Die Klägerin begehrte die Räumung
und Herausgabe von Gewerberäumen.
Beklagte hatte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 08.12.1998
einen Mietvertrag geschlossen (der u.a. vorsah dass die Müllgebühren zu den vom
Mieter zu tragenden Betriebskosten gehören) und am 11.10.2006 einen „1.
Nachtrag zum Mietvertrag“. In dem Nachtrag wurde eine Indexierung vereinbart.
Ferner enthielt der Nachtrag eine Regelung, dass den Parteien bekannt sei, dass
„dieser Mietvertrag, der eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat… der Schriftform
bedarf.“ Damit im Zusammenhang heißt es: „Sie verpflichten sich deshalb
gegenseitig, auf jederzeitiges verlangen einer Partei alle Handlungen
vorzunehmen, und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem
gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun. Dies gilt sowohl für den
Mietvertrag, als auch sämtliche Nachtrags-, Änderungs- und
Ergänzungsvereinbarungen.“
Mit der Klägerin wurde am
16.12.2009 ein 2. Nachtrag geschlossen, nach der die Mietzeit bis zum 31.05.2020
(mit Verlängerungsoption für den beklagten) verlängert wurde. Auch hier wurde
eine Klausel in Bezug auf das ausdrücklich benannte Schriftformerfordernis nach
§ 550 BGB aufgenommen mit der Ergänzung dahingehend, bis zur Vornahme eventuell
notwendiger Handlungen und Erklärungen das Mietverhältnis nicht unter Berufung
auf die fehlende Schriftform zu kündigen. Mit einem Schreiben vom 15.01.2011
bat die Klägerin den Beklagten um eine Veränderung der Indexklausel, wonach
statt 10%-Punkte nunmehr 5%-Punkte für eine Anpassung ausreichend sein sollten
und der Beklagte dies mit dem handschriftlichen Zusatz „6% einverstanden“
zurücksandte.
Mit Schreiben vom 20.06.2014
kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 31.12.2014. Im Berufungsverfahren
legte sie ein Schreiben des Beklagten vom 24.12.2015 vor, mit dem dieser sich
gegen die Abrechnung von Müllgebühren wandte mit Hinweis darauf, sich mit dem
vormaligen Eigentümer geeinigt zu haben, dass für ihn eine Mülltonne nicht
angeschafft würde.
Der BGH sah das Schriftformerfordernis
des Vertrages, welches für die vereinbarte Mietzeit bis 2020 erforderlich wäre und der hier vorliegenden
ordentlichen Kündigung entgegenstehen würde, als nicht gegeben an. Er verwies darauf, dass das Schriftformerfordernis
bedeute, dass sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen (so insbes. Mietgegenstand, Miethöhe,
Mietdauer und Parteien) aus der von beiden Parteien zu unterzeichnenden Urkunde
ergeben müsse. Ergibt sich dies nur aus möglichen Anlagen, sei eine zweifelsfreie
Verbindung (die nicht notwendig körperlich sein müsse) erforderlich. Dem
entsprächen die Bezugnahmen in den zwei Nachträgen und dem ursprünglichen
Mietvertrag. Auch die Müllgebühren würden hier der Schriftformklausel nicht
entgegenstehen, da der Beklagte ohnehin nur die Kosten zu tragen habe, die (für
ihn auch) anfallen. Allerdings sei die Änderung der Indexierung nicht von der
Schriftformklausel gedeckt, da hier (auch nicht gedanklich) auf die wesentlichen
Grundlagen der vertraglichen Regelungen verwiesen wurde, sondern lediglich
diese Klausel angesprochen wurde.
Dies konnte vorliegend nach
Auffassung des BGH auch nicht durch die Schriftformklausel geheilt werden.
Derartige Schriftformklauseln wären möglich, wenn z.B. in einem Vorvertrag ein
langfristiges Mietverhältnis vereinbart worden wäre oder wenn bei nachträglichen
Vereinbarungen dafür Sorge getragen werden solle, dass die Schriftform gewahrt
wird und dadurch die langfristige Bindung gesichert würde. In diesen Fällen
würde es darum gehen, den Vorgaben des Vorvertrages zu entsprechen und einen formwirksamen
Vertrag zu schaffen oder um einem konkret befürchteten Formmangel
entgegenzuwirken. Vorliegend sei dies aber anders. Hier sollte für jedweden
fall des Verstoßes eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Schriftform
bestehen. Im Übrigen aber sei mit Blick auf den Schutzzweck des § 550 BGB die
Schriftformheilungsklausel nicht wirksam abdingbar. Denn im Falle ihrer Gültigkeit
würde der von ihr vorgesehene Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige
Warnfunktion letztlich leerlaufen.
Allerdings wäre dies hier für die
Klägerin nicht weiterführend. Denn insoweit nahm der BGH einen Verstoß gegen
Treu und Glauben (§ 242 BGB) an. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben läge dann
vor, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Vereinbarung,
die nur ihrem Vorteil diene, nur wegen der fehlenden Schriftform zum Anlas
nähme, sich von einem ihr zwischenzeitlich als lästig angesehenen Mietvertrag
zu lösen. Die Neureglung der Indexierung, für der es an der Schriftform fehlt,
was sich auf den Mietvertrag insgesamt auswirkt, wäre hier für die Klägerin
vorteilhaft gewesen, da die Erhöhung statt erst nach einer Indexänderung von
19%-Punkten schon ab (so die Zustimmung des Beklagten) 6%-Punkten möglich
wurde.
BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Oktober 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
- Von Rechts wegen
Tatbestand
- Die Klägerin begehrt als Vermieterin vom Beklagten als Mieter Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen.
- Mit Vertrag vom 8. Dezember 1998 mietete der Beklagte von der D. K. AG Ladenräume. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen Gewerbemietvertrag (AVB) und die Hausordnung waren als Bestandteile in den Vertrag einbezogen. Nach Ziffer 6.1 Buchstabe e der AVB gehören zu den vom Mieter zu tragenden Betriebskosten unter anderem die für die Müllabfuhr zu entrichtenden Gebühren.
- Am 11. Oktober 2006 schlossen die Vertragsparteien einen "1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 04.12./08.12.1998". Mit diesem ersetzten sie unter anderem - unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen des Ausgangsmietvertrags im Übrigen - die im ursprünglichen Mietvertrag enthaltene Indexklausel wie folgt:
- "Verändert sich der vom Statistischen Bundesamt für die Bundesrepublik Deutschland festgestellte Verbraucherpreisindex … gegenüber dem Stand Juni 1999 (2000 = 100) um mindestens 10 Punkte, so verändert sich die Miete in dem gleichen prozentualen Verhältnis … Sollte der bisherige Preisindex vom Statistischen Bundesamt … umbasiert oder in seiner bisherigen Form nicht mehr fortgeführt werden, so tritt an seine Stelle der ihm am nächsten kommende neue Index."
- Außerdem enthielt der Nachtrag in Ziffer 6 folgende Regelung:
- "Den Parteien ist bekannt, dass dieser Mietvertrag, der eine Laufzeit von mehr als einem Jahr hat, … der Schriftform bedarf. Die Parteien wollen diese Schriftform einhalten. Sie verpflichten sich deshalb gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um den gesetzlichen Schriftformerfordernissen Genüge zu tun. Das gilt sowohl für den Mietvertrag, als auch für sämtliche Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen."
- Am 16. Dezember 2009 wurde ein "2. Nachtrag zum Mietvertrag vom 04.12./08.12.1998 nebst 1. Nachtrag vom 07.10./11.10.2006" abgeschlossen. Auf Vermieterseite war daran die aufgrund zwischenzeitlichen Eigentumserwerbs in die Vermieterstellung eingetretene G. S.à.r.l. & Co. KG beteiligt. Diese wiederum hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 8. Dezember 2009 das Grundstück an die Klägerin verkauft, die nach dem 16. Dezember 2009 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. In dem 2. Nachtrag wurde unter anderem - unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen des Ausgangsmietvertrags und des ersten Nachtrags im Übrigen - die Mietzeit bis zum 31. Mai 2020 (mit einer einmaligen Verlängerungsoption für den Beklagten um fünf Jahre) verlängert. Außerdem war unter Ziffer 7 Folgendes vereinbart:
- "Die Parteien verpflichten sich gegenseitig, … jederzeit alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Nachtrages sowie weiteren Nachträgen, Genüge zu tun und bis dahin den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen."
- In einem Schreiben vom 15. Januar 2011 legte die Klägerin dem Beklagten das Begehren dar, die Wertsicherungsklausel dahingehend zu ändern, dass bei Veränderung des Verbraucherpreisindex um 5 % eine entsprechende Änderung der Miete eintreten solle. Der Beklagte vermerkte auf dem Schreiben handschriftlich "6 % einverstanden", unterschrieb diesen Vermerk und gab das Schreiben an die Klägerin zurück. Diese teilte dem Beklagten im Mai 2011 mit, dass der Verbraucherpreisindex seit der letzten Mietkorrektur um 6 % gestiegen sei und sich daher eine entsprechend erhöhte Miete ergebe, die der Beklagte fortan auch entrichtete.
- Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 erklärte die Klägerin die ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2014. Ihre auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ein Schreiben des Beklagten vom 24. Dezember 2015 vorgelegt, mit dem dieser sich gegen die Aufnahme von Müllgebühren in die Betriebskostenabrechnung 2013 gewandt und ausgeführt hat, mit dem früheren Eigentümer habe es eine Absprache gegeben, dass für ihn - den Beklagten - keine Mülltonne angeschafft werde. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Räumungs- und Herausgabebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- Die Revision hat keinen Erfolg.
- I.
- Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
- Wegen der im zweiten Nachtrag vereinbarten festen Laufzeit sei das Mietverhältnis durch die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung nicht beendet worden. Dass die damalige Vermieterin im Verhältnis zur Klägerin nicht ohne deren vorherige Zustimmung zum Abschluss dieses Nachtrags berechtigt gewesen sein möge, sei für die Wirksamkeit der Vereinbarung im Außenverhältnis zum Beklagten ohne Belang. Die im Ausgangsvertrag und den beiden Nachträgen niedergelegte Vereinbarung wahre die Schriftform des § 550 BGB. Der zweite Nachtrag nehme auf den Ursprungsmietvertrag und den ersten Nachtrag ausdrücklich Bezug, zähle die zu ändernden Regelungen abschließend auf und erkläre die übrigen Bestimmungen für weiterhin anwendbar. Er sei von den Mietvertragsparteien unterschrieben und enthalte die essentialia negotii. Einer körperlichen Verbindung mit dem ursprünglichen Mietvertrag bedürfe es ebenso wenig wie einer Bezugnahme im Ursprungsvertrag auf die Änderungsvereinbarungen. Ohne Belang sei auch, ob die zu Vertragsbestandteilen erklärten Anlagen körperlich mit dem Ursprungsvertrag verbunden gewesen seien.
- Keiner Entscheidung bedürfe, ob es sich bei der Frage der anteiligen Beteiligung des Beklagten an den Müllgebühren um eine wesentliche Vertragsbedingung handele. Denn anhand des Schreibens des Beklagten vom 24. Dezember 2015 lasse sich keine vom schriftlichen Vertrag abweichende mündliche Vertragsregelung feststellen. Der Beklagte verweise auf eine abgesprochene "Praxis". Dass dies rechtsverbindlich unter Abänderung des geschlossenen Vertrags geregelt worden sein soll, lasse sich dem nicht mit der zu fordernden Deutlichkeit entnehmen. Sofern der Beklagte nämlich lediglich die Fortsetzung einer langjährigen, aber unverbindlichen Übung fordere, lasse dies keinen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis erkennen.
- Bei der Vereinbarung einer neuen Wertsicherungsregelung durch die Parteien im Jahre 2011 handele es sich um eine wesentliche Vertragsbedingung. Insoweit fehle es an der Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag und die beiden Nachträge und damit an der für § 550 BGB erforderlichen Urkundeneinheit. Indessen liege ein Ausnahmefall vor, in dem die Klägerin nach Treu und Glauben gehindert sei, sich auf den Schriftformverstoß zu berufen. Dabei komme es nicht entscheidend auf den Gesichtspunkt der existenziellen Bedrohung des Beklagten durch die Kündigung an. Die Klägerin habe auf die Änderung der aus ihrer Sicht undurchführbar oder zumindest unpraktikabel gewordenen früheren Wertsicherungsklausel gedrungen und aus der allein ihren Interessen dienenden Neuregelung Rechtsfolgen hergeleitet. Zudem seien ihr zum Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung die beiden Nachträge mit den Regelungen in Ziffer 6 des ersten Nachtrags bzw. Ziffer 7 des zweiten Nachtrags bekannt gewesen. Die darin enthaltenen Schriftformheilungsklauseln seien individualvertraglich vereinbart. Geklärt sei zwar, dass solche Klauseln für sich genommen einen Grundstückserwerber nicht daran hindern könnten, einen Mietvertrag, in den er eingetreten sei, unter Berufung auf den Schriftformmangel zu kündigen, ohne zuvor vom Mieter die Heilung des Mangels zu verlangen. Das schließe es aber nicht aus, der Klausel die auch für den Erwerber geltende Verpflichtung zu entnehmen, auf die Einhaltung des Schriftformerfordernisses hin- und daran mitzuwirken. Ein schuldhafter Verstoß hiergegen könne als einer von mehreren Aspekten im Rahmen der Beurteilung der Treuwidrigkeit berücksichtigt werden. Den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen habe die Konstellation zugrunde gelegen, dass der Grundstückserwerber den Mietvertrag wegen eines vor seinem Eintritt geschehenen Schriftformverstoßes gekündigt habe. Im vorliegenden Fall habe hingegen der aktuelle Vermieter selbst und in Kenntnis der ihn bindenden Klausel den Schriftformverstoß herbeigeführt. Angesichts der Umstände würde daher die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung zu einem mit Treu und Glauben schlechterdings nicht vereinbaren Ergebnis führen.
- II.
- Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Obwohl der Mietvertrag, in den die Klägerin gemäß §§ 578 Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB eingetreten ist, nicht der Schriftform nach §§ 578 Abs. 1, 550 Satz 1 BGB entspricht, ist die Klägerin nach Treu und Glauben gehindert, von dem aus §§ 550 Satz 1, 542 Abs. 1 BGB folgenden ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.
- 1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass der Mietvertrag zwar bei Eintritt der Klägerin in den Vertrag der Schriftform des § 550 BGB entsprach sowie eine feste Laufzeit bis zum 31. Mai 2020 aufwies, die von den Parteien im Januar 2011 vorgenommene Änderung der Wertsicherungsklausel jedoch schriftformwidrig erfolgte.
- a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Schriftform des § 550 BGB sei vorliegend nicht gewahrt, weil es im Ausgangsvertrag an einer Verweisung auf die beiden Nachträge fehle.
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert § 550 BGB, dass sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die Miethöhe sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss. Ergibt sich der Zusammenhang mehrerer Schriftstücke aus einer Bezugnahme, ist es erforderlich, dass vom aktuellen Vertrag auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Urkunden verwiesen ist, mit denen die der Schriftform unterliegenden vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfasst sind. Treffen die Mietvertragsparteien nachträglich eine Vereinbarung, mit der wesentliche Vertragsbestandteile geändert werden sollen, muss diese zur Erhaltung der Schriftform des § 550 Satz 1 BGB hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nehmen, die geänderten Regelungen aufführen und erkennen lassen, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleiben soll (Senatsurteile BGHZ 205, 99 = NJW 2015, 2034 Rn. 27; vom 11. Dezember 2013 - XII ZR 137/12 - ZMR 2014, 439 Rn. 16 und vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12 - NJW 2013, 1083 Rn. 22 mwN).
- bb) Diesen Anforderungen genügen der ursprüngliche Mietvertrag sowie die beiden Nachträge. Im Ausgangsvertrag ist auf die Anlagen, in die vertragswesentliche Regelungen ausgelagert waren, hinreichend deutlich Bezug genommen. Die beiden Nachträge wiederum bezeichnen das jeweils abzuändernde Vertragswerk sowie die Neuregelungen und stellen klar, dass es im Übrigen bei den bestehenden Vereinbarungen bleibt. Mehr - insbesondere das Anbringen eines Hinweises bezüglich der Nachträge auf der Urkunde des Ausgangsvertrags (so Schmidt-Futterer/Lammel Mietrecht 13. Aufl. § 550 BGB Rn. 44 f.) - ist im Rahmen von § 550 BGB nicht zu verlangen. Die erforderliche gedankliche Verklammerung zwischen ursprünglichem Vertrag und Nachtrag ist vielmehr im jeweiligen Nachtrag hergestellt, der durch die Dokumentation der Änderungen und - durch die Inbezugnahme des Ausgangsvertrags - des im Übrigen fortgeltenden Regelungsbestands den aktuellen Vertragsstand wiedergibt (vgl. Senatsurteil BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 21).
- cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Schriftformverstoß auch im Zusammenhang mit der Betriebskostenposition der Müllkosten abgelehnt. Dem Schreiben des Beklagten, auf das sich die Klägerin insoweit beruft, lässt sich bereits nicht die Behauptung einer mündlichen, den schriftlichen Vertrag abändernden Vereinbarung entnehmen. Denn die insoweit einschlägigen AVB enthalten neben der an Anlage 3 zur II. Berechnungsverordnung (vgl. heute § 2 BetrKV) orientierten Aufzählung umlagefähiger Betriebskosten keine abschließende Bestimmung, welche der umlagefähigen Positionen tatsächlich entstehen und wie die Umlage erfolgt. Vielmehr ist in Ziffer 6.3 der AVB geregelt, dass die Umlage nach dem Verhältnis der jeweiligen Mietflächen erfolgt, soweit nicht der Vermieter für einzelne oder alle Betriebskosten einen anderen Umlageschlüssel wählt. Nimmt er - was der Beklagte mit dem Schreiben geltend gemacht hat - angesichts des Umstands, dass für die vom Beklagten gemietete Gewerbeeinheit Müllkosten nicht anfallen, von einer Umlage insoweit Abstand, dann ist dies bereits von der schriftlichen Vereinbarung gedeckt.
- b) Die mit dem zweiten Nachtrag getroffene Vereinbarung der Vertragslaufzeit bis zum 31. Mai 2020 war ebenfalls wirksam. Die von der Klägerin behauptete kaufvertragliche Verpflichtung ihrer Voreigentümerin, nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags Änderungen bestehender Verträge nur mit Zustimmung der Klägerin durchzuführen, bleibt ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der zwischen dem Beklagten und seiner - mangels bereits erfolgter Eintragung der Klägerin in das Grundbuch - damaligen Vermieterin abgeschlossenen Nachtragsvereinbarung.
- Dafür, dass - wie die Revision andeutet - insoweit ein kollusives Zusammenwirken des Beklagten mit der früheren Vermieterin vorliegt, das seiner Berufung auf die Vertragslaufzeit gemäß § 242 BGB entgegenstehen könnte, ist nichts ersichtlich. Die von der Revision angestellte Erwägung, der im Abschluss des zweiten Nachtrags liegende Rechtsmissbrauch der Vorvermieterin habe sich auch dem Beklagten aufdrängen müssen, stellt eine reine Mutmaßung dar. Selbst wenn die Voreigentümerin vorsätzlich der gegenüber der Klägerin bestehenden vertraglichen Verpflichtung zuwider gehandelt haben sollte, gibt es für ein Wissen des Beklagten um den bereits geschlossenen notariellen Kaufvertrag oder gar die von der Klägerin aus diesem herangezogene Einzelklausel keinerlei Anhaltspunkte. Aus der von der Revision bemühten Lebenserfahrung lässt sich hierfür ebenfalls nichts ableiten. Die Revision irrt zudem in ihrer Einschätzung, der zweite Nachtrag habe einseitig dem Beklagten vertragliche Vorteile verschafft. Vielmehr berechtigt und verpflichtet die feste Vertragslaufzeit beide Vertragsparteien gleichermaßen.
- c) Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, fehlt es dem Mietvertrag allerdings an der gesetzlichen Schriftform, weil mit der Wertsicherungsklausel im Januar 2011 eine die Miethöhe betreffende und damit vertragswesentliche (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 17) Vereinbarung geändert wurde, ohne dass diese Änderung den Anforderungen des § 550 BGB genügte. Denn dem Schreiben vom 15. Januar 2011 mit dem handschriftlich gefertigten und unterschriebenen Zusatz des Beklagten fehlt es schon an der ausreichenden Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag und die Nachträge.
- 2. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass der Klägerin eine Berufung auf diesen Schriftformverstoß jedoch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt ist.
- a) Grundsätzlich darf sich jede Partei darauf berufen, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Nur ausnahmsweise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formwidrigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (Senatsurteile BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 16; vom 30. April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102 Rn. 27 und vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 25).
- b) Eine solche Treuwidrigkeit folgt hier allerdings nicht aus der in Ziffer 7 des zweiten Nachtrags enthaltenen sogenannten Schriftformheilungsklausel, wonach die Vertragsparteien zur Nachholung der Schriftform verpflichtet sind.
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann eine Mitwirkungspflicht der Vertragsparteien am Zustandekommen eines der Schriftform entsprechenden Mietvertrages bestehen. Das kann etwa der Fall sein, wenn in einem Vorvertrag vereinbart worden ist, ein langfristiges Mietverhältnis zu begründen. Möglich ist auch, dass sich Vertragsparteien im Hinblick auf nachträglich zustande gekommene Vereinbarungen verpflichten, insofern dafür zu sorgen, dass die Schriftform gewahrt und damit die langfristige Bindung an den Mietvertrag sichergestellt wird. In derartigen Fällen geht es entweder darum, den Vorgaben des Vorvertrags zu entsprechen und in Anknüpfung an die darin getroffenen Abreden einen formwirksamen Mietvertrag zu vereinbaren oder einem konkret befürchteten Formmangel entgegenzuwirken (Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 18 mwN).
- bb) Im Unterschied hierzu enthält eine Schriftformheilungsklausel wie die vorliegende eine generelle Verpflichtung der Mietvertragsparteien, Schriftformverstöße jedweder Art nachträglich zu beseitigen, um so eine "vorzeitige" Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung zu unterbinden. Ob und inwieweit eine derartige Regelung - durch Individualvertrag oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - rechtswirksam getroffen werden kann, ist streitig.
- (1) Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass es mit § 550 BGB nicht vereinbar ist, einen Erwerber aufgrund einer Heilungsklausel als verpflichtet anzusehen, von einer ordentlichen Kündigung wegen eines nicht aus seiner Vertragszeit stammenden Schriftformmangels Abstand zu nehmen (vgl. Senatsurteile BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 24 ff. und vom 30. April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102 Rn. 28 ff.), und zwar selbst dann, wenn die langfristige Vertragsbindung erst unter seiner Beteiligung vereinbart worden ist (Senatsbeschluss vom 25. Januar 2017 - XII ZR 69/16 - NJW 2017, 1017 Rn. 10 f. mwN).
- Denn mit § 550 BGB soll erreicht werden, dass der Erwerber die Bedingungen, zu denen er in ein Mietverhältnis eintritt, im Grundsatz aus der Mietvertragsurkunde ersehen kann. Er soll davor geschützt werden, sich auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich, etwa infolge einer Mietreduzierung, anders als erwartet und deshalb finanziell einkalkuliert darstellen. Ist das infolge formunwirksamer, z.B. nur mündlicher Abreden gleichwohl der Fall, so hat er die Möglichkeit, sich vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag zu lösen. Diese Möglichkeit würde ihm genommen, wenn er infolge der Heilungsklausel verpflichtet wäre, den langfristigen Bestand des Mietverhältnisses sicherzustellen. Dass ihm im Fall unterlassener Information über ihm nachteilige formunwirksame Vereinbarungen gegenüber dem Veräußerer Schadensersatzansprüche zustehen mögen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Schutzzweck des § 550 BGB trete deshalb zurück. Nach der gesetzlichen Konzeption soll der Erwerber bei einer derartigen Fallgestaltung nämlich nicht allein auf Schadensersatzansprüche verwiesen werden, sondern ihm soll ein ordentliches Kündigungsrecht zustehen, um die aus der Mietvertragsurkunde nicht in allen maßgeblichen Einzelheiten erkennbaren Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis beenden zu können. Da ihm bei einer Geltung der Heilungsklausel auch ihm gegenüber diese Möglichkeit im Falle einer vollzogenen Heilung genommen würde, würde der Schutzzweck des § 550 BGB verfehlt. Das gilt unabhängig davon, ob dem Erwerber im Einzelfall die Umstände, die vor seinem Eintreten in den Mietvertrag zu der Formunwirksamkeit geführt haben, bekannt waren (Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 27).
- (2) Inwieweit einer Schriftformheilungsklausel im Übrigen Rechtswirkungen mit Blick auf § 550 BGB zukommen können, hat der Senat dagegen bislang offen gelassen. Hierzu werden in Rechtsprechung und Literatur auch in jüngerer Zeit (vgl. zum früheren Meinungsstand Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 20 ff.) verschiedene Auffassungen vertreten.
- Teilweise werden vertragliche Schriftformheilungsklauseln nach wie vor als uneingeschränkt wirksam angesehen (OLG Braunschweig NZM 2016, 197, 200; OLG Frankfurt ZMR 2015, 709, 712; jurisPK-BGB/Schur [Stand: 1. Dezember 2016] § 550 Rn. 28). Vertreten wird auch, dass sie jedenfalls zwischen den Vertragsschließenden selbst wirksam seien und zur Treuwidrigkeit einer auf die Schriftformwidrigkeit gestützten Kündigung führten, solange der Kündigende den Vertragspartner nicht zur Nachholung aufgefordert habe (vgl. OLG Dresden ZfIR 2017, 321, 323 f.; KG ZMR 2016, 775, 776; OLG Köln Urteil vom 18. September 2015 - 1 U 28/15 - juris Rn. 35; vgl. auch Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 4. Aufl. Kap. 6 Rn. 62; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 279 ff.; Schmidt-Futterer/Lammel Mietrecht 13. Aufl. § 550 BGB Rn. 66, 74).
- Andere halten derartige Klauseln als individualvertragliche Vereinbarung zwischen Vertragsparteien für zulässig, nicht hingegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (OLG Düsseldorf ZMR 2017, 471, 473 f.; Erman/Lützenkirchen BGB 14. Aufl. § 550 Rn. 27) bzw. als solche nur zu Lasten des Verwenders (vgl. Schweitzer in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 550 BGB Rn. 92 ff.). Es findet sich auch die Einschätzung, die Heilungsklauseln seien in ihrer bisher üblichen Form sinnlos, weil sie nur auf die schriftliche Bestätigung des durch den Schriftformverstoß bereits unbefristet gewordenen Mietvertrags gerichtet seien. Formuliert als die den Erwerber nicht bindende Verpflichtung, die Laufzeit wieder herzustellen, seien sie jedoch wirksam (Streyl NZM 2015, 28, 29 f.).
- Schließlich gibt es Stimmen, denen zufolge Schriftformheilungsklauseln unabhängig davon, ob sie individualvertraglich oder als Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden, unwirksam sind und deshalb nicht über § 242 BGB einer auf einen Schriftformverstoß gestützten ordentlichen Kündigung entgegenstehen können (LG Krefeld ZMR 2016, 547; BeckOGK/Dittert [Stand: 1. Juli 2017] § 550 BGB Rn. 174 ff.; BeckOK BGB/Herrmann [Stand: 1. November 2016] § 550 Rn. 17; BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Juni 2017] § 550 BGB Rn. 386 ff.; Lützenkirchen/Lützenkirchen Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86; wohl auch Staudinger/Emmerich BGB [Updatestand: 27. März 2017] § 550 Rn. 46 f.).
- cc) Die zuletzt genannte Meinung, nach der Schriftformheilungsklauseln stets unwirksam sind, ist zutreffend.
- (1) Bei der Vorschrift des § 550 BGB handelt es sich nach allgemeiner Ansicht um zwingendes Recht (Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 27; vgl. auch BT-Drucks. 14/4553 S. 47; Staudinger/Emmerich BGB [Updatestand: 27. März 2017] § 550 Rn. 46). Sie will nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann. Vielmehr dient sie ebenfalls dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (Senatsurteile vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13 - NJW 2015, 2648 Rn. 33; BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 26; BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 17; BGHZ 139, 123 = NJW 1998, 2664, 2666 und BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 58, 61). In Kenntnis dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die frühere Vorschrift des § 566 BGB im Zuge des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) nur redaktionell geändert, nicht aber - was nahe gelegen hätte, wäre nur der Schutz des Erwerbers bezweckt - die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung auf den Erwerber beschränkt (vgl. Senatsurteil BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 17).
- (2) Mit Blick auf diesen Schutzzweck sind Schriftformheilungsklauseln mit dem nicht abdingbaren § 550 BGB unvereinbar. Denn sie hätten zur Folge, dass die Vertragsparteien an eine nicht schriftliche Vereinbarung für die volle Vertragslaufzeit gebunden wären, der mit der Vorschrift jedenfalls auch beabsichtigte Übereilungsschutz ausgehöhlt und die wichtige Warnfunktion der Bestimmung weitgehend leerlaufen würde (vgl. BeckOGK/Dittert [Stand: 1. Juli 2017] § 550 BGB Rn. 175, 180; BeckOK BGB/Hermann [Stand: 1. November 2016] § 550 Rn. 17; BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Juni 2017] § 550 BGB Rn. 394; Lützenkirchen/Lützenkirchen Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86).
- Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, derartige Klauseln verhülfen dem Grundsatz pacta sunt servanda erst zur Geltung, weil sie die vereinbarte Langfristigkeit des Mietverhältnisses auch bei Schriftformfehlern bewahrten (vgl. dazu etwa OLG Braunschweig NZM 2016, 197, 200; Bub in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. II Rn. 1792). Mit §§ 578, 550 BGB hat der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit bewusst dahingehend eingeschränkt, dass langfristige mietvertragliche Bindungen über Grundstücke und (Wohn-)Räume der Schriftform bedürfen. Fehlt es an dieser, besteht als gesetzliche Folge auch kein langfristiges Mietverhältnis, das es zu bewahren gälte (vgl. Lützenkirchen/Lützenkirchen Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86). Durch Schriftformheilungsklauseln wird nicht lediglich das rechtliche Ergebnis hergestellt, das bestünde, wäre von vornherein die gesetzliche Schriftform gewahrt gewesen (so aber Bieber/Eupen Mietrecht in Einkaufszentren und anderen Spezialimmobilien B.II. Rn. 34). Vielmehr soll mit ihnen die in § 550 BGB enthaltene bewusste gesetzgeberische Entscheidung in unzulässiger Weise umgangen werden.
- Unzutreffend ist auch der insoweit erhobene Einwand, die Kündigung bleibe doch möglich und werde nur in zulässiger Weise eingeschränkt (vgl. etwa Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 281). Hielte man nämlich die Klausel für wirksam, dann ergäbe sich aus ihr eine vertragliche Pflicht zur Nachholung der Schriftform, die über § 242 BGB de facto regelmäßig die auf einen Schriftformmangel gestützte ordentliche Kündigung hindern würde. Mit einer Schriftformheilungsklausel wird zudem weder gegenüber den Vertragsschließenden noch gegenüber Rechtsnachfolgern die Warnfunktion erfüllt. Denn die Warnfunktion zielt nicht darauf ab, auf die Schriftformbedürftigkeit - die den Vertragsparteien jedenfalls angesichts der Heilungsklausel bewusst sein muss (vgl. BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Juni 2017] § 550 BGB Rn. 393) - hinzuweisen, sondern dem unbedachten Eingehen langfristiger Vertragsbindungen vorzubeugen bzw. dem potentiellen Erwerber vor Augen zu führen, in welche langfristig wirkenden vertraglichen Rechte und Pflichten er eintreten wird. Inwieweit sich eine Schriftformheilungsklausel letztlich zum Nachteil einer Vertragspartei auswirkt (vgl. dazu OLG Braunschweig NZM 2016, 197, 200), ist keiner abstrakt generellen Beurteilung zugänglich und angesichts des zwingenden Charakters von § 550 BGB auch ohne Bedeutung.
- (3) § 550 BGB wirkt dabei nicht als gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB (so aber LG Krefeld ZMR 2016, 547; Schweitzer in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 550 BGB Rn. 94 aE). Denn bei § 550 BGB handelt es sich nicht um ein Verbotsgesetz, sondern um eine gesetzliche Einschränkung der grundsätzlichen Formfreiheit von Rechtsgeschäften dahingehend, dass die von der Bestimmung erfassten Mietverträge nur bei Wahrung der Schriftform einer langfristigen Bindung zugänglich sind (vgl. Staudinger/Sack/Seibl BGB [2017] § 134 Rn. 33 mwN). Schriftformheilungsklauseln können vielmehr keine rechtliche Wirksamkeit erlangen, weil sie mit § 550 BGB als zwingendem Recht unvereinbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob sie - wie im vorliegenden Fall - zusätzlich eine Verpflichtung enthalten, von einer Kündigung wegen des Schriftformfehlers abzusehen.
- c) Gleichwohl ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis zutreffend, weil sich die Berufung der Klägerin auf den Schriftformverstoß aus anderen Gründen als treuwidrig darstellt.
- aa) Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen (Senatsurteile vom 25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 27 und vom 19. September 2007 - XII ZR 198/05 - NJW 2008, 365 Rn. 16; BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1653, 1655; vgl. auch MünchKommBGB/Bieber 7. Aufl. § 550 Rn. 19 mwN; Staudinger/Emmerich BGB [Updatestand: 27. März 2017] § 550 Rn. 41 mwN).
- bb) So verhält es sich hier.
- (1) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen ist die die neue Wertsicherungsklausel beinhaltende Vertragsänderung auf Drängen der Klägerin erfolgt.
- (2) Diese Neuregelung diente auch - wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig gesehen hat - ausschließlich den Interessen der Klägerin als Vermieterin.
- Hiergegen wendet sich die Revision zwar mit dem Einwand, indem die Parteien nun anstelle einer auf ein bestimmtes Basisjahr bezogenen Punkteregelung an eine prozentuale Preissteigerung anknüpften, hätten sie jedenfalls auch den Beklagten begünstigt. Die prozentuale Preissteigerung, die für das Erreichen des ursprünglich erforderlichen Punkteunterschieds erforderlich sei, werde nämlich umso geringer, je weiter der Indexstand entfernt sei. Erhöhe sich etwa der Indexstand von 200 auf 210, entspreche das nur noch einer prozentualen Steigerung von 5 %. Außerdem habe der Beklagte mit der Neuregelung nur seiner vertraglichen Verpflichtung entsprochen, an der Neufassung der Wertsicherungsklausel - die aufgrund des Umstands, dass das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der Umbasierungsfaktoren eingestellt habe, undurchführbar geworden sei - mitzuwirken.
- Damit dringt die Revision aber nicht durch. Denn die im ersten Nachtrag enthaltene frühere Wertsicherungsklausel enthielt ohnedies eine automatische Ersetzungsregel für den Fall der Umbasierung. Eine solche ist im Übrigen - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - in der Vergangenheit regelmäßig, zuletzt im Jahre 2008 auf das Basisjahr 2005 und im Jahre 2013 auf das Basisjahr 2010, erfolgt. Dass die Preissteigerung binnen der Vertragslaufzeit - selbst unter Einschluss der fünfjährigen Verlängerungsoption des Beklagten - auch nur annähernd die Größenordnung erreichen konnte, ab der eine Steigerung um zehn Indexpunkte eher eintritt als eine 6 %ige Preissteigerung, liegt ebenso fern wie ein Preisverfall um mindestens 6 %. Damit konnte bei realistischer Betrachtung allein die Klägerin von der Vertragsänderung profitieren, weil wesentlich früher als nach der alten Regelung eine Mieterhöhung aufgrund der Steigerung des Verbraucherpreisindex eintrat. Tatsächlich hat die Klägerin auch wenige Monate nach der Vertragsänderung mit Erfolg eine um 6 % höhere Miete vom Beklagten verlangt.
- (3) Dass die Klägerin diese im wirtschaftlichen Ergebnis ihr allein günstige und zudem von ihr geforderte Vertragsänderung mit Blick auf die Formwidrigkeit dieser Änderungsvereinbarung zum Anlass nimmt, den Mietvertrag ordentlich zu kündigen, stellt einen Fall des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens dar. Eine auf dieser Kündigung beruhende Vertragsbeendigung wäre ein schlechthin untragbares Ergebnis, so dass der Klägerin die Berufung auf den Schriftformverstoß gemäß § 242 BGB versagt ist.
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