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Samstag, 13. Juni 2020

Beitragspflicht für Schmutzwasserableitung trotz fehlenden Anschlusses bei Friedhof mit Kapelle ?


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, welches als Friedhof genutzt wurde und mit einer Kapelle bebaut war. Der Beklagte verlangte von ihr mit Bescheid vom 13.11.2017 Schmutzwasserbeitrag, wobei er von einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 525qm (bei einer Gesamtgrundstücksfläche von 6.814qm) sowie einer zulässigen Vollgeschossen von 1,00 ausging. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Mit ihrer Klage machte die Klägerin  geltend, dass  ein Abwasseranschluss nicht vorhanden sei und auch keine Anlagen vorhanden seien, für die ein solcher benötigt würde. Die Klage war erfolgreich.

Rechtsgrundlage des Bescheides war die auf §§ 1, 2 und 8 KAG Brandenburg beruhende Schmutzwasserbeitragssatzung (SWBS) gewesen. Das Verwaltungsgericht (VG) negierte eine Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1, 2 SWBS, wonach der Beitragspflicht Grundstücke unterliegen, die an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen, oder eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie aber  nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen, oder bereits eine bauliche oder gewerbliche Nutzung unterliegen oder bereits an die Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen wären. Die Beitragspflicht würde aber bei Bestehen einer tatsächlichen Anschlussmöglichkeit bei einem (wie hier) im Außenbereich belegenen Grundstück nur entstehen, wenn durch für das Grundstück ein wirtschaftlicher Vorteil entstünde.

Eine Anschlussmöglichkeit bejahte das VG vorliegend für das im Auß0enbereich belegene Grundstück. Es sei auch mit einer Kapelle bebaut. Allerdings würde der notwendige wirtschaftliche Vorteil nicht bestehen, § 3 Abs. 2 S. 2 SWBS. Weder würde für das als Friedhof mit einer Kapelle genutzte Grundstück eine größere Ausnutzbarkeit entstehen, noch eine erstmalige Bebauungsmöglichkeit. Auch die tatsächlich bestehende Bebauung ändere nichts daran, dass für das Grundstück im Außenbereich grundsätzlich kein Baurecht bestünde, § 35 BauGB. Damit würde ersichtlich keine Abwasserrelevanz bestehen.

Auch wenn bei Parkhäusern wegen typischerweise vorhandener Toilettenanlagen (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.12.1993 - 2 L 135/92 -) und bei Grundstücken mit Kirchen aus diesem Grund ein voller wirtschaftlicher Vorteil angenommen würde, ergäbe sich etwas anderes bei einer Bebauung, die  nur eines Teilanschlusses bedürfe. Dies sei z.B. bei einzelnen Garagen der Fall, die nur der Unterstellung des Fahrzeuges dienen würden. Bei Campingplätzen u.ä. käme es darauf an, ob diese zur Erfüllung ihres Zwecks auf Anlagen angewiesen seien, in denen typischerweise Abwasser anfalle.

Gemessen daran sei für einen Friedhof eine Abwasserrelevanz nicht zu sehen. Der in der Literatur vertretenen Rechtsansicht bei Friedhöfen mit Leichenhallen oder Kapellen, die in diesen Fällen eine Abwasserrelevanz sehen würden, würde nicht gefolgt. Bei einer Kapelle ohne Vorrichtung, die einen Schmutzwasseranfall zur Folge haben könnte,  sei eine Abwasserrelevanz nicht zu sehen. Sie diene nur dem kurzfristigen Aufenthalt von Friedhofbesuchern und habe keinen Zweck, der die Vorhaltung von Toilettenanlagen erforderlich mache, was auch für einen Friedhof als solchen gelte.

VG Cottbus, Urteil vom 08.06.2020 - 4 K 1129/19 -

Montag, 15. August 2016

Bauträger: Abwasserversorgung über Nachbargrundstück ist Mangel der schlüsselfertigen Herstellungsverpflichtung

Die Beklagten haben von der Beklagten, einem Bauträger, eine Eigentumswohnung auf dem Flurstück 91 erworben. Ursprünglich plante die Beklagte, sowohl dieses Flurstück als auch das angrenzende Nachbarflurstück 92 mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen, die eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft bilden sollten. Dazu kam es nicht; auf jedem Flurstück wurde jeweils eine rechtlich eigenständige Wohnungseigentümergemeinschaft begründet. Ohne dass sich dies aus den eventuell den Klägern übergebenden Plänen ersichtlich wäre noch sonstwie für die Kläger erkennbar gewesen wäre oder diesen mitgeteilt wurde, wurden die Regenwasserentwässerung und die Schmutzwasserabführung allerdings von dem direkt an einer öffentlichen Straße (K-Straße) befindlichen Flurstück 91 auf das unterhalb belegenen Flurstück 92 und von dort wieder mittels einer Hebeanlage zur öffentlichen Kanalisation in die K-Straße gepumpt. Hierzu existiert eine Grunddienstbarkeit, die nach Abschluss des notariellen Vertrages zwischen den Parteien im Grundbuch gewahrt wurde.


Die Kläger halten die Erstellung der Abwasserversorgung durch den beklagten Bauträger für mangelhaft und klagten darauf, dass die Ableitung des Wassers (Schmutzwasser und Oberflächenabwasser) des Bauvorhabens K...Straße 126 und 128 in W ... , soweit dieses nicht über Rigolen versickert wird, mangelfrei herzustellen ist, indem das in ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung in der K...Straße anfallende Abwasser auf direktem Wege in die Wasserleitung eingeleitet wird, ohne das Abwasser zuvor über eine Hebeanlage zu führen, sowie das unterhalb ausreichender Höhe oberhalb der Rückstauebene der öffentlichen Abwasserleitung anfallende Abwasser über eine in Höhe des Abwasseranfalles auf dem Grundstück K...Straße 126 und 128 zu errichtende Hebeanlage - und nicht über eine auf erheblich tieferem Höhenniveau und auf einem fremden Grundstück befindliche Hebeanlage - in die öffentliche Abwasserleitung zu führen.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen Gerichte Berufung der Beklagten wurde vom OLG zurückgewiesen. Mit Beschluss des BGH vom 12.01.2016 – VII ZR 207/13 – wurde die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen.

Das OLG stellte darauf ab, dass nach dem notariellen Kaufvertrag und der diesem beigefügten Baubeschreibung die Beklagte zur schlüsselfertigen Herstellung des Bauvorhabens einschließlich privater Erschließungsanlagen verpflichtet war. Nach dem Kaufvertrag sollten auch die Kosten für Anlagen, die auf dem Kaufgrundstück zur Abwasserbeseitigung errichtet werden, abgegolten sein. Von daher hätten hier die Kläger ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Begriff „privat“ hier nicht als Abgrenzung zu „öffentlich“ zu verstehen ist, wobei der beklagten die Herstellung im öffentlichen Bereich ohnehin nicht oblegen hätte.

Da es im übrigen an Anhaltspunkten fehlte, dass der Anschluss hier über das Flurstück 92 geführt wird, zumal das Flurstück 91 direkt an der öffentlichen Straße (K-Straße) lag, auf der die öffentliche Kanalisation verläuft, an der anzuschließen ist, mussten die Kläger von einer Verlegung über ein anders Grundstück nicht ausgehen und stellt sich dies nicht nur als ein minus, sondern als ein Mangel dar.

Als Hilfserwägung führte das OLG aus: Auch wenn ein Mangel  nicht angenommen würde, wenn der Erwerber zwar kein Eigentum erlangen würde, aber eine diesem gleichwertige Position, dass kein wirtschaftlicher Nachteil bestünde, könnte davon hier nicht ausgegangen werden. Denn vorliegend ginge es nicht alleine um das Recht, eine Leitung über das Nachbargrundstück zu führen, sondern darum, eine auf dem Nachbargrundstück befindliche Hebeanlage gemeinsam mit den Eigentümern des Nachbargrundstücks zu betreiben. Die Grundschuld ließe nicht erkennen, dass Streitigkeiten schlicht ausgeschlossen wären, da auch nicht ein recht zur möglichen Erweiterung der Anlage geregelt wäre. Im übrigen wäre erkennbar, dass jegliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Hebeanlage dadurch erschwert würde, dass zwei Eigentümergemeinschaften darüber befinden müssten, nicht nur eine. Zudem müssten die Eigentümer von Flurstück 91 gegebenenfalls eine Duldung auf Zutritt auf das Grundstück Flurstück 92 erstreiten.


OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2013 – 21 U 125/12 -