform Amazon nutzte. In dem einen Fall hatte Amazon über die eigentliche Preisangabe „Unverb. Preisemp.“ Und dahinter einen höheren, aber durchgestrichenen Preis angegeben. Im anderen Fall hatte Amazon eine komplett falsche Produktbezeichnung aufgenommen. In beiden Fällen wurden die Händler erfolgreich gerichtlich in Anspruch genommen. Im Fall der fehlerhaften Preisangabe auf Unterlassung bei Androhung von Ordnungsmitteln, im anderen Fall auf Unterlassung der Nutzung der (geschützten) Bezeichnung bei Androhung von Ordnungsmitteln.

In beiden Fällen wurde von den Händlern vorgetragen, sie hätte die Angaben nicht eingestellt. Dies ist aber nach Auffassung des BGH (wie auch der Instanzgerichte) nicht entscheidend. Auch wenn der Betreiber der Internetplattform dies eigenmächtig vornimmt und nur dieser Änderungen vornehmen kann, mache sich letztlich der Händler derartige produktbezogene Angaben zu eigen und ihn treffe als Nutzer des Portals die Pflicht, seine dort angezeigten Angebote auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ausdrücklich führt der BGH aus, dass die Zurechnung der Gefahr, für falsche Angaben Dritter zu haften, bei dieser Konstellation keine völlig unerwartete Rechtsfolge darstelle da sie gleichzeitig die Kehrseite der von dem Händler in Anspruch genommenen Vorteile der internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt.


BGH, Urteile vom 03.03.2016 – I ZR 140/14 – und I ZR 110/15 -


Aus den Gründne

A: BGH I ZR 140/14 -

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. Mai 2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt am 7. November 2011 eingetragenen Wortmarke Nr. 302011045395 "TRIFOO", die für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Schnittstellengeräte und -programme für Computer" Schutz beansprucht. Der Beklagte betreibt unter der Bezeichnung "e.        " einen Händlershop, über den er unter der Internetadresse www.amazon.de auf der Handelsplattform Amazon-Marketplace eine "Finger Maus" für "PC Notebook" anbot.
Dieses Angebot konnte am 20. November 2011 auf www.amazon.de mit den Angaben "Trifoo USB 2.0 Finger Maus 3D Optical Mouse für PC Notebook 800 DPI" und "Verkauf und Versand durch e.        " aufgerufen werden. Die auf diese Weise angebotene Ware stammte nicht vom Kläger und war auch nicht mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gelangt.
Um eine Ware über Amazon-Marketplace anzubieten, gibt der erste Anbieter eines Produkts seine Produktinformationen (etwa Produktnamen, Hersteller, Marke) in eine von Amazon bereitgestellte Maske ein, die dann als digitale Katalogseite für Kaufinteressenten mit einem Foto des Produkts abrufbar ist. Stellen danach andere Händler das gleiche Produkt bei Amazon-Marketplace zum Verkauf ein, werden sie regelmäßig auf der bereits erstellten Katalogseite des ersten Anbieters gelistet, auf der dann die Gesamtzahl der Angebote für das Produkt - aufgeteilt in neu und gebraucht - genannt wird. Die anderen Verkäufer können die bei Amazon eingegebene Produktbeschreibung ohne Zustimmung oder Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers nachträglich uneingeschränkt ändern.
Der Kläger mahnte den Beklagten unter dem 21. November 2011 wegen Verletzung seiner Marke durch das am 20. November 2011 aufrufbare Angebot der "Finger Maus" ab. Der Beklagte wies die Abmahnung zurück, veranlasste Amazon aber, die Klagemarke von der Angebotsseite zu entfernen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Trifoo" für Schnittstellengeräte im Zusammenhang mit Angeboten zu nutzen, ohne dass diese von dem Kläger selbst oder mit dessen Zustimmung in Deutschland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind, wie geschehen auf dem Online-Marktplatz AMAZON unter der AMAZON Standard Identification Number (ASIN): B004744MS6.
Außerdem begehrt er die Erstattung von Abmahnkosten.
Der Beklagte behauptet, die von ihm im Oktober 2010 für das beanstandete Angebot bei Amazon-Marketplace ausgefüllte Produktinformation habe das Zeichen "TRIFOO" nicht enthalten, sondern die Herstellerbezeichnung "Oramics". Diese Katalogseite sei nachträglich von einem anderen Anbieter - mutmaßlich dem Kläger selbst oder dem Lizenznehmer "T.  -S. " des Klägers - durch Angabe der Marke "TRIFOO" ergänzt worden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte nur hinsichtlich eines Teils der Abmahnkosten Erfolg.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte hafte für die mit dem beanstandeten Angebot begangene Markenverletzung jedenfalls als Störer. Dazu hat es ausgeführt:
Der Beklagte habe einen adäquat-kausalen Beitrag zu der Markenverletzung geleistet, indem er für seinen Internetshop "e.        " einen Artikel unter der fraglichen ASIN auf Amazon-Marketplace zum Verkauf eingestellt habe, für den dort spätestens am 20. November 2011 die Bezeichnung "Trifoo" verwendet worden sei. Es sei dem Beklagten rechtlich und tatsächlich möglich gewesen, die Störung durch Änderung des Angebots zu beseitigen. Wer unter einer ASIN bei Amazon dauerhaft oder nach zeitlicher Unterbrechung erneut Artikel anbiete, sei zur Prüfung und Überwachung dieses Angebots verpflichtet. Die Tätigkeit als Anbieter auf der Handelsplattform Amazon stelle ein gefahrerhöhendes Verhalten dar. Das ergebe sich aus der dort bestehenden und in Händlerkreisen bekannten Möglichkeit, die Produktbeschreibung des Erstanbieters inhaltlich uneingeschränkt zu ändern. Da der Beklagte seiner Prüfungs- und Überwachungspflicht überhaupt nicht nachgekommen sei, könne dahinstehen, wie diese Pflicht näher zu konkretisieren sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger stehen gegen den Beklagten der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG und der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach §§ 670, 677, 683 BGB zu.
1. Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, das am 20. November 2011 auf der Handelsplattform Amazon aufrufbare, vom Kläger beanstandete Angebot einer "Trifoo Finger Maus", in dem der Beklagte als Verkäufer bezeichnet wurde, verletze die für den Kläger eingetragene Wortmarke "Trifoo" im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
2. Im Hinblick auf den vorliegend allein in Rede stehenden Unterlassungsanspruch kann dahinstehen, ob der Beklagte - wie die Revisionserwiderung geltend macht - als Täter einer Markenverletzung haftet oder ob mangelnde Tatherrschaft einer solchen Haftung entgegensteht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte für die Markenverletzung jedenfalls als Störer, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Unterlassungsantrag des Klägers auch eine mögliche Störerhaftung des Beklagten erfasst. Der Beklagte hat ein mit der Klagemarke identisches Zeichen jedenfalls insofern "benutzt", als die von ihm angebotene "Finger Maus" mit dem Zeichen "TRIFOO" bezeichnet war. Darin liegt unabhängig davon eine "Benutzung" der Klagemarke, ob eine Haftung als Täter oder als Störer bejaht wird. Dass die Haftung als Störer die Verletzung von Prüfpflichten voraussetzt, muss nicht im Klageantrag zum Ausdruck kommen. Es reicht aus, dass dies aus der Klagebegründung und, soweit das Gericht das Verbot auf die Störerhaftung stützt, aus den Entscheidungsgründen folgt, die zur Auslegung des Verbotstenors heranzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II).
b) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008- I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst; Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, GRUR 2016, 268 Rn. 21 = WRP 2016, 341 - Störerhaftung des Access-Providers). Dabei sind Funktion und Aufgabenstellung des in Anspruch Genommenen ebenso zu berücksichtigen wie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de; Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 51 = WRP 2012, 330 - Basler Haar-Kosmetik).
c) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte einen adäquat-kausalen Beitrag zu der in Rede stehenden Markenverletzung geleistet hat. Dafür reicht es aus, dass er einen Artikel für seinen Internetshop auf der Handelsplattform Amazon zum Verkauf eingestellt hat und dieses Angebot spätestens am 20. November 2011 die Produktbeschreibung mit der Marke des Klägers aufgewiesen hat. Dem Beklagten war es zudem rechtlich und tatsächlich möglich, die Störung zu beseitigen, wie sein Verhalten nach Eingang der Abmahnung des Klägers zeigt.
d) Revisionsrechtlicher Nachprüfung hält ebenfalls die Annahme des Berufungsgerichts stand, den Beklagten treffe eine Überwachungs- und Prüfungspflicht hinsichtlich selbständig von Dritten an seinem Angebot auf Amazon-Marketplace vorgenommener Veränderungen der Produktbeschreibungen.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Beklagte das ursprüngliche Angebot unter der ASIN B004744MS6 bei Amazon eingestellt hatte. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass er dabei als Herstellerangabe "Oramics Hightech" eingetragen hat. Das Berufungsgericht hat ferner zugunsten des Beklagten unterstellt, dass er die Marke des Klägers weder (später) selbst in das Angebot eingefügt noch dies veranlasst oder geduldet hat. Davon ist im Revisionsverfahren auszugehen.
bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte trete auf der Handelsplattform Amazon als Verkäufer von Waren auf. Dabei treffe ihn unmittelbar die Verpflichtung, für die angebotenen Produkte nicht mit unzutreffenden Angaben zu werben und sie nicht unter fremden Marken anzubieten. Diesen Verpflichtungen könne er sich nicht abschließend entledigen, indem er sich als Erstanbieter eines Produkts auf der Plattform amazon.de vergewissere, dass die unter der neu angelegten ASIN hinterlegte Produktbeschreibung in jeder Hinsicht zutreffe. Vielmehr treffe ihn eine Überwachungs- und Prüfungspflicht, wenn er unter der ASIN dauerhaft oder nach zeitlicher Unterbrechung erneut Artikel anbiete. Dies ergebe sich unter dem Gesichtspunkt eines gefahrerhöhenden Verhaltens in Form der Tätigkeit als Anbieter auf der Handelsplattform Amazon. Wenn andere Verkäufer dort die tatsächliche Möglichkeit hätten, die Produktbeschreibung des Erstanbieters inhaltlich unbeschränkt zu ändern, liege auf der Hand, dass davon Gebrauch gemacht werde. Vor diesem Hintergrund und angesichts der schutzwürdigen Interessen vor allem der Verbraucher, aber auch von Markenrechtsinhabern, könne der Beklagte nicht darauf vertrauen, dass es allein wegen wettbewerbsrechtlicher Vorschriften oder der Teilnahmebedingungen des Plattformbetreibers nicht zu Veränderungen der ursprünglichen Produktbeschreibung komme, durch die diese einen unzutreffenden Inhalt erhalte. Die Verpflichtung, die Richtigkeit einer Produktbeschreibung dauerhaft zu gewährleisten, gefährde weder das Geschäftsmodell des Beklagten noch dasjenige von Amazon.
cc) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
(1) Außer aus Gesetz oder vertraglichen Regelungen kann sich eine Rechtspflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung auch unter dem Gesichtspunkt eines gefahrerhöhenden Verhaltens ergeben (BGH, GRUR 2012, 304 Rn. 60 - Basler Haar-Kosmetik). Die Tätigkeit als Händler auf Amazon Marketplace bringt die Gefahr von Rechtsverletzungen mit sich, weil Dritte die Produktbeschreibung ändern können.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts können auf der Verkaufsplattform Amazon Marketplace Angebote für ein bestimmtes Produkt durch andere Händler geändert werden, wobei diese Möglichkeit in Händlerkreisen bekannt ist. Dadurch besteht die Gefahr, dass ursprünglich richtige und zulässige Angebote durch Handlungen Dritter in rechtsverletzender Weise geändert werden. Das wird durch die Bekundungen der als Justitiarin bei Amazon tätigen Zeugin L.     bestätigt, auf die das Berufungsgericht verweist. Danach kommen Fälle der vorliegenden Art in verschiedenen Varianten immer wieder vor. Jede weitere Nutzung der Verkaufsplattform erhöht die Gefahr von Rechtsverletzungen.
Unter diesen Umständen ist dem Beklagten zuzumuten, ein von ihm dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bei Amazon Marketplace eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden sind. Kommt er dieser Prüfungspflicht nicht nach, haftet er für durch solche Veränderungen seines Angebots bewirkte Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung.
(2) Insofern ist unerheblich, ob - wie die Zeugin L.     bekundet hat - die technisch mögliche Aufnahme einer anderen Marke in die Beschreibung eines auf Amazon-Marketplace angebotenen Produkts von Amazon nicht gewünscht und nach dem Verständnis von Amazon mit den Teilnahmebedingungen unvereinbar ist. Ebenso wenig steht der Störerhaftung des Beklagten entgegen, dass Amazon jedem weiteren Anbieter ermöglicht, die vom ersten Anbieter erstellte Produktbeschreibung zu ändern. Ob und gegebenenfalls inwieweit diese Umstände eine Haftung von Amazon als Plattformbetreiber begründen könnten, ist im Streitfall nicht zu entscheiden. Die Störerhaftung des Beklagten besteht davon unabhängig.
(3) Prüfungspflichten auf der Grundlage der Störerhaftung können nach der Rechtsprechung des Senats zwar nur in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begründet werden (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Rn. 32 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten; BGHZ 185, 330 Rn. 23 - Sommer unseres Lebens). Das spricht im Streitfall aber nicht dagegen, den auf Amazon-Marketplace tätigen Händlern eine Überwachungspflicht hinsichtlich der von ihnen eingestellten Angebote aufzuerlegen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist im Rahmen der Frage der Zumutbarkeit bei der Bestimmung von Häufigkeit und Umfang der erforderlichen Prüfungen Rechnung zu tragen. Das berechtigte Interesse der Rechtsinhaber, Verletzungen ihrer Rechte zu verhindern oder wirksam zu verfolgen, lässt es aber nicht zu, jede Prüfungspflicht der auf Amazon-Marketplace gewerblich tätigen Händler zu verneinen.
(4) Die Prüfungspflicht der Händler auf Amazon-Marketplace besteht, ohne dass zuvor ein Hinweis auf eine Rechtsverletzung durch ein bestimmtes Angebot erfolgen muss. Diese Händler sind nicht Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG, die keiner allgemeinen Überwachungspflicht unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, Rn. 49 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle III).
Die Einstellung eines Angebots auf Amazon-Marketplace ist auch nicht vergleichbar mit dem Setzen eines Hyperlinks auf einen fremden Inhalt, bei dem der Senat eine proaktive Überwachungspflicht des den Link setzenden Unternehmers verneint hat (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 74/14, BGHZ 206, 103 Rn. 25 - Haftung für Hyperlink). Aus der Sicht des Verkehrs trifft den Händler unmittelbar die Verantwortung für von ihm veröffentlichte Angebote. Rechtsinhaber, deren Rechte durch ein Angebot verletzt werden, werden regelmäßig zuerst den für dieses Angebot verantwortlichen Unternehmer in Anspruch nehmen. Bei einer Verlinkung auf fremde Inhalte haftet der den Link setzende Unternehmer dagegen nur, wenn er sich den Inhalt zu eigen gemacht hat.
(5) Das Berufungsgericht konnte es dahinstehen lassen, welcher Rhythmus der Überprüfung von Angeboten für auf Amazon-Marketplace tätige Händler angemessen ist und inwiefern es dabei auf das konkrete Angebot und das beworbene Produkt ankommt. Wie sich aus der Sitzungsniederschrift vom 14. Januar 2014 ergibt, auf die das Berufungsgericht verweist, hat der Beklagte sein Angebot ursprünglich am 13. Oktober 2010 auf Amazon-Marketplace eingestellt. Bis zur Abmahnung durch den Kläger am 20. November 2011 hat er keine Überprüfung dieses Angebots auf rechtsverletzende Änderungen durchgeführt.
Fraglich erscheint, ob in diesem Zusammenhang der von der Revision angeführte Umstand von Bedeutung ist, der Beklagte habe erst mit Eintragung der Marke "TRIFOO" am 7. November 2011 erkennen können, dass es sich um die geschützte Marke eines Dritten handelte. Grundsätzlich kann jede nachträgliche Änderung eines Herstellerzeichens den Verdacht einer unzulässigen Angebotsmanipulation begründen. Selbst wenn man aber den Beklagten erst nach Eintragung der Marke für verpflichtet hält, eine Kennzeichnung seines Angebots mit der fremden Marke zu verhindern, hat er über nahezu zwei Wochen keine entsprechende Überprüfung vorgenommen und damit jedenfalls seine Prüfpflicht verletzt.
Zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die Verletzung der Prüfpflicht adäquat kausal für die Markenverletzung war. Da der Beklagte keine Überprüfungen im maßgeblichen Zeitraum vorgenommen hat, greift der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Rechtsverletzung auf der Pflichtverletzung beruht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2006 - X ZR 142/05, NJW 2006, 3268 Rn. 32). Den Beweis des ersten Anscheins hat der Beklagte nicht entkräftet.
3. Soweit das Berufungsgericht die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten bestätigt hat, wird dies von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
III. Danach ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

B. I ZR 110/15 


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. April 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien handeln über das Internet mit Uhren.
Die Beklagte bot auf der Internetplattform www.amazon.de am 2. Juli 2013 eine Uhr der Marke "Casio" wie aus dem nachstehenden Klageantrag ersichtlich zu einem Kaufpreis von 19,90 € an. Über der Preisangabe war der Hinweis "Unverb. Preisempf.:" und dahinter die durchgestrichene Angabe "EUR 39,90" angebracht.
Der Betreiber des Internetportals www.amazon.de vergibt für jedes identische Produkt, das auf seiner Plattform angeboten wird, eine Identifikationsnummer ("ASIN"). Jeder Anbieter, der ein Produkt anbieten möchte, für das bereits eine Identifikationsnummer vergeben ist, muss sein Angebot ebenfalls unter dieser Nummer auflisten. Bei der Angebotserstellung kann der Anbieter den eigenen Verkaufspreis angeben. Die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung hingegen kann allein der Plattformbetreiber einstellen oder verändern. Auch die vorliegend beanstandete Preisempfehlung hat der Plattformbetreiber eingestellt.
Die Klägerin beanstandet das Angebot der Beklagten mit der Begründung als irreführend, die darin angegebene unverbindliche Preisempfehlung habe im Angebotszeitpunkt tatsächlich nicht bestanden. Sie hat die Beklagte im Juli 2013 erfolglos abgemahnt und am 22. Juli 2013 gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erwirkt, die im Widerspruchsverfahren aufgehoben, jedoch vom Berufungsgericht mit Urteil vom 28. Mai 2014 neu erlassen worden ist.
Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 491,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2014 zu zahlen;
2. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Bereich des Handels mit Armbanduhren unter Gegenüberstellung des eigenen Verkaufspreises mit unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers zu werben, die zum Zeitpunkt der Werbung nicht bestehen, wie am 2. Juli 2013 auf der Handelsplattform Amazon im Angebot "Casio Collection Herren-Armbanduhr Solar-Kollektion Digital Quarz AL-190WD-1AVEF" und nachfolgend wiedergegeben geschehen:
Abbildung
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR-RR 2015, 387 = WRP 2015, 983). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Die Abmahnung der Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG gewesen. Die Klägerin betreibe zwar kein Ladengeschäft, sondern nur einen Online-Handel. Sie sei aber gleichwohl Mitbewerberin mit einem ernsthaften Gewinnerzielungsinteresse. Die Behauptung, die Klägerin sei vielfache Abmahnerin mit einem nur marginalen Umsatz, habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Auch eine Mehrzahl von Abmahnungen begründe nicht ohne weiteres den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Für die Annahme, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin betreibe das Abmahngeschäft "in eigener Regie", fehle es an Belegen. Weitere von der Beklagten in der Berufungsinstanz benannte einzelne Abmahnvorgänge sprächen weder für sich genommen für einen Rechtsmissbrauch noch könnten sie überhaupt den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Juli 2013 begründen, da sie aus dem Jahr 2014 stammten. Nehme der Gläubiger eine berechtigte Abmahnung vor, so erscheine auch die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs regelmäßig legitim und nicht sachfremd.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG wegen Irreführung über das Bestehen einer unverbindlichen Preisempfehlung begründet. Die beanstandete Werbung sei irreführend, weil die darin angegebene, durchgestrichene unverbindliche Preisempfehlung im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr bestanden habe. Eine zulässige unverbindliche Preisempfehlung setze nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB voraus, dass sie in der Erwartung ausgesprochen werde, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Von der Fortgeltung der Preisempfehlung könne vorliegend nicht ausgegangen werden, weil das angebotene Uhrenmodell im Zeitpunkt des Angebots weder in den Fachhandels- und Endkundenportalen noch in den geltenden Fachhandelspreislisten des Herstellers aufgeführt gewesen sei. Dass nach Auskunft des Herstellers die Uhr zwar nicht mehr zum aktiven Sortiment zählte, aber Bestandteil des Gesamtsortiments geblieben und auch noch lieferbar sei, stehe dieser Annahme nicht entgegen. Es handele sich um ein Auslaufmodell mit entfallener Preisempfehlung des Herstellers.
Die Beklagte hafte als Täterin für diesen Wettbewerbsverstoß. Zwar könne nur der Betreiber der Internetplattform www.amazon.de die Angabe unverbindlicher Preisempfehlungen vornehmen oder korrigieren. Jedoch mache sich die Beklagte solche produktbezogenen Angaben im Angebot zu eigen und sie treffe als Nutzerin des von Amazon bereitgestellten Internetportals die Pflicht, ihre dort angezeigten Angebote auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (dazu II 1). Die Klage ist nicht wegen rechtmissbräuchlicher Anspruchsverfolgung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG unzulässig (dazu II 2). Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG angenommen (dazu II 3).
1. Die Revision der Beklagten ist uneingeschränkt zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision nur auf einen selbständigen, durch Teil- oder Grundurteil abtrennbaren Teil des Rechtsstreits, nicht aber auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement beschränkt werden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987, 63 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung; Urteil vom 2. April 1998 - I ZR 1/96, GRUR 1998, 1052 = WRP 1998, 881 - Vitaminmangel; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, GRUR 2015, 2014 Rn. 16 = WRP 2015, 1181 - Goldbären). Eine Beschränkung auf einen in diesem Sinn selbständigen Teil des Rechtsstreits ist vorliegend nicht erfolgt.
2. Die Klage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG im Hinblick auf die Abmahnung der Klägerin nicht vorliegen.
a) Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung wegen einer nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ist eine vorgerichtliche Abmahnung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erfolgt, so sind nachfolgende gerichtliche Anträge unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 47 = WRP 2012, 930 - Bauheizgerät, mwN). Von einem Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 - I ZR 76/98, BGHZ 144, 165, 170 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Es reicht aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH, Urteil vom 6. April 2000 - I ZR 114/98, WRP 2000, 1266, 1267 - Neu in Bielefeld II; Urteil vom 17. November 2005 - I ZR 300/02, GRUR 2006, 243 Rn. 16 = WRP 2006, 354 - MEGA SALE). Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände (vgl. BGH, GRUR 2012, 730 Rn. 15 - Bauheizgerät). Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezweckt oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt (vgl. BGHZ 144, 165, 170 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2000 - I ZR 237/98, GRUR 2001, 260, 261 = WRP 2001, 148 - Vielfachabmahner; Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 42/10, GRUR 2012, 286 Rn. 13 = WRP 2012, 464 - Falsche Suchrubrik, jeweils mwN).
b) Danach hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Allerdings kann dem Berufungsgericht nicht darin zugestimmt werden, dass zeitlich nach der Abmahnung auftretende Umstände bei der Beurteilung der Frage, ob die gerichtliche Durchsetzung des mit der Abmahnung verfolgten Anspruchs rechtsmissbräuchlich ist, regelmäßig unberücksichtigt zu bleiben hätten.
Erweist sich eine vorgerichtliche Abmahnung als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, so fehlt es für ein gerichtliches Vorgehen an der Prozessführungsbefugnis und sind nachfolgende gerichtliche Anträge unzulässig (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 144, 165, 170 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - I ZR 241/99, BGHZ 149, 371, 379 f. - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung; BGH, GRUR 2012, 730 Rn. 47 - Bauheizgerät, mwN). Erfüllt hingegen die vorgerichtliche Abmahnung nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG, so bleibt es dabei, dass die Frage, ob die nachfolgende gerichtliche Anspruchsdurchsetzung als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist, unter Berücksichtigung sämtlicher, auch im Verfahrensverlauf auftretender Umstände zu beurteilen ist.
bb) Der unzutreffende rechtliche Ansatzpunkt des Berufungsgerichts wirkt sich im Ergebnis jedoch nicht aus. Das Berufungsgericht hat in Ansehung der von der Beklagten vorgebrachten tatsächlichen Umstände die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG zutreffend verneint.
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG angenommen.
a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die beanstandete Handlung der Beklagten eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und dass die Parteien des Rechtsstreits Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind.
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung sei im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG irreführend, hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Die Neufassung des § 5 UWG durch das am 10. Dezember 2015 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I, S. 2158) lässt den Unterlassungsanspruch der Klägerin unberührt.
(1) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt und hierfür auf eine am 2. Juli 2013 vorgenommene Handlung der Beklagten Bezug genommen. Der Unterlassungsantrag ist nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten nach dem zur Zeit der Handlung geltenden Recht rechtswidrig war. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 3. März 2011 - I ZR 167/09, GRUR 2011, 474 Rn. 13 = WRP 2011, 1054 - Kreditkartenübersendung; Urteil vom 6. November 2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015, 504 Rn. 8 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille, jeweils mwN).
(2) Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist am Ende des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG mit Bezug auf die irreführende geschäftliche Handlung der Relativsatz angefügt worden "die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte". Diese Änderung trägt dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken Rechnung und beinhaltet gegenüber der bisherigen Rechtslage im Hinblick darauf, dass schon bisher im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG aF die Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung zu prüfen war, keine inhaltliche Änderung (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 18/4535, S. 15).
bb) Bei der Beurteilung von unverbindlichen Preisempfehlungen ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass kartellrechtlich erlaubte Preisempfehlungen grundsätzlich auch lauterkeitsrechtlich zulässig sind (BGH, Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 94/01, GRUR 2004, 246, 247 = WRP 2004, 343 - Mondpreise?; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5 Rn. 7.47; MünchKomm.UWG/Busche, 2. Aufl., § 5 Rn. 463). Nach der Abschaffung der Spezialregelungen zur unverbindlichen Preisempfehlung in §§ 22, 23 GWB aF durch das Siebte GWB-Änderungsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I, S. 1954) unterliegen Preisempfehlungen allein dem - vorliegend nicht betroffenen - allgemeinen kartellrechtlichen Verbot abgestimmter Verhaltensweisen gemäß § 1 GWB und Art. 101 AEUV (Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 7.45; MünchKomm.UWG/Busche aaO § 5 Rn. 463).
Die Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung ist allerdings irreführend, wenn nicht klargestellt wird, dass es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn sie im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht mehr gültig ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1999 - I ZR 131/97, GRUR 2000, 436, 437 = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; Urteil vom 14. November 2002 - I ZR 137/00, GRUR 2003, 446 f. = WRP 2003, 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle; Urteil vom 29. Januar 2004 - I ZR 132/01, GRUR 2004, 437 = WRP 2004, 606 - Fortfall einer Herstellerpreisempfehlung).
cc) Die Revision greift danach ohne Erfolg die Beurteilung des Berufungsgerichts an, die Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung für das vorliegend beworbene Uhrenmodell sei mangels fortbestehender Preisempfehlung des Herstellers irreführend gewesen, weil es sich um ein Auslaufmodell gehandelt habe, das seinerzeit zwar noch habe geliefert werden können, aber in den Fachhandels- und Endkundenportalen nicht mehr angeboten und in den Fachhandelspreislisten seit April 2012 nicht mehr aufgeführt worden sei.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Marktbedeutung der unverbindlichen Preisempfehlung habe seinerzeit fortbestanden, weil von den bei Amazon vertretenen Händlern die Mehrzahl das Uhrenmodell zum Preis von 39,90 € angeboten und ein weiterer Händler sogar einen höheren Preis verlangt habe. Die Revision setzt hiermit lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Es verstößt weder gegen Denkgesetze noch erweist es sich als erfahrungswidrig, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der aus den Jahren 2012 und 2013 stammenden Handelsunterlagen des Herstellers angenommen hat, die Herstellerpreisempfehlung sei entfallen, selbst wenn einzelne Händler die Uhr noch zum zuvor empfohlenen Preis angeboten hätten. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Hersteller auf Nachfrage der Beklagten behauptet hat, seine Preisempfehlung sei im Zeitpunkt des Angebots noch gültig gewesen. Auch hier hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung in nach § 286 ZPO nicht zu beanstandender Weise dem Inhalt der Handelsunterlagen des Herstellers größeres Gewicht beigemessen als einer nachträglich von einer Prozesspartei eingeholten Auskunft.
dd) Die irreführende Werbung mit einer entfallenen Herstellerpreisempfehlung ist geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG aF spürbar zu beeinträchtigen und den Verbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Die Preisempfehlung des Herstellers stellt für den Verbraucher eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Einschätzung der Vorteilhaftigkeit von Marktangeboten dar. Wird nicht kenntlich gemacht, dass eine angegebene Herstellerpreisempfehlung tatsächlich nicht mehr besteht, so besteht daher die Gefahr, dass der Verbraucher seine Kaufentscheidung auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage trifft.
c) Die Revision wendet sich ferner ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte als Täterin für die irreführende Werbung.
aa) Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 183/09, GRUR 2011, 340 Rn. 30 = WRP 2011, 459 - Irische Butter; Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 13 - Geschäftsführerhaftung; Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14, GRUR 2016, 395 Rn. 23 = WRP 2016, 454 - Smartphone-Werbung).
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Verhalten der Beklagten adäquat kausal für die eingetretene Irreführung gewesen.
(1) Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des Zurechnungszusammenhangs dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Nach ständiger Rechtsprechung besteht im Deliktsrecht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und Taterfolg, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1971 - VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 141; Urteil vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4/97, BGHZ 137, 11 , 19 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 26; MünchKomm.BGB/Oetker, 7. Aufl., § 249 Rn. 110). Hieran kann es fehlen, wenn der Geschädigte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1988 - IX ZR 7/87 - NJW 1988, 1262, 1263; BGHZ 137, 11, 19, jeweils mwN). Bei der Ermittlung der Adäquanz ist auf eine nachträgliche Prognose abzustellen, bei der neben den dem Schädiger bekannten Umständen alle einem optimalen Betrachter zur Zeit des Eintritts des Schadensereignisses erkennbaren Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Der so festgestellte Sachverhalt ist unter Heranziehung des gesamten, zur Zeit der Beurteilung zur Verfügung stehenden menschlichen Erfahrungswissens darauf zu prüfen, ob er den Eintritt des Schadens in erheblicher Weise begünstigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1951 - I ZR 31/51, BGHZ 3, 261, 266 f.; Urteil vom 15. Oktober 1971 - I ZR 27/70, VersR 1972, 67, 69).
(2) Nach diesem Maßstab ist die Einstellung des Angebots der Uhr der Marke Casio auf der Internetplattform von Amazon durch die Beklagte adäquat kausal für die Irreführung des angesprochenen Publikums gewesen.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Rahmen eines Angebots auf der Internetplattform www.amazon.de die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung ebenso wie ihre Veränderung nur dem Plattformbetreiber selbst, nicht aber dem diese Plattform nutzenden Händler möglich. Mit der Nutzung der Plattform lässt der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt - wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne weiteres erkennbar ist - im Falle der Hinzufügung einer unzutreffenden Herstellerpreisempfehlung zum irreführenden Gehalt des vom Händler eingestellten Angebots. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zur Einstellung falscher Herstellerpreisempfehlungen kommt, so dass ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe. Dass der Plattformbetreiber selbst fehlerhafte Angaben für möglich hält, folgt nicht zuletzt daraus, dass er den Händlern nach den - auch insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Pflicht auferlegt, die für sein Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit regelmäßig zu kontrollieren. Die dem Plattformbetreiber eingeräumte Möglichkeit, dem Angebot des Händlers von diesem nicht kontrollierte Informationen hinzuzufügen, erweist sich als Umstand, der einen irreführenden Gehalt des Angebots erheblich begünstigt.
Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt. Wenn es - wie das Berufungsgericht ebenfalls von der Revision unbeanstandet festgestellt hat - zur Wahrung der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Produktangebots im Internetportal erforderlich ist, identische Produkte unter einer Identifikationsnummer aufzulisten, und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen, müssen sie auch mit der hiermit potentiell verbundenen Verfälschung ihres Angebots rechnen.
Der Annahme der adäquaten Verursachung der Irreführung steht nicht entgegen, dass selbst bei Löschung des vorliegend beanstandeten Angebots die fehlerhafte Herstellerpreisempfehlung im Zusammenhang mit anderen Angeboten des Uhrenmodells im Internetportal sichtbar bleiben kann. Mit der Löschung entfällt das irreführende Angebot, für das die Beklagte verantwortlich ist. Im Übrigen kann derjenige, der wettbewerbswidrig handelt, seiner Haftung nicht dadurch entgehen, dass er darauf verweist, gleichgelagerte Wettbewerbsverstöße Dritter dauerten fort (vgl. [zur Verletzung des Urheberrechts] BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, GRUR 2016, 268 Rn. 47 = WRP 2016, 341 - Störerhaftung des Accessproviders).
(3) Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch dazu, dass einem Unternehmen, welches sich nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Werbung als hierfür verantwortlich geriert, der Nachweis offensteht, tatsächlich nicht in der Lage gewesen zu sein, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 31 - Irische Butter; GRUR 2016, 395 Rn. 23 - Smartphone-Werbung). Diese Rechtsprechung betrifft Sachverhalte, in denen das in Anspruch genommene Unternehmen gerade jeglichen Tatbeitrag in Abrede stellt. In der vorliegenden Konstellation steht aber nicht im Streit, dass die Beklagte die Veröffentlichung des beanstandeten Uhrenangebots auf der Internetplattform selbst veranlasst hat. In diesem Fall haftet die Beklagte als Täterin für die adäquat kausal verursachte Irreführung (vgl. BGH, GRUR 2016, 395 Rn. 26 - Smartphone-Werbung).
(4) Die Beklagte hat, indem sie dem Plattformbetreiber die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild ihres Angebots eingeräumt hat, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Gewähr für die Richtigkeit der vom Plattformbetreiber vorgenommenen Angaben übernommen.
III. Die Revision ist danach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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