Der Kläger hatte bei der Beklagten für sein Quad eine Kaskoversicherung abgeschlossen. Dieses wurde nach seiner Behauptung am gestohlen und er hatte am 05.12.2019 Anzeige wegen Diebstahl erstattet. Ein Beauftragter der Beklagten befragte den Beklagten am 25.03.2020, so (Frage 8), ob er allgemeine finanzielle Schwierigkeiten habe, eine eidesstattliche Versicherung oder die Vermögensauskunft abgegeben habe (wobei auch angegeben werden konnte, dass keine Vermögensauskunft abgegeben worden sei), was de Beklagte mit „Nein“ beantwortete. Im Schuldnerverzeichnis war allerdings die Nichtabgabe der Vermögensauskunft in 2018 durch Kläger vermerkt. Die Beklagte versagte den Versicherungsschutz. Das Landgericht wies die Klage des Versicherungsnehmers ab; auf seien Berufung wies das OLG nach § 522 ZPO darauf hin, dass beabsichtigt sei, diese wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit zurückzuweisen.
Dabei könne, so das OLG, dahinstehen, ob überhaupt ein Diebstahl vorläge. Die Versagung der Vermögensauskunft sei wegen vorsätzlicher Obliegenheitspflichtverletzung des Klägers im Hinblick auf die Angabe zur Nichtabgabe der Vermögensauskunft berechtigt gewesen.
Ein Versicherungsnehmer ist nach § 28 Abs. 4 VVG über die Folgen einer Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zu belehren, was vorliegend in Textform im Rahmen der Befragung erfolgt sei (weshalb es in Ansehung der Arglist des Klägers auf die Belehrung auch nicht ankäme). Schon in den vertraglich vereinbarten AKB der Beklagten sei ausgeführt, dass Fragen der Beklagten „zu den Umständen des Schadensereignissees, zum Umfang des Schadens und zur Leistungspflicht der Beklagten wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden müssten. Hier habe der Beklagte bei der Beantwortung der Frage 8 verschwiegen, dass er die Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802 c ZPO verweigert habe und die gem. § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei. Es läge auch Vorsatz vor, der zwar von dem Versicherer zu beweisen wäre, wobei allerdings dem Versicherungsnehmer die Substantiierungslast treffe. Der Versicherungsnehmer müsse mithin die in seiner Sphäre liegenden Umstände dartun und der Nachprüfung zugänglich machen, die zu der objektiven Falschangabe geführt hätten. Hier sei die Fragestellung eindeutig gewesen und der Kläger habe auch nach der Zusendung des Protokolls keine Berichtigung vorgenommen, auch keine Rückfragen gestellt, sondern das Protokoll unterschrieben. Seine Behauptung, mit der Fragestellung habe man ihn „aufs Glatteis“ führen wollen sei – so das OLG – abwegig.
Arglist läge vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirke, wenn er also vorsätzlich eine Obliegenheit verletze und dabei bewusst gegen die Interessen des Versicherers verstoße, da er damit rechne, dass seine Obliegenheitsverletzung Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Leistungspflicht des Versicherers oder deren Umfang hat oder haben könnte. Auf eine Bereicherungsabsicht käme es nicht an. Ausreichend sei, wenn der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolge, etwa da er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen wolle und wisse, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen könne (BGH, Urteil vom 21.12.2012 - IV ZR 97/11 -). Ausreichend sei, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss zu nehmen.
Die Beweislast für Arglist treffe den Versicherer. Aus wissentlich falschen Angaben im Rahmen der Auskunftsobliegenheit im Schadensfall ließe sich allerdings nicht ohne weiteres auf Arglist schließen, da häufig falsche Angaben aus Gleichgültigkeit, Trägheit oder wegen der Annahme ihrer Bedeutungslosigkeit gemacht würden (BGH, Urteil vom 04.05.2009 - IV ZR 62/07 -). Aber auch hier würde dem Versicherungsnehmer die subsidiäre Darlegungslast treffe, weshalb er plausibel darlegen müsse, wie und weshalb es zu diesen unrichtigen Angaben gekommen ist (BGH, Urteil vom 11.05.2011 – IV ZR 148/09 -).
Der Kläger habe widersprüchliche Angaben gemacht. So habe er bei der Befragung (Frage 11) erklärt, er wolle einfach keine Finanzierung haben, da er das nicht möge, demgegenüber schriftsätzlich vorgetragen wurde, dass er bei Banken o.ä. ohnehin keinen Kredit bekommen hätte; tatsächlich wurde das Quad aber über eine Bank durch einen Dritten finanziert, da der Kläger keinen Kredit bekam. Bei der Beantwortung der Frage 11 sei es ihm darum gegangen, die Regulierung zu beschleunigen und weitere Nachforschungen zu seiner finanziellen Situation zu vermeiden. Auch wenn der Kläger als juristischer Laie seine finanzielle Situation als von den Fragen nicht umfasst angesehen haben sollte, käme es darauf nicht an, da er eine zulässige Frage auch dann beantworten müsse, wenn er die befragten Umstände als unerheblich ansehe. Das OLG sei überzeugt, dass dem Kläger nicht nur bewusst gewesen sei, dass seine Täuschung Einfluss auf das regulierungsverhalten haben könnte, sondern dass es ihm auch darauf angekommen sei.
Da damit Arglist vorläge, käme es nicht darauf an, ob die Obliegenheitsverletzung für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles oder für den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich gewesen wäre, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG.
Allerdings kann es unter Umständen vom Versicherer rechtsmissbräuchlich sein, die völlige Leistungsfreiheit für sich in Anspruch zu nehmen, § 242 BGB. Das, so das OLG, könne der Fall sein, wenn die Täuschung nur einen geringen teil des versicherten Schadens betreffe und weitere Billigkeitsgründe zugunsten des Versicherungsnehmers berücksichtigt werden könnten. Bruchteilsgrenzen gebe es nicht. Es sei der Hintergrund der Regelung zu beachten, wonach bei der Schadensregulierung nach einem Versicherungsfall die Vertragspartner auf gegenseitiges Vertrauen angewiesen seien. Um das Vertrauensklima zu schützen, solle der Versicherungsnehmer von vornherein durch Androhung einer harten Sanktion von der Versuchung abgehalten werden, das Vertrauensverhältnis durch Täuschung zu missbrauchen (Hinweisbeschluss des OLG Rostock vom 08.01.2020 - 4 U 136/19 -).
Anmerkung: Nicht problematisiert hat hier das OLG den Umstand, dass zwar nach dem mitgeteilten Sachverhalt eine Eintragung im Schuldnerregister wegen Nichtabgabe des Vermögensauskunft erfolgte, aber eine solche nicht abgegeben wurde. Die konkrete Fragestellung bezog sich nicht darauf, ob die Vermögensauskunft verlangt wurde. Offenbar ist das OLG der Ansicht, dass die Eintragung im Schuldnerregister der Abgabe derselben gleichzusetzen ist, da damit die grundlegende Pflicht zu Abgabe einer solchen festgestellt wurde. Die Frage bezieht sich auf finanzielle Verhältnisse des Versicherungsnehmers, die natürlich von Interesse sind, wenn es zu einem behaupteten Diebstahl gekommen sein soll. Entzieht sich der Schuldner der gesetzlichen Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft, soll er nicht demjenigen gleichgestellt werden, der nicht zu einer aufgefordert wurde und/oder keine abgegeben hat. Ob dem aber die Fragestellung durch den Versicherer gleichgestellt werden kann, gar – wie das OLG meint – deutlich sei, dürfte zu bezweifeln sein. Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass auch die Antwort hätte abgegeben werden können, dass keine Vermögensauskunft abgegeben wurde, was der Kläger nicht bejahte, sondern nur verneinte, dass er eine abgeben habe.
OLG Dresden,
Hinweisbeschluss vom 18.04.2024 - 4 U 67/24 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung
des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 522
Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb
von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der
Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Verhandlungstermin vom 23.07.2024
wird aufgehoben.
4. Der Senat
beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 10.000 Euro
festzusetzen.
Gründe
I.
Die Parteien
streiten um die Einstandspflicht aus einer Kaskoversicherung wegen des
behaupteten Diebstahls eines Quads.
Das Fahrzeug
des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen X-X 000, Quad Cforce 800, ist mit der
Versicherungsschein-Nummer 00000000001 bei der Beklagten mit einer
Selbstbeteiligung von 300,00 € kaskoversichert. Versicherungsnehmer ist der
Kläger. Das Quad wurde Anfang 2018 für einen Kaufpreis von 9.249,99 Euro brutto
(abzüglich 210,09 Euro Transportkosten) angeschafft. Es wurde über die S......
Bank finanziert, wobei Darlehensnehmer Herr A...... W...... war, weil der
Kläger bei Banken keinen Kredit erhalten hätte. Im Versicherungsschein sowie im
Nachtrag Nr. 2 ist der Fahrzeugwert mit 6.000,00 € angegeben (Anlage B1
und B2).
Am Nachmittag
des 05.12.2019 erstattete A...... W...... Anzeige (Anlage K1) bei der Polizei
wegen der Entwendung des Quads. Er teilte hierbei mit, dass es zwei
Fahrzeugschlüssel gebe, die beide der Kläger habe. Ebenfalls am 05.12.2019
zeigte der Kläger der Beklagten den Diebstahl des Quads an.
Am 25.03.2020
befragte der von der Beklagten beauftragte E.B. den Kläger telefonisch,
fertigte über die Fragen und Antworten ein Protokoll, übersandte dieses dem
Kläger, der es unterzeichnete und zurücksandte. Auf Anlage B6 und die dort auf
Seite 1 enthaltene Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG wird insoweit
Bezug genommen. Auf die Frage Nummer 8, ob der Kläger allgemeine
finanzielle Schwierigkeiten, eine eidesstattliche Versicherung oder die
Vermögensauskunft - explizit aufgeführt ist auch die Nichtabgabe der Vermögensauskunft
- abgegeben habe, antwortete der Kläger „Nein. So etwas habe ich nicht“.
Im
Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts Leipzig ist zum Aktenzeichen DR ll
3756/18 eine Nichtabgabe der Vermögensauskunft durch den Kläger vermerkt.
Mit Schreiben
vom 08.05.2020 versagte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschutz.
Der Kläger ist
der Ansicht, ihm stehe eine Versicherungsleistung in Höhe von 10.000 Euro zu.
Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass der Kläger den ihm obliegenden
Beweis des äußeren Bildes einer Entwendung nicht erbracht habe und die Beklagte
gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG in Verbindung mit E.2 AKB überdies
leistungsfrei sei, weil der Kläger arglistig gegen seine aus E.1.1.3 AKB
folgende Aufklärungsobliegenheit verstoßen habe, indem er die Nachfrage der
Beklagten zur Nichtabgabe einer Vermögensauskunft objektiv und subjektiv falsch
beantwortet habe.
Mit der
Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, dass zum äußeren Bild des
Diebstahls der Zeuge W...... hätte gehört werden müssen. Zudem habe er nicht
arglistig Falschangaben bei der Vermögensauskunft gemacht. Die Einschaltung des
externen Befragers bei dem Fragebogen habe einzig dem Ziel gedient,
Leistungsfreiheit der Beklagten zu erreichen. Hier hätte die Beklagte dem
Kläger als Laien aus einer Nebenpflicht des Versicherungsvertrages bei dem
Ausfüllen des Fragebogens unterstützen müssen. Das Landgericht habe auch nicht
ausgeführt, ob überhaupt eine Leistungsfreiheit für diesen Fall vereinbart
worden sei. Die Wertung der Angaben als Betrugsabsicht sei überraschend und
hätte eines Hinweises bedurft, wobei dann ein ergänzender Vortrag erfolgt wäre.
Weiterhin sei auch der Anspruch der Höhe nach substantiiert vorgetragen worden.
Der Kläger
beantragt
unter
Abänderung des am 14.12.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az.
3 O 1182/21 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 Euro nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie den Kläger
hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 €
freizustellen.
II.
Die
Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Berufung gemäß § 522
Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Die zulässige Berufung bietet nach einstimmiger
Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, der Rechtssache
kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Weder die Fortbildung des Rechts
noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine
Entscheidung des Berufungsgerichts und die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Eine Zulassung der Revision
wäre im Falle einer Entscheidung durch Urteil nicht veranlasst.
Das Landgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein
Anspruch auf Zahlung einer Versicherungsleistung aufgrund des behaupteten
Diebstahlereignisses zu.
Dahingestellt
bleiben kann, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, der Kläger also das
äußere Bild eines Diebstahls hinreichend dargelegt hat und ob der Anspruch der
Höhe nach substantiiert dargelegt wurde. Jedenfalls ist die Beklagte gemäß
§ 28 Abs. 2 S. 1 VVG leistungsfrei.
Dies ergibt
sich schon aus der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers im
Zusammenhang mit der Nichtabgabe der Vermögensauskunft.
a)
Ausweislich der
Anlage B6 wurde der Kläger hinreichend gemäß § 28 Abs. 4 VVG über die
Folgen einer Verletzung vertraglicher Obliegenheiten belehrt, hier
anlassbezogen in Textform im Rahmen der Befragung durch den beauftragten
Ermittler, wobei es wegen der Arglist des Klägers auf die Belehrung eigentlich
nicht ankommt (BeckOK VVG/Marlow, 22. Ed. 1.2.2024, VVG § 28 Rn. 226).
Gemäß E.1.1.3 AKB, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts
auf den Vertrag Anwendung finden, war vereinbart:
Sie müssen
unsere Fragen zu den Umständen des Schadenereignisses, zum Umfang des Schadens
und zu unserer Leistungspflicht wahrheitsgemäß und vollständig beantworten.
Der Kläger hat
bei Frage Nr. 8 des Fragebogens Anlage B6 verschwiegen, dass er die Abgabe
der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO verweigerte und die Weigerung gemäß
§ 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen
wurde.
b)
Dieses
Verschweigen erfolgte auch vorsätzlich. Zwar trägt der Versicherer insoweit die
Beweislast. Den Versicherungsnehmer trifft jedoch eine Substantiierungslast. Er
muss die zu der Obliegenheitsverletzung führenden Umstände, die seiner Sphäre
angehören, also z. B. die Gründe für etwaige objektive Falschangaben, dartun
und der Nachprüfung zugänglich machen (OLG Celle, Urt. v. 30. 11. 2017 – 8 U
27/17; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 28 Rn. 193).
Vorliegend war
die Fragestellung im Befragungsbogen eindeutig. Der Kläger hat zudem auch nach
der Übersendung des Protokolls der mündlichen Befragung trotz der damit
eröffneten erneuten Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Frage/Antwort in Kenntnis
seiner Nichtabgabe der Vermögensauskunft keine Rückfragen gestellt, sondern das
Protokoll unstreitig unterzeichnet. Dass die Beklagte sich hierauf nicht
berufen könne, weil sie ihn mit den Fragestellungen „aufs Glatteis“ habe führen
wollen, hält der Senat für abwegig.
c)
Das
Verschweigen erfolgte zudem auch arglistig, so dass es auf die Frage, ob die
Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des
Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der
Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war, vorliegend nicht ankommt,
§ 28 Abs. 3 S. 2 VVG.
Arglist ist
gegeben, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die
Entscheidung des Versicherers einwirkt, wenn er also vorsätzlich eine
Obliegenheit verletzt und dabei bewusst gegen die Interessen des Versicherers
verstößt, weil er damit rechnet, dass seine Obliegenheitsverletzung Einfluss
auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder die Leistungspflicht des
Versicherers oder deren Umfang hat oder haben kann (BeckOK VVG/Marlow, 22. Ed.
1.2.2024, VVG § 28 Rn. 201). Eine Bereicherungsabsicht wird nicht
verlangt, vielmehr reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer einen gegen die
Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er
Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen
will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung
möglicherweise beeinflussen kann (BGH VersR 2013, 175 (176) Rn. 29). Es genügt
hierfür, etwa Beweisschwierigkeiten vermeiden, die Regulierung beschleunigen,
nicht „unnötig Sand ins Getriebe“ der Regulierung bringen (OLG Hamm VersR 2012,
356) oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu
wollen.
Beweisbelastet
für das arglistige Handeln des Versicherungsnehmers ist der Versicherer (BeckOK
VVG/Marlow, 22. Ed. 1.2.2024, VVG § 28 Rn. 205), wobei auch im
Zusammenhang mit Aufklärungsobliegenheiten im Schadensfall aus wissentlich
falschen Angaben nicht ohne weiteres der Schluss auf Arglist gezogen werden
darf (Prölss/Martin/Armbrüster, 31. Aufl. 2021, VVG § 28 Rn. 204), denn
häufig werden unrichtige Angaben aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder
einfach in der Annahme gemacht, dass sie bedeutungslos seien (BGH, Urteil vom
04.05.2009, Az.: IV ZR 62/07, - zitiert nach juris -, Rn. 10 m. w. N.).
Allerdings trifft den Versicherungsnehmer auch hier eine sekundäre
Darlegungslast, wenn - wie hier - objektiv falsche Angaben vorliegen; er muss
dann plausibel darlegen, wie und weshalb es zu diesen gekommen ist (BGH, Urteil
vom 11.05.2011, Az.: IV ZR 148/09).
Wie das
Landgericht zu Recht und in nicht zu beanstandender Weise erkannt hat, ging es
dem Kläger mit seinen widersprüchlichen Angaben an unterschiedlichen Stellen
hinsichtlich der Frage, warum die Finanzierung durch eine andere Person
erfolgte (Anlage B6; Frage 11: „Ich wollte einfach keine Finanzierung haben.
Ich mag das nicht.“; Schriftsatz vom 28.08.2023: „Es ist richtig, dass der
Kläger bei Banken o.ä. keinen Kredit erhalten hätte.“) und der Frage/Antwort
Nr. 8 im Fragebogen darum, die Regulierung zu beschleunigen und weitere
Nachforschungen hinsichtlich seiner finanziellen Situation zu vermeiden. Dabei
kommt es nicht darauf an, dass der Kläger als rechtlicher Laie seine
finanzielle Situation von den Fragen nicht umfasst ansieht. Eine solche
Bewertung kommt dem Versicherungsnehmer nicht zu. Eine zulässige und eindeutig
verständliche Frage hat er auch dann zu beantworten, wenn er den erfragten
Umstand für sich als unerheblich ansieht. Aufgrund der Gesamtumstände ist auch
der Senat zweifelsfrei überzeugt, dass es dem Kläger nicht nur bewusst war,
dass die Täuschung Einfluss auf das Regulierungsverhalten der Beklagten haben
konnte, sondern dass es ihm gerade darauf ankam. Auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.
d)
Die völlige
Leistungsfreiheit der Beklagten ist auch nicht unbillig.
Nur unter ganz
besonderen Umständen ist dem Versicherer nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben gemäß § 242 BGB die Inanspruchnahme der völligen Leistungsfreiheit
als rechtsmissbräuchlich zu versagen, wenn der Verlust des
Versicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer eine übermäßige Härte
darstellt. Eine solche Ausnahme kommt dann in Betracht, wenn die Täuschung nur
einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und weitere
Billigkeitsmomente zugunsten des Versicherungsnehmers ins Gewicht fallen. Es
gibt allerdings keine starre Bruchteilsgrenze; vielmehr kommt es auf die vom
Sachverhalt vorgegebenen konkreten Beträge an. Dabei ist für die Bewertung der
Hintergrund der Regelung zu beachten. Die Vertragspartner sind bei der
Schadensermittlung nach dem Versicherungsfall im besonderen Maße auf
gegenseitiges Vertrauen angewiesen. Um dieses Vertrauensklima zu schützen, soll
der Versicherungsnehmer von vornherein durch Androhung einer harten Sanktion
von der hier besonders naheliegenden Versuchung ferngehalten werden, das
Vertrauensverhältnis durch Täuschung zu missbrauchen (OLG Rostock (4.
Zivilsenat), Hinweisbeschluss vom 08.01.2020 – 4 U 136/19, Rn. 20). Derartige
Umstände sind hier weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
Aus den
vorstehend genannten Gründen rät der Senat zu einer Rücknahme der Berufung, die
zwei Gerichtsgebühren spart.
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