Die Klägerin begehrte die Räumung
und Herausgabe von Gewerberäumen.
Beklagte hatte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 08.12.1998
einen Mietvertrag geschlossen (der u.a. vorsah dass die Müllgebühren zu den vom
Mieter zu tragenden Betriebskosten gehören) und am 11.10.2006 einen „1.
Nachtrag zum Mietvertrag“. In dem Nachtrag wurde eine Indexierung vereinbart.
Ferner enthielt der Nachtrag eine Regelung, dass den Parteien bekannt sei, dass
„dieser Mietvertrag, der eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat… der Schriftform
bedarf.“ Damit im Zusammenhang heißt es: „Sie verpflichten sich deshalb
gegenseitig, auf jederzeitiges verlangen einer Partei alle Handlungen
vorzunehmen, und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem
gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun. Dies gilt sowohl für den
Mietvertrag, als auch sämtliche Nachtrags-, Änderungs- und
Ergänzungsvereinbarungen.“
Mit der Klägerin wurde am
16.12.2009 ein 2. Nachtrag geschlossen, nach der die Mietzeit bis zum 31.05.2020
(mit Verlängerungsoption für den beklagten) verlängert wurde. Auch hier wurde
eine Klausel in Bezug auf das ausdrücklich benannte Schriftformerfordernis nach
§ 550 BGB aufgenommen mit der Ergänzung dahingehend, bis zur Vornahme eventuell
notwendiger Handlungen und Erklärungen das Mietverhältnis nicht unter Berufung
auf die fehlende Schriftform zu kündigen. Mit einem Schreiben vom 15.01.2011
bat die Klägerin den Beklagten um eine Veränderung der Indexklausel, wonach
statt 10%-Punkte nunmehr 5%-Punkte für eine Anpassung ausreichend sein sollten
und der Beklagte dies mit dem handschriftlichen Zusatz „6% einverstanden“
zurücksandte.
Mit Schreiben vom 20.06.2014
kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 31.12.2014. Im Berufungsverfahren
legte sie ein Schreiben des Beklagten vom 24.12.2015 vor, mit dem dieser sich
gegen die Abrechnung von Müllgebühren wandte mit Hinweis darauf, sich mit dem
vormaligen Eigentümer geeinigt zu haben, dass für ihn eine Mülltonne nicht
angeschafft würde.
Der BGH sah das Schriftformerfordernis
des Vertrages, welches für die vereinbarte Mietzeit bis 2020 erforderlich wäre und der hier vorliegenden
ordentlichen Kündigung entgegenstehen würde, als nicht gegeben an. Er verwies darauf, dass das Schriftformerfordernis
bedeute, dass sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen (so insbes. Mietgegenstand, Miethöhe,
Mietdauer und Parteien) aus der von beiden Parteien zu unterzeichnenden Urkunde
ergeben müsse. Ergibt sich dies nur aus möglichen Anlagen, sei eine zweifelsfreie
Verbindung (die nicht notwendig körperlich sein müsse) erforderlich. Dem
entsprächen die Bezugnahmen in den zwei Nachträgen und dem ursprünglichen
Mietvertrag. Auch die Müllgebühren würden hier der Schriftformklausel nicht
entgegenstehen, da der Beklagte ohnehin nur die Kosten zu tragen habe, die (für
ihn auch) anfallen. Allerdings sei die Änderung der Indexierung nicht von der
Schriftformklausel gedeckt, da hier (auch nicht gedanklich) auf die wesentlichen
Grundlagen der vertraglichen Regelungen verwiesen wurde, sondern lediglich
diese Klausel angesprochen wurde.
Dies konnte vorliegend nach
Auffassung des BGH auch nicht durch die Schriftformklausel geheilt werden.
Derartige Schriftformklauseln wären möglich, wenn z.B. in einem Vorvertrag ein
langfristiges Mietverhältnis vereinbart worden wäre oder wenn bei nachträglichen
Vereinbarungen dafür Sorge getragen werden solle, dass die Schriftform gewahrt
wird und dadurch die langfristige Bindung gesichert würde. In diesen Fällen
würde es darum gehen, den Vorgaben des Vorvertrages zu entsprechen und einen formwirksamen
Vertrag zu schaffen oder um einem konkret befürchteten Formmangel
entgegenzuwirken. Vorliegend sei dies aber anders. Hier sollte für jedweden
fall des Verstoßes eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Schriftform
bestehen. Im Übrigen aber sei mit Blick auf den Schutzzweck des § 550 BGB die
Schriftformheilungsklausel nicht wirksam abdingbar. Denn im Falle ihrer Gültigkeit
würde der von ihr vorgesehene Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige
Warnfunktion letztlich leerlaufen.
Allerdings wäre dies hier für die
Klägerin nicht weiterführend. Denn insoweit nahm der BGH einen Verstoß gegen
Treu und Glauben (§ 242 BGB) an. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben läge dann
vor, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Vereinbarung,
die nur ihrem Vorteil diene, nur wegen der fehlenden Schriftform zum Anlas
nähme, sich von einem ihr zwischenzeitlich als lästig angesehenen Mietvertrag
zu lösen. Die Neureglung der Indexierung, für der es an der Schriftform fehlt,
was sich auf den Mietvertrag insgesamt auswirkt, wäre hier für die Klägerin
vorteilhaft gewesen, da die Erhöhung statt erst nach einer Indexänderung von
19%-Punkten schon ab (so die Zustimmung des Beklagten) 6%-Punkten möglich
wurde.
BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -