Der Verkehrsunfall ereignete sich
auf einer schmalen Straße in einem Kurvenbereich. Die Kollision ereignete sich
etwas über der (gedachten) Mittelinie auf der Fahrbahnseite der Klägerin. Das
Landgericht wies die Klage ab. Im Rahmen der Berufung erfolgte ein
Hinweisbeschluss durch das OLG Köln, dass dieses beabsichtige, die Berufung
zurückzuweisen.
Nach Auffassung des OLG sei eine
Verpflichtung der Beklagten (Fahrer, Halter und Versicherer des Traktors mit
Anhänger) zur Zahlung von Schadensersatz nach § 17 Abs. 3 StVG nicht gegeben.
Es handele sich für die Beklagten um ein unabwendbares Ereignis. Unter
unabwendbaren Ereignis sei nicht eine absolute Unvermeidbarkeit zu verstehen,
sondern gemeint sei ein Schadensereignis, welches auch bei der äußersten Sorgfalt
nicht abgewendet werden könne. Dazu sei ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges
Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt iSv.
§ 276 BGB erforderlich. Der Schädiger sei nach dem Zweck des § 17 Abs. 3 StVG
von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigen Vorgehen nicht
vermeiden ließen, ohne dass eine absolute Unvermeidbarkeit gefordert würde. Denn
es müsse auch bei dem geforderten „Idealfahrer“ als Maßstab menschliches
Vermögen den Erfordernissen des Straßenverkehrs angepasst sein.
Damit sei aber auf der Grundlage
des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens der Unfall für den
Fahrer des Traktors unabwendbar. Seine Reaktion und sein verhalten hätten demjenigen
eines Idealfahrers entsprochen.
Nach der sachverständigen Feststellung
habe sich das klägerische Fahrzeug vor dem Unfallereignis mit seiner linken
Seite im Bereich der gedachten Fahrbahnmitte befunden. Auch wenn die Klägerin
die Fahrbahnmitte nicht überfahren haben sollte, würde die Bremsreaktion des
Fahrers des Traktors den Anforderungen an einen Idealfahrer gerecht werden, da
sich nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien die Fahrzeuge im Kurvenbereich
plötzlich gegenüber befunden hätten und
ein Ausweichen des Traktors nach rechts wegen eines Felsvorsprungs nicht
möglich gewesen sei. Dies gilt auch, obwohl durch ABS und Anhängerbremse der Traktor
durch das Abbremsen in Richtung Fahrbahnmitte geriet und so die Kollision
verursacht worden sei.
Zwar wäre nach den
sachverständigen Feststellungen der Verkehrsunfall ohne das Abbremsen des
Traktors verhindert worden. Es könne auf sich beruhen, ob dem Fahrer eine falsche
Reaktion im ersten Schreck zuzubilligen sei (so BGH, Urteil vom 23.09.1986 - VI
ZR 136/85 -), da hier auch der Idealfahrer in der konkreten Gefahrensituation
nicht hätte erkennen können, dass ohne sein Abbremsen eine Kollision vermeidbar
wäre. Dies würde sich auch daraus ergeben, dass eine Vermeidung nicht nur von
der eigenen Reaktion des Traktorführers abhing, sondern auch von der unbekannten
Reaktion der Klägerin. In Ansehung auch von zu erwartenden erheblichen Schäden
(einschl. Personenschäden) im Falle einer ungebremsten Kollision war damit dem
Traktorfahrer auch bei dem größtmöglichen Sorgfaltsmaßstab nicht anzulasten, dass
er das von ihm geführte Gespann bei Auftauchen des klägerischen PKW im Bereich
der Fahrzeugmitte abbremste.
Unbehelflich sei der Hinweis der
Klägerin auf eine Überbreite des Traktorgespanns, da nach den Feststellungen des
Sachverständigen und vorliegenden Fotos der Traktor mit Anhänger sowie der PKW
der Klägerin im Kurvenbereich gefahrlos hätten aneinander vorbeifahren können.
Dabei sei ferner zu
berücksichtigen, dass das Gespann äußerst rechts geführt wurde und mit einer Geschwindigkeit,
mit der die Kurve auch gefahrlos zu passieren war. Die Ausgangsgeschwindigkeit
hätte nach dem Sachverständigen in einer Größenordnung von 25km/h gelegen, die
Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich zwischen 10 und 15 km/h. Eine weitere
Geschwindigkeitsreduzierung (unter 25km/h) sei auch für den Idealfahrer hier
nicht notwendig gewesen, zumal eine noch langsamere Geschwindigkeit die
Gefahren für einen den Traktor nachfolgenden Verkehr sich gerade in dem unübersichtlichen
Kurvenbereich erhöht hätten. Der Traktorfahrer, der äußerst vorsichtig und am
rechten Fahrbahnrand unter Wahrung der gebotenen Kurven- und Höchstgeschwindigkeit
fuhr, hätte mangels erkennbarer vertrauenserschütternder Gründe nicht noch zusätzlich
darauf achten müssen, dass ihm in der Kurve plötzlich ein PKW in Fahrbahnmitte
entgegen kommt.
Allerdings habe die Klägerin
gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, da der Sachverständige festgestellt habe,
dass sich die Klägerin jedenfalls mit der linken Seite des PKW im Bereich der Fahrbahnmitte
befand. Dass ein Überschreiten der Fahrbahnmitte nicht habe festgestellt werden
können, sei für die rechtliche Bewertung des Fehlverhaltens der Klägerin als
Verstoß gegen § 2 Abs. 2 StVO unbeachtlich.
Anmerkung: Da die Berufung nicht
zurückgenommen wurde, wies das OLG in der Folge die Berufung mit Beschluss vom 03.06.2020 nach
§ 522 ZPO zurück.
OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 20.04.2020 - I-12 U 190/19 -