Montag, 28. Oktober 2024

Kompetenzverlagerung auf Verwalter gem. § 27 Abs. 1 WEG

Streitig war zwischen den Beteiligten ob der Wohnungseigentümerversammlung die Kompetenz hatte, dem Verwalter zu ermächtigen, für die Erneuerung einer Fensteranlage drei Angebote, wobei bei Beauftragung die Kosten nicht über einen bestimmten Betrag liegen dürften und die Fenster der Optik der bisherigen Fensteranlage entspreche müsste. Die Kläger hatten diesen Beschluss gerichtlich angefochten. Nachdem noch das Amtsgericht die Klage abwies, gab ihr das Berufungsgericht statt. Die zugelassene Revision war erfolgreich.

Der BGH führte aus, dass nach dem bis 30.11.2020 geltenden Recht seien Beschlüsse zur Kompetenzverlagerung auf den Verwalter mit Rechtunsicherheiten im Hinblick auf die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung verbunden gewesen. Nach Inkrafttreten des WEMoG zum 01.12.2020 habe der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Wohnungseigentümer auf der Grundlage ihres Selbstorganisationsrechts durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandsetzung und -haltung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen könne, wenn diese Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren Risiko führe /Urteil vom 11.06.2021 - V ZR 215/20 -). Nach § 27 Abs. 2 WEG (n.F.) könnten die Wohnungseigentümer nunmehr die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Verwalters für das Innenverhältnis nach § 27 Abs. 1 WEG einschränken und erweitern. Soweit sie nach § 19 Abs. 1 WEG in Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung durch Beschluss entscheiden dürften, könnten sie gem. § 27 Abs. 2 WEG ihre Entscheidungskompetenz auf den Verwalter übertragen.

Daran gemessen halte sich der angefochtene Beschluss, den bereits beschlossenen Austausch der Fensteranlagen in Auftrag zu geben, im Rahmen der ihnen nach § 27 Abs. 2 WEG eingeräumten Beschlusskompetenz. Die Fenster stünden zwingend im Gemeinschaftseigentum (§ 5 WEG, BGH, Urteil vom 14.06.2019 - V ZR 254/17 -) und die Maßnahme diene danach der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums iSv. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.

Der Beschluss sei auch hinreichend bestimmt. Ob dem Verwalter inhaltliche Kriterien der Aufgabenerfüllung vorgegeben werden müssten, sei (anders als vom Berufungsgericht angenommen) keine Frage der Bestimmtheit, sondern betreffe die Frage der Reichweite der Delegation ordnungsgemäßer Verwaltung, da je weiter die Delegation reiche, desto weniger bestimmt sei naturgemäß die in dem Beschluss enthaltene Umschreibung der von dem Verwalter zu treffenden Entscheidungen.

Die Beschlussfassung entspreche auch ordnungsgemäßer Verwaltung iSv. § 18 Abs. 2 WEG , was – auch wenn es in § 27 Abs. 2 WEG keinen Ausdruck fände - allgemeiner Auffassung entspreche und sich aus § 19 Abs. 1 WEG für alle Beschlüsse der Wohnungseigentümer ergäbe.  Aus dem Gesetz ergebe sich, dass es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, wenn die Wohnungseigentümer dem Verwalter über die ihm bereits durch Gesetz (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) eingeräumten Aufgaben und Befugnisse hinaus weitreichender auch die Kompetenz übertragen würden, Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, die übergeordnete Bedeutung hätten oder zu erheblichen Verpflichtungen der GdWE führen würden. Aus einem Umkehrschluss aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ergäbe sich zudem, dass eine Delegation von Aufgaben auch dann erfolgen dürfe, wenn sie nicht eilig oder zur Abwendung von Nachteilen erforderlich seien, da es andernfalls der Regelung in § 27 Abs. 2 WEG nicht bedürfte. Das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer lasse bei der Entscheidung, welche Aufgaben sie innerhalb ihrer Beschlusskompetenz gem. § 27 Abs. 2 WEG auf den Verwalter übertrage, einen weiten Ermessenspielraum zu, wobei es vorliegend keiner Erörterung bedürfe, wo die Grenzen dieses Ermessens im Einzelnen verlaufen würden. Bei einer Erhaltungsmaßnahme entspreche die Delegation regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn – wie hier – die Wohnungseigentümer die grundlegende Entscheidung für die Vornahme getroffen hätten und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll, da die Erzteilung von Aufträgen zur Instandsetzung oder Sanierung ohnehin nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden, wen die Aufbringung der erforderlichen Mittel gesichert sei (BGH, Urteil vom 17.10.2017 – V ZR 184/16 -). Für den weiten Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer bei der Delegation von Aufgaben spreche auch ein praktisches Bedürfnis, da der Aufwand zur Durchführung einer Eigentümerversammlung vermieden und eine effiziente Verwaltung ermöglicht würde (so BT-Drs. 19/18791 S. 75).

Es sei auch nicht erforderlich, dass dem Verwalter in dem Beschluss ausdrücklich ein für ihn verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben würde. Die Umsetzung von Beschlüssen treffe zwar nicht mehr den Verwalter, sondern die GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG), die allerdings die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe erfülle und internes Organ für die Ausführung sei der Verwalter, der die Entscheidungen umsetze  (BGH, Urteil vom 16.12.2022 - V ZR 263/21 -). Würden dem Verwalter infolge der Kompetenzverlagerung Entscheidungsbefugnisse verbleiben, übe er die Befugnisse aus, die er auch ohne Delegation hätte. Sowohl bei seiner eigenen Entscheidungskompetenz nach § 27 Abs. 1 WEG als auch bei einer Kompetenzverlagerung nach § 27 Abs. 2 WEG müsse er als Organ der GdWE nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung handeln. Er sei zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, das billigste oder das technisch hochwertigste Angebot anzunehmen, müsse aber unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit nach pflichtgemäßen Ermessen bei mehreren Optionen diejenige wählen, die dem Interesse der Wohnungseigentümer nach billigen Ermessen gerecht würde (§ 18 Abs. 2 WEG).

Wenn es – wie hier – nur um die Durchführung der Maßnahme im Einzelnen gehen würde, gebe infolgedessen das Gesetz den Entscheidungsmaßstab hinreichend konkret vor, weshalb ihm im Beschluss nicht auferlegt werden müsse, dass der nach pflichtgemäßen Ermessen zu handeln habe. Bei seiner Entscheidung, welchen Handwerker er nach Einholung der Angebote beauftragt, habe er das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten und bei der Abwägung müsse er alle für die Entscheidung relevanten Umstände beachten.

Hier sei der Beschluss zum Austausch der Fenster gefasst worden. Dem Verwalter sei vorgegeben worden, drei weitere Angebote einzuholen. Die Kosten seien vorgegeben worden. Damit seien die wesentlichen Entscheidungen über die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme und der Finanzierung getroffen worden. Die Auftragsvergabe und die Durchführung im Einzelnen habe ohne weiteres auf den Verwalter delegiert werden können. Unschädlich sei, dass in dem Beschluss nicht auf das Leistungsverzeichnis und die Prioritätenliste eines beauftragten Sachverständigen Bezug genommen worden sei, da es ohnehin ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, die Unterlagen, auf denen der Beschluss über die Erneuerung der Fenster beruhe. Bei der Auftragsvergabe in den Blick zu nehmen und nur in begründeten Fällen abzuweichen, was nicht ausschließen würde, dass der Verwalter andere Prioritäten setzen könne, wenn sich die Verhältnisse ändern.

BGH, Urteil vom 05.07.2024 - V ZR 241/23 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Oktober 2023 aufgehoben.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 1. Februar 2023 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Im Jahr 2019 beschlossen die Wohnungseigentümer im Zuge einer geplanten Erneuerung der Außenfenster, einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Fenster und der Erstellung eines Prioritätenplans nach Dringlichkeit zu beauftragen. Nachdem der Sachverständige eine Prioritätenliste nebst Leistungsverzeichnis erstellt hatte, worin spezifiziert wurde, welche Fenster in welcher Ausführung eingebaut werden sollen, beschlossen die Wohnungseigentümer im November 2021, den Sachverständigen auch mit der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, der Einholung von Angeboten und der Fertigung eines Preisspiegels zu beauftragen.

In der Eigentümerversammlung vom 9. Juni 2022 informierte die Verwalterin ausweislich des Protokolls darüber, dass mehrere Anbieter Angebote zurückgezogen hätten und die verbliebene Anbieterin, die den Fensteraustausch zunächst für einen Preis zwischen 4.500 € und 5.000 € pro Wohnung angeboten hatte, mitgeteilt habe, dass sie im Jahre 2022 weder einen Austausch vornehmen noch eine Bestellung entgegennehmen könne, so dass die Preise für den Austausch nicht kalkulierbar seien. Sodann wurde folgender Beschluss gefasst:

„Die Verwaltung wird ermächtigt, die Erneuerung der Fensteranlagen nach folgenden Maßgaben zu beauftragen:

Es soll ein Austausch nach Dringlichkeit erfolgen. Vorab sollen nochmal drei Angebote eingeholt werden.

Der Umfang des jährlichen Budgets für 2022 soll bei 35.000,00 EUR brutto liegen. Die Fenster sollen der Optik der bisherigen Fensteranlagen entsprechen. …“

Die Kläger wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger ist der Beschluss für ungültig erklärt worden. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beschluss für ungültig zu erklären, da er nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Zwar könnten die Wohnungseigentümer nach § 27 Abs. 2 WEG die Rechte und Pflichten des Verwalters durch Beschluss einschränken oder erweitern. Ein solcher Beschluss müsse aber ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Der den Wohnungseigentümern zustehende Ermessensspielraum werde überschritten, wenn die Entscheidung über wesentliche Maßnahmen allein dem Verwalter überlassen werde oder der Beschluss - so wie hier - inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sei. Mangels Bezugnahme auf einen Leistungskatalog oder ein Angebot fehle es an der Festlegung einer Bezugs- bzw. Kostengröße für das einzelne zu tauschende Fenster. Jenseits der Vorgaben für die Optik sei der Verwalter in seiner Entscheidung über die genaue Ausgestaltung der einzelnen Fenster im Hinblick auf die Materialauswahl und die anzusetzenden Kosten vollkommen frei, was ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erweist sich der Beschluss als rechtmäßig.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht unausgesprochen davon aus, dass die Wohnungseigentümer die Kompetenz haben, die in dem angefochtenen Beschluss genannten Entscheidungsbefugnisse auf den Verwalter zu übertragen.

a) Das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung regelte die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf den Verwalter nicht ausdrücklich. Im Innenverhältnis standen dem Verwalter nur eng begrenzte Entscheidungsbefugnisse zu. Die Kompetenzverteilung nach altem Recht wurde als schwerfällig und reformbedürftig angesehen (vgl. Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes von August 2019, ZWE 2019, 429, 440). Zwar bestand ein Bedarf, dem Verwalter weitergehende Kompetenzen für laufende Maßnahmen der Verwaltung zu übertragen, um zu vermeiden, dass jede Einzelentscheidung in der Eigentümerversammlung getroffen werden muss. Beschlüsse über Kompetenzverlagerungen auf den Verwalter waren aber mit Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Beschlusskompetenz behaftet. Erst nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 hat der Senat im Jahr 2021 für die alte Rechtslage geklärt, dass die Wohnungseigentümer auf der Grundlage ihres Selbstorganisationsrechts durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen können, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2021 - V ZR 215/20, ZWE 2021, 406 Rn. 11 ff.). Diese ungeschriebene Kompetenz bestand also nur in engen Grenzen.

b) Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht haben die Wohnungseigentümer nunmehr die Kompetenz, Entscheidungen über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums auf den Verwalter zu delegieren. Um die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu stärken, hat der Gesetzgeber die Kompetenz der Wohnungseigentümer, eigene Entscheidungskompetenzen durch Beschluss auf den Verwalter zu übertragen, durch das WEMoG erheblich erweitert (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 30). Nach § 27 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Verwalters für das Innenverhältnis nach § 27 Abs. 1 WEG einschränken oder erweitern. Sie haben damit die Möglichkeit, diejenigen Maßnahmen selbst zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 75). Soweit die Wohnungseigentümer nach § 19 Abs. 1 WEG in Angelegenheiten der ordnungsmäßigen Verwaltung durch Beschluss entscheiden dürfen, können sie ihre Entscheidungskompetenz durch Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG auf den Verwalter übertragen (vgl. BeckOK WEG/Elzer [15.7.2024], § 27 Rn. 74; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 27 WEG Rn. 61). Eine inhaltliche Einschränkung dieser Beschlusskompetenz ist dem Gesetzeswortlaut oder den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen (vgl. Erman/Grziwotz, BGB, 17. Aufl., § 27 WEG Rn. 14; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 27 Rn. 75). Die Wohnungseigentümer können daher u.a. Entscheidungen über Erhaltungsmaßnahmen auf den Verwalter verlagern.

c) Gemessen daran hält sich der Beschluss, durch welchen der Verwalter ermächtigt wird, den bereits beschlossenen Austausch der Fensteranlagen in Auftrag zu geben, im Rahmen der den Wohnungseigentümern nach § 27 Abs. 2 WEG eingeräumten Beschlusskompetenz. Die zu erneuernden Fenster nebst Rahmen stehen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 254/17, BGHZ 222, 187 Rn. 7). Die Maßnahme dient daher der Erhaltung gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.

2. Der Beschluss ist auch hinreichend bestimmt. Ob dem Verwalter in dem Delegationsbeschluss inhaltliche Kriterien der Aufgabenerfüllung zur Konkretisierung des Entscheidungsmaßstabs vorgegeben werden müssen, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Frage der Bestimmtheit des Beschlusses (so aber Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 9 Rn. 156; Zschieschack in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 72), sondern betrifft die Frage, ob die Reichweite der Delegation ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Denn je weiter die Delegation reicht, desto weniger bestimmt ist naturgemäß die in dem Beschluss enthaltene Umschreibung der von dem Verwalter zu treffenden Entscheidungen.

3. Von der Beschlusskompetenz zu trennen ist die Frage, ob der auf der Grundlage von § 27 Abs. 2 WEG gefasste Beschluss der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dies verneint das Berufungsgericht zu Unrecht.

a) Obgleich § 27 Abs. 2 WEG selbst keine inhaltlichen Anforderungen an den Beschluss stellt, entspricht es allgemeiner Auffassung, dass sich seine Ordnungsmäßigkeit an § 18 Abs. 2 WEG messen lassen muss. Ein auf der Grundlage von § 27 Abs. 2 WEG gefasster Beschluss der Wohnungseigentümer, mit dem die Entscheidung über Erhaltungsmaßnahmen auf den Verwalter delegiert wird, muss daher, wie dies grundsätzlich in § 19 Abs. 1 WEG zum Ausdruck gebracht wird und für alle Beschlüsse der GdWE gilt, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 53; BeckOGK/Greiner, WEG [1.6.2024], § 27 Rn. 71; BeckOK WEG/Elzer [15.7.2024], § 27 Rn. 77; MüKoBGB/Skauradszun, 9. Aufl., § 27 WEG Rn. 48; Zschieschack in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 76; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 498).

b) Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss gerecht. Die Übertragung der Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter durch den angefochtenen Beschluss hält sich im Rahmen des den Wohnungseigentümern durch das Gesetz eingeräumten Ermessens.

aa) Das Gesetz lässt erkennen, dass es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, wenn die Wohnungseigentümer dem Verwalter über die ihm nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG bereits durch das Gesetz eingeräumten Aufgaben und Befugnisse hinaus weiterreichend auch die Kompetenz übertragen, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die übergeordnete Bedeutung haben oder zu erheblichen Verpflichtungen der GdWE führen. Zudem ergibt der Umkehrschluss aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, dass Aufgaben auch dann delegiert werden dürfen, wenn sie nicht eilig oder zur Abwendung von Nachteilen erforderlich sind. Ansonsten bedürfte es der Vorschrift des § 27 Abs. 2 WEG nämlich nicht. Den Wohnungseigentümern kommt aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2021 - V ZR 215/20, ZWE 2021, 406 Rn. 13) bei der Entscheidung, welche Aufgaben sie innerhalb ihrer Beschlusskompetenz gemäß § 27 Abs. 2 WEG auf den Verwalter übertragen, ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 54; Zschieschack in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 77; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 498). Wo die Grenzen dieses Ermessens im Einzelnen verlaufen, bedarf hier keiner Klärung. Im Hinblick auf eine Erhaltungsmaßnahme wird eine Delegation regelmäßig jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll. Dagegen kann nicht eingewendet werden, das wirtschaftliche Risiko für die Wohnungseigentümer werde dann unübersehbar. Denn die Erteilung von Aufträgen zur Instandsetzung oder Sanierung entspricht ohnehin nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Aufbringung der erforderlichen Mittel gesichert ist (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 27; Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 17). Für einen weiten Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer bei der Delegation von Aufgaben streiten letztlich auch praktische Bedürfnisse, weil der Aufwand für die Durchführung einer Eigentümerversammlung vermieden und eine effiziente Verwaltung ermöglicht wird (so BT-Drucks. 19/18791 S. 75).

bb) Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter setzt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht voraus, dass in dem Beschluss zugleich ausdrücklich ein für den Verwalter verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben wird.

(1) Nach dem WEMoG trifft die Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zwar nicht mehr den Verwalter, sondern die GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG). Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben jedoch durch ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidungen umsetzt (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 263/21, NJW-RR 2023, 226 Rn. 26). Verbleiben dem Verwalter infolge einer Kompetenzverlagerung Entscheidungsbefugnisse bei der Umsetzung eines Beschlusses, übt er die Befugnisse aus, die ohne Delegation der Eigentümerversammlung zugestanden hätten. Unabhängig davon, ob er auf der Grundlage seiner gesetzlich vorgesehenen Entscheidungskompetenzen nach § 27 Abs. 1 WEG oder nach einer Kompetenzverlagerung gemäß § 27 Abs. 2 WEG handelt, muss der Verwalter als Organ der GdWE die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung beachten und sein Handeln daran ausrichten. Zwar ist der Verwalter nicht notwendig verpflichtet, das billigste oder das technisch hochwertigste Angebot anzunehmen (vgl. BayObLG, WuM 1996, 651, 652); er muss aber unter mehreren sich bietenden Optionen unter Beachtung des Gebots der Wirtschaftlichkeit nach pflichtgemäßem Ermessen diejenige wählen, die dem Interesse der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen gerecht wird (§ 18 Abs. 2 WEG; vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 515).

(2) Jedenfalls dann, wenn es - wie hier - nur um die Durchführung der Maßnahme im Einzelnen geht, gibt infolgedessen bereits das Gesetz den Entscheidungsmaßstab hinreichend konkret vor; es ist nicht erforderlich, dass dem Verwalter in dem Beschluss ausdrücklich vorgegeben wird, dass er nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat (so aber Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 9 Rn. 156). Bei der Entscheidung, welchen Handwerker er nach Einholung weiterer Angebote beauftragt, hat der Verwalter das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Bei der Abwägung muss er alle für die Entscheidung relevanten Umstände beachten.

cc) Nach diesen Grundsätzen entspricht die Übertragung der Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter in dem angefochtenen Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Wohnungseigentümer haben den grundlegenden Beschluss gefasst, die Außenfenster der Anlage nach Dringlichkeit durch optisch gleichartige Fenster austauschen zu lassen und dem Verwalter aufgegeben, drei weitere Angebote einzuholen. Die Kosten der Maßnahme sollen nach dem Beschlussinhalt aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden. Das Budget für das Jahr 2022 in Höhe von 35.000 € haben sie vorgegeben. Damit haben sie die wesentlichen Entscheidungen über die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme und zu deren Finanzierung selbst getroffen. Die Auftragsvergabe und die Durchführung im Einzelnen konnten sie ohne weiteres auf den Verwalter delegieren. Dass der angefochtene Beschluss weder auf das Leistungsverzeichnis und die Prioritätenliste des beauftragten Sachverständigen noch auf das Angebot des Unternehmens Bezug nimmt, ist unschädlich. Denn es wird ohnehin ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, diese Unterlagen, auf denen der Beschluss über die Erneuerung der Fenster beruht, bei der Auftragsvergabe in den Blick zu nehmen und nur in begründeten Fällen hiervon abzuweichen. Das schließt es nicht aus, dass der Verwalter andere Prioritäten setzen kann, wenn sich die Verhältnisse geändert haben sollten.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die zugleich beschlossene Haftungsfreistellung des Verwalters widerspreche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil durch den Vollzug Tatsachen geschaffen würden und dem Verwalter nicht im Voraus die Haftung wegen Vorsatzes erlassen werden könne, hat der Senat das nicht zu prüfen. Denn darauf ist die Anfechtungsklage nicht gestützt worden. Mit ihr machen die Kläger nur geltend, die Leitlinien der Verwaltertätigkeit seien in dem angefochtenen Beschluss nicht hinreichend bestimmt worden, die Priorisierung der Maßnahmen sei nicht transparent und eine Kostenkontrolle sei nicht möglich.

b) Gleiches gilt sinngemäß für den Einwand der Revisionserwiderung, eine Erweiterung der Aufgaben des Verwalters nach Abschluss des Verwaltervertrags stelle eine Vertragsergänzung dar, die nur mit Zustimmung des Verwalters wirksam werden könne, und eine solche Zustimmung sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

1. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (Berufungsverfahren) und § 91 Abs. 1 ZPO (Revisionsverfahren).


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